"Wer hat noch Bock auf LeBron?"

Marc-Oliver RobbersOle FrerksMartin Klotz
15. April 201612:02
Die SPOX-Redakteure diskutieren in der Triangle Offense mit Matze Bielekgetty
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Bekommen die Dallas Mavericks in den Playoffs nur die Einsatzprämie - oder können sie vielleicht doch jemanden ärgern? Wird das Melodrama den Cleveland Cavaliers zum Verhängnis? Feiert Dennis Schröder in den Playoffs sein Coming-Out - und knacken die Golden State Warriors nun auch noch den Playoff-Rekord? Die SPOX-Redakteure diskutieren mit Basketball-Experte Matze Bielek von Sky Sport News HD.

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Dallas kann für eine Überraschung sorgen

Marc-Oliver Robbers: Die Frage für mich lautet: Wie definieren wir denn eine Überraschung? Vielerorts wird ja auf einen Sweep getippt, das denke ich aber nicht. Ein oder zwei Spiele können sie gewinnen, auch wenn sie in der Regular Season alle Spiele gegen OKC verloren haben. Das traue ich Nowitzki, das traue ich Carlisle zu, der in dieser Serie klar der bessere Trainer ist. Ich hatte bis zuletzt übrigens noch die Hoffnung, dass sie auf Rang fünf springen könnten - gegen die Clippers hätte ich ihnen tatsächlich auch die Überraschung im Sinne einer gewonnenen Serie zugetraut. Das ist gegen OKC nicht der Fall, die Thunder schätze ich dann doch eine Nummer zu stark ein. Mehr als zwei Siege wären eine Überraschung, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass man in Dallas dann nach den vielen Verletzungen und der holprigen Saison wirklich unzufrieden wäre, wenn man nach einer ordentlichen Serie ausscheiden würde.

Nowitzki im Pressetalk: "Das war uns allen peinlich!"

Martin Klotz: Da bin ich ganz deiner Meinung, Olli. Die Überraschung ist, dass es die Mavs ohne Parsons in den Playoffs geschafft haben. Die große Überraschung ist, dass es sogar für Rang sechs gereicht hat und man damit nicht gegen die übermächtigen Warriors oder Spurs spielen muss. Eine riesengroße Überraschung wäre es, wenn Dallas die Serie gegen OKC eng gestalten kann. Und die absolute Sensation wäre der Upset und damit der Einzug in die zweite Runde. Auch, wenn es aus meiner Sicht nie genug positive Mavs-Überraschungen in einer Saison geben kann: Dallas hat sein Kontingent in dieser Hinsicht leider erschöpft. Defensiv wird Carlisle alles versuchen, um die Kreise von Westbrook und Durant einzuengen. Aber ich bezweifle, dass die Mavs dazu in der Lage sind.

Matze Bielek: Ich möchte daran erinnern, dass 2014 auch niemand einen Pfifferling auf Dallas setzte - und da zwangen sie dem späteren Meister aus San Antonio immerhin ein siebtes Spiel ab. Ich glaube, dass Dallas den vielleicht einzigen richtigen Lauf der Saison zum genau perfekten Zeitpunkt hingelegt hat, trotz vieler Verletzungen. Sie funktionieren gut als Team und sind nicht komplett einseitig von Dirk abhängig, auch Barea, Felton oder Williams sind zuletzt immer mal wieder in die Bresche gesprungen. Natürlich wird es eine Mammut-Aufgabe und sie müssten viermal über sich hinauswachsen, ich glaube aber definitiv nicht, dass es ein Sweep wird. Und ich würde auch ein Weiterkommen nicht ausschließen, wenn sie die Defense in den Griff bekommen. Denn OKC ist trotz der individuellen Klasse von Westbrook und Durant doch ein recht eindimensionales Team. Also: Ja, ich traue ihnen eine Überraschung zu! Wie groß diese ausfallen wird, werden wir dann sehen.

Ole Frerks: Das ist mir dann doch etwas zu optimistisch, Matze. Ich würde jetzt nicht die "0 Prozent-Chance" des Kollegen Regelmann bemühen, aber ich halte ein Weiterkommen in dieser Serie für fast vollkommen unmöglich. Ich stimme euch zu, dass sie ein oder zwei Spiele gewinnen können, einfach auch weil OKC gerne mal die Tendenz zeigt, sich in der Schlussphase eines Spiels selbst ins Bein zu schießen - da kann ein erfahrenes Team wie Dallas profitieren. Dem alten Fuchs Carlisle traue ich auch zu, mal mit einem komplett unkonventionellen Lineup daherzukommen, das die Thunder vor Probleme stellt. Aber sind wir ehrlich: Das reicht dann mal für ein Viertel, ein Spiel, vielleicht zwei. Am Ende ist OKC einfach mindestens eine Klasse besser und sollte keine großen Schwierigkeiten mit den Mavs haben. Das würde übrigens auch für die Clippers gelten, Olli - meiner Meinung nach besteht im Westen eine ziemlich große Lücke zwischen den ersten vier Teams und denen dahinter.

Matze Bielek: Die Underdog-Rolle kennen die Mavs immerhin schon sehr gut. Der ehemalige Basketball-Experte Regelmann stand ja nicht alleine mit seiner Ansicht. Als ich vor kurzem in Dallas war, hat Dirk mir erzählt, dass er vor der Saison solche Voraussagen gesammelt, ausgedruckt und an seine Teammates verteilt hat. Die Mavs hat das offensichtlich zusammengeschweißt und ich könnte mir vorstellen, dass das noch einmal in ähnlicher Weise funktioniert.

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Das Melodrama wird Cleveland zum Verhängnis

Matze Bielek: Da haben wir direkt ein Team, das scheinbar nicht diesen Spirit hat wie die Mavericks. Intern scheint es immer wieder ein bisschen zu bröckeln, was auch an der Art liegt, wie LeBron sich gibt beziehungsweise wie er das Team zu führen versucht. Aber nennt mich ruhig naiv: Ich denke schon, dass Cleveland den Schalter in den Playoffs umlegen können wird. Das ist jetzt die wichtigste Zeit, in der alles andere ausgeblendet werden muss - ich denke, da können sie sich für ein gemeinsames Ziel zusammenraufen. Aber das noch dazu: Selbst wenn sie sich zusammenraufen, fehlt da für mich immer noch dieses optimale Teamgefüge, das einige andere Teams haben. Deswegen kommt der Meister auch höchstwahrscheinlich wieder aus dem Westen. Cleveland sehe ich dennoch wieder in den Finals.

Ole Frerks: Ich tue mich mit der Voraussage ein bisschen schwerer. In den letzten Jahren war mein Mantra vor den Playoffs eigentlich immer, dass "das Team mit LeBron" den Osten in den Finals vertreten wird. Dieses Jahr bin ich mir da nicht so sicher. Natürlich bin ich da nicht drin, aber man liest ja doch vieles und Cleveland wirkt für mich nicht wie eine Mannschaft, die sich untereinander leiden kann. So sehr ich LeBrons Fähigkeiten auch bewundere - seine dauernden Social-Media-Ausflüge könnte er sich gerne auch mal sparen. Das sorgt schließlich in der Organisation, die mehr oder weniger nur an seinen Launen hängt, für Unsicherheit, nicht zuletzt bei seinen Mitspielern. Kann diese Situation nicht problemlos hochgehen, wenn es mal nicht richtig läuft? Detroit könnte da direkt ein guter Test sein, auch wenn sie Cleveland vielleicht noch nicht ernsthaft gefährden. Favorit sind die Cavs im Osten für mich weiterhin, aber im Gegensatz zu den letzten Jahren habe ich auch Szenarien im Kopf, in denen LeBron mal nicht die Finals erreicht, denn so extrem stechen sie aus dem Osten nicht mehr hervor. Und wenn das eintreten sollte, spielen Kyrie und/oder Love demnächst woanders. Vielleicht auch sonst, denn gegen Golden State gewinnen die Cavs so oder so nicht.

Martin Klotz: Spielst bei den anderen Finals-Kandidaten etwa auf deine Celtics an, Ole? Dann müssten Isaiah Thomas und Co. Cleveland ja schon in den Conference Semifinals ausknocken. Gehe wie ihr davon aus, dass sich die Cavs gegen die Pistons durchsetzen, wenn auch mit kleineren Wacklern. Aber z.B. Boston gegen Cleveland wäre - allein schon vom Feuer her - eine andere Nummer. Bei solchen Serien ist jedes Detail entscheidend. Auch die Stimmung im Team, das Drama drumherum und die Coach-LeBron-Beziehung. Bin aber erstmal sehr gespannt, wie Tyronn Lue gegen Detroit mit Andre Drummond umgehen wird. Es hieß ja bereits, dass Tristan Thompson in den Playoffs starten wird. Das ist nicht gerade ein Traum-Matchup für Cleveland. Es wird zwar für Runde zwei reichen, aber danach darf in Ohio gezittert werden.

Marc-Oliver Robbers: Ich kann mir auch vorstellen, dass Detroit den Cavs Probleme bereiten kann. In der Regular Season haben sie auch drei der vier Duelle gewonnen, Stan Van Gundy hat da mittlerweile eine ziemlich homogene Truppe nach seinem Muster zusammengestellt. Ich glaube nicht, dass sie die Serie gewinnen werden, aber vielleicht stellen sie das Nervenkostüm der Cavs tatsächlich auf die Probe. Was aber die miese Stimmung angeht: Die hat meiner Meinung nach viele Faktoren, der vielleicht grundliegende ist aber der, dass die drei Stars fundamental eigentlich nicht zusammenpassen. An LeBrons Leistung ändert das Rumgezicke nichts - der macht sein Ding und ist in den Playoffs eh in der Lage, auf Autopilot zu schalten wie letzte Saison. Bei den anderen bin ich mir da nicht so sicher. Und wenn er tatsächlich im Sommer dann wieder für Wechsel sorgen würde: Erstens ginge ihm da auch schon wieder ein Jahr verloren, ewig viele hat er davon nicht mehr. Und zweitens: Wer hat denn nach dem ganzen Stress noch Bock, mit LeBron zusammenzuspielen? Seine Buddies Wade, CP3 und Melo vielleicht und sonst?

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Die Playoffs werden Schröders Coming-Out-Party

Ole Frerks: Ich bin skeptisch. Ich denke nicht, dass wir wahnsinnig tolle Playoffs von Schröder beziehungsweise von den Hawks sehen werden. Ich denke vielmehr, dass sie mit den Celtics das schlechteste Matchup gezogen haben. Nicht nur für das Team, sondern gerade auch für Schröder: Boston hat mit Avery Bradley und Marcus Smart zwei der besten Guard-Verteidiger überhaupt, die dich beide ständig unter Druck setzen und dir das Leben zur Hölle machen können. Die Bank der Celtics verteidigt generell richtig stark. Das ist gewissermaßen eine Feuertaufe für Schröder, gerade wenn er beim Bench-Mob die Nr.1- oder Nr.2-Option darstellen soll. Ich glaube aber, dass er dafür noch nicht wirklich bereit ist und diese Aufgabe nicht effektiv wird lösen können - und (auch) deshalb wird für Atlanta nach der ersten Runde Schluss sein. Vielleicht prägt mich da aber auch noch der Eindruck der miesen Hawks-Playoffs im letzten Jahr?

Marc-Oliver Robbers: Ich stimme dir zu, dass Atlanta mit Boston nicht das Traumlos erwischt hat, wobei die Hawks das mit der unnötigen Niederlage gegen Washington ja selbst vergeigt haben. Das ist für mich jetzt die interessanteste Serie der ersten Runde. Ich war zuletzt aber insgesamt nicht mehr so überzeugt von Schröder. Seine Minuten gingen leicht zurück und diese Debatte von vor ein paar Monaten, ob Atlanta in Zukunft statt Teague auf ihn setzen sollte, ist auch wieder zu den Akten gelegt. Das liegt sicher in erster Linie an Teague, der sich wieder ein Stück aus seinem Tief herausgekämpft hat, aber wir wissen, dass Schröder den Anspruch und ohne Frage auch das Talent hat, eine größere Rolle zu spielen. In Hinblick auf seine Zukunft können das ganz wichtige Playoffs werden. Teagues Vertrag läuft bekanntlich aus und da wäre so ein "Aha-Moment" sicher hilfreich, um seinen Stellenwert auszubauen. Aber du hast schon recht, Ole. Es spricht aufgrund des Matchups nicht so viel dafür. Was meinst du, Matze?

Matze Bielek: Ich würde es ihm wünschen, dass er es schafft, denn es wäre umso wichtiger für seine Entwicklung, wenn er jetzt auch in der heißen Phase wieder mehr Verantwortung übernehmen darf. Rein sportlich traue ich es ihm zu, er hat seine Qualität ja auch bereits gezeigt. Was ich schwerer zu beurteilen finde, vor allem aus der Ferne: Schafft er es, alles außerhalb des Sports komplett auszublenden und sich komplett auf Basketball zu konzentrieren? Es ist wie gesagt schwer einzuschätzen, aber sein vor kurzem getätigter Tweet mit aufgemotzter Nobelkarosse legt doch den Schluss nahe, dass ihn die große NBA-Welt schon ein wenig ablenkt, anders, als es beispielsweise bei Nowitzki jemals der Fall war. Ich will ihm da aber kein Unrecht tun. Ich hoffe, dass er sämtliche Energie und Konzentration in sein Spiel investiert und dann auch von Mike Budenholzer mit Spielzeit belohnt wird. Und dann traue ich ihm durchaus auch zu, dass er in der Crunchtime auch mal den Unterschied machen kann. Die Fähigkeiten besitzt er wie gesagt.

Martin Klotz: Fähigkeiten sind meiner Meinung nach das richtige Stichwort, Matze. Schröders Speed, der schnelle erste Schritt und der starke Drive sind nach wie vor eine Waffe - aber eben auch seine beste und einzig zuverlässige. Das wissen die anderen Teams inzwischen auch und lassen ihm generell etwas mehr Platz. Sein Shooting ist etwas besser, aber es muss noch besser werden, um die Schnelligkeit öfter ausspielen zu können. Aber: Schröders Minuten werden in den Playoffs aufgrund der kleinere Rotation steigen und er wird auch mehr Zeit auf dem Parkett mit Spielern wie Paul Millsap und Al Horford verbringen. Das schränkt natürlich die Help-Defense der Gegner ein. Insofern könnte ich mir schon vorstellen, dass Dennis wie in der vergangenen Postseason wieder einige positive Akzente setzen kann.

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Die Thunder sind das größte Problem der Warriors

Matze Bielek: Da können wir uns meiner Meinung nach kurz fassen: Nein. Das größte Problem beziehungsweise der einzige Herausforderer der Warriors sind sie selbst. Kein anderes Team ist derzeit auf ihrem Level, wenn sie ihre Leistung abrufen. Dann schlägt sie niemand, schon gar nicht in einer Serie. Wenn ich sehe, welchen mentalen Kraftakt sie jetzt seit Monaten geliefert haben, ohne dabei den Fokus zu verlieren, denke ich nicht, dass sie jetzt auf einmal einbrechen. Und dann sind sie meiner Meinung nach ganz klar das beste Team der Liga.

Ole Frerks: Außerdem fliegen die Thunder sowieso gegen Dallas raus, richtig?

Matze Bielek: Genau das! Nein, im Ernst: Ich glaube nicht, dass sich OKC in der wahrscheinlichen Zweitrundenserie gegen die Spurs durchsetzen würde, geschweige denn gegen die Warriors. San Antonio hat den besseren Coach in Gregg Popovich, der meiner Meinung nach auch eine clevere Art und Weise finden wird, wie man mit den OKC-Superstars umgehen kann. Die kannst du natürlich nicht aus dem Spiel nehmen, aber vielleicht einschränken - und dann fehlt bei OKC einfach die nächste Option. Das Team ist mir immer noch zu eindimensional, daran hat sich auch in diesem Jahr nichts geändert.

Marc-Oliver Robbers: Das sehe ich ein bisschen anders. Ich meine, wann hatten die Thunder zuletzt mal sowohl Russ als auch KD fit und in Topform für einen Playoff-Run? Seit 2012 fehlte eigentlich immer entweder einer von beiden oder Serge Ibaka. Jetzt sind sie mal fast komplett gesund durch die Saison gekommen und mehr als heiß. Was Westbrook diese Saison gemacht hat mit Triple-Doubles in einer Halbzeit und weiteren Heldentaten ist abartig, das kann ich gar nicht anders ausdrücken. Kontrollieren kann man ihn nicht. Und Durant ist eben immer noch Durant - ihn kann man am Punkten sowieso nicht hindern. Ich würde in einer Zweitrundenserie gegen die Spurs einfach aufgrund der Brillanz der beiden auf OKC setzen. Ich weiß, dass ich es bereuen werde, wieder mal San Antonio abgeschrieben zu haben, aber ich sehe die Thunder näher an den Spurs als es die Bilanz der Regular Season vielleicht aussagt. Ich denke auch, dass sie Golden State Paroli bieten könnten. Sie waren auch in den Regular-Season-Spielen immer bis hinein ins letzte Viertel auf Augenhöhe mit den Warriors. Wer hat das in der Regelmäßigkeit sonst geschafft?

Ole Frerks: Sie haben ja trotzdem alle diese Spiele verloren, Olli. Und das nicht nur immer wegen der Warriors-Brillanz, sondern auch der eigenen Dummheit. Das fundamentale Problem, dass es in der Crunchtime keine Hierarchie und keinen klaren Plan gibt, hat sich auch unter Donovan nicht gelöst. Es waren ja bei weitem nicht nur die Spiele gegen Golden State, die OKC in den letzten Minuten noch hergeschenkt hat und ich sehe nicht, warum sich das jetzt auf einmal ändern soll. Im Endeffekt stimme ich ohnehin Matze zu: Golden State wird Meister, wenn es keine hässliche Verletzungen gibt. Aber wenn wir ihren Gegner in den Conference Finals suchen: Das werden die Spurs sein. Die Explosivität, die individuelle Klasse spricht eher für OKC, aber Execution, Disziplin, Coaching und all die anderen "langweiligen alten Spurs"-Geschichten sprechen klar für San Antonio. Die Spurs haben eine der besten Defensiven der Liga-Geschichte, und dazu kommt: Wenn sie nicht gerade gegen Golden State spielen müssen, ist auch die Offense richtig gut. OKC ist aufgrund der Athletik extrem stark darin, die erste Aktion zu verteidigen, sei es ein Pick'n'Roll, ein Drive oder was auch immer - wenn sie danach aber rotieren müssen, wird es schwierig. San Antonio hat dafür das perfekte Rezept, weil sie bei jedem Angriff etliche Ausstiege haben und den Ball schneller bewegen, als ein Mensch laufen kann - selbst wenn er Westbrook heißt. Das ist ja das Paradoxon: In jedem anderen Jahr wäre San Antonio für mich der Top-Favorit auf den Titel. Jetzt gebe ich ihnen vielleicht 5 Prozent und das ist immer noch der zweithöchste Wert...

Martin Klotz: Na na na, Ole. Du willst doch nicht den Zorn des Donnergotts auf doch ziehen!? Sehe das bei weitem nicht so eindeutig wie du. Ich gebe OKC im Zweitrunden-Matchup mit den Spurs eine gute Chance, sagen wir 38,71 Prozent. Den Grund hat Olli schon erläutert: Die Spurs können jedes "herkömmliche" Team in Grund und Boden passen sowie in der Defense durch ihre starken Rotationen und Erfahrung viele Scoring-Optionen ausschalten. Aber Westbrook trifft den Layup eben auch gegen vier Defender, Durant seinen Wurf über das Double Team. Klar, die alten Herren sind immer noch ein absolutes Top-Team, aber sie werden - auch wenn man es kaum sieht - doch älter. Gerade in den Playoffs kostet jedes Play doppelt so viele Körner. Ich halte der thunderschen Hero-Ball daher nicht für die schlechteste Methode, um San Antonio zu knacken. Aber bei einer Sache muss ich dir natürlich Recht geben, Ole: Der Champion 2016 heißt Golden State und daran werden weder die Spurs noch die Thunder etwas ändern können.

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Die Warriors knacken auch den Playoff-Rekord

Ole Frerks: Nein, da bin ich mir sogar bei diesem außerirdischen Team sicher. Und das liegt einfach am Faktor Müdigkeit. Die Jungs haben quasi seit dem Dezember nur noch Playoff-Spiele absolviert. Es gab unfassbaren Hype, wann immer sie irgendeine Halle betraten, teilweise Stunden davor. Das zehrt an dir, wenn schon nicht immer physisch, dann wenigstens mental. Meiner Meinung nach hat man es in den letzten Wochen auch öfter mal gesehen, dass das Team eigentlich Pausen gebraucht hätte, aufgrund der Rekordjagd aber keine genommen hat. Mir kam da das Beispiel der 2013er Heat in den Sinn: Chris Bosh hat im Nachhinein zugegeben, dass die 27 Siege am Stück das Team eigentlich völlig ausgelaugt haben. Das hat man in den Playoffs auch gesehen, ohne Ray Allens Dreier hätte es nicht für den Titel gereicht, weil die Heat längst auf dem Zahnfleisch gingen. Ich glaube nicht, dass die Warriors solche Probleme haben werden, weil sie eine Spur tiefer und definitiv jünger sind (und besser!), aber drei oder vier Spiele werden sie insgesamt abgeben. Es ist kein Zufall, dass die 2001er Lakers mit 15-1 den Rekord halten: Shaq benutzte damals die Regular Season, um in Form zu kommen, insofern gewannen die Lakers auch "nur" 56 Spiele. Doch pünktlich für die Playoffs war das Team bereit, der gesamten Liga in den Hintern zu treten. Das wird Golden State zwar auch (weiter) tun - aber nicht mit bloß einer Niederlage. Dafür haben sie einfach schon zu viel Energie aufwenden müssen.

Marc-Oliver Robbers: Guter Punkt, Ole, ich sehe das ähnlich. Und was hinzukommt: Ob es nun OKC wird oder San Antonio, es gibt durchaus auch qualifizierte Konkurrenz. Von den Rockets halte ich wenig, da bin ich ohnehin auf Utah wütend, dass sie sich den letzten Playoff-Platz nicht gesichert haben. Das wird wohl ein Sweep. Aber sowohl den Clippers oder Blazers würde ich in Runde zwei einen oder zwei Siege zutrauen, danach gilt das Gleiche in den Conference Finals. Die Warriors sind gelegentlich dann doch recht verspielt und gehen gelegentlich zu sorglos mit dem Ball um, das kann gegen die Top-Gegner dann eben schnell auch mal zu einer Niederlage führen. Von daher sind ShaKobe in dieser Hinsicht sicher.

Martin Klotz: Der 15-1-Rekord ist natürlich schon eine Hausnummer. Und es hat seinen Grund, dass es in all den Jahren noch nie ein Team gegeben hat, dass ohne Niederlage durch die Playoffs gegangen ist. Der Kopf ist eben doch die größte Schwachstelle des Menschen. Das gilt auch für die Warriors, denen jeder Doc seit Wochen ein Burnout diagnostizieren würde, wäre die Euphorie-Welle bei all den Rekorden nicht so hoch gewesen und hätte für krassen zusätzlichen Schub gesorgt. Die Dubs haben Glück, dass sie den Rekord geknackt haben, denn eine Enttäuschung nach diesem wochenlangen Kraftakt hätte sie echt runterziehen können. Nur, wenn ein Team zum Playoff-Start auf dem höchsten Niveau ankommt, einrastet und alles andere ausblenden kann, dann ist so eine fulminante Postseason wie 2001 möglich. Das sehe ich bei Golden State nicht. Dieses Warriors-Team - und da lege ich mich fest - verliert in der Postseason mindestens drei Spiele. Und damit schaffen sie es nicht einmal in die Top 5 der dominantesten Playoff-Teams. Aber mal ehrlich: Das ist nach dieser Sensations-Saison auch kein Wunder. Und der Titel wird Curry und Co. vollends ausreichen. Welche Herausforderungen hätte man sonst noch nächstes Jahr?

Matze Bielek: Nach dieser Saison musst du ihnen alles zutrauen. Natürlich haben sie sich in der letzten Saison in einigen Serien schwerer getan, als man es direkt erwartet hätte, aber das ganze Team hat so einen großen Schritt nach vorne gemacht. Und Curry hat endgültig bewiesen, dass er nicht von diesem Planeten stammt. Ich habe Anfang der Saison für einen Tweet viel Unmut kassiert, in dem ich fragte, ob wir über Curry irgendwann als den besten Guard aller Zeiten sprechen könnten, wenn er so weiter macht. Was ich auf jeden Fall verstehe: Das schließt eben MJ mit ein. Aber wenn er das über die nächsten Jahre halten kann oder sogar noch eine Schippe drauflegt, was ich ihm aufgrund seiner Persönlichkeit zutraue? Klar ist das ein anderer Spielertyp, aber warum sollte es dann verboten bleiben, ihn überhaupt in die Konversation zu bringen? Was ich damit sagen will: Mit so einem unberechenbaren Typen kann man nichts ausschließen.

Marc-Oliver Robbers: Im Grunde zählt jetzt eh nur noch der Titel. Dieser Rekord hat längst nicht den Stellenwert wie in der Regular Season. Von daher wird es den Warriors völlig egal sein, wie viele Spiele sie verlieren werden, solange sie das letzte Spiel gewinnen werden. Und daran zweifelt eigentlich niemand. Aber genug geredet, lasst die Spiele beginnen!

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