Alles außer Fußball
oder
wie man ein Brot zum Sprechen bringt
Alternative Vorschau auf die WM 2018 in Russland
Ein Sonderheft zu einer Fußball-WM muss ganz viele Kriterien erfüllen. Es muss alle teilnehmenden Nationen kurz vorstellen, ihre Stärken und Schwächen beschreiben, die Stars und den Trainer nennen und ein paar fesselnde Statistiken aufweisen. Man kann auf all das aber natürlich auch verzichten und was ganz anderes machen. So oder so ähnlich ist unser WM-Sonderheft entstanden. Die Zutaten: ein fetziges Design und Zufallstreffer bei Google.
Im Jahr 2007 wollten die Bewohner der russischen Stadt Luchowitsy ihre Dankbarkeit ausdrücken. Also bauten sie ein Denkmal. Unten ein Holzfass als Podest, oben eine Bronzegurke, dazu die Aufschrift: "Der Salzgurke, unserer Ernährerin. Die dankbaren Einwohner von Luchowitsy." Dazu muss man einerseits wissen: Der Russe trinkt gerne Wodka, aber er trinkt nur gerne Wodka, wenn er dazu auch eine saftige, aromatische und exquisit gewürzte Salzgurke serviert bekommt. Und andererseits: In Luchowitsy werden die saftigsten, aromatischsten und exquisitest gewürzten Salzgurken hergestellt – und dann Lada-Ladung um Lada-Ladung Richtung Moskauer Märkte transportiert.
In Ägypten ist mal ein Esel wegen Möhrendiebstahls zu einer eintägigen Haftstrafe verurteilt worden. Das war vor zehn Jahren. Vor zwei Jahren berichtete das Anwaltsportal Advopedia in der Rubrik 'kurios', dass ein Dreijähriger von einem ägyptischen Gericht zu lebenslanger Haft verurteilt worden sei. Der Grund: Er habe 2014 im Alter von nicht einmal anderthalb Jahren an gewaltsamen Protesten gegen den damaligen Präsidenten Mursi teilgenommen. Erst als der Vater sich ans Fernsehen wandte, kam heraus, dass die Behörden ein paar Namen verwechselt hätten und eigentlich einen 16-Jährigen für immer in den Bau sperren wollten. Es gibt halt doch noch Gerechtigkeit.
Wäre der gemeine Uruguayer wie der traditionsliebende Fußballfan, dann würde er wohl mit Heugabeln und Fackeln auf die Straßen Montevideos stürmen und skandieren: "Gegen den modernen Feiertag!" Denn die Feiertage im nicht so religionsbedachten Uruguay sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Gut, sie werden noch gefeiert – aber unter was für Namen! Weihnachten? Gibt es nicht, heißt stattdessen Familien-Tag. Dreikönigstag? Kinder-Tag! Und dann, wenn es Richtung Auferstehung von Jesus und so geht, betet man nicht die Oster-Woche herbei – sondern die Tourismus-Woche.
Aufgepasst: In Saudi-Arabien wurde der größte Pilz der Welt gefunden. Also zunächst hatte keiner einen Schimmer, als Geologen ein riesiges, 350 Millionen Jahre altes Fossil in der Wüste ausbuddelten. Ist es ein Baum? Eine Flechte? Eine Algenart? Dann meinte einer, es könnte ein Pilz sein. Und die anderen so: "Ein Pilz??? So einen Blödsinn haben wir noch nie gehört." Aber es war tatsächlich ein Pilz. Übrigens ist Saudi-Arabien das einzige Land, in dem es keinen Fluss gibt, dabei ist es sechsmal größer als Deutschland ... Ähm, noch mal wegen des Pilzes: Ein Professor der Universität von Chicago meinte, ein sechs Meter großer Pilz, also das geht gar nicht, ausgeschlossen, aber da wäre nun der Beweis. So ist das.
Wer sich fragt, warum die Portugiesen immer so jammerig dreinschauen, dem sei gesagt: Die haben Saudade. Jetzt ist Saudade teuflisch schwer zu erklären. Jemand hat mal gesagt, Saudade sei eine in Wasser aufgelöste Mischung aus Sehnsucht und Vermissen mit einem Hauch von Erinnerung. Kein Wunder, dass der Portugiese halt so guckt, wie er guckt. Das Ehepaar Cunha sagt in seinem Buch "Culture and Customs of Portugal", dass die Pleite gegen die Mauren in der Schlacht von Alcacer-Quibir Ursprung der Saudade gewesen sei, weil sie das Ende des portugiesischen Weltreichs markierte. Geblieben sei eine Art "nationale Wehmut", heißt es bei den Cunhas. Der berühmte Lyriker Fernando Pessoa sagte: "Saudades, só portugueses conseguem senti-las bem. Porque têm essa palavra para dizer que as têm." Da kann man mal sehen.
Spanisch ist die am schnellsten gesprochene Sprache der Welt. Wer jetzt denkt, wir wären so unkreativ, dieses weitläufig bekannte Klischee totzuwitzeln, dem sei gesagt, dass er sich auf dem falschen buque de vapor befindet! Viel beeindruckender ist freilich, was der Iberer mit seinem Sprachschatz anzufangen vermag. Denn wenn es um Wortwitze und -spiele geht, dann ist der Spanier nicht zu toppen: Wie nennt man einen wütenden Bären? Wütend! Oder wie bringt man ein Brot zum Sprechen? Man legt es über Nacht ins Wasser, und am nächsten Tag wird es sprechen! Und was war das letzte Tier auf Noahs Arche? Delfin. Kommt im Original sogar noch fetziger.
Marokkaner schwören auf ihr "Rotes Gold", denn Safran ist das teuerste Gewürz der Welt. Weitaus begehrter sind allerdings Minzblätter – zumindest in Fes. Kaum ein Tourist möchte in der Kulturhauptstadt Marokkos ohne ein Minzblatt auskommen. Wieso? Nun, kaum ein Tourist lässt sich die Ledergerberei von Fes entgehen. Und Minze macht sich hervorragend als Duftbaum unter der Nase. Denn hier werden Tierhäute noch mit den Methoden des 11. Jahrhunderts verarbeitet. Erster Schritt: Tierhäute in einen Mix aus Kuhurin, Kalk und Salzwasser baden. Zweiter Schritt: die Häute in eine Mischung aus Taubenexkrementen und Wasser tauchen. Dritter Schritt: schön mit den Füßen weichstampfen. Herrlich, dieser Minzgeruch!
Etikette im Iran ist eine teuflisch komplizierte Angelegenheit. Taroof ist das Zauberwort – und es ist nicht so leicht zu übersetzen. Ein Kenner der dortigen Gepflogenheiten definierte Taroof mal als "die Kunst der ausschweifenden Höflichkeit und Demut". Es gibt jede Menge Regeln zu beachten. Man stelle sich vor, man ist bei einer iranischen Familie zum Essen eingeladen. Es schmeckt himmlisch und der Gastgeber bietet einen Nachschlag an. Dann darf man allenfalls denken: "Ja, her mit dem geilen Zeug, ich könnt mich totfressen dran! Scheiße, ist das geil!" Sagen muss man aber: "Nein." Wird man erneut gefragt, sagt man noch mal: "Nein." Hat man sich als ausreichend ungierig erwiesen, darf man bei der dritten Nachfrage "ja, bitte" sagen und ein bisschen zulangen. Hübsche Geschenke sollte man immer mit sich führen. Wunderschön eingepackt müssen sie sein. Blumen etwa oder Gebäck. Aber auf keinen Fall darf man vergessen, die Mitbringsel beim Überreichen als unzureichend und schäbig zu deklarieren. Hat der Gastgeber keine Schuhe an? Schuhe aus! So ungefähr geht Taroof.
Ob die anderen Generationen in Y über die Generation Y von Y ablästern? Möglich. Verwirrt? Ganz sicher. Y (sprich: i) ist eine Gemeinde in der nordfranzösischen Region Hauts-de-France. Laut der letzten Volkszählung vor vier Jahren wohnen 94 Seelen in Y. Weil der Intellekt der Ypsiloniens, wie sich die Einwohner von Y nennen, aber auch mehr als nur einen Buchstaben zulässt, schloss Y eine Ortspartnerschaft mit Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch ab, einer Gemeinde in Wales. Y not?
Die meisten Menschen beneiden den Australier um seine Fauna. Kängurus werden gemeinhin als genauso sympathisch empfunden wie Koalas, Emus oder Kakadus. Ein großer Publikumsfavorit ist auch der Wombat. Da hört man schon, dass der wohl knuddelig ist. Was aber die wenigsten wissen: Der Gute hat ein erstaunliches Geheimnis. Wombats kacken nämlich quadratisch. Kein Witz: Die Köddel des jovialen Beutlers sind würfelförmig. Warum das so ist, darüber kursiert so manche Theorie. Eine populäre besagt, dass sich so leichter das Revier markieren lässt, gerade wenn das Terrain nicht ganz eben ist. Wir vermuten: Würfelstuhl spart Platz. Aber das ist nur laut gedacht.
Den Wikipedia-Eintrag über das 1000-Einwohner-Dorf Pozuzo im peruanischen Urwald gibt es in drei Sprachen: Spanisch, Deutsch und Boarisch. Und das hat seine Gründe: Im 19. Jahrhundert überquerten 300 Tiroler, Rheinländer und Bayern den Atlantik – knapp die Hälfte schaffte es bis Pozuzo und siedelte sich dort an. Einige zogen noch etwas weiter Richtung Süden und gründeten die Siedlung Preußen. Erreichbar ist Preußen über eine unbefestigte Straße, an deren Rand ein Schild angebracht ist, über das es auf der boarischen Wikipedia-Seite heißt: "Laud am Schüdl am Oatsausgaung nennd si Pozuzo ‚d'anzige östareichisch-deitsche Kolonie vu da Wöid‘." Aha.
Eine knappe halbe Stunde dauert es zu Fuß von Kopenhagens Innenstadt bis zum größten Wahrzeichen der Stadt. Naja, größten … Es ist ein Weg, dessen Ziel pure Enttäuschung garantiert. Zunächst aber Ratlosigkeit, denn die sogenannte kleine Meerjungfrau macht ihrem Namen alle Ehre und ist kaum zu finden. Einmal aufgespürt, erscheint sie nicht nur klein, sondern außerdem und vor allem äußerst unspektakulär. Für die womöglich renommierte Website reisemagazin.biz Grund genug, sie zur "Enttäuschendsten Sehenswürdigkeit Europas" zu küren. Den wohl größten Gefallen tat man allen Beteiligten übrigens 2010: Für einige Monate wurde die kleine Meerjungfrau im dänischen Pavillon der Expo in Shanghai ausgestellt. Ihre Lieblingsbetrachter mussten zum pflichtbewussten Abfotografieren nicht mehr die halbe Welt umfliegen.
Allein die Tatsache, dass Argentinien Anfang der Jahrtausendwende binnen zwölf Tagen von fünf verschiedenen Präsidenten regiert wurde, zeigt, dass die Politik der Südamerikaner oftmals einem Rodeo-Ritt gleicht. Kein Wunder also, dass da Bürger wie Gonzalo Otalora mit ebenso wilden Gesetzesvorschlägen bei der Regierung vorstellig werden. Denn: So wunderschön Gonzalo Otalora klingt, so unansehnlich war er. Man stelle sich einen von Akne geplagten Panzerglas-Brillenträger mit Geheimratsecken in der ungepflegten Föhnfrisur vor. Otalora wusste um sein Äußeres, war jedoch nicht einverstanden mit der "natürlichen Bevorzugung" von schönen Menschen. 2007 forderte er deshalb eine Steuererhöhung für Hübsche, um diese Ungerechtigkeit auszugleichen.
Die Isländer und ihr Paarungsverhalten, das ist so eine Geschichte. Knapp 350.000 Menschen leben auf der abgeschiedenen Insel und die Wahrscheinlichkeit, dass man bei der Partnersuche auf einen Verwandten trifft, ist folglich nicht allzu niedrig. Für den schnellen Test zwischendurch (Geht was mit Skadi Gunnhildur Erlendursdottir? Bzw.: Sollte ich besser verschweigen, dass etwas mit Skadi Gunnhildur Erlendursdottir ging?) haben Entwickler eine Ahnenforschungs-App programmiert. Bei grünem Licht und Wunsch nach einem Date bietet sich in der isländischen Hauptstadt Reykjavik übrigens seit 1997 das erste Penis-Museum der Welt an. Neuerdings gibt es dort auch ein menschliches Exponat zu begutachten.
Früher, als die Marder-Forschung noch nicht so weit fortgeschritten war, rechneten Marder-Forscher Stinktiere - anders als heute - zur Familie der Marder. Dem allgemeinen Ansehen der Marder half das wegen des abstoßenden Gestanks ihrer damaligen Verwandten sicherlich nicht. Aber gut, es war eben so. Noch viel früher, als die Marder-Forschung selbst wahrscheinlich noch nicht einmal erforscht war, dienten Marderfelle in Teilen des heutigen Kroatien als Zahlungsmittel. Irgendwann schaute man sich aber von andernorts das geniale Konzept der "Münze" ab und nannte sie, wohl in wehmütiger Reminiszenz, kurzerhand Marder. Oder auf Kroatisch: "Kuna".
"Disvirgined Virgin", "Obama Babes", "The Evil Mushroom", "Tear My Bra (If You Can), Teil 2" – wem diese kinematographischen Perlen auf Anhieb erst einmal nichts sagen, an dem ist allem Anschein nach Nigerias legendäre Filmindustrie komplett vorbeigegangen. Seit den frühen Neunzigern wird im Land unter teils desaströsen Voraussetzungen gedreht. Viel gedreht. Sehr, sehr viel gedreht. An die zweitausend Filme pro Jahr. Nennen tut sich das Ganze Nollywood und ist zusammen mit Bollywood die produktivste Filmbranche der Welt. Bei Blockbustern wie "Radio Without Battery" oder "Beyonce & Rihanna" ist das aber nun wirklich kein Wunder.
Beim Blick in die brasilianische Mythologie bekommt man ein bisschen das Gefühl, man hätte zu viel an halluzinogenen Kakteen geleckt und säße jetzt in einer Naturdoku von Tim Burton. Beispiel gefällig? Da gibt’s den Saci, einen dunkelhäutigen Kobold mit nur einem Bein, der eine Pfeife raucht und dank seiner magischen, aber schlimm stinkenden roten Zipfelmütze jederzeit in einem Sandwirbel auftauchen und verschwinden kann. Mhm. Auch schön: Der Curupira, der Beschützer der Tiere, ist – logisch – ein Zwerg mit orangenen Haaren und nach hinten verdrehten Füßen. Ebenso im Dschungel unterwegs ist Kollege Caipora, ein kleiner, dunkelhäutiger und extrem behaarter Indianer, der nackt, Zigarre rauchend und extrem übellaunig auf einem Nabelschwein reitend Fremde nach Tabak anschnorrt …
Tschute. Sagt der Schweizer, wenn er schießen meint. Jöggelichaschte soll Tischkicker heißen. Und der Plural von Spargel soll Spargeln sein. Aber es muss im Land des größten Sportlers aller Zeiten (klar meinen wir Marc Rosset) ja noch etwas Kurioseres geben als die Sprache. Und etwas Kurioseres als komische Orte wie Alp Arsch oder Le Grand Sex. Tataaa, herzlich willkommen in der kleinsten Whisk(e)y-Bar der Welt! Die gibt es nämlich in Santa Maria im Val Müstair zu bestaunen. Dort wohnen die Vreni, der Reto, der Beat, der Gunter und 342 weitere crazy Swiss guys. "280 Sorten Whisk(e)y aus aller Welt erwarten Sie. Fein selektiert von Lord Gunter Sommer, um Ihnen einen unvergesslichen Abend zu bereiten." Lord Gunter Sommer … nichts wie hin!
Wusstet ihr, dass Tukane – das sind die Vögel von der Froot-Loops-Packung – zur Familie der Spechte gehören und ihren massiven Schnabel nicht nur zum Schnabulieren aller möglichen Früchte nutzen, sondern auch als Klimaanlage? Deshalb war es doppelt bitter, als Tukan Grecia in Costa Rica mit völlig zerstörter Futterluke auftauchte. Irgendwelche Superschurken hatten ihm die obere Hälfte fast völlig abgerissen. Aber keine Angst, die Geschichte hat ein Happy End. Dank einer Crowdfunding-Kampagne wurde Grecia per 3D-Drucker ein nagelneuer synthetischer Schnabel auf den federnen Leib geschneidert. Mit an Bord: ein Zahnarzt, Experten der Nanotechnologie, Ingenieure und Designer. Außerdem ging die Geschichte so viral, dass Tiermisshandlung in Costa Rica jetzt unter Strafe steht. Das Abdrucken der Vögel auf Froot-Loops-Packungen fällt nicht darunter.
Googelt man "Fun Facts Serbia", dann streicht die Suchmaschine das "Fun" bei den meisten Suchergebnissen automatisch raus. Das ist zum einen nicht nett und zum anderen auch ziemlich hinderlich, man will ja schließlich Fun Facts lesen. Zumindest wird einem nach einigem Stöbern in handelsüblichen Facts ein gewisser Petar Blagojevic angeboten. Der ist sowas wie der Urheber des einzigen serbischen Wortes, das es je in den internationalen Sprachgebrauch geschafft hat. Wobei Urheber etwas übertrieben ist, schließlich war Blagojevic zum Zeitpunkt der Verbreitung des Ausdrucks schon tot. Und das mehrfach: Blagojevic soll nämlich im Jahr 1725 unmittelbar nach seinem Tod als Vampir (das ist das Wort, d. Red.) neun Bewohner seines Dorfes in den Tod getrieben haben. Die verängstigten Menschen exhumierten den verstorbenen Bauern – und fanden ihn in einem beängstigend guten Zustand vor. Was also machen? Pfahl ins Herz schlagen und, nur für den Notfall, anschließend verbrennen. Kann ja auch nicht alles nur lustig sein hier.
Trotz teils deftiger Kritik aus dem Ausland – der irische Schauspieler Dylan Moran beschrieb die deutsche Sprache einmal mit den Worten: "Wie eine Schreibmaschine, die Alufolie frisst und die Kellertreppe hinuntergetreten wird" –, der einen oder anderen zu üppigen Substantivkopplung, und vielleicht hier und da auch mal einem Schachtelsatz zu viel, ist Deutsch bekanntlich die Sprache der Dichter und Denker. Als das Institut für Auslandsbeziehungen im vergangenen Jahr nun die Suche nach dem "Schönsten Wort der Welt" auslobte, ging Team Germany standesgemäß mit Perlen wie Heilbuttschnittchen, Schienenersatzverkehr und Kladderadatsch an den Start. Völlig überraschend schaffte es aber keines der Wörter auf die vorderen Plätze (ebenso wenig wie Nuckelpinne, Quarkkrapfen, Schrumpfst oder Tohuwabohu). Den Sieg heimste im Übrigen "yakamoz" ein, ein türkischer Begriff, der die Widerspiegelung des Mondes im Wasser beschreibt. Wie ennuyant!
Wer in Mexiko auf etwas wartet und mit der Auskunft "ahorita" (von ahora = jetzt, sofort) beschieden wird, sollte sich keinen allzu großen Illusionen hingeben. "Wenn ein Mexikaner ahorita sagt, kann das bedeuten: morgen, in einer Stunde, innerhalb der kommenden fünf Jahre oder überhaupt nicht", erklärte die Linguistin Concepcion Maria del Pilar Company Company einmal einem verwirrten BBC-Reporter, der in Guadalajara vergeblich auf eine Portion Schokoeis gewartet hatte. Will man im Gespräch mit einer Mexikanerin oder einem Mexikaner eine gewisse Dringlichkeit suggerieren, greife man nach Empfehlung von Frau Company Company zur Formulierung: "ahorititita". Da wäre dann auch der entspanntesten Chica oder dem bräsigsten Chico klar, dass man sein Schokoeis nicht morgen oder in einer Stunde oder in fünf Jahren haben will, sondern "am jetztestestestesten".
Wer hat nicht schon mal davon geträumt, im Cafe zu sitzen, seinen Latte zu schlabbern und dabei einem Waschbären den Wanst zu kraulen? "Priceless!", möchte man ausrufen. In Südkorea, oder besser: in Seoul, gibt es ein so genanntes "Racoon Cafe". Angelehnt ist es an die Mode der Cat und Dog Cafes, die schon ein alter Hut sind. Das Konzept: Man geht in einen Laden mit der Absicht, etwas zu trinken. Der Ladeninhaber stellt zum Zeitvertreib aber nicht tagesaktuelle Druckerzeugnisse auf den Tisch, sondern Tiere. Die kann man während des Besuchs dann voll niedlich finden und nach Lust und Laune belästigen.
Wer sich in Schweden mit hartem Alkohol ordentlich abschießen will, der hat zwei Probleme. Einerseits den Preis wegen der hohen Steuern, andererseits die Verfügbarkeit, da Getränke mit über 3,5 Prozent Alkoholgehalt nur vom staatlichen Einzelhändler Systembolaget angeboten werden dürfen. Die finnische Reederei Viking Line hat das Problem erkannt – und eine findige Geschäftsidee entwickelt. Das geniale Konzept: am Freitagabend in Stockholm das Kreuzfahrtschiff M/S Cinderella besteigen. Sich die Nacht über in internationalen Gewässern zu Spottpreisen wegleuchten. Nach knapp 21 Stunden sowie einem angeblichen Zwischenhalt in der autonomen finnischen Region Aland (wie viele Passagiere sich daran später erinnern können, variiert) verkatert wieder in Stockholm anlegen. Und Geld gespart haben! Südschweden können sich die Anreise nach Stockholm aber auch sparen und stattdessen an von Studentenorganisationen organisierten Bus-Bier-Tagesreisen nach Deutschland teilnehmen.
Als kleiner Bruder der kleinen Meerjungfrau (siehe Dänemark) gilt das Manneken Pis von Brüssel. Eine Brunnen-Statue, die einen urinierenden Jungen darstellt. Der kleine Mann misst 61 Zentimeter und dabei ist die Rede vom kleinen Mann und nicht vom kleinen Mann. Sein Erscheinungsbild jedenfalls sorgt für reichlich Wut in Reiseblogs ("Ein kleiner Pisser in Brüssel – nachschauen, wie sich der schreibt, ist mir das googeln nicht wert"), wird aber für besondere Anlässe thematisch aufgebrezelt. Bei Spielen der belgischen Nationalmannschaft soll er ein Trikot tragen, am Welt-AIDS-Tag ein Kondom. Wie er dann aber seiner ursprünglichen Tätigkeit nachkommen soll, bleibt rätselhaft.
Eine ausgiebige Recherche hat ergeben, dass Panama für genau drei Dinge berühmt ist: den Panama-Kanal, die Panama Papers und "Oh, wie schön ist Panama" von Janosch. Man könnte jetzt darüber fabulieren, welche Meisterleistung menschlicher Ingenieurskunst der Kanal ist, der vor über 100 Jahren Lateinamerika durchstochen hat, aber wie wir alle wissen, wurde der 2004 von Terroristen zerstört (Quelle: Team America: World Police). Man könnte auch die Bedeutung der Panama Papers diskutieren, aber das sind schlappe 11,5 Millionen Dokumente mit einer Größe von 2,6 Terabyte. So viel will doch keiner lesen! Bleibt nur noch Janosch. Wer's nicht mehr weiß: In "Oh, wie schön ist Panama" brechen der Kleine Tiger und der Kleine Bär auf, um ihr Glück zu finden, reisen wild in der Weltgeschichte rum und stellen dann fest, dass die Heimat doch am schönsten ist. Selbst wenn dort mittlerweile das Dach leck ist und die Kacheln im Bad schimmeln. Also quasi die Geschichte von Nuri Sahin und Mario Götze. Mit Shinji Kagawa als Tigerente.
Tatooine liegt bekanntermaßen am Äußeren Rand der Galaxis, im Outer Rim. Das ist arschweit weg von fast allem, zum Beispiel 43.000 Lichtjahre vom galaktischen Kern. Staubtrocken ist es da, ob der Umkreisung von gleich zwei Sonnen gibt's viel Fels, noch mehr Sand und ziemlich wenig Wasser. So fernab des Einflusses der republikanischen Regierung ist der Wüstenplanet zudem ein Schmelztiegel für zwielichtiges Gesindel aller Art. Wem bei diesen Aussichten die Lust auf einen Abstecher nicht ver-, sondern eher das Lichtschwert in der Hose aufgeht, dem sei gesagt: Tunesien! Dort wurde nämlich ein Großteil der Tatooine-Aufnahmen in Star Wars gedreht. Zu besichtigen gäb's da unter anderem die Schlucht, in der Luke Skywalker von den Tusken-Räubern angegriffen wird, das Sklavenviertel von Mos Espa oder das Haus von Obi-Wan Kenobi. Das Haus. VON. OBI. WAN. KENOBI!!!
Der Westminster-Palast in London ist ein Hochsicherheitstrakt. Besucher müssen vor dem Betreten Metalldetektoren passieren, im Umkreis von einem Kilometer darf nicht demonstriert werden und sogar auf der vorbeifließenden Themse müssen die Schiffe Abstand halten. Und, machen wir uns keine Illusionen: Es gibt sicherlich noch weitere Sicherheitsvorschriften, die so sicher sind, dass sie sicherheitshalber geheim gehalten werden. Falls trotzdem jemand im Palast sterben sollte – womöglich sogar eines natürlichen Todes! – muss der Leichnam umgehend und noch vor Ausstellung der Sterbeurkunde aus dem Gebäude geschafft werden. Ansonsten steht dem Toten nämlich seit dem 18. Jahrhundert per Gesetz ein Staatsbegräbnis zu.
Polen, das muss man leider klar und deutlich sagen, hat uns allen einiges an Selbstvertrauen geraubt. Bis 1543 dachten wir bekanntlich stolz und mit voller Überzeugung: Ja, wir Erdenbewohner sind das Zentrum des Universums. Und dann kam auf einmal dieser Nikolaus Kopernikus und meinte, der Welt erzählen zu müssen, dass das gar nicht stimmt. Die Sonne sei die Mitte des Universums, posaunte er in seinem Werk mit dem knackigen Namen "Über die Umschwünge der himmlischen Kreise". Abgesehen von seiner Erkenntnis hatte Kopernikus aber nicht viel davon, denn sein Buch wurde bald verboten. Erst weit nach seinem Tod stufte man seine Thesen als gar nicht so blöd ein – und Kopernikus bekam seinen, naja, Platz an der Sonne unter den Wissenschaftlern. Tschuldigung.
Es wäre ein Leichtes, hier jetzt von der überschäumenden Liebe der Senegalesen zu ihren Schafen zu schreiben, die in und um die Hauptstadt Dakar herum allsonntäglich im Atlantik geschrubbt und gepflegt werden. Die sogar der Gegenstand der beliebtesten TV-Serie im Land sind: Khar Bii. Fünf Staffeln gibt’s bereits, ist so etwas wie Germany’s Next Topmodel – nur eben für der Senegalesen Lieblingswiederkäuer. Getoppt wird die Schafmanie aber locker durch die Entstehungsgeschichte des Namens Senegal. Als nämlich im 15. Jahrhundert portugiesische Seefahrer an der westafrikanischen Küste anlandeten, benutzten einheimische Fischer den Ausdruck "sunu gaal", was auf Wolof so viel wie "das sind unsere Boote" bedeutet. Die Portugiesen, die natürlich nichts verstanden, dachten sich: Ja klar, Senegal! Dabei blieb’s. Klassischer Kolonialherren-Move!
Einfach mal vorstellen: Man wohnt in einer kolumbianischen Kleinstadt, die über keine asphaltierte Straße zur nächstgrößeren Siedlung mit Supermarkt verfügt. Bei Regen braucht man bis zu 20 Stunden, um an bezahlbare Lebensmittel zu kommen. Die Verwaltung unternimmt nichts dagegen. Was tun? Richtig, man ruft zu einem Sex-Streik auf. Die Frauen aus Barbacoas riefen 2011 die "Bewegung der geschlossenen Beine“ ins Leben. Tag um Tag verging und vor allem auch Nacht um Nacht. Und ja, der Druck wurde größer und größer. Nach 110 Tagen rollten schließlich die Baumaschinen heran und begannen, die Straße zu asphaltieren. Es war wohl nicht der einzige Lärm, der an diesem Oktobertag in Barbacoas zu vernehmen war.
Ganz, ganz viel von dem, was im Land der aufgehenden Sonne passiert, mutet für das mitteleuropäische Auge mindestens seltsam an, wenn nicht sogar etwas verstörend. Es gibt Eis mit Aalgeschmack, Wassermelonen werden aus Platzgründen gleich quadratisch gezüchtet, Ronald McDonald heißt ob der fernöstlichen R-Problematik Donald McDonald und natürlich: Tentakelpornos. Auch schön ist das Kanamara-Matsuri – das "Fest des stählernen Penis", bei dem jährlich in Kawasaki einem Penis-Schrein gehuldigt wird. Der wurde der Legende nach aufgestellt, weil sich einst ein verliebter Dämon in der Vagina eines Mädchens versteckte und aus Eifersucht zwei Bräutigamen in den Hochzeitsnächten die Penisse abbiss. Verzweifelt wandte sich das Mädchen an einen Schmied, der ihr einen eisernen Phallus fräste (oder so), der dann … ihr wisst schon … und an dem sich der Dämon in der Vagina des Mädchens seine Zähne ausbiss. Happy End.