Verschwörungstheorien, Karneval, S-Bahnen und eine ganze Stadt, die sich gegenüber einem einzigen Spieler prostituiert, bestimmten in den letzten Tagen und Wochen die Gazetten in Köln. Auch in der Vorstadt brannte mehr als einmal der Baum, hier standen Trainer Dutt und Ex-Capitano Michi Ballack im Mittelpunkt. Das alles und noch viel mehr betrachten wir vor dem Nicht-Derby genauer, bei „Ich bin Effzeh-Fan, holt mich hier raus!" a.k.a. die


Ausgangslage
Platz 10, 21 Punkte, der Europapokal in Angriffsweite und die Abstiegsränge auf schönem Abstand. So sah die Tabellensituation des Effzeh nach der Hinrunde aus, trotz eines durchwachsenen Halbjahres, in dem sicher nicht immer alles rund lief. Jetzt, vor dem Nicht-Derby gegen den Vorstadtclub, ist die Situation völlig anders. Fünf Spiele haben gereicht um unseren Club wieder in Abstiegsgefahr zu bringen (auch wenn die nicht so akut ist, wie manche uns glauben machen wollen), an internationale Wettbewerbe denkt kaum noch ein Träumer. Ein Grund dafür war sicher auch die Verletzung von Lukas Podolski, der in der Hinrunde oft genug die Kohlen aus dem Feuer geholt hatte. Es ist aber zweifellos erschreckend, wie abhängig der Effzeh von diesem einen Spieler zu sein scheint. Natürlich ist er der mit Abstand beste Spieler im Verein, doch die Chancen stehen gut, dass Poldi nach der Saison (trotz übertriebener Anbiederung der ganzen Stadt z.B. mit einem Huldigungswagen im Rosenmontagszug) wechselt. Alles andere wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit "wirtschaftlich unverantwortlich", um an dieser Stelle eine Hoeneß-Weisheit auszupacken.
Aktuell kann das aber leider nur bedeuten, dass der Effzeh danach absteigt, denn sämtliche verbleibenden Spieler scheinen selbst gegen schwach auftretende Gegner (HSV, Nürnberg) nicht in der Lage zu sein zu punkten. Erste Schreie nach Trainerentlassungen werden laut in den kölner Kneipen, auch das Märchen von „Finkzilla" (danke, Mars), der noch immer den Masterplan verfolgt selbst Trainer zu werden, wird wieder ausgegraben. Gründe werden gesucht für die schiere Unfähigkeit zum Erstligafußball, sobald der Prinz nur auf der Tribüne sitzt. Aber hilft das wirklich? Bringt das den Verein weiter, oder wird durch die wiederkehrende Unruhe die Situation nur noch verschärft?

Auch auf der anderen Rheinseite gab es Stress, die „Causa Ballack", der viel zu lange Abgesang auf einen ehemaligen Weltklasse-Fußballer, und laute Kritik an Trainer Robin Dutt zeugten von einer Krise. Hauptsächlich liegt und lag das wohl an völlig überzogenen Erwartungen an die Leistungsfähigkeit der Mannschaft, die in meinen Augen nie das Potenzial hatte um die Meisterschaft mitzuspielen. Oder, um es kurz zu machen: man jammert bei den Chemiewerken auf sehr hohem Niveau, das zeigen schon die 8 Punkte aus den letzten 5 Spielen.

Letzte 5 Spiele:
1. FC Köln: N-N-S-N-N
Bayer Leverkusen: S-U-U-N-S

Personelle Lage
Brecko und Peszko sind mit der 5. Gelben gesperrt, Jemal, Chihi und Petit fallen weiter aus, ebenso wie Sereno. Geromel ist fraglich, Novakovic und Roshi sind zumindest angeschlagen. Kevin Pezzoni bekam den Unmut eines Fans zu spüren und hat das Nasenbein gebrochen, ein Einsatz käme noch zu früh. Für Lukas Podolski hingegen könnte es zu einem Kurzeinsatz reichen.

Leverkusen kann bis auf Barnetta auf alle relevanten Spieler zurückgreifen. Lediglich Adler (der kurz vor einem Wechsel zum HSV steht und mit dem nicht mehr geplant wird) und Ballack (der längst abgehakt ist) fehlen darüber hinaus.

Ausblick
Es wird schwer. Ich denke nicht, dass wir ein Feuerwerk wie im Hinspiel erwarten können. Ich denke auch, das erwartet niemand. Ganz einfach weil das fernab der Realität ist. Der Effzeh zerreibt sich aktuell mal wieder in internen Querelen, die durch ungeahndete Eskapaden (Brecko) und Respektlosigkeiten (Riether) nur weiter befeuert werden. Ehrlich gesagt war ich enttäuscht, dass diese Spieler letzte Woche im Kader standen. Und dieses falsche Vertrauen haben die Beiden dann nicht mal zurückgezahlt, sie waren so schlecht wie der Rest der Mannschaft. Der Effzeh hat gegen schwache Nürnberger nicht stattgefunden und muss jetzt zurückschlagen. Nur dann ist die Krise und der sog in den handfesten Abstiegskampf noch abzuwenden. Die Mannschaft muss endlich zeigen, dass man auch ohne Podolski mehr leisten kann als unterirdisch spielende Gegner zu besiegen. Meine Befürchtung ist allerdings, dass sie das nicht kann. Einige Spieler haben einfach nicht das fußballerische Format für höhere Ziele als Abstiegskampf, andere Spieler haben schlicht und ergreifend keinen Charakter und keine Liebe für ihren Beruf. In Zeiten des Söldnertums verlangt niemand mehr, dass Spieler ihren Verein lieben. Aber sie sollten zeigen, dass sie wissen wie glücklich sie sein können, Fußballer zu sein. Es kann nicht sein, dass ein Verein von einem einzigen Spieler abhängig ist. Die anderen Spieler bekommen auch sehr viel Geld für das, was sie da machen.

Mein Tipp
Von 0:3 aufwärts halte ich alles für möglich. Mit einem Punkt wäre ich mehr als zufrieden, reichen würde mir schon eine 90-minütige Leistung, die man guten Gewissens als "Fußball" bezeichnen kann.