Gegenwart und Zukunft des FC Bayern München

Daniel Börlein
27. März 201217:58
Jupp Heynckes und drei Bayern-Stars der Saison 2012/13: Shaqiri, Robben und DanteGetty
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In der Bundesliga ist die Meisterschaft noch immer drin für den FC Bayern München, in der Champions League soll Olympique Marseille (Mi., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) nur Zwischenstation auf dem Weg ins Finale sein. Doch abseits des aktuellen Geschehens plant der Rekordmeister schon die neue Saison. Vor allem im Tor, in der Abwehr und im Sturm muss sich der FCB nach neuem Personal umschauen.

Tor

Das aktuelle Personal: Manuel Neuer, Jörg Butt

Die Situation: Neuer kam im Sommer aus Schalke, empfangen mit großen Vorbehalten von Teilen der Bayern-Fans. Bislang spielt die deutsche Nummer eins eine solide Saison - mehr nicht. In den beiden Ligapartien gegen Gladbach leistete er sich jeweils spielentscheidende Patzer, im Pokal-Halbfinale war er gegen die Borussia zuletzt allerdings der Matchwinner.

Sein Backup, Jörg Butt, kam in dieser Spielzeit bislang erst zweimal zum Einsatz. Beim Pokalspiel gegen Ingolstadt blieb er ohne Gegentor (6:0), in der unbedeutenden CL-Partie bei Manchester City setzte es eine 0:2-Pleite. Dennoch bewies Butt: Wenn er gebraucht wird, ist er da. Die beiden Keeper der zweiten Mannschaft, Maximilian Riedmüller und Rouven Sattelmaier, trainieren zwar regelmäßig mit Neuer und Butt, eine Rolle im Profi-Kader spielen beide allerdings nicht.

Der Ausblick: Die Bayern planen über Jahre mit Neuer als Nummer eins. Dahinter gibt es allerdings noch ein großes Fragezeichen, denn Butt beendet seine Karriere und übernimmt eine Position im Jugendbereich des Rekordmeisters. Weil Sattelmaier und Riedmüller für seine Nachfolge nicht in Frage kommen, wird der FCB einen neuen Keeper verpflichten. Tendenz: Es kommt ein erfahrener Mann, der die Rolle als klare Nummer zwei akzeptiert, Neuer im Notfall aber zuverlässig vertreten kann.

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Die angeblichen Neuzugang-Kandidaten: Jaroslav Drobny (Hamburg), Fabian Giefer (Leverkusen), Heinz Müller (Mainz), Gerhard Tremmel (Swansea City), Kevin Trapp (Kaiserslautern)

Innenverteidigung

Das aktuelle Personal: Holger Badstuber, Jerome Boateng, Daniel van Buyten, Breno

Die Situation: Badstuber hat sich nach einer schwächeren letzten Saison enorm gesteigert, ist inzwischen Innenverteidiger Nummer eins bei den Bayern und auch in der Nationalmannschaft eine Bank. Der 23-Jährige stand beim FCB immer in der Startelf, es sei denn er wurde geschont oder fehlte verletzt. Neben Badstuber wechselten sich lange Boateng und van Buyten ab. Allerdings: In wichtigen Spielen verteidigte meist der Belgier innen, Boateng rückte auf die rechte Seite.

Nach van Buytens Mittelfeldbruch hieß die Innenverteidigung dann aber durchgehend Badstuber/Boateng und harmonierte zuletzt immer besser. Noch ohne jeglichen Einsatz in dieser Saison ist Breno. Der Brasilianer hat sich mehr und mehr zum Problemfall entwickelt - aufgrund anhaltender Verletzungssorgen und privater Schwierigkeiten. Die Verantwortlichen betonten zwar stets, Breno noch nicht abgeschrieben zu haben, die Zweifel am 22-Jährigen sind mittlerweile aber immens.

Der Ausblick: Noch wurde es nicht offiziell bekannt gegeben, doch klar ist, dass Gladbachs Dante im Sommer an die Säbener Straße wechselt. Mit fünf gelernten Innenverteidigern haben die Münchner dann ein Überangebot fürs Abwehrzentrum. Heißt: Einer muss gehen. Passiert nichts Außergewöhnliches, wird es Breno treffen. Sein Vertrag läuft aus, eine Verlängerung scheint derzeit undenkbar.

Interessant wird allerdings auch die Personalie van Buyten, dessen Vertrag ebenfalls im Sommer endet. Vor seinem Fußbruch deutete fast alles darauf hin, dass der Abwehrhüne einen neuen Vertrag unterschreibt, mindestens für ein Jahr. Inzwischen hat sich die Situation durch seine Verletzung und Dantes Verpflichtung aber verändert.

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Die Fragen deshalb: Erreicht van Buyten, inzwischen immerhin auch schon 34, nochmal sein altes Niveau? Und vor allem: Wie geht der Belgier damit um, dass mit Dante ein weiterer Konkurrent kommt, der noch dazu ein Wunschspieler von Heynckes ist?

Womöglich wäre van Buyten ab Sommer dann nur noch Innenverteidiger Nummer vier. Zuletzt hatte er immer wieder betont, bei Bayern bleiben zu wollen, allerdings bevorzugt van Buyten eine Verlängerung um zwei Jahre. Van Buyten genießt eine hohe Wertschätzung im Verein und wird ein neues Angebot bekommen, allerdings wohl eher "nur" für eine weitere Saison.

In der Vergangenheit hatte der Abwehrmann zudem die eine oder andere interessante Anfrage (z.B. Olympique Marseille). Geht neben Breno auch van Buyten, braucht Bayern noch einen vierten Innenverteidiger, dann eher einen jungen mit Perspektive. Aus dem eigenen Nachwuchs drängt sich momentan niemand auf.

Die angeblichen Neuzugang-Kandidaten: Nur wenn van Buyten wechselt, passiert noch was. Gehandelt wurden Jan Kirchhoff (Mainz) und Jan Vertonghen (Ajax).

TEIL 2: Außenverteidigung und defensives Mittelfeld

TEIL 3: Offensives Mittelfeld/Flügel und Sturm

Außenverteidigung

Das aktuelle Personal: Rafinha, Boateng (beide rechts), David Alaba, Diego Contento, Danijel Pranjic (alle links), Philipp Lahm (links und rechts)

Die Situation: Die Außenverteidigung ist die große Problemzone der Bayern in dieser Saison. Eine Lösung, mit der alle Beteiligten rundum glücklich sind, hat Jupp Heynckes noch nicht gefunden. Lahm, als Linksverteidiger in die Saison gestartet und dort auch für die EM fest eingeplant, auf rechts und David Alaba auf der Gegenseite scheint momentan die beste Lösung.

Allerdings: Alaba ist eigentlich gelernter Mittelfeldspieler und deshalb eher nur eine Notlösung. Alternativen gäbe es zwar, doch sowohl Pranjic als auch Contento sind bei Heynckes chancenlos. Und auf der Gegenseite hat Rafinha die Erwartungen des Trainers noch nicht erfüllt. Der Brasilianer offenbart zu viele Schwächen in der Defensive. Boateng wird momentan innen benötigt.

Der Ausblick: Quantitativ ist Bayern auf beiden Außenbahnen gut besetzt, die Qualität des vorhandenen Personals genügt den Ansprüchen des Rekordmeisters allerdings nur bedingt. Pranjic bekommt ohnehin keinen neuen Vertrag, bei Contento wartet man bislang vergeblich auf den nächsten Schritt. Ob und in welcher Kategorie nachgerüstet wird, hängt auch davon ab, auf welcher Position Lahm langfristig spielen soll.

Bleibt der Bayern-Kapitän auf rechts, bestünde links dringend Bedarf, zumal Heynckes Alaba nach wie vor eher im Mittelfeld sieht. Rückt Lahm zurück auf die Linksverteidigerposition, hätte man die gleiche Konstellation wie in dieser Saison. Dann stellt sich die Frage: Ist man damit zufrieden oder holt man noch jemanden, der defensiv stärker ist als Rafinha, mit Rotation leben oder auch auf anderen Positionen spielen kann?

Die angeblichen Neuzugang-Kandidaten: Mathieu Debuchy (rechts, Lille), Adriano (links, FC Barcelona), Christian Chivu (links, Inter Mailand)

Defensives Mittelfeld

Das aktuelle Personal: Bastian Schweinsteiger, Anatolji Tymoschtschuk, Luiz Gustavo, Toni Kroos, David Alaba, Danijel Pranjic

Die Situation: Schweinsteiger ist Kopf und Herz der Bayern-Mannschaft und spielt für Heynckes in einer Liga mit Barcas Iniesta und Xavi. Zeigen konnte er das allerdings schon lange nicht mehr - zunächst wegen eines Schlüsselbeinbruches, nun wegen der Folgen seines Außenbandrisses. Während das Bayern-Spiels ohne Schweinsteiger anfangs enorm krankte, klappt es mittlerweile auch ohne ihn richtig gut.

Toni Kroos zieht aus der Zentrale die Fäden, flankiert von einem defensiven Abräumer vor der Abwehr. Dort hat seit einigen Wochen Luiz Gustavo gegenüber Tymoschtschuk klar die Nase vorn.

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Pranjic hat dagegen auch auf der Sechserposition keine Perspektive. Alaba wird momentan links hinten gebraucht, hat aber auch im defensiven Mittelfeld schon bewiesen, warum Heynckes große Stücke auf ihn hält. Österreichs Nationalcoach plant mit Alaba ohnehin als Schlüsselspieler in der Zentrale.

Der Ausblick: Pranjic' Vertrag läuft aus, der Kroate wird deshalb ablösefrei gehen. Auch Tymoschtschuks Arbeitspapier ist nur bis zum Sommer befristet, enthält aber eine Option. "Ab 25 Spielen verlängert sich sein Vertrag automatisch", erklärte Christian Nerlinger gegenüber der "tz": "Die hat er bereits."

Die Verträge der restlichen Sechser gelten alle noch langfristig, heißt: Die Bayern sind im defensiven Mittelfeld gut aufgestellt und bekommen Verstärkung aus den eigenen Reihen. Emre Can, das aktuell vermeintlich größte Talent im Bayern-Nachwuchs, rückt komplett in den Profi-Kader auf. "Er erhält einen Lizenzspielervertrag", sagte Sportdirektor Christian Nerlinger dem "Münchner Merkur".

Die angeblichen Neuzugang-Kandidaten: Granit Xhaka (Basel), Riccardo Montolivo (Florenz) Allerdings: Geht Tymoschtschuk trotz der Option, würde Bayern noch mal tätig werden.

TEIL 1: Tor und Innenverteidigung

TEIL 3: Offensives Mittelfeld/Flügel und Sturm

Offensives Mittelfeld/Flügel

Das aktuelle Personal: Franck Ribery, Thomas Müller, Toni Kroos, Arjen Robben, Takashi Usami, David Alaba, Danijel Pranjic, Ivica Olic

Die Situation: Bayerns offensive Außenbahnen gehören wohl mit zum Besten, was der europäische Vereinsfußball derzeit zu bieten hat. Ribery lieferte in den letzten Wochen reihenweise Gala-Vorstellungen ab, auch Robben scheint auf dem besten Weg zu alter Stärke. Und fehlt mal einer von beiden, hat man mit Müller noch eine hochkarätige Alternative parat, wenngleich der Nationalspieler ein anderer Spielertyp ist und lieber im Zentrum spielt.

Toni Kroos komplettiert das Ausnahme-Quartett, das den Bayern in der Offensive viele Möglichkeiten bietet. Der Rest kommt ob solcher Konkurrenz bislang nur zu wenig Spielzeit. Usami wurde in der Liga erst einmal eingesetzt, Olic darf nur als Joker ran und Alaba und Pranjic sind offensiv nicht mehr als Notlösungen.

Der Ausblick: Den ersten Neuzugang haben die Bayern bereits vor ein paar Wochen präsentiert: Xherdan Shaqiri kommt vom FC Basel. Der Schweizer wird die Qualität in der Offensive nochmal erhöhen und ist als Ergänzung zu Ribery und Robben für einen Platz auf dem Flügel vorgesehen. Auf der Zehnerposition wird auch in der neuen Saison entweder Müller oder Kroos spielen.

Keine Zukunft mehr in München hat Takashi Usami. Der Rekordmeister lässt die Kaufoption auf den Japaner ungenutzt verstreichen, wobei allerdings auch Usami selbst kein Interesse an einem weiteren Jahr in München hat. Der 19-Jährige wird aber wahrscheinlich in Europa bleiben und wurde zuletzt mit dem 1. FC Nürnberg in Verbindung gebracht.

Die angeblichen Neuzugang-Kandidaten: Dries Mertens (Eindhoven)

Sturm

Das aktuelle Personal: Mario Gomez, Nils Petersen, Ivica Olic

Die Situation: Unter Louis van Gaal durfte sich Mario Gomez nie sicher fühlen, bei Heynckes hingegen ist der Nationalspieler die klare Nummer eins im Sturm. Und bislang zeigt Gomez eindrucksvoll, warum. In der Champions League hat er bereits zehnmal getroffen, in der Bundesliga liegt er auf Platz eins der Torschützenliste.

Weil Heynckes bislang nie vom Ein-Stürmer-System abwich, bekamen Olic und Petersen bislang kaum Möglichkeiten, sich mal über eine längere Spielzeit zu beweisen. Vor allem Petersen kam zuletzt kaum noch zum Zug und ist hinter Olic nur die dritte Option im Bayern-Angriff. Allerdings: Auch mit dem Kroaten scheint Heynckes nicht vollends zufrieden, beorderte der Bayern-Trainer nach Gomez-Auswechslung auch schon Müller oder Ribery ins Sturmzentrum und ließ Olic auf der Bank schmoren.

Der Ausblick: Gomez spürt bei den Bayern mittlerweile die Rückendeckung des Trainer, der Mannschaft und aller Verantwortlichen. Die vorzeitige Verlängerung seines 2013 auslaufenden Vertrages ist daher nur noch Formsache. Der Angreifer wird wohl in Kürze bis 2016 unterschreiben. Petersen und vor allem Olic werden in der Saison dagegen wohl kaum noch das Bayern-Trikot tragen.

Olic' Abgang gilt als beschlossene Sache, selbst wenn sich sein Vertrag per Klausel (20 Pflichtspieleinsätze) nochmal verlängern könnte. Der 32-Jährige will allerdings weg und ist sich angeblich mit Wolfsburg längst über einen Wechsel einig.

Bei Petersen ist hingegen noch nicht abschließend geklärt, was aus dem Ex-Cottbusser wird. Möglich scheinen sowohl eine Ausleihe innerhalb der Bundesliga als auch ein Verkauf. Interessenten gibt es genug für den 23-Jährigen. Unter anderem sollen sich Nürnberg und Hamburg nach ihm erkundigt haben.

Im Angriff muss Bayern angesichts der Abgänge deshalb zwingend etwas tun. Gomez soll zwar weiterhin Stürmer Nummer eins bleiben, zu ihm suchen die Münchner allerdings eine hochwertige Alternative. Im Idealfall jemanden, der schon bewiesen hat, auf internationalem Niveau mithalten zu können.

Die angeblichen Neuzugang-Kandidaten: Olivier Giroud (Montpellier), Claudio Pizarro (Bremen), John Guidetti (Feyenoord), Dries Mertens (Eindhoven)

TEIL 1: Tor und Innenverteidigung

TEIL 2: Außenverteidigung und defensives Mittelfeld