NBA - Silver Linings: (Mindestens) ein Hoffnungsschimmer für jedes Lottery-Team

Ole Frerks
04. April 202211:02
Dank Tyrese Haliburton gibt es bei den Pacers Grund zur Hoffnung.getty
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Das Rennen um die Playoff-Plätze ist noch in vollem Gange, für einige Teams ist es jedoch schon klar, dass es nicht für das Play-In-Turnier reichen wird. Wir suchen nach Hoffnung für jedes bereits eliminierte Team.

Houston Rockets (20-59) - Der designierte Harden-Nachfolger

Es wurde von Anfang an getankt in Houston, daran änderte auch die zwischenzeitliche Siegesserie über sieben Spiele Ende November/Anfang Dezember nichts. Wirklich ärgerlich war dabei zwischenzeitlich nur das Kabinen-Chaos um Kevin Porter Jr. und Christian Wood, trotzdem kann Houston mit einem gewissen Optimismus in die Zukunft blicken, zumal die Chancen auf den nächsten hohen Lottery-Pick ja nicht übel stehen.

Mit Porter (seit dem Ärger deutlich verbessert!), Alperen Sengün und einigen anderen Spielern steht schon einiges an Talent im Kader, besonders erfreulich ist die Entwicklung von Jalen Green. Der Nr.2-Pick hatte keinen leichten Start in die Spielzeit und kam über die Saison nicht an die Spitze seines Rookie-Jahrgangs heran, dazu waren andere zu konstant.

Über die letzten Wochen konnte Green aber zeigen, dass er wohl die höchste Scoring-Upside aller Rookies besitzt. Green hat in fünf Spielen in Folge mindestens fünf Dreier versenkt und 20+ Punkte erzielt, das hat vor ihm in der Rockets-Geschichte lediglich James Harden hinbekommen. Und diese Spiele sind kein Einzelfall; im Januar wollte Green kaum etwas gelingen (13,1 Punkte bei 45,7% True Shooting), seither zeigt der Pfeil jedoch steil nach oben, Richtung 60%.

Durch sein viertes 30-Punkte-Spiel in Folge ist Green nun sogar noch ein weiterer Meilenstein gelungen: Die letzten Rookies, die das vor ihm schafften, hörten auf die Namen Allen Iverson und Michael Jordan und legten durchaus brauchbare Karrieren hin.

Green besitzt einen herausragenden Wurf, eine sehr gute Fußarbeit und jede Menge Athletik - er ist aktuell tatsächlich sogar der Guard mit den meisten Dunks in dieser Saison (61). Sein Spiel bedarf logischerweise noch einiges an Feintuning, er hat als Passer noch viel zu lernen, als Verteidiger sowieso. Das war aber alles zu erwarten. Dass er dazu in der Lage ist, schon jetzt so explosiv als Scorer aufzutreten, sollte Rockets-Fans mit viel Vorfreude auf seine Entwicklung in den nächsten Jahren blicken lassen.

Jalen Green: Seine Statistiken pro NBA-Monat

MonatSpielePunkteTrue Shooting%AssistsTurnover
Oktober61343,532,2
November1214,553,223
Dezember32066,72,72
Januar1413,145,721,9
Februar1016,557,22,71,5
März1720,859,13,41,7
April23265,831

Orlando Magic (20-59) - Eine Baustelle bleibt

Es bleibt abzuwarten, ob und wann in Orlando mal alle Talente zur Verfügung stehen werden, und wie sie dann in der Realität zusammenpassen. Aber dass es an Talent nicht fehlt, ist offenkundig - für ein so mieses Team haben die Magic schon sehr viel angesammelt, was es braucht.

Sie haben: Playmaking, Scoring und defensives Potenzial im Backcourt in Person von Jalen Suggs, Cole Anthony und Markelle Fultz ... Do-It-All-Wings mit Länge und Two-Way-Fähigkeiten in Franz Wagner, Chuma Okeke und (eigentlich) Jonathan Isaac ... und einen der besseren, vielseitigeren jungen Bigs der Liga in Wendell Carter Jr., der insbesondere seit dem All-Star Break ein starkes Spiel nach dem anderen zeigt (knapp 20 Punkte und 12 Rebounds im Schnitt).

Das klingt zumindest nach dem Fundament eines ordentlichen Teams. Hinter Isaac stehen zwar große Fragezeichen, nachdem dieser nun zwei volle Saisons verpasst hat, aber selbst ohne ihn wirkt Orlando nicht verloren. Zumal die Magic einen weiteren hohen Lottery-Pick bekommen werden, um vielleicht auch die "letzte" verbliebene Baustelle anzugehen.

Diese lautet: individuelle Shotcreation. Orlando hat keine klassische A-Option, auch wenn sich Anthony vermutlich dafür hält. Defensive Upside ist bereits en masse vorhanden, vorne lässt sich das noch nicht erkennen. Vielleicht kann Suggs in seinem zweiten Jahr mehr zu einem solchen Spieler werden, vielleicht macht auch Wagner noch einen weiteren großen Schritt in diese Richtung, wahrscheinlicher ist, dass die Lösung noch gefunden werden muss.

Detroit Pistons (23-56) - Zum letzten Mal im Keller?

Cade Cunningham wird wohl kein Rookie of the Year, dafür war sein Start in die Saison zu langsam und die Konkurrenz zu gut. Womöglich ist er dennoch schon jetzt der beste Offensivspieler, ziemlich sicher ist er der kompletteste Spieler seines Jahrgangs. Cunningham sieht nun seit Wochen absolut aus wie der Star, als der er angekündigt wurde.

Cade spielt schon jetzt mit seinem eigenen Tempo, ist schwer aus dem Konzept zu bringen, liest das gesamte Spiel sehr gut. Er ist kein explosiver Athlet, wird jedoch immer besser darin, zu seinen Spots zu kommen und sich Platz für seinen Wurf zu verschaffen.

Und, auch nicht schlecht: Er verteidigt auf einem jetzt schon hohen Niveau, ungewöhnlich für Rookies, gerade auf dem Flügel. Obwohl die Pistons mit ihrem Team noch lange nicht fertig sind, kann man damit rechnen, dass sie mit Cade nicht mehr allzu oft so früh in der Saison als klares Lottery-Team zu identifizieren sein werden. So gut ist er schon jetzt.

Marvin Bagley wird ihm vielleicht helfen - seit seiner Rettung aus Sacramento gefällt der frühere Nr.2-Pick immer besser (15 PPG bei 59% True Shooting in Detroit). Und dann ist da noch Killian Hayes, der in den vergangenen Wochen endlich sein Offensivspiel in die NBA zu übertragen scheint.

In sieben der letzten acht Spiele hat der Franzose zweistellig gescort, das kann man bei ihm schon als Hot Streak bezeichnen. Beim Tank-Off gegen OKC rief er sein gesamtes Potenzial ab, schrieb sich 26 Punkte, 7 Rebounds, 8 Assists, 5 Steals und 2 Blocks in den Boxscore - das mit einigem Abstand beste Spiel seiner jungen Karriere.

Hayes muss nicht immer so scoren, je mehr Gefahr er ausstrahlt, desto besser wird er aber perspektivisch neben Cade spielen können. Beide Guards sind lang, können verteidigen, lesen das Spiel unheimlich gut - je mehr solcher Spieler man miteinander kombinieren kann, desto besser.

OKC Thunder (23-55) - Der Process auf Steroiden

Bei den Thunder wird schon länger kein Hehl mehr aus den Absichten gemacht, auch in dieser Spielzeit wurden etliche Spieler frühzeitig für den Rest der Saison abgemeldet, die womöglich zurückgekehrt wären, wenn es um Siege gegangen wäre. Trotzdem konnten sich etliche junge Spieler für höhere Aufgaben empfehlen und andeuten, dass der aktuelle "Process auf Steroiden" nicht ewig so fortgesetzt werden muss.

Shai Gilgeous-Alexander wäre mit seinen Statistiken bei ambitionierten Teams wohl ein All-Star (knapp 25, 6 und 5 im Schnitt) und hat seit dem All-Star Game einen weiteren Schritt gemacht, kaum ein NBA-Spieler ist so schwer vom Korb fernzuhalten. Das ist umso eindrucksvoller, da sein Team SGA nicht gerade viel Platz verschaffen kann (Platz 30 bei der Dreierquote).

Auch neben dem Kanadier beschäftigt OKC jedoch einige spannende Spieler, allen voran Josh Giddey und Lu Dort, aber auch beispielsweise Isaiah Roby, auch wenn einige OKC-Fans nach dessen 30-Punkte-Explosion gegen Portland bei Twitter sofort einen Trade forderten. Auch Tre Mann, Aaron Wiggins und Aleksej Pokusevski (Triple-Double Alert!) hatten ihre Momente.

OKC hat weiter dringenden Bedarf im Frontcourt, das muss wohl angegangen werden, bevor man wirklich wieder kompetitiven Basketball spielen wird. Andererseits gibt es kein Team, das in Sachen Draft-Assets mehr bieten könnte, sollte der nächste Star verfügbar werden. Es ist unklar, welche der jungen Spieler dauerhaft bei den Thunder bleiben werden, nach und nach ist jedoch so etwas wie der Anfang eines Grundgerüsts zu erkennen.

Indiana Pacers (25-54) - Hali und die Anti-Suns

Die Saison der Pacers war wie verhext und hatte trotzdem etwas Gutes: Indiana hat nun Tyrese Haliburton! Seit seinem Wechsel kommt der Point Guard knapp auf ein Double-Double im Schnitt (17,3 PPG, 9,8 APG) und hat sich seine überragende Effizienz beibehalten (62% True Shooting). Indiana verlor zwar einen Großteil dieser Spiele, allerdings stand Head Coach Rick Carlisle auch nie sein ganzes Team zur Verfügung.

Es sollte in der kommenden Saison etwas anders aussehen. Zum einen ist da der Faktor Gesundheit: Myles Turner und T.J. Warren (wirklich!) sollten dann wieder zur Verfügung stehen, mit einem Kern aus den beiden Veteranen, Haliburton, Malcolm Brodgon, Buddy Hield, Chris Duarte und Oshae Brissett sollte sich schon etwas anfangen lassen, zumindest offensiv. Bei Brogdon gibt es zwar Gerüchte, dass er getradet werden könnte, um Platz für die jüngeren Spieler zu schaffen, andererseits könnte sein Spiel insbesondere mit Haliburton durchaus gut harmonieren.

Zum anderen gibt es da auch noch das Thema Clutch Games: Indiana gestaltete in dieser Saison 45 Spiele "eng" und verlor 34 davon. Das ist bemerkenswert schlecht - die Pacers sind die Anti-Suns! Ihrem Point Differential zufolge müssten die Pacers deutlich mehr Siege auf dem Konto haben, als sie es tun. Wie gesagt: Die Saison war wie verhext. Es wird vermutlich nicht noch einmal so übel.

Portland Trail Blazers (27-51) - Rückkehr der Dame Time

Damian Lillard kehrt hoffentlich gesund zurück und wird nun mit Anfernee Simons (wenn dieser gehalten wird) einen explosiven Backcourt stellen. Allein das sollte dazu führen, dass Portland wieder ein zumindest gutes Offensiv-Team sein wird, nachdem in dieser Saison erstmals seit 17/18 eine Top-4-Platzierung verpasst wird (und zwar deutlich: Platz 26!).

Simons und auch Nassir Little sind junge Spieler, die große Rollen in den Plänen der Blazers spielen werden. Ein weiterer Kandidat dafür ist Trendon Watford. Der Forward wurde im Sommer nicht gedraftet, hat sich über die letzten Wochen vor einer Knieverletzung aber scheinbar in Portland festgespielt.

Man muss dazu sagen: Portland zog sein halbes Team aus dem Verkehr, und irgendjemand musste die Minuten eben übernehmen - Watford war zunächst irgendjemand. Vielleicht ist er aber noch mehr, über diese Phase hinaus. Im März kam er auf mehrere 20-Punkte-Spiele und über 15 Punkte im Schnitt und zeigte dabei einige Fähigkeiten, die Portland vielleicht auch weiterhin nutzen kann.

Watford hat einen wackligen Wurf, dafür aber guten Touch am Korb und aus der Floater-Range, hinzu kommt eine sehr ordentliche Übersicht. Perspektivisch könnte Watford womöglich ein guter Short-Roll-Partner für Lillard werden, ähnlich wie Bruce Brown in Brooklyn, wobei es noch besser wäre, wenn sich auch der Wurf noch stabilisiert.

Defensiv hat er zumindest das Potenzial, um ein vielseitiger Switch-Big zu werden, auch wenn es bis dahin noch ein weiter Weg ist. Portland sucht seit Jahren vergeblich nach Tiefe im Frontcourt; Watford wird die Probleme nicht im Alleingang lösen, vielleicht kann er aber zumindest ein wenig dazu beitragen.

Sacramento Kings (29-50) - Der Fuchs, der Ochse & die Off-Night

Mit dem Trade für Domantas Sabonis sorgten die Kings für viel Aufsehen und auch eine gehörige Portion Verwirrung, die weniger an Sabonis und mehr an der Wertschätzung für Haliburton lag. Was die Ergebnisse angeht, lässt sich auch noch nicht behaupten, dass sich der Move ausgezahlt hat: Sacramento stand vor dem Trade bei 20-36 und seither bei 9-14, geschönt durch vier Siege gegen Tanking Teams in den vergangenen Tagen.

Die Idee dahinter ist dennoch langsam zu erkennen, auch wenn man ihr nicht zustimmen muss. Der Stau im Backcourt wurde ein wenig aufgelockert, was vor allem zwei Spielern zugute kommt. De'Aaron Fox punktet seit dem Trade wie entfesselt (29 PPG, 7 Assists, 50/38/77-Splits) und profitiert von Sabonis' Playmaking, auch wenn beide erst 13 gemeinsame Spiele absolvieren konnten.

Es sollte ein besserer Spitzname gefunden werden als "The Fox & the Ox", aber wie gesagt, viel Zeit war noch nicht. Um beide sollte sich eine gute Offense basteln lassen, Sabonis als Facilitator vom High-Post könnte für den Speed von Fox ein gut passendes Gegenstück sein (defensiv müssen beide zulegen, aber das steht auf einem anderen Blatt).

Und nicht nur Fox hat profitiert. Auch Davion Mitchell entwickelt sich offensiv positiv, insbesondere der März war stark (15 PPG, 5 APG im Schnitt). Der Rookie ist noch immer kein effizienter Scorer, gerade in den Spielen, die er starten durfte, zeigte er aber die richtigen Ansätze. Seine Defense ist ohnehin schon fast elitär, Fragezeichen beziehen sich fast nur auf das offensive Ende.

Der Wurf wird der Swing-Skill sein, der mit darüber entscheidet, wie viele Minuten Mitchell neben Fox und Sabonis spielen kann, ohne der Offensive zu schaden. Kings-Coach Alvin Gentry bezeichnet ihn als "härtesten Arbeiter, den ich je gecoacht habe", man darf also hoffen.

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New York Knicks (35-43) - Bully Ball Barrett

Nach der starken Vorsaison kam New York sehr schnell wieder auf dem Boden an. Insbesondere galt das für Julius Randle, der individuell sicherlich als eine der größten Enttäuschungen dieser Saison gelten muss. Aber es geht hier ja um Hoffnungsschimmer - und die Knicks haben immerhin R.J. Barrett.

Der 21-Jährige erwischte ähnlich wie Randle keinen guten Start in die Saison, bis Ende Dezember kam er nur knapp auf 15 Punkte im Schnitt. Seither hat er in jedem Monat 20+ aufgelegt, im Februar sogar 28 im Schnitt - und die Wurfdiät hat sich verändert. Barrett kommt deutlich häufiger an die Freiwurflinie, 7,4 mal pro Spiel in 2022.

Die Aggressivität kommt Barrett sehr zugute, der noch immer ein wackliger Schütze ist und bisher noch in keiner Saison durchschnittlich effizient scoren konnte. Barrett ist sehr kräftig für seine Größe und kaum vom Korb fernzuhalten, wenn er zieht. In jeder seiner bisherigen drei Saisons nahm er mindestens 40 Prozent seiner Abschlüsse am Ring, das ist sehr viel für einen Guard.

Er trifft über die Saison allerdings nur 56 Prozent davon, kein guter Wert. Will Barrett ein echter Go-To-Scorer werden und diese Rolle eines Tages von Randle übernehmen, was sicherlich im Interesse der Knicks wäre, muss er zwingend treffsicherer werden. Die Aggressivität und die damit einhergehende sehr hohe Shooting-Foul-Rate von über 16 Prozent sind immerhin ein Anfang.

Apropos Anfang: Die Knicks haben auch noch Immanuel Quickley, Obi Toppin, Deuce McBride, Jericho Sims ... talentlos sind sie nicht. Der Coach muss die Kids allerdings auch von der Leine lassen wollen.

Washington Wizards (34-44) - Der Porzingis-Deal als Win-Win

War der Trade für Kristaps Porzings ein "Win-Win"? Wizards-Coach Wes Unseld Jr. sagt das zumindest. Tatsächlich bekamen die Wizards nicht viel von Spencer Dinwiddie und Davis Bertans, KP hingegen ist seit seinem Wechsel ziemlich gut aufgelegt, kommt auf durchschnittlich 22 Punkte, 8 Rebounds, 3 Assists und 59% True Shooting.

Das ist sehr ordentlich. Die Frage ist wohl, ob es dazu führt, dass Bradley Beal sich im Sommer (wieder) dazu entscheidet, (wieder) vorerst bei den Wizards zu bleiben. Falls ja, hätte Washington zwar nicht direkt ein Top-Team, aber doch wohl eins, das wieder zumindest ernsthaft um einen Play-In-Platz mitspielen könnte.

Schlecht ist der Kader eigentlich ja nicht, gerade im Frontcourt. Es ist auch nicht zu unterschätzen, wie viele Ausfälle die Wizards in dieser Spielzeit hatten: Beal verpasste die halbe Saison, Thomas Bryant sogar deutlich mehr. Auch Rui Hachimura hat erst 38 Spiele absolviert, sieht seit seiner Rückkehr aber recht gut aus (46% Dreier!).

Den Wizards fehlt es an Playmaking, auf der Eins ist wohl kein Team schwächer besetzt. Das lässt sich allerdings ja recht einfach fixen, keine Position in der NBA ist tiefer besetzt. Mit etwas besserer Gesundheit und vor allem Beal sollte es dann in der kommenden Saison wieder ein Stück bergauf gehen.