Bärenruhig, platt und verletzt

Jochen Tittmar
18. Juli 201310:58
Jürgen Klopp mit seinen Neuzugängen Aubameyang, Sokratis, und Mkhitaryan (v.l.n.r.)getty
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Am Donnerstag endet das zweite Trainingslager von Borussia Dortmund. In Bad Ragaz stießen die drei Neuzugänge Sokratis, Pierre-Emerick Aubameyang und Henrikh Mkhitaryan erstmals zur Mannschaft des BVB und absolvierten ihre ersten Trainingseinheiten und Testspiele. Das Zwischenfazit der Zeit in der Schweiz.

Sokratis Papastathopoulos

Durch seine unkomplizierte Art, durch die er sowohl auf als auch neben dem Platz eine Bärenruhe ausstrahlt, hat der Grieche in kürzester Zeit zahlreiche Sympathien innerhalb der Mannschaft gewonnen.

Nuri Sahin bezeichnete Sokratis bereits als "coole Sau", auch Sven Bender äußerte sich sehr angetan über seinen Zimmerkollegen. Seine Auftritte als Innenverteidiger in den Testspielen (insgesamt 90 Minuten) waren von großer Souveränität geprägt, Sokratis unterliefen keinerlei Fehler und er funkte einige Male so dazwischen, wie man es aus seiner Bremer Zeit bereits kannte.

Benders Bruder im Geiste

Bender, bislang mehr oder weniger der Einzige, der in Dortmund fürs Grobe zuständig war, merkte an, dass Sokratis' gesunde Härte der Mannschaft gut tun würde.

Dieses Element, in schwierigen Phasen eines Spiels auch mal einen Reizpunkt zu setzen, hat den Dortmundern bisweilen gefehlt. Von der Option, Sokratis auf der Rechtsverteidigerposition zu testen, machte Jürgen Klopp erst gegen Ende des Trainingslagers Gebrauch.

SPOX

Im "Abschlusstraining" vor dem Spiel in Luzern (4:1), als der BVB das Verschieben der Mannschaftsteile einstudierte, schob Klopp den Griechen auf dem Spielfeld einige Male in die richtigen Räume und unterbrach viel, um mit ihm die genauen Abläufe zu besprechen. Seine Premiere am Abend gegen den schweizerischen Erstligisten war dann auch durchwachsen.

Sokratis' Zweikampfstärke kam zwar auch rechts in der Viererkette zum Tragen, doch ließ er seine Seite auch ein paar Mal relativ blank und stand falsch. Offensiv kam nur wenig dabei herum, die zwei, drei Flanken, die er (auf Verdacht) schlug, fanden im Zentrum keinen Abnehmer.

Gekommen um zu spielen

"Ich habe in Bremen über 20 Spiele auf dieser Position gemacht und die waren meist ordentlich. Die Unterschiede beim BVB sind sicherlich nicht gravierend, weil es ja dieselbe Position bleibt.

An die mannschaftstaktischen Unterschiede werde ich mich aber noch gewöhnen müssen, das ist ja jetzt hier erst der Anfang", sagte Sokratis am Mittwoch. Es sieht derzeit also ganz danach aus, als ob Kevin Großkreutz das Rennen auf dieser Position machen wird und Sokratis als "Rotationsmaterial" für die Innenverteidigung in die Pflichtspielsaison gehen wird.

Seine persönlichen Ziele sind aber bereits klar abgesteckt: "Niemand wechselt den Verein, um sich auf die Bank zu setzen. Ich bin hier hergekommen, um zu spielen."

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Seite 3: Henrikh Mkhitaryan

Pierre-Emerick Aubameyang

Viele Geschichten werden über den schillernden Gabuner erzählt, sie reichen vom Ferrarifahren über verrückte Frisuren bis hin zum ungewöhnlichen Torjubel.

Nur wird dabei manches Mal getrost übersehen, dass Aubameyang diese Mätzchen nicht wie am Fließband produziert, sondern sie in seiner bisherigen Karriere zwar vorkamen - in manchen Fällen aber auch nur ein einziges Mal. Wenn man "Auba", wie ihn seine Teamkollegen tauften, nun in Bad Ragaz beobachtet, stellt man fest, dass lediglich das äußere Erscheinungsbild des 24-Jährigen extravagant daherkommt. SPOX

"Ich ziehe mich gerne so an, aber eigentlich bin ich ein sehr schüchterner Mensch - auch wenn man mir das vielleicht nicht ansieht", ließ er wissen. Höflich und zurückhaltend verhielt er sich gegenüber den Journalisten. Als Aubameyang zur Pressekonferenz gebeten wurde, flüsterte er sein Italienisch so leise ins Mikrofon, dass die anwesenden Kameraleute Angst um den Ton ihrer Aufnahmen bekamen.

Sprachprobleme und fehlende Puste

Sportlich betrachtet ist Aubameyang von den drei Neuen derjenige, der am meisten an der Intensität und dem Erlernen der mannschaftstaktischen Abläufe auf seinem Arbeitsgebiet zu knabbern hat. "Unser Trainer legt viel Wert auf Gegenpressing und Balleroberung, um dann sofort nach vorne zu starten", antwortete er auf die Frage, worin für ihn aktuell die größte Umstellung besteht. Häufiger als Sokratis und Mkhitaryan beanspruchte er bei den Einheiten die Hilfe des Dolmetschers.

Er wirkte gegen Ende des Trainingslagers und beim Testspiel in Luzern platt und wenig robust - so erging es jedoch bereits einigen Neueinkäufen vor ihm.

Klopp ließ ihn, wie die anderen auch, dreimal über 45 Minuten ran. Zweimal startete er auf der linken und gegen Luzern auf der rechten Seite der Offensivreihe, pendelte aber immer wieder zwischen den Linien und stieß auch bis in die Sturmspitze vor, wenn sich Robert Lewandowski beispielsweise auf dem Flügel anbot.

Aubameyang: Mehr als nur eine Alternative

Aufgrund seiner extremen Schnelligkeit kamen seine Mitspieler einige Male zu häufig in die Versuchung, Aubameyang mit langen Chip-Bällen über die gegnerische Abwehr freizuspielen. Klopp bemängelte dabei die fehlende Variabilität der Zuspiele. Schaffte er es in Abschlusssituationen, zeigte sich seine Klarheit vor dem Tor.

Das Gesamtpaket, das Aubameyang mitbringt, wird dem BVB eine neue Dimension im Angriffsspiel eröffnen - sobald sich der Nationalspieler vollständig akklimatisiert hat.

Den Saisonstart dürfte Aubameyang daher noch von der Bank aus erleben, um nach und nach an die Bundesliga herangeführt zu werden. Mit dem wuchtigen Julian Schieber und dem Sprinter Aubameyang verfügt Dortmund nun jedenfalls über zwei Komponenten im Offensivspiel.

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Henrikh Mkhitaryan

Über der Bewertung des Armeniers steht seit Mittwochmittag die dicke Überschrift "Aktuell verletzt". Mkhitaryan zog sich beim Schuss vor seinem zweiten Testspieltreffer im BVB-Dress gegen Luzern einen Teilriss des vorderen Syndesmosebandes im rechten Sprunggelenk zu. Die Zeit, bis Mkhitaryan wieder auf dem Platz stehen kann, beträgt wohl drei bis vier Wochen. Ob er beim Liga-Auftakt dabei sein wird, ist fraglich.

Viel schlimmer für den BVB: Die spieltaktischen Maßnahmen, die bislang ergriffen wurden, um Mkhitaryan ins Mannschaftsgefüge einzugliedern, müssen nun vorerst auf Eis gelegt werden. "Micki", dessen Nachname übrigens korrekterweise "Machi-tar-jan" ausgesprochen wird, hatte sich zuvor als sehr wissbegieriger und lernfähiger Spieler präsentiert.

Experimente im Kollegenkreis

Der Sprachbarriere begegnete er forsch und traute sich ohne Umschweife, die neuen Kenntnisse im Kollegenkreis zu testen. "Ich möchte jetzt Fruchtsalat", gehörte beispielsweise dazu. Bundesliga Spielplaner - Der Tabellenrechner von SPOX.com

Auch Sportdirektor Zorc schwärmte bereits vom Umgang mit dem Neuzugang: "Mkhitaryan ist schon jetzt so gut integriert, dass es keine lange Anpassungsphase geben wird, wenn er in drei bis vier Wochen zurückkehrt."

Gegenüber den Fans gab er sich sehr zuvorkommend und schlug kaum eine Bitte nach Fotos oder Autogrammen aus. Die Eindrücke, die das Training sowie die Testpartien vermittelten, waren durchgängig positiv, auch wenn der 24-Jährige in Luzern wie Aubameyang etwas erschöpft über den Platz lief.

Was bisher fast unterging: Bei aller Lobhudelei über die Geschwindigkeit von Aubameyang muss man festhalten, dass auch Mkhitaryan pfeilschnell ist sowie unheimlich wendig und geschmeidig daherkommt. "Ich versuche, schnell zu lernen und immer sehr aufmerksam zu sein.

Ich höre, was der Trainer vorgibt und versuche mich so schnell wie möglich zu integrieren und zu erkennen, wie die Mannschaft Fußball spielen will", fasste er seine ersten Tage im neuen Verein zusammen. Klopp nahm Mkhitaryan auf dem Sportplatz Ri-Au immer wieder zur Seite und redete - ohne Dolmetscher - auf ihn ein.

Mkhitaryan und Gündogan im Gleichschritt

Dies geschah meistens während der offenen Spielformen, um an der Abstimmung zu feilen und Situationen zu vermeiden, in denen sich Mkhitaryan und Ilkay Gündogan gleichzeitig fallen ließen, um Bälle in der eigenen Hälfte abzuholen.

Während der 135 Minuten als Zehner, die Mkhitaryan bislang auf dem Feld verbrachte, war zu beobachten, dass ihn die Arbeit gegen den Ball nicht vor riesige Probleme stellt. Auch das Umkehrspiel funktionierte teilweise erstaunlich flüssig. "Bei Donezk ist der Umschaltreflex nicht so viel anders als bei uns", erklärte Klopp.

Auffällig war dazu, dass er seine Rolle sehr flexibel interpretierte, mal in die Halbräume auswich oder früh in die Tiefe startete und den Pressingimpuls auf die gegnerische Abwehrformation auslöste. Sein Ausfall torpediert die Pläne des BVB gewaltig, da der Verein nun einen "Übergangszehner" installieren muss - wahrscheinlich wird dies Gündogan werden.

Hoffnung macht jedoch, dass Mkhitaryans erste Gehversuche in Dortmund andeuteten, dass er ein geeigneter Ersatz für die zentral-offensive Mittelfeldposition sein dürfte.

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