Paul Zipser ist als Rookie inzwischen eine feste Größe in der Rotation der Chicago Bulls. SPOX traf den 23-jährigen Flügelspieler in den USA zum Gespräch über den Kampf um die Playoff-Plätze, die Rookie-Wall, Crunchtime-Minuten und den American Way of Life.
SPOX: Paul, bei unserem letzten Gespräch kurz nach dem Draft wussten Sie noch überhaupt nicht, was in der NBA auf Sie zukommt. Nun sind Sie Starter in Chicago. Eine krasse Entwicklung, oder?
Paul Zipser: Ja, das kann man wohl sagen! (lacht) Am Anfang der Saison war alles neu, aber ich hatte Zeit, an vielen Dingen zu arbeiten und habe mich im Laufe des Jahres auch weiterentwickelt. Daher habe ich nun das Vertrauen des Coaches bekommen. Dass ich nun mehr und mehr Spielzeit erhalte, freut mich natürlich sehr. Und mit jeder Minute wächst mein Selbstvertrauen.
SPOX: Nach einem guten Start hatten Sie als Team ein wenig Probleme, aktuell liegen die Bulls knapp außerhalb der Playoff-Plätze. Wie würden Sie den Saisonverlauf beschreiben?
Zipser: Ein bisschen holprig trifft es wohl am ehesten. Wir hatten gute Phasen und schlechte Phasen, die Konstanz hat gefehlt. Da muss jedes Team durch, aber ich hätte mir gewünscht, dass wir als Mannschaft ein bisschen mehr zusammenstehen. Das war leider nicht immer der Fall, ist aber nun besser geworden.
SPOX: Aktuell liegt Chicago auf Rang neun, der Abstand auf Platz fünf beträgt allerdings nur drei Siege. Wie gehen Sie den Kampf um die Playoffs an?
gettyZipser: Unsere Playoffs laufen schon. Jedes Spiel ist nun ungemein wichtig, da es im Osten so eng zugeht. Ich denke, dass man gesehen hat, dass wir nach unserer Niederlagenserie einen Schritt nach vorn gemacht haben. Wir müssen jetzt richtig loslegen, um jeden Ball kämpfen. Vor allem die nächste Woche wird sehr, sehr wichtig.
SPOX: Bei Ihnen persönlich ist Ende Januar der Knoten geplatzt. Wie haben Sie reagiert, als Sie erfahren haben, dass Sie zum ersten Mal starten dürfen?
Zipser: Beim ersten Mal war es schon eine ganz schöne Überraschung und klar, ich habe mich riesig gefreut. Es war für mich das erste Spiel im Madison Square Garden - eine beeindruckende Arena. Und dann gleich als Starter? Das war ziemlich cool.
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SPOX: Wenig später zählte Coach Fred Hoiberg auch in der Crunchtime auf Sie. Ist man da besonders nervös oder ist jede Minute gleich?
Zipser: Klar, am Ende des Spiels zählt es besonders. Man möchte Aktionen zeigen, Plays initiieren. Schließlich steht man ja auf dem Feld, um dabei mitzuhelfen, den Sieg zu holen. Wenn man auf der Bank sitzt, ist das natürlich ein bisschen schwieriger. (lacht) Gerade als Rookie hatte ich natürlich nicht damit gerechnet, dass ich schon in der Schlussphase ran darf. Aber ich glaube, dass ich in vielen Spielen geholfen habe, sie zu gewinnen. Das bleibt natürlich im Gedächtnis.
SPOX: Wie verändert sich Ihre Situation durch die Ellenbogen-Verletzung von Dwyane Wade?
Zipser: Das ist natürlich ein harter Schlag für uns, weil Dwyane eine enorme Stütze des Teams ist. Wir haben zwar schon ein paar Spiele ohne ihn gemacht, aber dass er bis zum Ende der Saison ausfällt, ist echt bitter. Für uns andere Flügelspieler bedeutet das, dass es mehr Möglichkeiten und Minuten geben wird, aber auch, dass einige Spieler mehr Verantwortung übernehmen müssen. Davon kann ich einer sein.
SPOX: Zuletzt wechselte Ihre Rolle oft, mal Starter, dann wieder mal nur drei Minuten oder auch ein DNP-CD. Wie wird das vom Team kommuniziert und wie gehen Sie damit um?
Zipser: Manchmal teilt mir der Coach seine Entscheidung für das Spiel vorher mit, manchmal aber auch nicht. Und die Minutenanzahl hängt auch vom Verlauf des Spiels ab. Da muss man dann häufig einfach mal schauen, wie es läuft und wie die Matchups sind. Für mich ist das kein Problem. Es kommt nicht darauf an, einen festgeschriebenen Platz zu haben. Es kommt darauf an, dass man seine Leistung bringt, wenn man gefordert ist.
SPOX: Haben Sie noch regelmäßigen Kontakt nach Deutschland und bekommen etwas von der BBL mit?
Zipser: Na klar. Die Serie von Ulm verfolge ich natürlich auch hier. Das ist echt eine Überraschung, wie sie dieses Jahr spielen. Und zu den Bayern habe ich zum Beispiel durch Maxi Kleber noch guten Kontakt. Bamberg verfolge ich natürlich ein bisschen und auch bei Johannes Voigtmann gucke ich immer mal rein, wie er in Spanien spielt.
SPOX: Wie gefällt Ihnen bisher der American Way of Life?
Zipser: American Way of Life. (überlegt) Puh, ich weiß nicht. Ich bin nicht der Typ, der immer mit den neuesten Sachen ankommen muss. Ich versuche, mich vom Fastfood fernzuhalten - auch, wenn ich natürlich ein paar Sachen ausprobieren musste. (lacht) Aber insgesamt habe ich mich ganz gut an alles gewöhnt: das ständige Reisen, die vielen Spiele, die wenigen Trainingseinheiten. Ich fühle mich hier wohl und meine Freundin und ich haben uns in Chicago gut eingelebt. Die Aufmerksamkeit auf der Straße ist natürlich deutlich mehr als in Deutschland. Wenn ich allein oder mit Freunden durch die Stadt laufe, werde ich regelmäßig erkannt.
SPOX: 5,1 Punkte, 2,8 Rebounds, 0,7 Assists, 39,9 Prozent aus dem Feld, 32,4 Prozent Dreier - das sind Ihre aktuellen Stats. Auf welche Kategorie schauen Sie am meisten?
Zipser: Ehrlich gesagt: Ich schaue nicht auf Stats. Überhaupt nicht.
SPOX: Was bedeutet der Trade von Doug McDermott und Taj Gibson für Sie?
Zipser: Wenn jemand, der viele Minuten auf der Zwei und Drei bekommen hat, vom Team getradet wird und wir dafür einen Point Guard holen, dann ist für mich natürlich mehr Platz. Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch ein Stück weit für mich war. Die Bulls setzen Hoffnung in mich und im Sommer werde ich wieder viel arbeiten, um mich weiterzuentwickeln.
SPOX: Spüren Sie einen Unterschied, wie Rookies und Veteranen von den Schiedsrichtern behandelt werden?
Zipser: Ja, den gibt es schon. Beim Spiel gegen die Washington Wizards zum Beispiel war es schon extrem. Da konnte ich machen, was ich wollte und habe keinen Pfiff bekommen. Aber das war insgesamt ein sehr physisches Spiel, das ist dann noch einmal anders.
SPOX: Zuletzt haben Sie viel am Playmaking gearbeitet. Worauf liegt im Training aktuell Ihr Schwerpunkt?
Zipser: Zurzeit arbeite ich daran, relativ gesund zu sein und zu bleiben. Nein, ehrlich: Im Moment gibt es einfach keine Zeit dafür, sprich keine Gelegenheit. So komisch es klingen mag: Zum Trainieren ist hier wirklich nur die Offseason da.
SPOX: Macht sich die Knöchelverletzung aus dem Februar noch bemerkbar?
Zipser: Leider ja. Der Knöchel tut immer noch ab und zu weh und er behindert mich noch. Die Verletzung nimmt auch noch die eine oder andere explosive Aktion weg. Ich muss schauen, wie ich da durchkomme. Wir haben ja nicht mehr so viele Spiele. Danach kann ich auf meinen Knöchel gucken. Aber jetzt zählt es erst einmal, die Spiele zu gewinnen.
SPOX: Was hat es eigentlich mit dem Mythos Rookie-Wall auf sich? Gibt es die wirklich?
Zipser: Oh, ja. Die Rookie-Wall hat eingeschlagen. Es war nicht lang, aber es gab so etwa eine Woche, in der ich einfach mal durchgehend fertig war. Komplett. In erster Linie mental, aber auch körperlich. Da kam mit dem Knöchel irgendwie auch alles zusammen. Aber ich habe es ganz gut hinbekommen und mit meinen aktuellen Leistungen bin ich zufrieden. Wenn wir jetzt noch die restlichen Spiele gewinnen, ist alles gut. (lacht)