Als sich die Cavaliers im Sommer neu formierten, träumten Experten von einer revolutionären Offense. Davon ist heuer wenig zu sehen, in den Playoffs siegen sie mit simpelstem Basketball. In Spiel 2 gegen die Hawks demonstrierte LeBron James einmal mehr, warum man ihn den King nennt. Dennis Schröder und Co. stehen in Spiel 3 längst mit dem Rücken zur Wand (Mo., 2.30 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE).
"Come on, man! That's too easy!"
LeBron James meinte nicht das Spiel oder gar die ganze Serie, als er diesen Satz in Richtung Publikum brüllte. Es ging um eine Aktion: Der King zog an Mike Scott vorbei zum Korb, schüttelte dessen Foul wie eine Fliege ab und legte den Ball völlig unbeirrt in den Korb. And-1. Too easy.
Es ging wie erwähnt nicht um die Serie, als LeBron diesen Satz von sich gab. Im Großen und Ganzen kann man ihn allerdings als Überschrift für die ersten beiden Spiele der Eastern Conference Finals sehen - aus Cavs-Sicht, versteht sich.
Die Bilanz spricht für sich
Denn während die Hawks ihre Verletzungen nicht kompensieren können, haben die Cavaliers durch ihre Malaisen bedingt eine neue Identität gefunden und stehen nach zwei Siegen in fremder Halle schon mit eineinhalb Füßen in den Finals. Noch nie hat LeBron eine Playoff-Serie nach 2-0-Führung noch verloren. Die Stichprobe ist mit 14 Serien auch durchaus aussagekräftig.
Dennis Schröder: "Würde auch LeBron verteidigen"
Wenn es nach TNT-Analyst Charles Barkley geht, sind es schon bald 15. "Ich überbringe ungern schlechte Nachrichten, aber der letzte hier macht das Licht aus", sagte Chuck nach dem Spiel zu den anwesenden Journalisten im Media Room in Atlanta. Will heißen: Den Hawks steht ein Sweep bevor.
Die "Marke" Basketball, die derzeit von den Cavs gespielt wird, hat dabei wenig mit dem zu tun, was sich Experten vor der Saison ausgemalt hatten. Das Bild einer revolutionären Princeton-Offense mit Shooting auf fast allen Positionen und den singulären Talenten dreier Stars existiert nur in der Theorie, spätestens nach dem Ausfall von Kevin Love.
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Das wahre Bild der Cavs
Auch Kyrie Irving ist schon länger angeschlagen und fiel in Spiel 2 sogar aus. Umso mehr zeigte sich, was die Cavs in dieser Postseason wirklich ausmacht. Das ist zum einen die Defense, die durch die Hereinnahme von Tristan Thompson in die Starting Five (für Minus-Verteidiger Love) wesentlich besser geworden ist.
Zum anderen ist da eine Offense, die von Grantlands Zach Lowe verächtlich als "Höhlenmenschen-Basketball" bezeichnet wird. Will heißen: Die Cavs leben mehr als alle verbliebenen Playoff-Teams von Isolationen und Offensiv-Rebounds. LeBron nutzt gut ein Drittel seiner Ballbesitze für Isos. Beim "engsten Verfolger" James Harden sind es 27,2 Prozent.
James selbst agiert dabei nicht einmal besonders effektiv, wie er nach Spiel 1 auch zugab. Nur 0,7 Punkte generiert er pro Isolation Play, Chris Paul etwa schaffte 1,1 Punkte bei seinen Versuchen. Für die Cavs funktioniert diese Strategie aus den späten 90ern aufgrund ihrer beiden Großen unterm Korb dennoch häufig.
Die Bash Brothers
Das Duo Thompson und Timofey Mozgov, das von Lowe (diesmal lobend) als "Bash Brothers" bezeichnet wird, terrorisiert die Bretter seit Beginn der Playoffs. Stolze 27,8 Prozent der eigenen Fehlwürfe sammeln die Cavs wieder ein, die Gesamt-Reboundrate von 53 Prozent ist die beste aller Playoff-Teams.
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Schon die Bulls verzweifelten in der zweiten Runde an den Extra-Chancen, die von den beiden generiert wurden, nun leiden auch die eher kleinen Hawks. In Spiel 2 dominierten Mozgov und Thompson (zusammen 17 Punkte und 21 Rebounds) ihre Gegenüber Paul Millsap und Al Horford (16 und 11) - wohlgemerkt zwei All-Stars.
Mit ihrem unermüdlichen Einsatz stehen sie sinnbildlich für eine Truppe, die sich mittlerweile mehr über Hustle als Finesse definiert. Spieler wie Matthew Dellavedova oder Iman Shumpert, dem vom King das Potenzial zum All-NBA-Defender attestiert wird, fügen sich da nahtlos ein, und selbst Vorzeigechaot J.R. Smith wirkt den Großteil der Zeit im Cavs-Trikot zurechnungsfähig.
Blatt: "Zu einer 'Big One' geworden"
"LeBrons Leistungen sind auch deshalb so gut, weil seine Mitspieler ihn perfekt komplementieren", sagte Cavs-Coach David Blatt, "genau das will man von einer Mannschaft. Wir sind zu einer 'Big One' geworden. Ein Team."
Trotz ihrer mittlerweile extrem ausgedünnten Rotation und der häufig vorhersehbaren Offense reicht es bei den Cavs wohl für die Finals. Das ist einerseits Verletzungen und der im Vergleich einfach schwächeren Eastern Conference geschuldet. Andererseits ist es auch eine weitere Bestätigung für den Ausnahmestatus, den LeBron immer noch einnimmt.
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Denn bei allen Qualitäten der Rollenspieler, LeBron ist und bleibt der beste Spieler der Liga. Es sind seine einzigartigen Fähigkeiten als Scorer, Vorbereiter und mentaler Stabilisator, die diese Mannschaft erfolgreich machen. "Wie sehr hilft es, LeBron James im Team zu haben? Muss ich diese Frage wirklich beantworten?", witzelte Blatt nach Spiel 2, in dem James an 60 von 94 Cavs-Punkten (!) direkt beteiligt war.
"Mir fehlen die Superlative"
"Ich habe einen guten Wortschatz, aber mir fehlen mittlerweile die Superlative, um ihn zu beschreiben", fügte der Coach hinzu, "denkt Ihr euch was aus. Ihr seid die Schreiberlinge." GM David Griffin sagte später, dass er sich "geehrt" fühle, James zuzuschauen.
20,3 Punkte generiert LeBron als Assist-Geber in den Playoffs, mehr als jeder Spieler außer John Wall. Im Pick'n'Roll mit den Big Men, aus dem Drive oder dem Doppeln heraus auf die Schützen - James findet seine Mitspieler meisterhaft. "Er sieht den Court so gut, dass wir einfach nur in unseren Spots bleiben müssen", sagt Thompson, "er findet uns."
James: Assists wertvoller als Punkte
Für James, der in der Postseason 27,6 Punkte pro Spiel auflegt, sind die Assists wertvoller als die eigenen Punkte, weil er weiß, dass er es nicht alleine schaffen kann. "Es macht mir mehr Spaß als alles andere, Druck auf die Defense auszuüben, dann einen Pass zu spielen und zu sehen, wie mein Mitspieler seinen Wurf trifft", sagte LeBron, und fügte hinzu: "Ich weiß, wie ich meinen Mitspielern Selbstvertrauen einflößen kann."
spoxMit 30 Jahren, auf dem Weg zur fünften Finals-Teilnahme in Folge, versteht er besser denn je, wie wichtig das Selbstvertrauen ist. Die Effekte sind offenkundig, denn trotz des unerfahrenen Kaders mit mehreren Playoff-Debütanten haben die Cavs mittlerweile das Selbstvertrauen ihres Anführers verinnerlicht - und damit einen weiteren großen Vorteil gegenüber Atlanta.
Schröder: "Nicht als Team aufgetreten"
Der Februar-Form liefen die Hawks schon länger hinterher, die Verletzungen und die Stärke des Gegners scheinen sie nun vollkommen aus der Bahn geworfen zu haben. "Wir sind in den ersten beiden Spielen nicht gemeinsam als Team aufgetreten", kritisierte Dennis Schröder ungewöhnlich deutlich und lag damit sicher nicht falsch.
Dass ein LeBron die Defense vor enorme Probleme stellt, ist die eine Sache. Wenn aber beispielsweise Jeff Teague offene Würfe verweigert und den Cavs damit erlaubt, abzusinken und die Zone zuzustellen, behindert das den Flow der Offense und führt dazu, dass die Hawks die eigene Identität ein Stück weit verraten.
Wenn es bei den Hawks nach ihrem Geschmack läuft, zirkuliert der Ball methodisch, bis der offene, hochprozentige Wurf gefunden ist. In der Regular Season gingen 67,6 Prozent ihrer Field Goals Assists voraus - der beste Wert der Liga. Von diesem Rhythmus, dieser Balance ist nicht viel geblieben.
Bud: "Du brauchst einfach mehr"
In der Serie gegen die Cavs sind es bloß 50,7 Prozent, auch weil das Team viel zu oft versucht, durch Isos zu punkten. Mit wenigen Ausnahmen ist das einfach nicht im Repertoire der Hawks. Und so stehen sie in Spiel 3 längst mit dem Rücken zur Wand (Mo., 2.30 Uhr im LIVE-STREAM FOR FREE).
"Wir müssen in den 48 Minuten einfach alles geben und versuchen, zu gewinnen", sagte Schröder, der in Spiel 2 bloß 12:17 Minuten auf dem Court stand und dennoch mit 13 Punkten Topscorer seines Teams war.
Mike Budenholzer fasste nach dem Spiel zusammen, was seinem Team gefehlt hatte: "In den Playoffs brauchst du einfach mehr. Bessere Execution, bessere Screens. Du musst einige Dinge einfach härter angehen."
Das alles sind Lektionen, die LeBron James seinem Team längst eingeflößt hat.