"Ich bin der Innenminister des BVB"

Jochen Tittmar
18. Dezember 201319:23
Thomas Treß kommt aus Schwaben, wohnt in Köln und arbeitet in Dortmundimago
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Thomas Treß ist bei Borussia Dortmund seit 2006 als Chief Financial Officer (CFO) verantwortlich für die Bereiche Finanzen und Organisation. Im Interview spricht Treß über einen Wettbewerb mit dem FC Bayern München, die BVB-Aktie als Fanartikel und den Wert von Tradition.

SPOX: Herr Treß, können Sie sich noch an den Moment erinnern, als Jochen Rölfs, der damalige Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft "RölfsPartner", die die Sanierung des BVB begleitete, Sie damit beauftragte, das Finanzierungskonzept der Dortmunder Geschäftsführung zu bewerten?

Thomas Treß: Ich weiß noch sehr genau, wie er mich damals zu sich ins Büro bat. Er meinte, er hätte eine neue Aufgabe für mich. Das traf sich ziemlich gut, da ich kurz zuvor ein großes Fusionsprojekt hinter mich gebracht hatte. Rölfs meinte, es handle sich um Borussia Dortmund. Ich antwortete ihm: 'Können Sie da nicht jemand anderen nehmen? Ich habe von Fußball keine Ahnung.' Er meinte, ich müsse das leider machen, da es sich um einen sehr komplizierten Fall handelte.

SPOX: Von da an ging es Schlag auf Schlag.

Treß: Am 14. Dezember 2004 saß ich dann mit dem Präsidenten Dr. Gerd Niebaum zusammen. Er teilte uns mit, dass wir bitte bis Weihnachten ein Sanierungskonzept erarbeiten sollen. Das hat uns einige schlaflose Nächte gekostet. Am 23. Dezember hatte ich abends um 20 Uhr in meinem damaligen Büro in Düsseldorf einen Termin mit einer großen westdeutschen Bank. Dabei erklärte ich, dass das uns vorgelegte Konzept nicht trägt. Ich weiß das deshalb so detailliert, weil ich in der Nacht noch in den Schwarzwald zu meinen Eltern gefahren bin, um Weihnachten zu feiern.

SPOX-Redakteur Jochen Tittmar mit Thomas Treß in dessen Büro in der BVB-Geschäftsstellespox

SPOX: Sie hatten bis dato mit Fußball nichts am Hut.

Treß: Genau. Wir sind zu Hause zwar fünf Kinder, aber Fußball hat bei uns einfach nicht stattgefunden. Mein Vater und meine Brüder waren nicht begeistert von diesem Sport.

SPOX: Wie war es denn für Sie beim ersten Mal im Stadion?

Treß: Mein erstes Spiel war ein 1:0-Sieg gegen Werder Bremen in der Saison 2004/2005. Dabei wurde ein Spieler der Bremer vom Rasen getragen und einige Dortmunder Fans haben gejubelt. Ich fand es seltsam, sich darüber zu freuen, dass sich jemand verletzt hatte. Ich hatte gar keine Ahnung, wie so eine Partie genau abläuft.

SPOX: Das wird sich aber zügig gebessert haben, oder?

Treß: Als ich in die Geschäftsführung eintrat, habe ich mir dann genauer erklären lassen, wie das Spiel und die Regeln funktionieren. Der BVB war für mich infektiös, auch der Kopfmensch Treß konnte sich letztlich der Begeisterung des Publikums nicht entziehen. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich mich in meiner Funktion nicht in die emotionale Achterbahn des Fußballs setzen kann.

SPOX: Wie konsumieren Sie diesen Sport mittlerweile?

Treß: Ich schaue jetzt auch Spiele ohne schwarzgelbe Beteiligung und gucke mir die Konkurrenten an, wenn ich am Wochenende genügend Zeit habe. Dann liege ich auf der Couch und sehe fern, wie jeder andere auch - zur Verwunderung meiner Familie. Damit versuche ich, mir einen gewissen Dilettanten-Status zu erarbeiten, um nicht ganz blind durch die Gegend zu laufen (lacht).

SPOX: Seit Januar 2006 sind Sie als Chief Financial Officer (CFO) verantwortlich für die Bereiche Finanzen und Organisation. Die breite Öffentlichkeit kennt aber nur Hans-Joachim Watzke, der mit Ihnen die Geschäftsführung bildet. Sie halten sich eher im Hintergrund auf.

Treß: Ich bin quasi der Innenminister des BVB, wenn man so will. Herr Watzke repräsentiert den Verein nach außen. Das ist ganz normal, denn die Menschen lieben Borussia Dortmund wegen des Fußballs und nicht wegen des CFO, der sich um Finanzen und Organisation kümmert. Das ist für die Leute nur dann ein Thema, wenn es ein Problem darstellt. Man sollte in meiner Funktion nicht nach außen drängen. Das käme bei den Menschen auch komisch an. Die meisten Menschen kennen den Finanzvorstand von Bayern München auch nicht.

SPOX: Wie froh sind Sie darüber?

Treß: Mir kommt es gelegen, dass ich mich zurücknehmen kann. Ich habe 13 Jahre lang als Wirtschaftsprüfer gearbeitet und hatte bei allen möglichen Projekten immer eine Funktion im Hintergrund inne. Ich selbst habe nicht das Bedürfnis, mich in den Zeitungen abgebildet zu sehen. Ich genieße es, mein Privatleben privat leben zu dürfen.

SPOX: Borussia Dortmund handelt seit einigen Jahren nach der Richtlinie, den sportlichen Erfolg maximieren zu wollen, ohne neue Schulden aufzunehmen und dazu die Altlasten sukzessive zu tilgen. Wie ist dieses Credo entstanden? SPOX

Treß: Anfang 2005, als Herr Watzke Geschäftsführer wurde und ich noch als Berater tätig war, lagen uns mit fast 200 Millionen Euro Schulden desaströse Finanzverhältnisse vor. Der Umsatz lag damals bei 75 Millionen Euro. Wir hatten ökonomisch keine Chance, mit den sechs oder sieben Bundesligisten in Nordrhein-Westfalen oder Klubs wie Bayern und Wolfsburg zu konkurrieren. Deshalb beschlossen wir, in die Infrastruktur der Nachwuchsförderung und Trainingsfacilitäten sowie in die Professionalisierung des Scoutingbereichs zu investieren - und dabei nicht mehr auszugeben als das, was wir einnehmen. Dazu mussten wir die Altlasten bedienen, wir konnten ja keine weiteren Schulden mehr draufsatteln. Wir haben jahrelang von dem Rest gelebt, den uns die Altlasten übrig gelassen haben.

SPOX: Wie sehr ist diese Maxime auch für die kommenden Jahre in Stein gemeißelt?

Treß: Es macht einfach keinen Sinn, sportlichen Erfolg durch Finanzverschuldung zu finanzieren. Das wären Pyrrhussiege, weil man immer einen Scheck für die Zukunft ziehen würde, der irgendwann einzulösen wäre. Das funktioniert in Teilen der Bundesliga nur dann, wenn man ständig massive Steigerungen auf der Erlösseite verzeichnen kann. Man braucht das Geld, das man jedes Jahr verdient, aber auch, um das aktuell laufende Jahr vernünftig zu finanzieren. Das haben wir getan, indem wir die Altlasten eben immer weiter abbezahlt und keine Neulasten aufgebaut haben. Ein Wettbewerb mit Bayern München, beispielsweise auf der Gehaltsseite, wäre fatal, weil man dann wieder Schecks für die Zukunft ziehen müsste. Wer zu sehr zockt, treibt die Risiken in nicht vertretbare Höhen.

SPOX: Den BVB belasten mit Stand zum 30. Juni noch 45,3 Millionen Finanzverbindlichkeiten. Bis wann werden diese getilgt sein?

Treß: Die Laufzeiten sind in unseren Geschäftsberichten für alle transparent einzusehen. Aus den bestehenden Kreditfazilitäten ist der letzte Euro 2026 zu zahlen. Das wird auch so lange dauern. Wir hätten zwar ab 2016 die rechtliche Möglichkeit, innerhalb von drei Monaten alles abzubezahlen - wenn wir wollen und können. Schnelles Schuldentilgen macht aber keinen Sinn, wenn man deshalb den sportlichen Bereich vernachlässigt.

SPOX: Borussia Dortmund ist immer noch der einzige Fußballverein Deutschlands, der an der Börse notiert ist. Die Leistungsbilanz der Aktie liest sich allerdings kläglich. Weil der Kapitalmarkt nicht auf den Schuldenabbau und die Umsatzsprünge reagiert hat?

Treß: Das muss man anders betrachten. Der Ausgabekurs im Oktober 2000 lag bei elf Euro, derzeit stehen wir bei 3,80 Euro. Wenn man bedenkt, dass man 2004 und 2006 vor und im Rahmen der Restrukturierung für 2 bis 2,50 Euro substanzielle Kapitalerhöhungen vorgenommen hat, liegt der durchschnittliche Ausgabekurs bei 4,98 Euro. Zu unserer Anfangszeit lag er bei 1,80 Euro. Im Verhältnis zu heute haben die Leute, die sich damals engagiert haben, Geld verdient.

SPOX: Da die meisten Aktionäre unter den genannten 4,98 Euro und auch unterhalb des Ausgabekurses gezeichnet haben?

Treß: So ist es. Wir haben gezeigt, dass wir den BVB durch Professionalisierung des Geschäftes sportlich und ökonomisch nach vorne gebracht und somit Wert geschaffen haben. In den ersten Jahren hat die Börse das nicht goutiert, da wurde unsere Strategie belächelt. Auch als wir 2011 Meister wurden, fragte man uns auf Kapitalmarktkonferenzen unterschwellig, wann wir die Hütte wieder anzünden und Schulden machen würden. Seit rund zwei Jahren sind Vertrauen und Interesse allerdings stark gestiegen. Uns erreichen viele Anfragen und es gibt mehr interessierte Zuhörer, auch Fonds, die bei uns investiert sind.

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SPOX: Dennoch hat die Aktie eines Fußballvereins für viele das Image eines Wettscheins.

Treß: Unsere Aktie ist kein Fanartikel, sondern eine Kapitalanlage. Das wurde aufgrund unseres Erfolgs mittlerweile akzeptiert. Es gibt aber weiterhin Menschen, die unsere Aktie wie eine Sportwette betrachten und auch so mit ihr umgehen. Das merkt man daran, dass der sportliche Erfolg häufig eine höhere Auswirkung auf den Kurs hat als ein wirtschaftliches Ergebnis. Das müssen wir einfach akzeptieren und dem Kapitalmarkt auch weiterhin Rede und Antwort stehen. Wenn wir unsere Arbeit weiter verstetigen, wird sich die Aktie auch weiter nach oben entwickeln.

SPOX: Der Sport siegt über die Wirtschaft - glauben Sie, dass sich diese Beobachtung bezüglich des Aktienkurses künftig verändern wird?

Treß: Ja, dazu kann ich Ihnen auch ein Beispiel liefern: Mit Feststehen der Meisterschaften 2011 und 2012 ist der Kurs jeweils deutlich abgeschmiert. Das lag daran, dass plötzlich manche Zocker ihre Aktien auf den Markt geworfen haben und Gewinnmitnahmen für sich realisieren wollten. Sie dachten, dass ja in der Sommerpause nichts mehr passieren wird und wollten daher Kasse machen. Im Unterschied dazu haben Fonds, mit denen wir im Mai rund um das Champions-League-Finale in Luxemburg, Italien und London gesprochen haben, Aktien aufgekauft. Der Kurs konnte somit bis Saisonbeginn bei über drei Euro gehalten werden. Es gibt also auch Investoren, die nachhaltig an unserer Aktie interessiert sind, weil sie sie bezogen auf unsere Ertragskraft auch für zu günstig halten.

SPOX: Ist einem Fußballverein somit zu raten, an die Börse zu gehen oder lieber nicht?

Treß: Es besteht hier eine besondere Problematik. Anders als ein Industrieunternehmen, das mit relativ wenigen Schwankungen zukünftige Wachstumspotentiale aufzeigen kann, ist es für einen Fußballverein nicht möglich, einem Aktionär die Planung sowie mögliche Dividendenzahlungen der nächsten fünf Jahre vorherzusagen. Was die Ergebnisprognosen angeht, ist der Fußball sehr an den sportlichen Erfolg und die Frage gebunden, ob man international spielt oder Transfererlöse realisiert. Die Kontinuität in der Planbarkeit ist also eine vollkommen andere, das macht es für einen Fußballklub schwer an der Börse.

SPOX: Schwer zu durchblicken ist auch, wie die UEFA mit der Einführung des Financial Fairplay umzugehen gedenkt. Spielergehälter und Ablösesummen haben sich in fragwürdige Höhen entwickelt. Denken Sie, dass sich diese Größenordnungen dank FFP in baldiger Zukunft verschieben werden?

Treß: Wenn die UEFA das Financial Fairplay ernsthaft umsetzt, bin ich davon überzeugt, dass russische Oligarchen, amerikanische Milliardäre oder Scheichs nicht mehr ihr Ego auf dem Rücken von Fußballklubs ausleben können und ohne Sinn und Verstand Geld in den Fußball-Kreislauf pumpen. Durch diese externe Befüllung mancher Klubs sind die Transfersummen in die Höhe getrieben worden, weil das Geld ja in Umlauf bleibt. Sobald dem Einhalt geboten wird, werden sich die aktuellen Volumina auch normalisieren. Auf welchem Niveau sie sich dann einpendeln, kann ich Ihnen allerdings nicht vorhersagen.

SPOX: Die Frage wird sein, wie stringent die UEFA vorgehen wird.

Treß: Michel Platini hat seinen Namen stark mit der Umsetzung von FFP verknüpft. Ich glaube aber erst dann daran, wenn Klubs wie Manchester City, der AS Monaco oder Paris Saint-Germain, die aus unserer Sicht gegen das Financial Fairplay verstoßen, auch einmal aus der Champions League ausgeschlossen würden. Dann glauben wir, dass es die UEFA ernst meint. Wenn man sich dagegen wie bisher ausschließlich mit kleineren Klubs wie dem FC Malaga beschäftigt, überzeugt mich das nicht wirklich.

SPOX: Es gibt bislang noch keinen statuarisch festgelegten Strafenkatalog für Vereine, die gegen die Richtlinien des FFP verstoßen. Woran hapert es?

Treß: Die UEFA lässt das noch offen, um erst einmal Erfahrungen mit dieser Thematik zu sammeln und für sich eine eigene Transparenz zu schaffen. Es gilt die Frage zu klären, welche Vorgehensweisen der Klubs verhindert werden müssen. Einen Strafenkatalog zu definieren, ohne zu wissen, welche Auswirkungen dies auch auf die Attraktivität eines Wettbewerbs wie der Champions League hat, wäre unvernünftig. Deshalb wurden nun drei Jahre lang Daten der Klubs gesammelt, um zu sehen, in welche Richtung das läuft und um den Vereinen auch die Möglichkeit zu geben, sich anzupassen und zu professionalisieren. Nun hat man eine gewisse Kenntnis gewonnen und dürfte im nächsten Jahr dann mögliche Sanktionen festlegen.

SPOX: In den meisten Fällen beweisen die Klubs, die von ihren Besitzern finanziell stark unterstützt werden, dass Geld eben doch Tore schießt. Wie könnte man diese Emporkömmlinge vorzeitig ausbremsen?

Treß: Die grundlegende Frage ist immer: Was schafft man eigentlich? Jemanden auszubremsen, weil er etwas aufbaut und Menschen für den Fußball begeistert, wäre a priori nicht sinnvoll. Wenn beispielsweise in Hoffenheim eine eigene Marke und Identität entwickelt würde, die die Menschen begeistert und dazu beiträgt, dass die Stadien gefüllt werden und somit die Attraktivität der Bundesliga ausgebaut wird, dann kann man das nicht als schlecht bezeichnen.

SPOX: Es wird ein Aber geben.

Treß: Natürlich, denn wenn nur Geld in einen Klub gepumpt wird, um ihn durch die Ligen zu schießen, diese Klubs dann aber kaum Fans generieren und Vereine mit breiten Fanbasen zurückgedrängt werden, dann wird der Wettbewerb verschoben und der Fußball verliert an Attraktivität. Zu viele Plastikklubs, die die Menschen nicht auf ihre Seite ziehen können, schädigen den Fußball.

SPOX: Das heißt aber auch, dass der "ideale" Fußballklub nicht unbedingt auf eine jahrelange Tradition zurückblicken müsste.

Treß: Nein, nicht zwingend. Er muss Menschen für das Thema Fußball begeistern, somit die Stadien füllen, einen Mehrwert für die Liga bringen und sich in ökonomischen Gesichtspunkten wettbewerbsangemessen verhalten.

SPOX: Eintracht Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen spricht seit Jahren vom zementierten Tabellenbild der Bundesliga und schlägt daher vor, den Verteilungsschlüssel der UEFA zu verändern, damit die kleineren Klubs der Liga einen größeren Anteil bekommen. Aus welcher Warte heraus wird dieser Ansatz von Bayern München und Borussia Dortmund kritisiert? SPOX

Treß: Sich das Büßerhemd anzuziehen und zu sagen, wir haben als kleiner Klub gar keine Chance gegen die Großen, kann nicht das Ziel der Veranstaltung sein. Borussia Dortmund hatte in den Jahren der Krise mehr als damit zu kämpfen, ökonomisch und sportlich wieder aufzustehen. Wir haben gezeigt, dass man das kann, wenn man tragende Konzepte entwickelt und sich als Verein professionalisiert. Es ist niemandem verboten, ebenfalls diesen Weg zu gehen. Es gibt noch genügend Klubs, die dazu auch mit einer etwas geringeren Fanbasis als der BVB in der Lage sind. Deshalb ist es auch nicht in Beton gegossen, dass die Verhältnisse in der Tabelle auch in fünf Jahren noch dieselben sind. Man darf dazu nicht verkennen, dass die von der UEFA verteilten Gelder an die Klubs gehen, die auch massiv investieren. Man kann nicht sagen, dass die Einnahmeseite verteilt wird und die Klubs die Ausgabeseite für sich behalten dürfen. Die Gelder sind verursachungsgerecht und nicht nach sozialistischen Überlegungen zu verteilen.

SPOX: Der BVB schlägt dagegen vor, die TV-Gelder nach holländischem Vorbild unter Berücksichtigung des Markenwerts, also der Fanbasis und der Einschaltquoten eines Klubs, zu verteilen. Das wurde aber so verstanden, dass man damit ausschließlich Traditionsvereine stärken möchte.

Treß: Ich drücke es mal etwas härter aus: Tradition an sich ist nichts wert. Es geht darum, dass sich Tradition entwickelt und die Menschen erreicht. Es hilft nicht, dass sich im Namen eines Vereins ein Jahr aus dem 19. Jahrhundert befindet. Der Wert der Bundesliga insgesamt steigt, wenn sehr viele Menschen aus verschiedensten Klubs die Stadien füllen oder sich vor den Fernseher setzen, um diesem Fußball zu folgen. Also befruchtet es mehr, wenn Klubs, die Menschenmassen bewegen, in der Bundesliga vertreten sind. Deshalb sollten die Klubs, die daran arbeiten, ihre eigene Marke zu entwickeln und dadurch zu einem gesteigerten Wert der Bundesliga beitragen, auch einen Nutzen davon haben. Wir wollen den sportlichen Erfolg nicht bei der Verteilung außen vor lassen, sondern die Marken- und Fanbildung miteinbeziehen.

SPOX: Ist es messbar, welchen Beitrag die Klubs zu einem gesteigerten Wert der Bundesliga leisten?

Treß: Ja, beispielsweise durch die Ermittlung von Sympathiewerten, die Anzahl der Auswärtsfans, die Auswertung der Einschaltquoten.

SPOX: Weshalb setzen sich Vereine mit vielen Fans, die in der Tabelle aber weiter unten stehen, nicht deutlicher für eine Einführung dieser Regelung ein?

Treß: Das verstehe ich teilweise auch nicht. Nehmen wir nur als Beispiel Borussia Mönchengladbach oder den 1. FC Köln, die jeweils recht große Fanbasen besitzen. Diese bekommen relativ kleine Anteile ab und haben deshalb nicht die gleichen Möglichkeiten, sich weiter nach oben zu entwickeln. Das sind Klubs, die einen Beitrag für den Wert der Bundesliga leisten, aber unterhalb des Anteils partizipieren, den sie dazu beitragen. Auf der anderen Seite gibt es Klubs mit geringem Fanpotential, die aufgrund wirtschaftlicher Möglichkeiten sportlich oben mitspielen und überproportional partizipieren. Der Wert der Bundesliga steigt, desto mehr Klubs mehr Menschen begeistern - da helfen auch keine 200 Jahre Historie. Unseres Erachtens nach ist es daher nur fair, wenn das ökonomische Konsequenzen hat und sich im Verteilungsmodus widerspiegeln würde.

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