"Bin froh, dass Klinsmann keinen Erfolg hatte"

Von Interview: Jochen Tittmar
Heribert Bruchhagen leitet seit dem 1. Dezember 2003 die Geschicke von Eintracht Frankfurt
© Getty

Heribert Bruchhagen ist der starke Mann bei Eintracht Frankfurt. Im Interview spricht er über sein Verhältnis zu Trainer Michael Skibbe, einen historischen Fehler und erklärt, warum die Bundesliga durch das Scheitern von Jürgen Klinsmann profitiert hat.

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SPOX: Herr Bruchhagen, die Eintracht steht so gut da wie lange nicht mehr. Das Träumen sei erlaubt, hieß es zuletzt. Das war aber sicherlich keine Ansage von Ihnen.

Heribert Bruchhagen: Ich freue mich riesig über die Art und Weise, wie unsere Mannschaft die Erfolge einfährt. Ich verweise auf das Zitat unseres Trainers, der sagte, dass wir von Europapokalplätzen nicht sprechen müssen. Dahinter können Sie ein dickes Ausrufungszeichen machen.

SPOX: Mitverantwortlich für den guten Lauf ist Michael Skibbe. In Frankfurt zeigt er sich entgegen seiner früheren Trainerstationen erfrischend unbequem und mitunter rebellisch.

Bruchhagen: Es ist so: Die Aussagen, die Michael macht, decken sich zu größten Teilen mit meinen Ansichten. Wenn er beispielsweise wie geschehen die Stürmersuche sehr schnell öffentlich macht, führt das eben dazu, dass dies auch öffentlich kommentiert wird. Sehen Sie, die Verhandlungen mit Felix Magath wegen Halil Altintop haben sich sechs Wochen lang hingezogen. In dieser Zeit wird einem dann unterstellt, dass man nichts unternehmen würde. Die medialen Abläufe sind für jemanden wie mich, der die Gesamtverantwortung auch im wirtschaftlichen Bereich trägt, andere als für Michael, der für den sportlichen Bereich verantwortlich ist.

SPOX: Gibt es keine Möglichkeit, diesen Abläufen entgegen zu treten?

Bruchhagen: Das hätte doch nur zu einem Ping-Pong-Spiel mit den Medien geführt. Das halte ich nicht für sinnvoll. Stattdessen habe ich das meiste einfach nur im Raum stehen lassen und Dinge intern angesprochen.

SPOX: Dennoch hatte man den Eindruck, dass nur Skibbe hinter der Forderung nach einem neuen Stürmer stand. Von Ihnen kam wenig.

Bruchhagen: Ich habe ein Angebot für Lincoln abgegeben und auch eines für Gekas. Michael hat sich diese Spieler gewünscht, aber es hat nicht geklappt. Ich habe immer gesagt, dass wir uns auf mehreren Spuren bewegen. Was meinen Sie, mit wie vielen Spielern ich schon verhandelt habe, ohne dass es geklappt hat? Ich mache eben wenig öffentlich.

SPOX: Skibbe selbst sagt, er habe sich nicht verändert, sondern bemerkt, dass bei seinen vorherigen Klubs die Arbeitsaufteilung anders war als bei der Eintracht. Dort vereinen Sie laut Skibbe viele Positionen, die bei anderen Vereinen aufgesplittet sind. Wie beurteilen Sie das?

Bruchhagen: Sehen Sie, Michael wurde in Leverkusen von Holzhäuser, Reschke und Völler entlassen. In Dortmund waren es zuvor ebenfalls mehr Leute als bei uns. Wir haben dagegen aber nicht vor, ihn zu entlassen, sondern wollen lange zusammenarbeiten. Im Übrigen sind Finanzchef Dr. Pröckl und Vorstandsberater Bernd Hölzenbein ebenfalls bei uns Ansprechpartner.

SPOX: Skibbe bemängelt aber dennoch, dass es kein Korrektiv oder eine weitere Meinung gäbe, wenn Sie und er mal eine andere Meinung haben.

Bruchhagen: Es ist doch aber nicht gesagt, dass mehrere Meinungen effizienter sind. Mit unserer aktuellen Vereinsstruktur haben wir uns von 36 Bundesligavereinen in den letzten fünf Jahren am meisten sportlich und wirtschaftlich weiterentwickelt. So falsch können wir also nicht aufgestellt sein. Solche Aussagen kommen ja auch nur nach Niederlagen wie in Leverkusen oder gegen die Bayern. Ich bewerte unseren Trainer ausschließlich nach dem, was er macht und nicht nach dem, was er nach entäuschenden Niederlagen sagt. Hinzu kommt, dass Michael in jedem Interview die Zusammenarbeit mit mir als gut bezeichnet.

SPOX: Unter Ihnen hat sich die Eintracht vor allem wirtschaftlich konsolidiert. Dennoch wurde für Spieler wie Bellaid, Korkmaz, Petkovic, Caio und Fenin viel Geld ausgegeben. Viel Geld für die Eintracht.

Bruchhagen: Auf wieviel Geld sind Sie denn gekommen?

SPOX: Auf einen unteren, zweistelligen Millionenbereich.

Bruchhagen: Dann ist Ihre Einschätzung soweit richtig. Wussten Sie, dass die Mannschaft, die in Dortmund gewann, keine zwei Millionen Euro gekostet hat?

SPOX: Das liegt aber daran, dass die genannten Spieler aus unterschiedlichen Gründen nicht dabei waren.

Bruchhagen: Das stimmt. Wir legen jedoch den Fokus auf die Spieler, die seit fünf Jahren dabei sind und unser Herzstück bilden: Nikolov, Ochs, Meier, Köhler, Russ, Spycher, Chris. Unsere Strategie war, bewusst junge Spieler zu holen, die zum Teil auch U-21-Nationalspieler sind. Wir haben nicht zehn Millionen für einen  Spieler ausgegeben, sondern haben dafür U-21-Nationalspieler mit großer Perspektive geholt. Diese Spieler haben sich zwar bislang nicht gegen die etablierten Spieler durchgesetzt, dafür haben sie unseren Kader in der Breite verstärkt, so dass wir auch Verletzungen kompensieren können.

SPOX: Zuletzt agierte die  Eintracht wieder zurückhaltender auf dem Transfermarkt. Wie sieht das für die Zukunft aus und wird sich Skibbe damit zufrieden geben?

Bruchhagen: Die zukünftige Strategie hängt auch immer mit dem zusammen, was der Markt hergibt. Das sieht auch Michael so. Ein Trainer steht, gerade unmittelbar nach Schlusspfiff, unter großer emotionaler Anspannung. Daher kommt es, dass Michael unterschiedliche Aussagen gemacht hat.

SPOX: Wie meinen Sie das?

Bruchhagen: Nach der Niederlage in Leverkusen kritisierte er, dass der Kader zu schlecht sei. Das sagt er nun nicht mehr. Das ist aber keine neue Entwicklung. Neu ist zwar, dass es anstatt des Drucks von außen nun Kritik von innen gab. Aber warum sollte ich nicht noch lernen, mich darauf einzustellen? Neue Situationen erfordern neue Gedankenstrukturen. Damit gehe ich ganz locker um.

Teil 2: Bruchhagen über einen historischen Fehler und Jürgen Klinsmann