Der Sommer 2008
änderte alles
Weggefährten erzählen
von Virgil van Dijks Aufstieg
Mit 17 Jahren wuchs Virgil van Dijk innerhalb weniger Monate 20 Zentimeter, er wurde ein anderer Fußballer und ein anderer Mensch. Mit 20 sah er dem Tod in die Augen, doch er drehte sich um und ist mit 28 Jahren der beste Innenverteidiger der Welt. SPOX und Goal sprachen mit ehemaligen Weggefährten sowie mit van Dijk selbst und zeichnen seinen bewegenden Aufstieg nach.
Es war der Sommer 2008, der alles änderte. Thijs van den Berg weiß das noch ganz genau, er war schließlich dabei. "Virgil fing auf einmal an zu wachsen und hörte damit einfach nicht mehr auf", erinnert er sich im Gespräch mit SPOX und Goal. Van den Berg kennt beide, den alten van Dijk und den neuen. Den durchschnittlichen, unscheinbaren Rechtsverteidiger und den herausragenden, präsenten Innenverteidiger. Es war im Sommer 2008, als van Dijk innerhalb weniger Monate 20 Zentimeter wuchs. Die neue Körpergröße machte ihn zu einem anderen Fußballer und auch zu einem anderen Menschen.
Der Mittelfeldspieler van den Berg kam einst mit neun Jahren in die Nachwuchsabteilung von Willem II Tilburg, eine Saison vor dem ein Jahr jüngeren van Dijk. Zunächst spielte van den Berg stets eine Altersklasse über van Dijk. Als ab der U17 aber zwei Jahrgänge zusammengefasst wurden, waren sie Teamkollegen. Oft zusammengespielt haben sie zunächst jedoch nicht. Und das lag an van Dijk.
"Er war ein durchschnittlicher Rechtsverteidiger und saß meistens auf der Bank", erinnert sich van den Berg. Unscheinbar war van Dijk auf dem Platz und auch abseits davon. "Er war ein kleiner Bub und ziemlich schüchtern. Kein Mensch der vielen Worte. keiner, der lustige Witze gemacht hat."
Van Dijk wurde im Juli 1991 in Breda geboren. Die Mutter aus der ehemaligen niederländischen Kolonie Surinam, der Vater aus den Niederlanden. Eine elf Jahre jüngere Schwester hat van Dijk, Jennifer. Und einen drei Jahre jüngeren Bruder, Jordan. "Mit ihm habe ich viel auf der Straße Fußball gespielt", erinnert sich van Dijk gegenüber SPOX und Goal. "Er stand meist im Tor und ich habe versucht, zu treffen. Es war eine großartige Kindheit." Bald spielte van Dijk auch beim lokalen Amateurklub WDS'19, ehe er im Sommer 2001 mit neun Jahren in die Nachwuchsabteilung des Erstligisten Willem II Tilburg wechselte. Es war der Beginn einer ernsthaften Ausbildung bei einem Profiklub. "Fußball wurde mein Leben", sagt van Dijk.
Tilburg also. Eine niederländische Stadt wie so viele andere auch. Einen Hauptplatz mit großer Kirche gibt es und unzählige Backsteinhäuser, zum Fasching ist hier viel los. Knapp 30 Kilometer östlich von van Dijks Geburtsstadt Breda, an der Grenze zu Belgien gelegen. Eine halbe Stunde mit dem Auto, bei gutem Verkehr. "Willem II stellte einen Bus, der ihn täglich in Breda abholte", erinnert sich van den Berg. "Um acht Uhr morgens begann die Schule in Tilburg, danach war Training, um acht Uhr abends war er zurück in Breda." Dort lebte er weiterhin mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern - aber ohne seinen Vater. Der verließ die Familie, als van Dijk zwölf Jahre alt war. Irgendwann brach der Kontakt gänzlich ab. Auf seinem Rücken steht deshalb bis heute Virgil und nicht van Dijk.
Van Dijks Tage zwischen Breda und Tilburg waren lang. Freizeit gab es kaum und die wenige nutzte van Dijk bald, um Geld zu verdienen. Unter der Woche war nur mittwochs trainingsfrei, da war er schon früher zurück in Breda und arbeitete von sechs Uhr abends bis um Mitternacht in einem Restaurant als Tellerwäscher. Genau wie am freien Sonntag. Dem einzigen Tage der Woche, den er ganz in Breda verbrachte.
"Ich habe gearbeitet, um am Samstagabend in der Stadt ausgehen zu können", erzählte van Dijk später der BBC. "Knapp 350 Euro habe ich monatlich verdient und war so glücklich, meine Freunde zu McDonalds einladen zu können." An den Samstagabenden nach den Spielen, bei denen er meist nicht spielte. Pommes und auch Burger gegen den Frust des Daseins als Ersatz-Rechtsverteidiger. Als van Dijk 15, 16 Jahre alt war, war er einer hauptberuflichen Tätigkeit als Tellerwäscher näher als einer Karriere als Profifußballer. Und dann kam irgendwann der Sommer 2008, in dem er seinen 17. Geburtstag feierte. Er wuchs und wuchs und er wuchs, bis er annähernd seine heutige Größe von 1,93 Metern erreicht hatte.
"Nach dem Wachstumsschub kamen auf dem Platz auf einmal seine wahren Fähigkeiten zum Vorschein", sagt van den Berg. "Alle seine Bewegungen sahen plötzlich so leicht und elegant aus. Und dazu noch diese Explosivität!"
Aus dem Ersatz-Rechtsverteidiger wurde ein Stamm-Innenverteidiger, aus einem schüchternen Bub wurde ein gestandener Mann. "Wegen seiner körperlichen Präsenz hatten die Leute auf einmal Respekt vor ihm", sagt van den Berg. "Der Wachstumsschub brachte seine natürliche Führungsstärke zum Vorschein." In der U19 wurde van Dijk Kapitän und bald darauf parallel in die Reservemannschaft befördert. Gleichzeitig trainierte er bei den Profis mit und absolvierte sogar erste Einsätze bei Freundschaftsspielen.
Im Frühling 2010 stand van Dijk kurz vor dem festen Sprung in die Profimannschaft - doch Willem II stand gleichzeitig kurz vor dem Sprung in die Insolvenz und außerdem vor dem Abstieg in die Zweitklassigkeit, erst in der Relegation gelang der Klassenerhalt. All das machte die Sache kompliziert. Es gab damals Wichtigeres, als mit jungen Talenten über Profiverträge zu verhandeln. "Willem II war fast bankrott und löste als Sparmaßnahme die Reservemannschaft auf", erinnert sich van den Berg. "Alle Spieler ohne Profivertrag mussten den Klub verlassen." Unter ihnen: van den Berg und auch van Dijk.
Der Ligarivale FC Groningen zeigte Interesse an einer Verpflichtung, aufgefallen ist van Dijk deren Scout Martin Koeman. Dem Vater der langjährigen Nationalspieler Erwin und Ronald. Einer Koryphäe des niederländischen Fußballs und vor allem seines Heimatklubs Groningen. Nachdem Groningen ein offizielles Angebot gemacht hatte, zog Willem II doch noch nach. "Aber da war sein Wechsel-Entschluss schon gefasst, weil ihn Willem II nicht direkt behalten wollte", sagt van den Berg.
Für van Dijk war es nicht nur ein Abschied aus Tilburg, sondern auch aus Breda. Auch von seiner Mutter, von seinen Geschwistern. Groningen liegt im Nordosten des Landes, zweieinhalb Autostunden entfernt. Kurz vor seinem 19. Geburtstag zog er aus und war erstmals ganz alleine. "Es war eine totale Umstellung", sagt van Dijk. "Ich habe es zwar genossen, aber am Anfang war es hart."
In Groningen angekommen, wurde van Dijk zunächst nur eines verordnet: Entschleunigung! Monatelang hatte er gleichzeitig für die U19 und die Reservemannschaft von Willem II gespielt und war darüber hinaus hin und wieder auch mit der Profimannschaft gereist. Es war zu viel für ihn. Er wusste das nicht, aber seine neuen Trainer in Groningen schon. Im ersten halben Jahr beim neuen Klub bestritt van Dijk keine Spiele, er trainierte lediglich mit der Reservemannschaft und das tat man dort anders als bei Willem II. Intensiver. Länger. Fordernder. Für van Dijk war das eine große Umstellung, erinnert sich sein damaliger Kollege Tim Sparv, heute Nationalspieler Finnlands, gegenüber SPOX und Goal.
"Virgil war im Training manchmal ein bisschen zu locker. Ihm war nicht klar, was man tun muss, um ein Profifußballer zu werden. Bei uns hat er gesehen, wie hart andere Spieler für ihre Karrieren arbeiten und das hat etwas bei ihm ausgelöst. Er hat sich gefragt: 'Warum mache ich das nicht?'"
Und die Antwort war: Dann mache ich das eben auch. "Wir hatten eine Gruppe Spieler, die nach dem Mannschaftstraining jeden Nachmittag Extra-Schichten absolvierten", erzählt Sparv, der immer dabei war - genau wie auch Dusan Tadic, heute bei Ajax Amsterdam. "Virgil war zunächst nie anwesend. Irgendwann hat er aber mal vorbeigeschaut und ist dann immer öfter und öfter gekommen." Er wurde professioneller, auch in Sachen Ernährung. Keine Burger mehr und auch keine Pommes, die er so geliebt haben soll. "Bei uns ist ihm bewusst geworden, dass es vielleicht nicht ganz so gut ist, jeden Tag Junkfood zu essen", sagt Sparv. Weniger Spiele, mehr Training, bessere Ernährung.
Am Ende seiner ersten Saison in Groningen wurde van Dijk mit seinen beiden ersten Einsätzen in der Eredivisie belohnt. Zweimal kam er von der Bank, jeweils als Stürmer. "Die gegnerischen Verteidiger kamen mit seiner physischen Stärke überhaupt nicht klar. Er sorgte im Strafraum für Chaos", sagt Sparv.
Zur neuen Saison erkämpfte sich van Dijk einen Stammplatz in der Innenverteidigung. Sein erstes großes Spiel hatte er Ende Oktober 2011 gegen Ronald Koemans Feyenoord Rotterdam. Gegen den Sohn von Martin, der van Dijk einst nach Groningen geholt hatte. "An dieses Spiel kann ich mich bis heute ganz genau erinnern", sagt Sparv. "Es war die erste Spielminute, als der Ball in der eigenen Hälfte halbhoch Richtung Virgil flog. Er hat ihn angenommen und dann etwa 40 Meter nach linksaußen zu Tadic geschlagen, der daraufhin das 1:0 schoss. Dieser schwierige Pass hat bei ihm so mühelos und elegant ausgesehen. In diesem Moment dachte ich: 'Okay, der Kerl schafft es bis ganz nach oben.'" Später im Spiel erzielte er auch noch sein erstes Ligator für Groningen. Sparv passte den Ball im Mittelfeld nach rechts, van Dijk schoss ihn aus etwa 30 Metern rein. 6:0 ging es aus.
Van Dijk hatte es geschafft. Er war Stammspieler, er war angesehen in Groningen und bald auch in der ganzen Eredivisie. Den schüchternen Bub von früher, den kannte hier in Groningen keiner. Würden Sparv und van Dijks ehemaliger Willem-II-Kollege van den Berg über ihn sprechen, sie würden wohl meinen, über zwei verschiedene Menschen zu sprechen. "Es war einfach, gut mit ihm auszukommen", sagt Sparv. "Er war immer sehr positiv und gut gelaunt, trug stets ein Lächeln auf den Lippen und scherzte mit allen herum."
Im April 2012 aber wich das Lächeln aus seinem Gesicht. Und zwar deshalb, weil er mit 20 Jahren fast starb. Van Dijk bekam auf einmal Bauchschmerzen und sie wurden nicht besser, sondern schlechter. Irgendwann ließ er sich ins Krankenhaus bringen, wo eine Blinddarm- und Bauchfellentzündung sowie Nierenvergiftung diagnostiziert wurden. Van Dijk musste operiert werden und zwei Wochen im Krankenhaus bleiben. In Folge des Eingriffs verlor er rund 15 Kilogramm. Die Lage war ernst, sehr ernst.
"Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich im Bett lag und um mich herum nur Schläuche sah", erzählte er später dem Magazin Voetbal International. "Ich habe mit meiner Mutter zu Gott gebetet. Irgendwann musste ich Formulare unterschreiben, so etwas wie ein Testament. Ich habe dem Tod in die Augen gesehen." Aber er hat sich umgedreht und ist zurück ins Leben gegangen, doch das war schwer. "Als ich das erste Mal nach der Operation gegangen bin, war ich nach zehn Metern völlig außer Atem", erzählte van Dijk der BBC und dann erzählte er noch von einem Moment im Krankenhauszimmer.
"Irgendwann habe ich den Fernseher eingeschaltet und da kam gerade das Lied Viva la Vida von Coldplay. Es war ein sehr emotionaler Moment. Immer, wenn ich das Lied seitdem höre, denke ich an diese schwierige Zeit zurück und weiß zu schätzen, wie gut es mir jetzt geht." Viva la Vida. Lebe das Leben!
Nach der Operation verpasste van Dijk alle Spiele der restlichen Saison, doch zur neuen war er wieder da. Er entwickelte sich mehr und mehr zum Führungsspieler, in der Rückrunde trug er sogar erstmals Groningens Kapitänsbinde. "Die Voraussetzungen zum Leader waren bei ihm gegeben", sagt Sparv. "Er hat die richtige Statur dafür und die richtige Stimme. Eine dunkle Stimme, die ihm Respekt verschafft. Virgil umgab schon damals eine gewisse Aura." Im Sommer 2013 trennten sich aber ihre Wege: Sparv wechselte zur SpVgg Greuther Fürth, van Dijk zum Celtic FC.
Breda, Tilburg, Groningen, Glasgow - mit 21 Jahren war es für van Dijk der finale Schritt des Erwachsenwerdens, der Schritt ins Ausland. Rund drei Millionen Euro zahlte Celtic und es sollte sich lohnen. "Ich konnte mein Glück gar nicht fassen, dass wir ihn so billig bekommen haben. Er hatte alles", erzählte der damalige Celtic-Trainer Neil Lennon später. "Nach dem ersten Trainingstag nahm ich ihn beiseite und sagte ihm: 'Genieße deine Zeit, du wirst nicht lange hier sein.'"
Zwei Jahre blieb van Dijk letztlich bei Celtic, verpasste lediglich fünf Ligaspiele und feierte zwei Meistertitel. Außerdem begann er dort oben in Schottland damit, Freistöße zu versenken: von etwas außerhalb des Strafraums, mit dem rechten Fuß. Er tat es wieder und wieder. Fast so oft, wie er Eckbälle ins Tor köpfelte. "Absolute Wunderdinger" seien manche dieser Freistöße gewesen, erinnerte sich sein damaliger Mitspieler Kris Commons später.
Im September 2014 wurde van Dijk erstmals in die niederländische Nationalmannschaft berufen, seinen Premiereneinsatz hatte er aber erst rund ein Jahr später, als er bereits für rund 16 Millionen Euro in die Premier League zum FC Southampton gewechselt war. Geholt hat ihn Trainer Ronald Koeman: Derjenige, der bei van Dijks erstem ganz großen Auftritt 2011 auf der Bank von Feyenoord saß. Damals, als van Dijk den Diagonalpass auf Tadic schlug. Damals, als Sparv wusste, was kommt.
Sein Premier-League-Debüt feierte van Dijk bei einem 0:0 gegen West Bromwich Albion. "Danach habe ich zu meinen Mitspielern gesagt: 'Dieser Kerl ist weltklasse und kann überall spielen'", erinnert sich sein damaliger Kollege Jay Rodriguez gegenüber SPOX und Goal. "Er könnte bei uns auf jeder Position spielen und wäre wahrscheinlich überall der beste Spieler." In Southampton war alles wie bei Celtic: die Leistungen, die Worte der Kollegen und alle wussten sie sofort, dass van Dijk eigentlich zu gut war für diese Mannschaft. Bei Trainingseinheiten spielte der Stürmer Rodriguez oft gegen den Verteidiger van Dijk. Er spielte, um zu verlieren.
"Du kannst versuchen, ihm davonzurennen - aber er ist schneller als du. Oder du kannst versuchen, ihm mit Härte zu begegnen - aber er ist härter als du."
Wie schon bei Celtic übernahm van Dijk auch bei Southampton sofort und wie selbstverständlich die Rolle des Abwehrchefs. In seiner ersten Saison verpasste er keine einzige Sekunde und wurde von den Fans zum Spieler des Jahres gewählt. Southampton landete auf Platz sechs und qualifizierte sich somit für die Europa League. Es war die beste Platzierung des Klubs seit über 30 Jahren.
Während van Dijks zweiter Saison in Southampton wurde er Kapitän, Vorgänger Jose Fonte verließ den Klub im Winter und die Nachfolgerwahl war nur logisch. "Virgil besitzt die Mentalität eines Kapitäns. Er ist ein Anführer auf und neben dem Platz", sagt Rodriguez. "Er ist mit allen ausgekommen und jeder hat auf ihn gehört, weil er nichts ohne Grund sagte und alles für das Wohl der Mannschaft tat." Kurz nach seiner Beförderung zum Kapitän zog sich van Dijk aber eine Knöchelverletzung zu. Erstmals seit seiner Nahtoderfahrung musste er längere Zeit aussetzen. Und so verpasste er unter anderem das League-Cup-Finale gegen Manchester United, das letztlich verloren ging.
Diese Verletzung war der Anfang des unrühmlichen Endes seiner Zeit in Southampton. Ein Ende, das ein halbes Jahr dauerte. Im Sommer 2017 zeigte der FC Liverpool erstmals Interesse an einer Verpflichtung - und für van Dijk gab es fortan nur noch Liverpool. "Das Gefühl, das mir der Klub von der ersten Sekunde an gab, war sehr gut", erinnert sich van Dijk bei SPOX und Goal. "Es gab auch andere Interessenten, aber Liverpool hatte das beste Gesamtpaket: der Trainer, die Spieler, das Spielsystem, die Fans, die Geschichte des Klubs, das ganze Feeling und die Zukunftsaussichten." Doch seine Zukunft bei Liverpool musste noch warten.
Obwohl van Dijk bei Southampton noch fünf Jahre unter Vertrag stand, reichte er einen offiziellen Wechselwunsch ein. "Ich bin unglaublich ehrgeizig, möchte so viel wie möglich erreichen und mein ganzes Potenzial ausschöpfen in dieser kurzen Karriere, die man als Fußball-Profi hat", sagte van Dijk, damals 26. Kein Wunder: Alle haben sie ihm doch gesagt, er könne überall spielen!
Southampton wollte aber, dass er nur in Southampton spielt. Es war schwer zu akzeptieren für van Dijk, schwer zu vereinbaren mit seinem Ehrgeiz. Dem Klub aber war das egal, er belegte van Dijk mit einer Geldstrafe in Höhe von zwei Wochengehältern und ließ Liverpool unter Androhung einer Klage wegen illegaler Kontaktaufnahme mit dem Spieler offiziell verkünden: "Das Interesse an van Dijk ist beendet." Zum Saisonstart fehlte van Dijk trotzdem im Kader von Southampton, ehe er für einige Wochen begnadigt wurde, ab Mitte Dezember wegen fortlaufender Spekulationen aber erneut fehlte.
Es ging nicht mehr, das wussten irgendwann alle Beteiligten und so wechselte van Dijk im Januar 2018 für 85 Millionen Euro zu Liverpool. Erstmals stand er bei einem internationalen Spitzenklub unter Vertrag. Als teuerster Verteidiger der Fußball-Geschichte. Etwa zeitgleich ernannte ihn der neue Bondscoach Ronald Koeman zum Nationalmannschaftskapitän. Immer wieder Koeman.
Van Dijk war jetzt entscheidender Teil der aufstrebenden niederländischen Nationalmannschaft, die es bis ins Nations-League-Finale schaffte. Und Teil des FC Liverpool, der zweimal in Folge das Champions-League-Finale erreichte - und das zweite mit 2:0 gegen Tottenham Hotspur gewann. 28 Jahre ist van Dijk mittlerweile alt und ganz oben angekommen: Champions-League-Sieger, Europas Fußballer des Jahres und der beste Innenverteidiger der Welt.
"Wenn ich Virgil jetzt Spielen sehe", sagt sein ehemaliger Willem-II-Kollege van den Berg, "dann sehe ich exakt den Virgil, den ich nach seinem Wachstumsschub gesehen habe." Es war der Sommer 2008, der alles änderte.