Nach fünf Jahren bei Borussia Dortmund hat Patrick Owomoyela keinen neuen Vertrag mehr bekommen. Der 34-Jährige sucht aktiv nach einem neuen Verein und arbeitet nebenbei als Experte für "Sky". Im Interview spricht Owomoyela über seine aufkeimende Hoffnung nach dem Verletzungspech des BVB, die Gründe für das Aus bei der Borussia und den Schock beim Wechsel von Mario Götze.
SPOX: Herr Owomoyela, stimmt es, dass Sie im November am Tag nach dem Spiel gegen die Bayern Ihren Ausstand beim BVB gefeiert haben?
Patrick Owomoyela: Ja. Ich lud die Mannschaft zum Essen ein. Ich habe mit den meisten Spielern fünf tolle Jahre verbracht und wollte mich dafür, aber auch, dass sie mich noch ein weiteres halbes Jahr ertragen haben, bedanken. Die Stimmung war trotz der Niederlage gut, aber wir haben natürlich keine wilde Party gefeiert.
SPOX: Sie sind zwischenzeitlich in Ihre Heimat nach Hamburg zurückgekehrt.
Owomoyela: Genau, ich habe dort ein Haus und halte mich bei der U 23 des HSV fit. Bis Ende der Wintertransferperiode kann ja noch etwas passieren, darauf spekuliere ich weiterhin. Meinen neuen Job als Experte bei "Sky" erledige ich quasi von dort aus.
SPOX: Normalerweise haben die Experten Ihre Karriere schon offiziell beendet, bevor Sie zum Fernsehen gehen.
Owomoyela: Ich wurde in den letzten zwei Jahren, in denen ich ja oft verletzt war, häufiger schon gefragt, ob ich bei den BVB-Spielen in der Champions League mithelfen möchte. Das hat mir viel Spaß gemacht. Da ich vereinslos bin und so wie es aussieht auch bleiben werde, war das eine interessante Alternative für mich.
SPOX: Konnten Sie in Dortmund sozusagen nichts mehr tun?
spoxOwomoyela: Ich war der Meinung, dass ich schon noch etwas hätte tun können. Gerade als die Verletzungsmisere besonders akut war. Der BVB hatte jedoch scharf ausgedrückt keine Verwendung mehr für mich. Es war immer mein Plan, nach der aktiven Karriere in meine Heimat zurückzukehren - und es riecht danach, dass ich derzeit an diesem Punkt angelangt bin.
SPOX: Das Transferfenster ist noch offen. Wie geht es weiter?
Owomoyela: Ich habe keinen konkreten Masterplan. Ich weiß beispielsweise noch nicht, ob ich im Amateurbereich zum Spaß ein bisschen spielen möchte, wenn ich keinen Verein mehr finden sollte.
SPOX: Hamburgs Manager Oliver Kreuzer sprach kürzlich positiv über Sie. Denkbar?
Owomoyela: Es ist sicherlich eine Alternative, auch im Amateurbereich des HSV zu spielen, erstreckt mit der Möglichkeit, noch einmal in den Profikader zu rutschen. Sollte sich eine andere im Profibereich ergeben, müsste ich das neu sortieren.
SPOX: Ist die aktuelle Phase so etwas wie Ihre letzte Chance oder hoffen Sie auch auf den Sommer?
Owomoyela: Eine Verletzung oder ein tabellarischer Schiefstand könnte jetzt im Winter für mich eine kurzfristige Möglichkeit werden. Wenn das aber nicht klappt und ich erst im August wechseln darf, wer nimmt dann noch einen Spieler, der ein Jahr verletzt und ein Jahr ohne Verein war? Daher sehe ich das realistisch und glaube, wenn ich im Januar nichts Passendes für mich finde, auch die Wahrscheinlichkeit im Sommer sehr gering sein wird. Damit werde ich mich dann eben anfreunden müssen.
SPOX: Klingt nicht gerade zuversichtlich.
Owomoyela: Ich kenne das Geschäft ja. Der Trend geht zu jungen Spielern, dazu schaut man sich die Werdegänge potentieller Neuzugänge natürlich genau an. Ich war in den letzten drei Jahren oft verletzt, die vergangene Saison habe ich vollständig aussetzen müssen. Ich bin jetzt seit einem halben Jahr zwar wieder voll im Training und stehe voll im Saft, bin aber auch schon 34 Jahre alt. Diese Konstellation macht es für mich leider nicht einfacher. Mir ist die Schwere der Situation also voll bewusst und sie leuchtet mir auch ein. Ein bisschen Hoffnung ist aber noch da.
SPOX: Wie viele Anfragen gab es denn zwischenzeitlich?
Owomoyela: Nicht besonders viele und dazu noch weniger, die wirklich konkret waren. Es gab Kontakte zur ersten Liga in Dänemark und auch zur 2. Bundesliga. Das waren aber alles Dinge, die für mich von der Lebensumstellung und auch vom Anreiz her nicht das Richtige waren. Das Finanzielle ist mir egal, aber ich sondiere einfach und bin nach den Stationen, die ich durchlebt habe, nicht gezwungen, alles anzunehmen.
SPOX: Wie sehr reizt Sie ein Engagement im Ausland?
Owomoyela: Es wäre sicherlich eine tolle Erfahrung, noch einmal über den Tellerrand hinaus zu blicken. Es gibt in den USA, in Australien oder in Asien interessante Vereine und Entwicklungen im dortigen Fußball. Das würde ich sofort machen, ohne langes Nachdenken. Ich bin über die deutschen Grenzen hinaus gerade auf diese Distanz gesehen aber nicht so gut vernetzt, dass man mich dort einfach blindlings nehmen würde.
SPOX: Haben Sie während Ihrer aktiven Karriere für die Zeit nach der Laufbahn vorgebaut?
Owomoyela: Nicht wirklich. Dafür war ich zu sehr mit der Karriere oder dann den Verletzungen beschäftigt. Ich habe mir immer gesagt, dass wenn es soweit ist, ich mir Zeit nehmen werde, um etwas zu finden, was mir Spaß macht. Ich habe mich gerade in den letzten Jahren an manchen Projekten beteiligt, um gewisse Dinge zu initiieren und zu testen, ob mich das reizen könnte. Ich finde die Bereiche Medien und Immobilien besonders interessant, aber ob daraus etwas entsteht, wird man sehen müssen.
SPOX: Welche genauen Gründe nannte man Ihnen, weshalb Sie beim BVB im Sommer keinen neuen Vertrag mehr bekommen haben?
Owomoyela: Den einen ganz klaren Grund habe ich nie herausgehört, das Alter beispielsweise wurde nie thematisiert. Das soll aber um Himmels Willen keine Beschwerde sein. Im Großen und Ganzen hat mir der Verein eben mitgeteilt, dass es nicht immer ganz einfach ist, mit mir zu planen. Man hatte mir ja einen Vertrag gegeben und dann stand ich das ganze Jahr nicht zur Verfügung. In meinen Augen hätte man es aber trotzdem versuchen können. Man sieht ja jetzt, dass ich ein halbes Jahr vollkommen gesund mit trainieren konnte.
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Patrick Owomoyela im Steckbrief
SPOX: Wann kam es zum finalen Gespräch?
Owomoyela: Als ich Ende April wieder dran war und in der zweiten Mannschaft erste Spielpraxis gesammelt habe, bin ich einfach auf den Trainer zugegangen und habe gefragt, wie es aussieht. Man ist ja erwachsen genug. Wir hatten dann ein ganz normales Gespräch, in dem es eben wie gesagt hieß, dass man anders planen würde, weil schwer mit mir zu rechnen sei.
SPOX: Dennoch konnten Sie weiterhin bei der Borussia trainieren. Fühlte sich das in manchen Momenten auch einmal bedrückend an?
Owomoyela: Anfangs nicht, es lag ja eine normale Situation vor. Ich war mental klar genug, um zu wissen, dass ich mich fit halte - aber eben nicht für den BVB. Ich möchte auch betonen, dass es eine wirklich schöne Geste vom Verein war, mich über diese lange Zeit einfach so mit trainieren zu lassen. Das ist nicht selbstverständlich. Gegen Ende hin wurde es allerdings aufgrund der aufkeimenden Hoffnung und der dann doch anderen Entscheidung des Vereins ein bisschen schwieriger. Da fing der Kopf schon etwas an zu rattern.
SPOX: Sie spielen auf die große Verletzungsmisere im Defensivbereich an, woraufhin der zuvor vereinslose Manuel Friedrich verpflichtet wurde. Haben Sie sich ernsthafte Chancen ausgerechnet, dass es doch noch mit einem neuen Vertrag klappen könnte?
Owomoyela: Ich habe schon darauf gehofft und mich gefragt: Wieso Manuel Friedrich und nicht ich? Ich hätte mir das auch gut vorstellen können, zumal ich in den letzten zwei Vertragsjahren eigentlich nichts anderes als Innenverteidiger trainiert hatte. Ich trainierte seit dem Sommer ganz normal mit der Mannschaft und kannte die Problematik, die sich für den Verein durch die Verletzungen ergeben hat. Natürlich wäre ich nur ein Notnagel gewesen, aber in meinen Augen hätte das womöglich der einfachste Weg sein können.
SPOX: Wie sah denn das Feedback in dieser Phase aus, ist jemand vom Verein auf Sie zugegangen?
Owomoyela: Nein. Ich habe aber meine Bereitschaft signalisiert (lacht).
SPOX: Wie sehr waren Sie denn zuletzt noch in den Wochenrhythmus eines Profifußballers eingegliedert?
Owomoyela: Es fehlten eigentlich nur die 90 Minuten Spielzeit am Wochenende. Der Rest war gleich, ich habe in vollem Profiumfang trainiert und dann am Spieltag eben ein individuelles durchgezogen - wie ein Spieler, der nicht im Kader steht.
SPOX: Sie haben nun wie erwähnt Ihre Zelte in Dortmund nach fünf Jahren beim BVB abgebrochen. Gewähren Sie uns doch bitte einmal einen Einblick in einen Typen wie Co-Trainer Zeljko Buvac, der sich in der Öffentlichkeit komplett verschlossen gibt.
Owomoyela: Man kann sich die Rollenverteilung innerhalb des Trainerteams so vorstellen: Jürgen Klopp gibt und lebt die ganzheitliche Philosophie auch in der Ansprache vor dem Team vor, Zeljko Buvac ist so etwas wie der technische Zeichner beim Bau eines Hauses. Buvac ist die feine Feder, die die Taktik akribisch in der Trainingsarbeit umsetzt. In den Trainingseinheiten steckt immer ein Sinn, der für das kommende Wochenende wichtig ist. Er ist zwar auch der Drill Sergeant und gibt lautstarke Anweisungen, bei der Mannschaf ist er aber sehr beliebt. Er wirkt sehr trocken und verschwiegen, ist aber eigentlich ein absolut lustiger Vogel und hat seine eigene Art von Humor.
SPOX: Weshalb aber diese Zurückhaltung, er hat sich ja selbst nach Jürgen Klopps Sperre in der Champions League von ihm auf den Pressekonferenzen vertreten lassen?
Owomoyela: Wenn es nach ihm gehen würde, bräuchten in den Stadien auch keine Kameras sein (lacht). Die Öffentlichkeit ist ihm nicht wichtig. Er muss nicht im Mittelpunkt stehen oder gewürdigt werden. Ich finde das wirklich klasse, er macht sich von nichts und niemanden abhängig und erledigt einfach seine Arbeit.
SPOX: Kevin Großkreutz wird als der Integrationsbeauftragte der Borussia bezeichnet, weil er als Fan des Vereins Neuzugänge und Mitspieler mit dem BVB-Virus infiziert. Wie sehr hat er auf Sie gewirkt?
Owomoyela: Er musste das nicht tun. Wenn neue Spieler die Geschichte des Vereins und auch des Fußballs im Ruhrpott verstehen, ist es in meinen Augen gerade beim BVB nicht schwierig, bei diesem Klub mit vollem Herzen dabei zu sein. Ich selbst war schon ab 1999 Sympathisant des Vereins, als mein Freund Otto Addo dort spielte.
SPOX: Sympathisant oder Fan?
Owomoyela: Ich muss Sympathisant sagen, weil ich eigentlich nie Fan von irgendetwas war. Außer vielleicht von den Chicago Bulls in den 1990er Jahren. Von Michael Jordan hätte ich gerne ein Autogramm gehabt, aber sonst haben mich solche Dinge nie interessiert. Ich fand einfach manche Sachen cool und manche nicht. Dortmund gehörte eben dazu, weil ein Freund von mir dort gespielt hat und ich deshalb oft im Stadion war. Ich brauchte diese Entwicklung der letzten fünf Jahre also nicht, um herauszufinden, wie besonders dieser Verein und diese Stadt sind.
SPOX: Wenn auch nicht bei Ihnen, bei manchen Mitspielern hilft Großkreutz gerne mal nach. Muss man ihn auch manchmal bremsen, was diese Dimension angeht?
Owomoyela: Ja, weil er einfach ein Fan und auch Spieler des Vereins ist. Das sind zwar eigentlich alle, aber Kevin ist ein extremer Fan. Wenn er nicht spielen müsste, würde er auf der Südtribüne stehen. Gerade wenn es Richtung Derby geht neigt er schon dazu, sein Herz auch auf der Zunge zu tragen. Er vergisst manchmal, dass er als Spieler nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Kopf denken muss. So ist Kevin einfach. Er ist ein besonderer Kerl, der in den letzten Jahren viel professioneller geworden ist.
SPOX: Stichwort besonders. Das waren auch die Begleitumstände beim Wechsel von Mario Götze. Sie waren damals noch fester Bestandteil des Teams. Wie haben Sie davon erfahren?
Owomoyela: Ich war in der Spätvorstellung im Kino und gegen Mitternacht hat mich ein Kumpel via Whatsapp informiert.
SPOX: Wussten Sie davor etwas?
Owomoyela: Ich kenne aus dem Umfeld der Bayern ein paar Leute, die gewisse Dinge schon wissen, bevor sie offiziell werden. Ich habe es also zumindest rascheln hören. Ich habe Mario dann rund eine Woche zuvor darauf angesprochen. Er hat es verneint beziehungsweise gesagt, dass er wenn dann am liebsten zu einem Verein wie dem FC Barcelona wechseln würde.
SPOX: Es wurde mit den Bayern der größte Rivale des BVB.
Owomoyela: Er meinte, dass es wirklich extrem schnell ging. Die Münchner haben Druck gemacht und er musste sich aufgrund seiner Ausstiegsklausel auch bis zu einem gewissen Zeitpunkt entschieden haben.
SPOX: Wie haben Sie im Kino nach dieser persönlichen Vorgeschichte reagiert?
Owomoyela: Ich war zunächst auch geschockt, es hat uns alle getroffen. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung war einfach unglücklich. Ich bin aber auch ein wenig älter als andere, die das dann vielleicht etwas persönlicher genommen haben. Ich änderte schnell meine Sichtweise dahingehend, dass der Fußball einfach ein Geschäft ist, in dem solche Episoden nun einmal vorkommen. Wenn man die Möglichkeit hat, sich seines Achtens nach - sei es finanziell oder perspektivisch oder beides - zu verbessern, dann muss man das wahrnehmen.
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