Björn Werner macht Schluss - der deutsche Pass-Rusher hat das Ende seiner aktiven NFL-Karriere verkündet. In seiner SPOX-Kolumne erklärt der gebürtige Berliner seine Entscheidung, gewährt weitere Einblicke in seine letzte NFL-Saison und verrät, welches spannende Projekt er jetzt verfolgt!
gettyLiebe SPOX-Community, liebe Football-Fans,
wie ihr ja wahrscheinlich mitbekommen habt, gibt es Neuigkeiten: Ich habe mich entschlossen, meine aktive NFL-Karriere zu beenden. Viele fragen sich vermutlich, wie es dazu kam - eigentlich eine simple Frage, aber es ist nicht ganz einfach, das zu erklären.
Ich hatte schon im College bei Florida State Knieprobleme und über die Jahre wurde das immer schlimmer. Zunächst habe ich mir stets gesagt: "Das ist Football! Let's Go! Immer weiter!" Anfangs war auch soweit alles noch okay, ich konnte noch alles spielen. Über die letzten eineinhalb Jahre aber ging es auch meinem anderen Knie zunehmend schlecht, sodass beide Knie immer stärker in Mitleidenschaft gezogen waren.
Dadurch wurde es immer schwieriger, überhaupt meine Übungen zu machen, ohne dass beide Knie anschwellen. Natürlich ist es auch viel Kopfsache - jeder hat irgendetwas, jeder ist irgendwie verletzt, manche mehr, manche weniger.
Knieprobleme jeden Tag
Dann wurde ich von den Colts entlassen, auch dadurch bedingt, dass meine Knie nicht gut aussahen. Ich war anschließend im Training Camp der Jacksonville Jaguars, aber die Jaguars wollten, dass ich einen Vertrag unterschreibe, mit dem ich bei einer erneuten Knieverletzung gar kein Geld bekommen hätte - man braucht in der NFL jedoch einfach einen Schutz gegen Verletzungen, man muss einen gewissen Prozentsatz des Gehalts auch im Falle einer Verletzung bekommen, wenn man es in den 53-Mann-Kader schafft.
So wurde ich also noch während des Training Camps von den Jaguars entlassen, aber bereits während des Camps hatte ich mir gesagt, dass es mein letztes Jahr wird. Ich hatte gemerkt, dass meine Knie das tägliche Training nicht mehr mitmachen würden. Die waren jeden Tag angeschwollen und steif, ich hatte jeden Tag Knieprobleme.
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Im Prinzip war seit zwei, drei Jahren jedes Training für mich eine starke Überwindung, meinen Körper und eben vor allem meine Knie fit zu bekommen. Irgendwann kostet es auch viel Motivation, überhaupt aufzustehen. Natürlich war ich noch ein junger Spieler und wollte noch lange spielen, aber es kamen zunehmend die Gedanken, dass ich es nicht mehr schaffe, auf diesem Level zu spielen.
Meine Knie haben mich dabei in Situationen gebracht, die ich nicht gewohnt war, wie eben beispielsweise die, entlassen zu werden - und so ist die NFL nun mal: Irgendwann kommt die Phase, wo dich keiner mehr will. Und so war es bei mir. Ich wollte in dieser Saison eigentlich noch spielen und hatte auch noch ein paar Workouts, aber da checken sie eigentlich mehr deine Gesundheit, als dass sie deine Fähigkeiten testen - die kennen sie meistens.
Eine schwierige Entscheidung
Unter dem Strich hatte ich aber in den letzten acht Jahren acht Operationen, vor allem an den Knien. Etwa zur Mitte dieser Saison hat dann schon niemand mehr angerufen und ich dachte mir bereits, dass nichts mehr kommen würde. Ich habe gewartet, dass das Telefon nochmal klingelt, aber kenne ja seit drei Jahren dieses Business und weiß, wann die Leute noch anrufen.
Gleichzeitig ist das natürlich nicht einfach, ich bin mit 16 mit meinem Football-Traum aus Berlin abgehauen - aber irgendwann war mir klar, dass niemand mehr anruft und dass niemand mehr in mich investieren würde. Schließlich können Teams für das gleiche Geld auch Spieler holen, die jünger und gesund sind. So läuft es eben ab. Da habe ich die Entscheidung für mich eigentlich schon getroffen, aber habe es nicht nach außen hin kommuniziert - insgeheim hofft man natürlich noch.
Dabei ist es ja auch egal, wovon wir reden: ob Football, Fußball oder irgendein anderer Traumjob. Irgendwann geht es nicht mehr, und diese Entscheidung für sich zu treffen ist schwer. Anfang Dezember wusste ich, dass Schluss ist, auch wenn einige gesagt haben, dass ich es nochmal probieren soll. Aber ich muss jetzt damit abschließen. Wäre ich gesund, dann würde ich es natürlich nochmal versuchen - man muss jedoch für sich entscheiden, ob es das noch wert ist, gemessen daran, wie sich der eigene Körper anfühlt.
Meine Knie können nicht mehr, und deswegen macht es keinen Sinn mehr. Man kann immer versuchen, es nochmals zu erzwingen, aber ich kann leider nicht einmal mehr trainieren, wie ich früher trainiert habe. Da muss ich einfach aufpassen. Ich kann nicht mehr der gleiche Spieler sein, der ich war, und ich kann nicht mehr besser werden. Ich habe seit Jahren Schmerzen in den Knien, und es wird jedes Jahr schlimmer. Deshalb macht es keinen Sinn mehr. Das habe ich akzeptiert.
Würde alles genauso wieder machen
Gleichzeitig waren die letzten Jahre unglaublich geil, Football hat mir so viel ermöglicht. Ich würde es jedes Mal genauso wieder machen, all das gehört einfach dazu: Manche spielen drei Jahre, manche haben verletzungsbedingt gar keine Chance, in die NFL zu kommen und manche spielen 15 Jahre - was unglaublich ist! Sechs, sieben, acht Jahre, das ist schon eine lange Zeit in der NFL, weil der Sport dir körperlich viel abverlangt.
Mein Fokus liegt jetzt auf Gridiron Imports, um die nächste Generation rüber in die USA zu bringen. Es war schon immer mein Ziel, Football in Deutschland größer zu machen. Deshalb habe ich mir die Zeit genommen für Interviews, bin regelmäßig rüber gekommen und so weiter. Ich will weitergeben, was ich in den letzten zehn Jahren gelernt habe: Das Know-how, wie man in die USA kommt und wie man von der High School in ein College kommt.
Augen auf Simon Krizak und Gerrik Vollmer
Ich will dabei helfen, den Schritt zu schaffen und dabei wie ein Mentor fungieren. Wir haben dafür ein gutes System, das sowohl bei mir, als auch bei Kasim Edebali (Defensive End der New Orleans Saints, d. Red.) sehr gut funktioniert hat: Viele in Deutschland denken immer an dieses Austauschjahr, das ist allerdings sehr teuer - es gibt aber auch Schulen und Internate, die finanzielle Unterstützung anbieten, wo man für wesentlich weniger Geld auch mehrere Jahre verbringen kann.
Zwei deutsche Spieler, Simon Krizak und Gerrik Vollmer, haben wir im vergangenen Jahr bereits rüber gebracht, beide gehen jetzt wahrscheinlich an ein Division-I-College - und wir schauen uns generell in Europa um, nicht nur in Deutschland. Die Älteren versuchen wir an einem Junior College unterzubringen, denn direkt den Sprung ans College zu schaffen, ist einfach schwer.
All das soll jetzt kontinuierlich wachsen. Wir werden mit Camps anfangen, unser erstes Camp planen wir für den kommenden Sommer in Deutschland. Unser Ziel ist es, dass in jedem Jahr mehrere Talente aus Europa ans College gehen, und eventuell kommen von denen dann einige in die NFL! Dabei fungieren wir als eine Art Mittelsmann: Die Schulen in den USA haben durchaus Interesse an internationalen Spielern, wissen aber nicht, wo sie suchen sollen. Wir versuchen, diese beiden Welten zu verbinden.
Dafür arbeite ich auch mit meinem alten High-School-Coach zusammen, auf unserer Website kann sich jeder bewerben. Alles was wir brauchen ist ein Highlight-Tape, das Alter des Spielers und seine Schulklasse. Es ist wichtig, dass sie möglichst noch einige High-School-Jahre absolvieren können, und wir helfen mit dem gesamten Prozess der Bewerbung und dabei, dass sie es in die Schule packen. Aber natürlich gibt es keine Garantie, umso wichtiger ist es, dass die Familien uns vertrauen können.
Super Bowl? Patriots gegen Packers!
Zum Abschluss wieder der Schwenk zurück zur NFL: Am Sonntag stehen die Championship Games auf dem Programm, mein Tipp für den Super Bowl ist New England gegen die Green Bay Packers! Aber das sind vier wirklich starke Teams, das ist natürlich auch das Tolle an den Playoffs!
Ich selbst werde das Spiel in Österreich schauen, ich bin bei Puls 4 in Wien eingeladen und werde bei der Übertragung dabei sein!
Bis Bald!
Euer Björn
Björn Werner, geboren am 30. August 1990 in Berlin, wurde im NFL-Draft 2013 in der 1. Runde mit dem 24. Pick von den Indianapolis Colts gezogen. 2016 war für den Defensive End, der am College für die Florida State Seminoles spielte, die vierte NFL-Saison. Anschließend erklärte er sein Karriereende.