29.06.2010 um 19:26 Uhr
Geschrieben von Voegi
WMotionen IV
Verdammte Corioliskraft
Von wegen buntes Fußballfest zum Rumtröten und Mitjubeln. In Wirklichkeit steckt sehr viel mehr hinter dieser WM, nämlich eine Menge Physik, ein bisschen Germanistik und sogar die Mafia:
Physik
4:1! Gegen England! Ein Spiel, das dem deutschen Fußball-Fan so viel Befriedigung verschaffte wie Werner Lorant eine Nacht in einer Tabakplantage oder Schnacksel-Franz eine Weihnachtsfeier im Juli. Als Gipfel der germanischen Genugtuung haben wir die Zeugen Linekers aber diesmal endlich auch mit ihren eigenen Mitteln geschlagen. Erst das urbritische Kick & Rush-Goal mit einem unaufhaltsamen Miro (Too Klose to fall) und dann das langersehnte Wembley revers reloaded. Erste GPS-Messungen haben ergeben, dass Lampards Ball weit hinter der südafrikanisch-botswanischen Grenzen gelandet ist. Doch wir geben fröhlich den Anti-Lübke und stellen ganz undiplomatisch fest: "Wir haben's genau gesehen: Der Ball war nicht drin!" Die Torlinie war aber auch seltsam schief gezogen. Zudem sollte man nicht vergessen, dass wir uns ja auf der anderen Seite des Äquators befinden, wo die Gesetze der Physik eben andere sind als hierzulande. So hat die umgekehrt wirkende Corioliskraft zweifelsohne eine optische Täuschung verursacht, die physikalische Laien glauben ließ, das Spielgerät habe die Torlinie möglicherweise überschritten. Wir als wissenschaftlich geschulte Beobachter wissen dagegen: Alles Illusion. Der Ball war nicht einmal im Fünfmeterraum.
Cosa nostra
Während Lampards Schuss die Wissenschaft also noch auf Jahre beschäftigen dürfte, brauchen wir über Argentiniens Abseitstor nicht lange zu debattieren. Denn Tevez stand bei seinem Treffer so nah an der gegnerischen Torlinie wie kein Franzose während der gesamten Weltmeisterschaft. Das hat das italienische Schirigespann natürlich auch gesehen – allerdings erst nach Betrachtung der Wiederholung auf der Videowall. Und da ist nach den FIFA-Statuten eine Korrektur bekanntlich nicht mehr möglich. Ein Verstoß hätte für Rosetti & Co. die im Weltverband übliche Sanktion nach sich gezogen: Ein Jahr lang Unkraut jäten in Sepp Blatters Schrebergarten. Apropos Mafia: Vielleicht ist der italienische Referee auch nur dem landesüblichen Grundsatz gefolgt: Wenn die Kugel im Ziel landet, darf man dem Schützen die verdiente Belohnung nicht verweigern.
Miro
Unserem unumstrittenen Chefstürmer Klose eilt nun schon seit Jahrzehnten der zweifelhafte Ruf eines Leistungsspektrums zwischen Weltklasse und Kreisliga voraus. Auch intellektuell wurde er diesem Stigma zuletzt wieder absolut gerecht. So nutzte er die PK-Frage nach der Freizeitgestaltung zu einer ungeahnten Comedy-Einlage und witzelte drauf los, dass sich selbst die Kanzlerin vor Amüsement die Mundwinkel in die Horizontale gegrinst hätte. Denn mangels mitgereister Ehefrau müsse er ja anderweitig kuscheln. Mit dem Harry Stenger zum Beispiel. Aber da könne er sich schon Schöneres vorstellen. Hach, wie drollig. Und vor allem wie geistreich. Hätte man bei dem vorangegangenen Statement nicht für möglich gehalten: "Wir haben uns natürlich gefragt, ob die englische Mannschaft besser ist wie die Spieler, wo in England spielen." Klingt wie eine persönliche Kriegserklärung an jeden Germanisten, ist aber Klose pur. Und der spielt doch allemal besser wie die, wo zu Hause geblieben sind.
Posch!
Für langwierige Debatten sorgt während der WM vor allem die Frage nach dem übelsten Ärgernis dieser Tage. Während die einen in den blökenden Alphörnern Südafrikas das unübertreffliche Elend sehen und sich die anderen auf die kartenwütigen Schiedsrichter fokussieren, haben wir einen alten Bekannten als ultimativen WM-GAU ausgemacht. Und zwar einen 59jährigen Ex-Leichtathleten, der mit Fußball rein gar nichts zu tun hat. Genau: Poschi Poschmann (Code-Name Posch Greis), die öffentlich-rechtliche Bindehautentzündung mit der Lizenz zum Wegschauen. Für gewöhnlich brilliert ja Poschi, der auch bei harmlosesten Rückpässen die Stimme so spannungsgeladen oszillieren kann, als würde der eigene Magen-Darm-Trakt zur finalen Gewinnausschüttung ansetzen, mit der beneidenswerten Gabe, Spielernamen nach einem mysteriösen Random-System auszuwählen. Diesmal aber gelang ihm eine geradezu verzückend feine Stilblüte, wie wir sie dem Mainzer Scheinkommentator in dieser unscheinbaren Schlichtheit gar nicht zugetraut hätten. Denn als Brasiliens Lucio Crissi Ronaldo sanft in die Adduktoren grätschte, kommentierte Posch Greis die anschließende Beschwichtigungsgeste des Brasilianers mit einem subtilen "Da entschuldigt er sich, dass er ihn nur leicht getroffen hat!". Richtig, denn eigentlich wollte er ihm ganz gepflegt die Kniescheibe perforieren. Hat aber leider nicht geklappt. Übrigens, Poschi: Sorry, dass wir dich jetzt nur ein kleines bisschen durchgebasht haben. An sich wollten wir dich ja nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen. Naja, dann eben beim nächsten Mal.
Heiligtum
Sollte es noch irgendwelche Zweifel an der Vormachtstellung des Fußballs gegeben haben, so dürften diese spätestens seit Sonntag der Vergangenheit angehören. Denn König Fußball verdrängte ein nationales Heiligtum in die mediale Bedeutungslosigkeit. Statt der an sich an den Sonntagabend festzementierten Lindenstraße sendete die ARD – aus aktuellem Anlass – das Alkoholische Quartett mit Weißbier-Waldi in seiner Paraderolle als sprechendem Überdruck-Fass. Die Nation will eben wissen, was ultimative Fußball-Experten wie Box-Birne Uli Wegener oder Travestie-Star Matze Knop zur Schlacht von Blomfontein zu sagen haben. Manch argloser Zuschauer, der lindenstraßenlüstern die ARD einschaltete, dürfte die Programmänderung aber gar nicht bemerkt haben. Na gut, Mutter Beimer wirkte ein wenig aufgedunsen und ihre neue Haartönung war etwas ungewohnt. Auch Erich Schiller war schon mal besser rasiert. Aber dass die Stammtischrunde vom Akropolis in den Biergarten umzieht, soll ja schon mal vorkommen.
Raus
Einer muss noch raus: Die USA sind raus und jetzt ist erstmal Wunden lecken angesagt. Zum Glück aber waren ja Billyboy Clinton und Zungenakrobat Jagger auf der Tribüne. Und wenn sich jemand mit Lecken (passiv und aktiv) auskennt, dann doch wohl die beiden. Und wo's jetzt eh nicht mehr drauf ankommt: Wieso werden die Brasilianer gegen Holland keine Chance haben? Weil sie nur einen kleinen Robben haben. Oder wie sie sagen: Robinho.
Qual der Wahl
Da ist sie nun, die große unerträgliche Leere des Nichts: Zwei spielfreie WM-Tage, eine erste Andeutung des Grauens, das uns in knapp zwei Wochen erwartet. Doch zum Glück gibt es ja die technisch anspruchsvolle Bundespräsidentenwahl, die uns ein wenig vom fußballfreien Nirvana abzulenken vermag. Wir entscheiden uns übrigens für den Kandidaten mit dem besseren Ballgefühl und dem versierteren Stellungsspiel, der rechts wie links kann. Oder eben Kaiser Franz. In dem Sinne: Schau' mer mal!
Von wegen buntes Fußballfest zum Rumtröten und Mitjubeln. In Wirklichkeit steckt sehr viel mehr hinter dieser WM, nämlich eine Menge Physik, ein bisschen Germanistik und sogar die Mafia:
Physik
4:1! Gegen England! Ein Spiel, das dem deutschen Fußball-Fan so viel Befriedigung verschaffte wie Werner Lorant eine Nacht in einer Tabakplantage oder Schnacksel-Franz eine Weihnachtsfeier im Juli. Als Gipfel der germanischen Genugtuung haben wir die Zeugen Linekers aber diesmal endlich auch mit ihren eigenen Mitteln geschlagen. Erst das urbritische Kick & Rush-Goal mit einem unaufhaltsamen Miro (Too Klose to fall) und dann das langersehnte Wembley revers reloaded. Erste GPS-Messungen haben ergeben, dass Lampards Ball weit hinter der südafrikanisch-botswanischen Grenzen gelandet ist. Doch wir geben fröhlich den Anti-Lübke und stellen ganz undiplomatisch fest: "Wir haben's genau gesehen: Der Ball war nicht drin!" Die Torlinie war aber auch seltsam schief gezogen. Zudem sollte man nicht vergessen, dass wir uns ja auf der anderen Seite des Äquators befinden, wo die Gesetze der Physik eben andere sind als hierzulande. So hat die umgekehrt wirkende Corioliskraft zweifelsohne eine optische Täuschung verursacht, die physikalische Laien glauben ließ, das Spielgerät habe die Torlinie möglicherweise überschritten. Wir als wissenschaftlich geschulte Beobachter wissen dagegen: Alles Illusion. Der Ball war nicht einmal im Fünfmeterraum.
Cosa nostra
Während Lampards Schuss die Wissenschaft also noch auf Jahre beschäftigen dürfte, brauchen wir über Argentiniens Abseitstor nicht lange zu debattieren. Denn Tevez stand bei seinem Treffer so nah an der gegnerischen Torlinie wie kein Franzose während der gesamten Weltmeisterschaft. Das hat das italienische Schirigespann natürlich auch gesehen – allerdings erst nach Betrachtung der Wiederholung auf der Videowall. Und da ist nach den FIFA-Statuten eine Korrektur bekanntlich nicht mehr möglich. Ein Verstoß hätte für Rosetti & Co. die im Weltverband übliche Sanktion nach sich gezogen: Ein Jahr lang Unkraut jäten in Sepp Blatters Schrebergarten. Apropos Mafia: Vielleicht ist der italienische Referee auch nur dem landesüblichen Grundsatz gefolgt: Wenn die Kugel im Ziel landet, darf man dem Schützen die verdiente Belohnung nicht verweigern.
Miro
Unserem unumstrittenen Chefstürmer Klose eilt nun schon seit Jahrzehnten der zweifelhafte Ruf eines Leistungsspektrums zwischen Weltklasse und Kreisliga voraus. Auch intellektuell wurde er diesem Stigma zuletzt wieder absolut gerecht. So nutzte er die PK-Frage nach der Freizeitgestaltung zu einer ungeahnten Comedy-Einlage und witzelte drauf los, dass sich selbst die Kanzlerin vor Amüsement die Mundwinkel in die Horizontale gegrinst hätte. Denn mangels mitgereister Ehefrau müsse er ja anderweitig kuscheln. Mit dem Harry Stenger zum Beispiel. Aber da könne er sich schon Schöneres vorstellen. Hach, wie drollig. Und vor allem wie geistreich. Hätte man bei dem vorangegangenen Statement nicht für möglich gehalten: "Wir haben uns natürlich gefragt, ob die englische Mannschaft besser ist wie die Spieler, wo in England spielen." Klingt wie eine persönliche Kriegserklärung an jeden Germanisten, ist aber Klose pur. Und der spielt doch allemal besser wie die, wo zu Hause geblieben sind.
Posch!
Für langwierige Debatten sorgt während der WM vor allem die Frage nach dem übelsten Ärgernis dieser Tage. Während die einen in den blökenden Alphörnern Südafrikas das unübertreffliche Elend sehen und sich die anderen auf die kartenwütigen Schiedsrichter fokussieren, haben wir einen alten Bekannten als ultimativen WM-GAU ausgemacht. Und zwar einen 59jährigen Ex-Leichtathleten, der mit Fußball rein gar nichts zu tun hat. Genau: Poschi Poschmann (Code-Name Posch Greis), die öffentlich-rechtliche Bindehautentzündung mit der Lizenz zum Wegschauen. Für gewöhnlich brilliert ja Poschi, der auch bei harmlosesten Rückpässen die Stimme so spannungsgeladen oszillieren kann, als würde der eigene Magen-Darm-Trakt zur finalen Gewinnausschüttung ansetzen, mit der beneidenswerten Gabe, Spielernamen nach einem mysteriösen Random-System auszuwählen. Diesmal aber gelang ihm eine geradezu verzückend feine Stilblüte, wie wir sie dem Mainzer Scheinkommentator in dieser unscheinbaren Schlichtheit gar nicht zugetraut hätten. Denn als Brasiliens Lucio Crissi Ronaldo sanft in die Adduktoren grätschte, kommentierte Posch Greis die anschließende Beschwichtigungsgeste des Brasilianers mit einem subtilen "Da entschuldigt er sich, dass er ihn nur leicht getroffen hat!". Richtig, denn eigentlich wollte er ihm ganz gepflegt die Kniescheibe perforieren. Hat aber leider nicht geklappt. Übrigens, Poschi: Sorry, dass wir dich jetzt nur ein kleines bisschen durchgebasht haben. An sich wollten wir dich ja nach allen Regeln der Kunst auseinandernehmen. Naja, dann eben beim nächsten Mal.
Heiligtum
Sollte es noch irgendwelche Zweifel an der Vormachtstellung des Fußballs gegeben haben, so dürften diese spätestens seit Sonntag der Vergangenheit angehören. Denn König Fußball verdrängte ein nationales Heiligtum in die mediale Bedeutungslosigkeit. Statt der an sich an den Sonntagabend festzementierten Lindenstraße sendete die ARD – aus aktuellem Anlass – das Alkoholische Quartett mit Weißbier-Waldi in seiner Paraderolle als sprechendem Überdruck-Fass. Die Nation will eben wissen, was ultimative Fußball-Experten wie Box-Birne Uli Wegener oder Travestie-Star Matze Knop zur Schlacht von Blomfontein zu sagen haben. Manch argloser Zuschauer, der lindenstraßenlüstern die ARD einschaltete, dürfte die Programmänderung aber gar nicht bemerkt haben. Na gut, Mutter Beimer wirkte ein wenig aufgedunsen und ihre neue Haartönung war etwas ungewohnt. Auch Erich Schiller war schon mal besser rasiert. Aber dass die Stammtischrunde vom Akropolis in den Biergarten umzieht, soll ja schon mal vorkommen.
Raus
Einer muss noch raus: Die USA sind raus und jetzt ist erstmal Wunden lecken angesagt. Zum Glück aber waren ja Billyboy Clinton und Zungenakrobat Jagger auf der Tribüne. Und wenn sich jemand mit Lecken (passiv und aktiv) auskennt, dann doch wohl die beiden. Und wo's jetzt eh nicht mehr drauf ankommt: Wieso werden die Brasilianer gegen Holland keine Chance haben? Weil sie nur einen kleinen Robben haben. Oder wie sie sagen: Robinho.
Qual der Wahl
Da ist sie nun, die große unerträgliche Leere des Nichts: Zwei spielfreie WM-Tage, eine erste Andeutung des Grauens, das uns in knapp zwei Wochen erwartet. Doch zum Glück gibt es ja die technisch anspruchsvolle Bundespräsidentenwahl, die uns ein wenig vom fußballfreien Nirvana abzulenken vermag. Wir entscheiden uns übrigens für den Kandidaten mit dem besseren Ballgefühl und dem versierteren Stellungsspiel, der rechts wie links kann. Oder eben Kaiser Franz. In dem Sinne: Schau' mer mal!
Aufrufe: 4939 | Kommentare: 18 | Bewertungen: 27 | Erstellt:29.06.2010
ø 8.4
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
02.07.2010 | 01:31 Uhr
0
sko9laz :
Langweilig.
2
01.07.2010 | 10:05 Uhr
0
xxlhonk :
Ich schließe mich 100%ig Rheos Meinung an.Daher:
Super!
@Büxe
Das ist dein Humor, oder?
0
30.06.2010 | 20:45 Uhr
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Boggler :
Du machst es wie unsere Jungs:
Sauber sich den Blog zurechtgelegt, brillante Kombinationen, gestochen scharfe Zuspiele, gute Chancenauswertung und jede Menge Volltreffer bis die Zuschauer jubeln... 1 Runde weiter und 10 Punkte für den Sieg.
PS: Diego hat deinen Blog auch gelesen. Vorallem das Kapitel Mafia. 1990 war ein Mafia - Sieg... Genau das Spiel als Argentinien ca. 3,5 Mal über die Mittellinie kam!!!
1
30.06.2010 | 20:33 Uhr
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0
30.06.2010 | 20:08 Uhr
0
auf wieviele Ausgaben der WMotionen darf ich mich noch freuen?
1
30.06.2010 | 11:40 Uhr
0
Tollioli :
10 Punkte von mir !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!Wirklich sau lustig danke Voegi
1
30.06.2010 | 11:16 Uhr
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Kaiser01 :
Schön dass alle mein Adjektiv von der letzten WMotion verwenden. Aber es passt einfach so gut, der Blog war mal wieder ganz voegi.
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