Der alte Mann und die Bananenrepublik

Martin Klotz
26. März 201602:42
Die vergangenen sieben Tage hielten Meisterleistungen und Aufreger bereitgetty
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Während Dirk Nowitzki an seinem Denkmal bastelt und dabei beunruhigende Tendenzen erkennen lässt, begibt sich LeBron James auf die Suche nach den sommerlichen Fantastic Four. Saubermann Curry sorgt für einen Aufschrei, der Ausfall von Anthony Davis trifft die Pelicans hart. Und: Allen is coming...

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Alter Mann der Woche

Alter Schwede! Da haut der große Blonde mal eben so 40 Punkte raus und mäht die Blazers in der Overtime gemeinsam mit D-Will nieder wie ein 20-jähriger Jüngling. Nach der Stunde in der Eistonne, den zwei Stunden Stretching, den drei Stunden Yoga und den vier Stunden Massage schlurft er in Latschen zu seinem Auto, fährt nach Hause, als wäre nichts gewesen und hört dabei Taylor Swift. Denn Dirk Nowitzki ist 37 Jahre alt.

Damit steigt das 7-Foot-Schnitzel in einen elitären Club auf: Einzig Michael Jordan, Karl Malone und Kareem Abdul-Jabbar gelang es, im gleichen Alter 40 Punkte in einem NBA-Spiel zu erzielen. Das Problem: Die Mitgliedschaften in ominösen Clubs scheinen zu einem beunruhigenden Trend für Nowitzki zu werden.

Dirk ist in den letzten Jahren zum regelrechten Clubgänger geworden. Jede Saison tritt er weiteren erlesenen Gemeinschaften bei. Zunächst war es nur der 50/40/90-Club - damals war es ja noch harmlos und kaum jemand hat sich etwas dabei gedacht. Dann kam der MVP und Finals-MVP-Club. Später der Kreis der Baller mit mehr als 900 Spielen mit 20 Punkten.

Und noch beunruhigender: In manchen Clubs ist Nowitzki der einzige Teilnehmer, beispielsweise im Zirkel der Spieler mit mindestens 29.000 Punkten, 1000 Dreiern, 1000 Blocks und 1000 Steals. Wo soll das noch hinführen? Und vor allem: Wie soll sich Dirk in seinem Alter überhaupt noch merken, wo er überall Mitglied ist?

Wäre Dirk nicht so überragend und seine Leistungen nicht so bewundernswert - man müsste dem armen, alten Mann beinahe raten, die Sneaker an den Nagel zu hängen. Aber manche Bürden muss man als größter europäischer Basketballer aller Zeiten einfach tragen. Übrigens noch so ein Club, in dem es neben Nowitzki kein anderes Mitglied geben kann...

Shooter der Woche

"Tony Allen, definitiv. Mit ihm hatte ich immer am meisten Probleme." Seit der Antwort von Kobe Bryant auf die Frage, wer ihn in seinen 20 Jahren in der Liga am besten verteidigt hat, dürfte das Trikot von Mr. First-Team-All-Defense im Brustbereich noch ein Stück enger geworden sein.

Doch vorbei sind die Zeiten, als Allen lediglich als Kettenhund Aufsehen erregte. Als gegnerische Teams ihm in der Offense gefühlt sieben Meter Platz ließen. Als jeder Mitspieler im Geiste immer wieder das allensche Mantra formulierte: "Don't shoot! Don't shoot! Do... damn!"

All das ist Geschichte. 12/12. In Worten: zwölf von zwölf. Das war die Wurfausbeute von Tony Allen am Dienstag gegen die Lakers. Es war nicht nur die beste fehlerfreie Shooting-Performance der Saison, sondern ein historisches Ereignis. Seit 1978 hatte kein Spieler bei zwölf Versuchen jeden einzelnen versenkt.

Die Grizzlies mögen seit der Verletzung von König Gasol eines der weniger mächtigen Häuser des NBA-Königreichs sein. Aber der Rest des Landes sollte sich warm anziehen und schon einmal seine Männer unter den Bannern versammeln. Denn: Allen is coming...

Patient der Woche

Eigentlich war es auch schon egal. Anthony Davis, der Franchise-Player der Pelicans und potenzielle Mega-Star der Zukunft wird diese Saison nicht mehr aufs Parkett zurückkehren. New Orleans ist ohnehin eine der größten Enttäuschungen des Jahres. Da macht das Aus von Davis den Perkins auch nicht mehr fett. Die Umstände sind dennoch kurios.

Erst hieß es, eine langwierige Schulter-Verletzung wäre der Grund für den Shutdown, nun wurde er am linken Knie operiert. Schulter, Knie - ist doch alles eigentlich das gleiche. Hoffen wir, dass die medizinische Abteilung weiß, was sie tut. Wäre trotzdem nicht schlecht gewesen, sich vorher auf eine Strategie festzulegen. Schließlich will man ja nicht den Anschein erwecken, man würde die Ausgangsposition für den Draft verbessern wollen.

Vielleicht sollte die Franchise mal darüber nachdenken, sich nach neuen Ärzten umzuschauen. Schließlich fallen mit Eric Gordon, Tyreke Evans und Davis gleich drei der besten Spieler bis zum Sommer aus. Auch Ryan Anderson und Noris Cole sind derzeit zum Zuschauen gezwungen. Umgerechnet sind das 82,3 Punkte, die den Pels pro Spiel im Anzug die Daumen drücken. Jrue Holiday ist der einzig verbliebene Spieler mit Starting-Kaliber - und auch er verpasste in seiner Zeit in New Orleans schon 108 von 236 Partien.

Gegen die Pacers hatte Alvin Gentry lediglich acht fitte Spieler zur Verfügung, Zehn-Tages-Akquisition Tim Frazier spielte dabei die viertmeisten Minuten. Seinen Namen braucht sich der Coach aber ohnehin nicht zu merken, vermutlich landet auch er zeitnah im Lazarett. Und wenn der Gott des Illegal Screens, Kendrick Perkins, wie gegen Indiana 19 Minuten ran muss, dann steht es wirklich schlecht um die Pels.

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Schmutzfink der Woche

Der Speichel spritzte nur so umher. Die Offiziellen wandten sich entsetzt ab. Und die Plastik-Schiene flog auf den Boden in Richtung des Anschreibetischs. Wenige Augenblicke zuvor hatte sie die Hand von Steph Curry verlassen. Und wenige Sekunden davor seinen Mund.

"Das ist ganz schön eklig. Schließlich muss er den Mundschutz irgendwann wieder in den Mund nehmen." Erst die Worte von Steve Kerr verdeutlichten das Ausmaß der Unreinheit, die sich der MVP in den Schlussminuten beim Sieg über die Clippers geleistet hatte. Gerade der Saubermann der Liga. Das war schon schon ein starkes Stück.

Dennoch stellte sich der Coach vor seinen Spieler - auch in einer solch schwierigen Situation wie dieser: "Ich denke nicht, dass er dafür ein Technisches Foul verdient hatte", so Kerr: "Er hat schließlich nichts gesagt." Es ist einmal mehr ein Zeichen des Zusammenhalts der Warriors.

Bedenkt man, dass Golden State wenige Tage zuvor gegen die San Antonio Spurs eine empfindliche Niederlage einstecken musste, ist die Aktion von Kerr noch wertvoller. Die Dubs ließen sich nicht davon entmutigen, dass Gregg Popovich sie ausgecoacht und eine gute Defensiv-Strategie gegen Curry entwickelt hatte. Sie spielten einfach weiter Basketball - mit Herz und Leidenschaft.

Die Ursache für Currys Ausraster war übrigens ein Foul, das seiner Meinung nach zu Unrecht gegen ihn gepfiffen wurde. Dabei war das Spiel gegen L.A. längst entschieden. Die letzte Schlussfolgerung aus dem Mundschutz-Gate ist eindeutig: Wenn so etwas die Warriors schon nicht spalten kann, was dann? Ach ja, eigentlich nur die Spurs.

Bananenrepublik der Woche

Jeder kennt den eisernen Kodex: Was auf dem Bananenboot passiert, bleibt auf dem Bananenboot. Das gilt auch für NBA-Spieler. So ergab es sich, dass aus dem Sommerurlaub keinerlei Gesprächsinhalte nach außen drangen, sondern lediglich ein Bild von LCCD im Netz auftauchte.

Ihr kennt LCCD nicht? Das ist die neueste Imitation von TKKG, bestehend aus LeBron James, Chris Paul, Carmelo Anthony und Dwyane Wade. Nur, dass Melo anscheinend nicht genug gefrühstückt hatte und auf dem Bild bereits von der Banane gefegt worden war. Gabrielle Union, Wades Ehefrau, saß hingegen noch fest im Sattel. Aber das braucht Anthony nicht sonderlich zu denken zu geben, denn vermutlich würde Gaby auch in der Rotation der Knicks noch ein paar Minuten Spielzeit abgreifen.

Aber zurück zu unserem nicht-literarischen Quartett: Knapp acht Monate nach dem intensiv diskutierten Bahamas-Ausflug macht Rudelführer James mit interessanten Aussagen auf sich und das konspirative Treffen aufmerksam. Vor dem Ende der Karriere möchte er mit seinen drei Lieblings-Kollegen zusammenspielen - und zwar mindestens ein, vielleicht sogar zwei Jahre.

Zu schade, dass nicht jeder Einwohner von Cleveland solch eine Pracht-Braue wie Anthony Davis sein Eigen nennen darf. Man stelle sich nur einmal vor, wie es wohl ausgesehen hätte, wenn alle Cavs-Fans ihre Monos gleichzeitig hochgezogen hätten. Die Welt hätte für einen kurzen Moment still gestanden. So blieb es beim kollektiven "Whaaaaaat?"

Die Idee der Fantastic Four scheint auch Melo zu gefallen. So gab er zu Protokoll, dass er wie LeBron Gehaltseinbußen in Kauf nehmen würde, um mit seinen Best Buddys zu zocken. Und Anthonys Zusatz, man würde sich dafür wohl eher einen Platz im sonnigen Süden des Landes aussuchen, ließ Phil Jackson zeitgleich aus seiner Meditation im Big Apple aufschrecken.

Doch nicht etwa in Miami, wo Wade noch spielt und immer spielen wird? Wohin Paul 2017 und Melo 2018 wechseln könnte? Und wohin James von seiner Heimkehr heimkehren könnte?

Natürlich ist es eine Fantasie, vielleicht eine Zukunfts-Vision - aber dennoch ein unnötiger Unruheherd im Kampf um den No. 1 Seed im Osten. Wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass James mit D-Wade in der Pause des Spiels gegen die Heat einen ausgedehnten Plausch gehalten hat? Auf das Aufwärmen für die zweite Hälfte verzichtete er dafür. Sein Team lag ja auch nur mit 21 Punkten zurück. Also keine Situation, in der die Cavs ihren Leader gebraucht hätten.

Nimmt man dazu noch die Tatsache, dass LeBron den Twitter-Account der Cavs am Montag entfollowed hat, könnte beim geneigten Beobachter des schönsten Ballsports des Planeten der Eindruck entstehen, irgendetwas würde schief laufen im Staate Ohio.

Um dem Unruhestifter die Leviten zu lesen, bestellten ihn GM David Griffin und Coach Tyronn Lue nacheinander zum Rapport. Die Botschaft nach außen: James habe alles verstanden, eingesehen, sei zu Kreuze gekrochen, habe sich entschuldigt, Besserung gelobt, die Aktionen bedauert, Treue geschworen, sei mit der Situation bestens umgegangen und habe darüber hinaus noch hundert Mal fehlerfrei die Namen aller seiner Teammates aufgesagt.

Am Ostersonntag wird er übrigens wieder auferstehen, denn er ist schließlich LeBron James. Nur wehe, sollte er seinen Traum von der LCCD-Bananenrepublik wirklich wahr machen und seine Stadt erneut (und ohne Titel) verlassen. Dann würde in Cleveland wohl eine echte Kreuzigung auf den King warten.

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