Die Los Angeles Clippers haben Blake Griffin zu den Detroit Pistons geschickt und im Gegenzug Tobias Harris und Avery Bradley akquiriert. Auf den ersten Blick sieht es so aus, dass die Pistons hier klar den besten Spieler im Deal bekommen haben. Doch haben sie dafür zu viel abgegeben? Wie geht es bei den Clippers weiter? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie sieht der Trade von Blake Griffin aus?
Über Monate gab es Gerüchte, dass die Clippers Center DeAndre Jordan und dessen auslaufenden Vertrag traden würden. Nun hat es aber den anderen Star des Teams erwischt. Griffin unterschrieb erst im Sommer einen Maximal-Vertrag über 172 Millionen Dollar für fünf Jahre und galt als das Gesicht einer sich noch suchenden Franchise.
Das brachte die Clippers aber nicht davon ab, den Power Forward nur ein halbes Jahr später wegzuschicken, obwohl sich Besitzer Steve Ballmer noch einmal ausdrücklich für die Dienste der Nummer 32 bedankte. Außerdem lobte er Griffin, dass er dabei geholfen habe, die Clippers wieder zu einer respektablen Franchise zu formen. Im Paket mit Griffin müssen sich auch Center Willie Reed und Flügelspieler Brice Johnson in der Motor City auf Wohnungssuche machen.
gettyDetroit schickt im Gegenzug Defensiv-Spezialist Avery Bradley, Wing Tobias Harris und Center-Hüne Boban Marjanovic in die Stadt der Engel. Dazu gibt es für die Clippers einen Erst- und Zweitrundenpick. Wann die Clippers den Erstrundenpick erhalten, hängt aber auch mit der Performance der Pistons in den nächsten Jahren zusammen.
Der First Rounder ist von 2018 bis 2020 von Platz 1 bis 4 geschützt. Sollte Detroit also also in den nächsten drei Jahren immer in der Lottery unter den ersten Vier landen, behalten die Pistons den Pick. Erst 2021 würde das Auswahlrecht völlig ungeschützt nach Los Angeles wandern. Der Second-Rounder geht ohne jegliche Protections an die Clippers.
Die Parameter des Deals
Clippers erhalten: Tobias Harris, Avery Bradley, Boban Marjanovic, Geschützter Erstrundenpick 2018, Zweitrundenpick 2019
Pistons erhalten: Blake Griffin, Willie Reed, Brice Johnson
Die Verträge der getradeten Spieler (alle Angaben in Millionen Dollar)
Spieler | 2017/18 | 2018/2019 | 2019/20 | 2020/21 | 2021/22 |
Blake Griffin | 29,728 | 32,089 | 34,450 | 36,811 | 38,957 |
Willie Reed | 1,471 | UFA | |||
Brice Johnson | 1,331 | UFA | |||
Tobias Harris | 16,0 | 14,8 | UFA | ||
Avery Bradley | 8,81 | UFA | |||
Boban Marjanovic | 7,0 | 7,0 | UFA |
Was bedeutet der Trade für die Los Angeles Clippers?
Auf den ersten Blick haben die Clippers das Gesicht ihrer Franchise verloren, doch schaut man etwas genauer, bringen sich die Kalifornier durch diesen Deal in eine gute Position für den Sommer und die Free Agency vor allem im Jahr 2019. Adrian Wojnarowski (ESPN) berichtete folgerichtig, dass dies womöglich nicht der letzte Move der Clippers gewesen sein könnte, auch Jordan und Lou Williams sollen verfügbar sein. Im Gegenzug wollen die Clippers Picks und/oder junge, talentierte Spieler. Es ist also noch wirklich abzuschätzen, was das Team von Doc Rivers wirklich vorhat und wie der Roster nach der Trading Deadline aussehen wird.
Im Griffin-Deal gab es die gewünschten jungen Spieler nur bedingt. Bradley ist 27 und wird Free Agent. Es erscheint möglich, dass der Stopper in der kommenden Woche noch weitergereicht werden könnte. Harris ist dagegen erst 25 Jahre und spielte das beste Jahr seiner Karriere und war mit Drummond der beste Pistons-Spieler der Saison, auch wenn er nach starkem Start ein wenig abfiel. Mit seinem Deal (und dem von Marjanovic) sparen die Clippers bis 2019 zudem jede Menge Geld; zusammen bekommen beide nur 21,8 Millionen Dollar, was weniger ist, als Griffin alleine verdient hätte.
Und auch im Sommer könnte der Deal Früchte tragen. Durch den Trade haben die Clippers jede Menge Cap Space freigeschaufelt, was nur wenige Teams von sich behaupten können, und werden so für Free Agents wie LeBron James oder Paul George interessant. Das Geld für einen Maximalvertrag dürften die Clippers zusammenkratzen können, spätestens nach einem etwaigen Trade von Jordan. Laut Marc Stein (New York Times) glaubt das Front Office der Clippers tatsächlich, eine Chance zu haben, den King ins Staples Center zu holen.
Ob die Clips im Sommer damit erfolgreich sind, darf aber bezweifelt werden. Einerseits war die zweite Franchise in Los Angeles nie besonders attraktiv für Free Agents, auf der anderen Seite gibt es auch kein ideales Bild ab, dass der Franchise Player nur rund sechs Monate, nachdem er als "Clipper for life" gefeiert wurde, aus dem Nichts weggeschickt wird.
Dennoch hat sich das Image der Clippers zum Guten verändert, was auch nicht schwer ist, wenn der Besitzer zuvor Donald Sterling hieß. Zumal ja nun auch mit Jerry West einer der besten Team-Builder und Recruiter aller Zeiten bei den Clippers aktiv ist. 2019 könnte der ultimative Elchtest werden: Dann steht nur noch Danilo Gallinari garantiert unter Vertrag, es wäre also noch mehr Platz unter dem Cap, der für die dicken Fische im Free Agent-Teich als Köder gelegt werden könnte. Kawhi Leonard, Klay Thompson oder auch Kemba Walker wären nur drei Namen, die der offene Markt in dieser Offseason bieten könnte.
In der Zwischenzeit ist es wahrscheinlich, dass die Clippers einen dezenten Rebuild einleiten werden, sollte es zumindest 2018 nichts mit einem großen Namen werden. Diese Saison hat bereits gezeigt, dass Rivers wie einst in Orlando hervorragend mit jungen Spielern zusammen arbeiten kann. Mit Spielern wie Tyrone Wallace, Jawun Evans oder Sindarius Thornwell erinnerten die Clippers eher an ein besseres G-League-Ensemble - und waren dennoch keine Lachnummer, sondern in gewisser Weise relevant und eine Feel-Good-Story.
Ob sie dieses Niveau mit neuem Personal halten können, hängt auch von möglichen weiteren Moves ab. Die Richtung der Clippers und der Einfluss des neuen Front Office um Lawrence Frank zeichnet sich aber klar ab. Wartete man unter Rivers (zu) lange, um die Big Three aufzubrechen, handelten die Clippers diesmal proaktiv. Für mehr hätte man Griffin, auch wegen seiner Verletzungshistorie, wohl nicht mehr traden können.
Was bedeutet der Trade für Blake Griffin?
Für Griffin dürfte es ein echter Schock gewesen sein, was auch seine grandiose Reaktion in den sozialen Medien zeigte. Noch im Sommer betonte der frühere Highflyer, dass Los Angeles zu seiner Heimat geworden ist. Die Verlängerung stellte er damals als "No-Brainer" dar und war damit eigentlich der legitime Nachfolger von Chris Paul, auch wenn man behaupten könnte, dass Griffin auch mit CP3 das Gesicht der Clippers war - schließlich wurde er tatsächlich vom Team gedraftet.
Einige Gerüchte besagten bereits im Sommer, dass Griffin eine No-Trade-Klausel in seinem Vertrag haben wollte, er bekam sie aber nicht - vielleicht hatten die Clippers ja damals schon einen Kurswechsel im Hinterkopf. Nun muss der einstige All-Star sich erstmals in seiner Karriere an eine neue Umgebung gewöhnen. Mit Drummond hat er zumindest einen ähnlichen Spielertyp als Center an seiner Seite wie zuvor mit Jordan, wobei Drummond ein viel besserer Passer ist.
Es kann daher auch als Chance gewertet werden. Ein anonymer Scout erklärte gegenüber Tim MacMahon von ESPN, dass dies das bestmögliche Ereignis für Griffins Karriere sein könnte. "Er wird keine andere Möglichkeit haben, als sich auf Basketball zu konzentrieren." Als Vergleich zog er Chris Webber heran, der erst nach vielen Jahren durch einen Trade nach Sacramento die Blüte seiner Karriere erreichte.
Ähnlich wie Sacramento gilt Detroit nicht wirklich als anziehend für Star-Spieler. Seit der legendären Truppe um Chauncey Billups, Rip Hamilton und Ben sowie Rasheed Wallace Mitte des Nuller-Jahrzehnts zählen die Pistons zu den grausten Mäusen in der Association. Das mag auch einmal für die Clippers gegolten haben, aber mit der Ankunft von Chris Paul und dem neuen Besitzer Steve Ballmer veränderte sich die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ein wenig.
Ähnlich wie 2009, als die Clippers Griffin an Position eins auswählten, dürfte der Forward DER Hoffnungsträger in der Motor City sein. Nach Jahren an der Seite von CP3 kann Griffin nun beweisen, dass er ein legitimer Franchise Player ist. Selbst bei den Clippers wurde er in dieser Saison in Teilen von den Heldentaten von Sweet Lou in den Schatten gestellt, auch wenn Griffins Zahlen mit 22,6 Punkten und 7,9 Rebounds pro Partie sehr gut waren.
Als möglicher All-Star war er dennoch kein Thema, wobei auch anzumerken ist, dass er einige Spiele verletzt verpasste und die Konkurrenz im Westen deutlich größer war. In der dünner besetzten Eastern Conference kann er nun beweisen, dass nächstes Jahr kein Weg an ihm vorbeiführen wird. Ein Erreichen der Playoffs mit den Pistons wäre ein erster Schritt.
Was bedeutet der Trade für die Detroit Pistons?
Es ist ein interessanter Gamble, den die Pistons hier eingehen und der die Franchise über Jahre verändern könnte - positiv oder auch negativ. Für Coach und President of Basketball Operations Stan Van Gundy wurde es nach einem schwachen Januar und acht Pleiten am Stück langsam ungemütlich in Detroit, in seinen vier Jahren steht bisher erst eine Playoff-Teilnahme und kein einziger Sieg in den Playoffs zu Buche.
Offensichtlich fehlte den Pistons aber auch ein echter Superstar. Andre Drummond wurde wie Point Guard Reggie Jackson als ein solcher dargestellt, in der Realität sind sie aber überdurchschnittliche Spieler mit klaren Mankos in ihrem Spiel. Es drohten also weitere Jahre im Mittelmaß, dazu agierte Detroit immer in der Nähe der Luxussteuer.
Das hat sich durch diesen Trade nicht verändert. Für die Saison 2018/19 liegen die Pistons nur drei Millionen unter der prognostizierten Luxussteuer-Grenze, wobei noch drei Kaderplätze zu besetzen wären. Erst 2020 hätten die Pistons durch den auslaufenden Vertrag von Jackson etwas Luft. Dennoch würde Detroit in der Saison 2020/21 satte 61 Millionen an das Frontcourt-Duo bezahlen, Griffin ist dann bereits 32 Jahre alt.
Ein Risiko, das man aber eingehen wollte. Seit Billups in seiner besten Zeit hatte Detroit wohl nicht mehr ein solches Aushängeschild, was inbesondere aufgrund der Tatsache nicht zu unterschätzen ist, dass die Pistons ihre neue Little Caesar's Arena häufig nicht ansatzweise gefüllt kriegen. Dafür wurde viel Tiefe geopfert, die Hoffnung dürfte jedoch sein, dass Spieler wie Reggie Bullock oder Rookie Luke Kennard mit mehr Spielzeit mehr produzieren.
Doch passt Griffin auch in das System? Zur neuen Saison führte SVG noch eine neue Offense ein, in der Drummond von der Birne eine Art Spielmacher gab und die Guards oder auch Harris durch Pindowns nach Handoffs die Zone attackierten. In der Praxis waren es zuletzt aber eher zu viele schwere Midrange-Jumper. Mit Griffin kommt nun ein noch besserer Big-Man-Passer als Drummond in den Kader. Es ist also davon auszugehen, dass Dre wieder mehr am Korb positioniert wird und eine Rolle einnimmt, wie sie Jordan bei den Clippers ausfüllte.
Ob der Move aber die zuletzt schwächelnde Offensive ankurbeln kann, ist fraglich. Mit Harris (40,9 Prozent Dreierquote) gaben die Pistons ihren Stretch-Vierer ab, Griffin trifft zwar so gut wie nie in seiner Karriere (34,2 Prozent), ist aber ein erheblich schlechterer Schütze. Spacing ist in diesem Kader so absolute Mangelware, sollten nicht noch weitere Moves folgen (was durchaus möglich ist).
War Detroit in den ersten Saisonmonaten noch eine Top-10-Offense, wurden die Pistons in der Folge durchgereicht und sind beim Offensiv-Rating nur noch auf Platz 21 (OffRtg: 103,9) vorzufinden. Ob Griffin das im Alleingang wieder in die richtige Richtung drehen kann, darf bezweifelt werden.
Es dürften dennoch spannende Monate auf die Pistons warten. Auch wenn es vielleicht nicht der ideale Fit ist, beweist der Trade, dass Detroit die Playoffs noch lange nicht abgeschrieben hat. Drei Spiele beträgt der Rückstand auf die 76ers, die im Moment auf Platz acht rangieren. Besonders für Van Gundy dürfte das Erreichen der Playoffs essentiell sein, da sein Job alles andere als sicher scheint. Die Pistons sind am Scheideweg. Entweder ist der Trade der Jumpstart für die Ära SVG oder der Beginn eines schleichenden Endes.
Was bedeutet der Trade für den Rest der Liga?
Es kommt auf jeden Fall Bewegung in den Markt. Viele Experten hatten eine vergleichsweise ruhige Trade Deadline erwartet, doch durch die Clippers scheint das Karussell erst richtig Fahrt aufzunehmen. Ob der Griffin-Deal nun der Blockbuster des Winters ist, kann noch nicht abgeschätzt werden. Dafür verändern sich die Parameter innerhalb der Liga zu schnell.
Als anschauliches Beispiel kann die Western Conference dienen, welche innerhalb weniger Tage ordentlich durchgeschüttelt wurde. Die New Orleans Pelicans sind trotz des Achillessehnenriss von Boogie Cousins weiter gewillt, mit aller Macht die Postseason zu erreichen und suchen Hilfe für Anthony Davis, und auch die Oklahoma City Thunder werden nach der Verletzung von Andre Roberson noch nachladen wollen. All diese Ereignisse haben Implikationen auf das Playoff-Rennen im Westen.
Die Gewinner dieser ganzen Ereignisse dürften die Portland Trail Blazers und die Denver Nuggets sein, ohne dabei auch nur irgendetwas gemacht zu haben. Auch sie dürften aber zur Deadline noch etwas versuchen. Selbst für die Utah Jazz, bei denen sich das Lazarett langsam lichtet, scheint der Playoff-Zug noch nicht abgefahren zu sein. Der offensichtliche Move wäre dabei wohl ein Trade für Nikola Mirotic von den Chicago Bulls, der anscheinend bereits diskutiert wurde.
Ähnlich wild geht es auch im Osten zu. Durch die Schwäche der Cleveland Cavaliers könnten einige Teams Blut geleckt haben. Nach fast einer Dekade Dominanz von LeBron James erscheint es diesmal möglich, den King und sein Gefolge in einer Playoff-Runde zu schlagen. Das dürfte für Boston, Toronto, Milwaukee oder auch Washington gelten. Verrückt dabei: Diese möglichen Contender um den Titel im Osten müssen auch in den Rückspiegel schauen. Die nun unberechenbaren Pistons liegen zum Beispiel nur 4,5 Siege hinter den Bucks auf Platz fünf.
Vielleicht ist es also nur der Auftakt einer verrückten Woche und wir erleben einen Deadline Day wie 2015, als über 40 Spieler getradet wurden. Möglicherweise bleibt es aber auch ruhig. Es sollte nicht viele Teams geben, die so verzweifelt wie die Pistons sind und sofort den Abzug betätigen.
Gleichzeitig ist der Trade ein weiteres Zeichen, dass es in der NBA an vielen Standorten keinerlei Loyalität gibt, das musste schon Isaiah Thomas in Boston erfahren. Die Clippers gingen sogar noch einen Schritt weiter. Im Sommer wurde nach der Verlängerung das Jersey von Griffin noch als eine Art Vorhersage für die Zukunft unter die Decke des Staples Center gezogen, nun darf Griffin in Detroit den Schneeschieber rausholen anstatt sich in der Sonne von Los Angeles zu aalen. Immerhin: Die 170 Millionen Dollar kann ihm keiner wegnehmen.