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Blogpokal 2011/12


Gründer: Rodnox | Mitglieder: 90 | Beiträge: 1
20.12.2011 um 19:38 Uhr
Geschrieben von RobbieRoxx
Winning ugly
Es geht nur ums gewinnen! Mitleid für den Gegner? Nach dem Spiel: Gerne! Während der Partie: Nie!

Es ist Anfang Mai, die Tennis-Saison beginnt. Das Training in der Winterpause war so umfangreich, wie man es bei einem thekenorientierten Team in der zweitniedrigsten Liga erwarten kann. Es war schlichtweg nicht vorhanden. Die gleiche Vorbereitung bescherte uns in der Vorsaison den Aufstieg, warum sollten wir jetzt etwas ändern? In den Wochen vor dem ersten Spiel wurde der Schläger entstaubt, die Schuhe aus dem Keller geholt, ein oder zwei Besuche auf dem Tennisplatz fanden tatsächlich auch statt. Wir wissen halt, was wir können. Tennisspielen gehört nur bedingt dazu, der große Durchbruch auf der ATP-Tour (oder der Senior-Tour) wird keinem mehr gelingen... Unsere Qualitäten liegen in anderen Bereichen. Meine Qualitäten liegen in anderen Bereichen. Falls Brad Gilbert jemals den perfekten Adressaten für sein berühmtes Buch "Winning Ugly" gebraucht hätte, bei mir wäre er an die richtige Person geraten. Schön spielen ist nicht so mein Ding, was dem Erfolg in der vergangenen Spielzeit aber nicht abträglich war.

Kommen wir also zurück zu dem ersten Spieltag, ein Auswärtsspiel bei ziemlich schwüler Witterung gegen eine junge und motivierte Mannschaft. Durchschnittsalter der Gegner: Etwa 18 Jahre, eine typische Truppe von „Young Guns", wild, etwas laut, aber einfach aus der Ruhe zu bringen. Unser Durchschnittsalter: Liegt grob um die dreißig. So ganz hundertprozentig lässt sich das bei einigen nicht mehr sagen, sie haben nach dem Rathaustreppe-Fegen aufgehört zu zählen. Ich bekomme es in meinem Einzel an Position Drei mit einem dieser Jungspunde zu tun. Das Spiel entwickelt sich, wie erhofft. Der Junge kloppt, was das Zeug hält, haut die Bälle aber wahlweise in bester Homerun-Manier über den Fangzaun oder drischt die Dinger auf die eigene T-Feld-Linie. Ich mache das, was ich kann, Bälle reineiern und laufen, was die Füße hergeben. Der erste Satz ist dann auch kein Problem und geht locker an mich.

Wirklich in Gilberts Spuren begebe ich mich erst im zweiten Satz. Mein Gegner stellt die Taktik um, plötzlich werden meine geliebten Mondbälle mit ebensolchen Mondbällen von ihm beantwortet. War der erste Satz schon von der schlichten Hässlichkeit eines Autounfalls, wird es nun grotesk. Direkte Punkte sind per stillschweigendem Übereinkommen mit dem Gegner verboten oder werden mit direkt folgenden Fehlern bestraft. Bis zum 4:4 passiert somit nicht viel. Irgendwie kriegen wir unsere Aufschlagspiele durch, wobei der Aufschlag meist der einzige Ball war, der mit etwas Druck gespielt wurde. Ansonsten galt bei mir das, was mir mein Tennislehrer im Uni-Kurs mal kopfschüttelnd sagte: "Du hast eine Schlaghärte wie Nathalie Tauziat..." Er meinte das nicht unbedingt als Kompliment, ich war durchaus stolz drauf. Die hat ihre Kohle schließlich als Profi verdient!

Die entscheidenden Szenen sind dann aber das, was der gute Brad so geliebt hätte. Jeder eigene Punktgewinn, und sei es noch so ein leichter Fehler des Gegners, wird von mir euphorisch bejubelt. Nicht nett und fair, aber auf einen dritten Satz dieser „Schlacht" hatte ich beim besten Willen keine Lust. Trotz aller miesen Schnittbälle, verlockenden Vorlagen und miesen Kommentare hat mein Gegenüber in meinem Aufschlagspiel etliche Breakpunkte. Ihm hilft das aber alles nichts, zu jung, zu ungeduldig, in den wichtigen Momenten haut er seine Bälle doch wieder alle in die Umlaufbahn. Zudem klappt das altbekannte Stop-Lob-Spiel bestens. Ich hatte die Sicherheit bei den Mondbällen erwähnt? Das machte sich bei den Lobs bemerkbar. Mit einem der wenigen direkten Punkte, einem satten Rückhand-Longline-Passierball, wehre ich den letzten Breakball ab. Wild gefeiert von meinen Kameraden außerhalb des Platzes: "Den trifft der nur einmal im Jahr!!" Wenn mein Gegner leiden soll, dann müssen eben alle mitmachen...

Sein letztes Aufschlagspiel wird zum Jubellauf. Häßlicher Netzroller zum 15:0. Danach reißt das Nervenbündel auf der anderen Seite beim Versuch, einen Stop zu erlaufen, eine lange Unebenheit in den Sandplatz. Sein Ball geht ins Aus, 30:0. Um es richtig böse zu machen schaffe ich es im Anschluss irgendwie, den Ball genau in die vorher gerissen Furche zu platzieren. Glück, Können und Schicksal sind manchmal die besten Verbündeten – 40:0, wie immer mit der Becker-Faust gefeiert! Dass der Abschluss dann ein völlig entnervter Doppelfehler ist... Schön ist eben was anderes. Was mir aber völlig egal ist, schließlich ging es um den Sieg, nicht um eine Preis fürs gute Aussehen.

Was das ganze Geschriebene nun mit dem Blogpokal zu tun hat. Keine Ahnung, ist mir auch egal. Das können andere beurteilen. Solange ich weiter hässlich gewinne. "Winning ugly rules!!"
Aufrufe: 5443 | Kommentare: 34 | Bewertungen: 9 | Erstellt:20.12.2011
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