Aus der Regionalligamannschaft des FC Bayern als Co-Trainer auf die Bank der Münchner U17: SPOX traf Tobias Schweinsteiger an der Säbener Straße. Ein Gespräch über Versäumnisse im Jugendbereich, Kumpel Markus Weinzierl beim Rekordmeister und Bruder Bastian beim Lieblingsklub United.
SPOX: Herr Schweinsteiger, seit neuestem stehen Sie nach Anpfiff an der Seitenlinie und nicht mehr auf dem Platz. Vermissen Sie das Spielerdasein?
Tobi Schweinsteiger: Wenn ich etwas vermisse, dann vielleicht die Freizeit. Als Coach ist man schon eingespannt und muss sich um mehr Dinge kümmern. Trotzdem macht's riesig Spaß.
SPOX: Wie kam es zu Ihrem Engagement als Co-Trainer der U17 des FC Bayern?
Schweinsteiger: Schon im Herbst sind verschiedene Leute aus dem Verein an mich herangetreten und haben gesagt, dass sie sich das durchaus vorstellen könnten. Ich hatte das eigentlich nie vor, aber als ich letztes Jahr ein paar Mal die U15 trainiert habe, hat mir das viel Spaß gemacht und ich habe auch gutes Feedback bekommen. Zeitnah sollen auch B- und A-Lizenz folgen...
SPOX: ... vielleicht mitsamt einer Hospitanz bei Ihrem Freund Markus Weinzierl?
Schweinsteiger: Ich habe bei Markus schon oft beim Training zugesehen, einfach, weil er ein guter Freund von mir ist. Ich weiß aber auch, dass er noch nie irgendwo hospitiert hat - und trotzdem einer der gefragtesten Trainer der Bundesliga ist.
SPOX: Auch beim FC Bayern? Guardiolas Vertrag endet 2016.
Schweinsteiger: Markus ist ein junger, erfolgreicher Trainer, der bei allen Stationen gezeigt hat, dass er aus wenig viel machen kann. Der FC Bayern ist aber ein anderes Kaliber als der FC Augsburg. Er entwickelt sich von Jahr zu Jahr weiter - also warum soll es in ein paar Jahren nicht heißen "Markus Weinzierl zum FC Bayern?" Wer mit Regensburg aufsteigt und mit Augsburg in die Europa League kommt, dem ist alles zuzutrauen.
SPOX: Hatte Uli Hoeneß bei Ihrer "Verpflichtung" auch seine Finger im Spiel?
Schweinsteiger: Er hat uns vor der Saison begrüßt und seine Vorstellungen geschildert. Auch an der wöchentlichen Trainersitzung nimmt er Teil. Es ist auf jeden Fall inspirierend, wenn er da etwas sagt.
SPOX: Das neue Nachwuchsleistungszentrum soll 2017 stehen. Ein Zeichen dafür, dass der Jugendarbeit wieder ein größerer Stellenwert zugeschrieben wird?
Schweinsteiger: Der Stellenwert war immer groß. Bloß haben wir in den letzten Jahren zu wenig Spieler rausgebracht, auch wenn man dazu sagen muss, dass es immer schwieriger wird, beim FC Bayern aus der Jugend in den Profikader zu rutschen. Dass wir ein neues Nachwuchsleistungszentrum bekommen zeigt, dass wir da Nachholbedarf haben, weil wir hier platztechnisch aus allen Nähten platzen. Wir haben Großes vor und wollen die Nummer eins in Deutschland werden.
SPOX: Geben Sie uns doch einen kleinen Einblick: Wird das Ganze ein Art zweites La Masia, bei dem alle Teams von der U12 an beispielsweise sich an System und Spielphilosophie der Profis orientieren?
Schweinsteiger: Nein, es wird da kein festes System, aber eine einheitliche Spielphilosophie geben: Wir wollen dominant sein, wir wollen schnell spielen, wir wollen offensiv spielen.
SPOX: Sie sind 33 Jahre alt. Wieso haben Sie den Schlussstrich unter die aktive Karriere gezogen?
Schweinsteiger: Ich habe mich gut gefühlt und hätte auch noch ein, zwei Spielzeiten spielen können. Aber wenn, dann hier beim FC Bayern. Durch die Umstrukturierungen im Jugendbereich hat sich aber diese super Chance ergeben, die ich unbedingt wahrnehmen wollte.
SPOX: Mit wenigen Ausnahmen waren Sie eigentlich immer im Münchner Umland unterwegs.
Schweinsteiger: In Braunschweig und Lübeck habe ich gemerkt, dass mir die Heimat sehr fehlt. Ich bin einfach ein Bergmensch (lacht). Es war für mich schon immer wichtig, an freien Tagen zu meiner Familie, zu meiner Freundin und den Kumpels fahren zu können. Es ist für mich immer noch jeden Tag schön, über den Irschenberg zu fahren Richtung Heimat, um abzuschalten und Kraft zu tanken. Das brauche ich einfach.
SPOX: Sind Sie denn ein genauso begeisterter Skifahrer wie Ihr Bruder Bastian oder dessen guter Freund Felix Neureuther?
Schweinsteiger: Ich glaube, ich war letztes Jahr nur einmal Skifahren. Die Winterpausen sind immer recht kurz und wenn ich fahre, dann immer ganz in der Früh - und man überlegt es sich bei zehn oder zwölf freien Tagen im Jahr schon, ob man um sechs aufsteht (lacht).
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SPOX: Stichwort Bastian und Stichwort United: Ein heimatverbundener Oberbayer, der als Trainer beim FC Bayern arbeitet - und trotzdem ist Manchester United Ihr Lieblingsklub. Wie geht das zusammen?
Schweinsteiger: Mit zehn, elf Jahren habe ich die ersten Szenen gesehen von United und Cantona - und wie er gespielt hat! Der englische Fußball hat mich schon immer fasziniert, genau wie die Stimmung im Old Trafford. Cantona hat mir als Persönlichkeit imponiert.
SPOX: Ein Trost für Sie, dass Ihr Bruder wenigstens zu Ihrem Lieblings-Klub ging?
Schweinsteiger: Das war das einzig Gute daran. Ich habe es die letzten Jahre unglaublich genossen, ihn direkt um die Ecke zu haben und ihn oft zu sehen. Woanders hätte ich mir ihn auch nicht vorstellen können.
SPOX: Wie haben Sie als Bruder von seinem Wechsel erfahren?
Schweinsteiger: Klar war ich mehr in seiner Gedankenwelt als andere, aber er hat mir auch nicht jeden Tag Wasserstandsmeldungen gegeben. Der Wechsel hat sich so entwickelt. Mir ist einfach wichtig, dass er sich gut fühlt und er mit der Situation zurechtkommt. Dieses Gefühl habe ich auch. Dass er ein Fan des englischen Fußball ist, hat er auch nie verheimlicht. Ich bin gespannt, wie er die Aufgabe meistert.
SPOX: War's nur die Liebe zum englischen Fußball und United, oder spielte auch Louis van Gaal eine größere Rolle?
Schweinsteiger: Natürlich, dass man mit dem Trainer gut auskommt, spielt immer eine wichtige Rolle. Auf dem Niveau, auf dem sich Basti bewegt, spielt Geld eher eine zweitrangige Rolle. Es ist wichtig, dass man spielt und die Aufgabe interessant ist. Basti will Titel gewinnen.
SPOX: Haben Sie viel Kontakt? Was erzählt er über sein neues Abenteuer?
Schweinsteiger: Klar, wir reden jeden Tag. Das ist auch für mich als Fan interessant. Wie wird er aufgenommen, wie ist das Niveau? Das Old Trafford ist einfach nicht mit München oder Deutschland generell zu vergleichen.
SPOX: Ihr Bruder ist ebenso im gehobenen Fußballeralter und hat einige Blessuren hinter sich. Wird er sich dennoch durchsetzen?
Schweinsteiger: Er ist 31 Jahre alt, da kann man noch ein paar Jahre auf gutem Niveau spielen. Meiner Meinung nach besitzt Basti eine Klasse, bei der es im Alltag mit 90 oder 95 Prozent reicht. Er besitzt so viel Erfahrung, um sich in Spitzenspielen auf Top-Niveau zu bringen. Ich sehe da kein Problem.
SPOX: Und dann in Zukunft das Trainer-Duo Schweinsteiger und Schweinsteiger beim FC Bayern?
Schweinsteiger: (lacht) Ich glaube nicht, dass ihn das reizt. Er wird nach seiner aktiven Karriere viele Möglichkeiten haben und diese auch ausloten, aber ob er sich nochmal antut, jeden Tag auf dem Platz zu stehen, das wird man sehen. Ich an seiner Stelle würde es nicht machen (lacht).
SPOX: Nach dem Wechsel Ihres Bruders haben die Bayern Arturo Vidal verpflichtet. Sie haben Ihn hier schon oft gesehen - was halten Sie vom Neuzugang?
Schweinsteiger: Man muss Ihn hier nicht gesehen haben, um zu wissen, was für Qualitäten er hat. Er ist ein ganz anderer Spielertypus, wird dem Verein aber guttun, sonst hätten wir ihn nicht verpflichtet. Er wird eine neue Komponente ins Bayernspiel bringen, wie Douglas Costa auch.
SPOX: Also war die Kritik a la "Passt nicht ins Profil" ungerechtfertigt?
Schweinsteiger: Jedem seine Meinung. Der Verein hat sich gut überlegt, an welchen Stellschrauben man nach der Saison dreht. Das haben sie mit Costa, Vidal und Joshua Kimmich gemacht. Ich glaube, dass Vidal seine Klasse hat.
SPOX: Wo Sie Joshua Kimmich ansprechen: Wie wird es in den U-Abteilungen aufgenommen, wenn man fremde Toptalente wie Kimmich oder Kurt verpflichtet?
Schweinsteiger: Kimmich hat eine Qualität, mit der zu den gehobenen Toptalenten in Europa gehört. Dass diese Spieler ihren Preis haben, ist klar. Im Endeffekt ist es für alle Seiten eine riesige Chance. Da musste man zuschlagen.
SPOX: Und wann gibt's den ersten Bayernstar aus den Händen von Tobias Schweinsteiger?
Schweinsteiger: Wir haben gute Jungs dabei. Bei den Jahrgängen 1999 und 2000 geht es aber oftmals noch ums Wachstum. Wir haben beispielsweise ausgewachsene Jungs, die sind 1,80 Meter Groß und wiegen 80 Kilo, wir haben aber auch Jungs, die sind 1,60 Meter und wiegen 50 Kilo. Da ist es noch schwer einzuschätzen. Wir haben aber ein paar Spieler, die bei der richtigen Förderung das Zeug für die Bundesliga haben. Ob hier beim FC Bayern, das steht wieder auf einem anderen Blatt.
SPOX: Abseits des Fußballplatzes sind Sie ein großer US-Sport-Fan. Wie nahe sind Sie dran an den Basketballern der Bayern?
Schweinsteiger: Viele Spieler, mit denen ich regelmäßig Kontakt hatte, sind leider schon weg, wie Steffen Haman. Trotzdem schaffe ich es immer noch zu einer Hand voll Spielen in der Saison.
SPOX: Was trauen sie dem FCBB in der aktuellen Saison zu?
Schweinsteiger: Nach einem Titel und der Final-Teilnahme vergangene Saison, ist die Meisterschaft schon wieder das Ziel.
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