Im Interview mit SPOX spricht Dotschew über den neuen SCP, die Schlammschlacht mit Ex-Klub Erfurt und verrät, wie er am besten abschalten kann.
SPOX: Herr Dotschew, Ihre Trainerkollegen bezeichnen den SC Paderborn als den Topfavorit auf den Aufstieg. Nehmen Sie diese Rolle an?
Dotschew: Klar, alles andere wäre unseriös. Es wäre allerdings kein Beinbruch, wenn es nicht schon in dieser Saison klappen würde. Unser langfristiges Ziel ist darauf ausgelegt, spätestens in zwei Jahren wieder in der Zweiten Liga zu spielen. Bislang sind wir, abgesehen von der deutlichen Niederlage gegen Sandhausen, mit dem Saisonverlauf zufrieden. Denn dafür, dass wir vor der Saison 16 neue Spieler geholt haben, spielen wir einen erfrischenden Fußball. Wir sind aber noch lange nicht am Ende unserer Entwicklung.
SPOX: War der radikale Umbruch vor der Saison wirklich nötig?
Dotschew: Ja, wir wollten uns eine junge und hungrige Mannschaft aufbauen, die von unten nach oben kommt. Dafür braucht man Spieler, die noch etwas erreichen wollen, am Beginn ihrer Karriere stehen und von Jahr zu Jahr stärker werden. Wir brauchen uns auch nichts vormachen, der moderne Fußball wird von jungen Spielern gespielt. Sie bringen eine ganz andere Dynamik und Frische mit, als dies ein alter Hase tun würde.
SPOX: Aber die Erfahrung fehlt, oder nicht?
Dotschew: Natürlich haben junge Spieler noch nicht die Erfahrung, weshalb Ausrutscher wie in Sandhausen immer passieren können. Aber klar ist, auch mit Blick auf die internationalen Ligen, dass es die jungen Leute sind, die neuen Schwung und Feuer in den Fußball bringen. Wir wollen modern spielen und unsere jungen Spieler weiterentwickeln.
SPOX: Auch Sie sind noch vergleichsweise jung im Trainergeschäft. Wie sieht Ihre persönliche Bilanz aus?
Dotschew: Ich bin jetzt seit sechs Jahren Trainer und habe bereits so viel erlebt, wie mancher Trainer in zwanzig Jahren nicht. Da war zum Beispiel der Hoyzer-Skandal, der Aufstieg mit dem SCP in die Zweite Liga und direkt im Anschluss mein Abgang, weil der Verein meinen Vertrag nicht verlängert hat. Dann kam die Station Erfurt und die Rückkehr zum SCP, der sich in der Zweiten Liga im Abstiegskampf befand. Jetzt bin ich wieder in der 3. Liga. Es ging hoch und runter und ich bin mir sicher, dass noch einiges kommen wird. Ich bin noch lange nicht fertig.
SPOX: Der SCP war in der Zweiten Liga kaum noch zu retten, warum sind Sie trotzdem zurückgekehrt?
Dotschew: Es gibt viele Gründe. Da ist natürlich meine Familie. Wenn man zwei Jahre lang von zu Hause weg ist und nur pendelt, ist das nicht schön. Ich bin auch zurückgekommen, weil ich geglaubt habe, die Sensation noch schaffen und den Abstieg verhindern zu können. Es hat letztendlich auch nicht viel gefehlt. Überzeugt hat mich zudem, dass es hier eine langfristige sportliche Perspektive gibt. Ich habe einen Vertrag bis 2010 bekommen und die Arbeit mit meinem Team und dem Präsidium klappt hervorragend. Ich kann es mir derzeit nicht besser wünschen.
SPOX: Das sieht man in Erfurt ein bisschen anders.
Dotschew: Im Zusammenhang mit meinem Wechsel sind viele Sachen gelaufen, die nicht in Ordnung waren und mich sehr enttäuscht haben. Ich habe langsam keine Lust mehr, ständig diese Unwahrheiten zu hören. Mein Weggang aus Erfurt war ein völlig normaler Vorgang in diesem Geschäft.
SPOX: Klären Sie uns bitte auf.
Dotschew: Paderborns Präsident Wilfried Finke hat Erfurts Präsidenten Rolf Rombach ein finanzielles Angebot für mich gemacht. Die Finanzen sahen in Erfurt damals nicht so rosig aus, daher hat man das Angebot angenommen. Danach ist das Erfurter Präsidium auf mich zugekommen und hat mich gefragt, ob ich mir einen Wechsel zum SC Paderborn vorstellen könnte. Ich hatte mich mit diesem Thema bis dahin nicht beschäftigt.
SPOX: Man wirft Ihnen vor, Sie hätten dem Verein die Pistole auf die Brust gesetzt.
Dotschew: Ich habe niemanden erpresst und auch niemals gesagt, dass ich weg will. An einem Dienstag hat man mir von dem Paderborner Angebot erzählt, bereits am Mittwoch haben die Erfurter Verantwortlichen schon mit einem neuen Trainer gesprochen. Da habe ich gemerkt, dass ein Wechsel für alle Seiten in Ordnung ist und mich für eine Rückkehr zum SC Paderborn entschieden.
SPOX: Warum erzählen die Erfurter eine andere Geschichte?
Dotschew: Ich weiß es nicht. Fakt ist, dass Erfurt von mir nur Gutes gesehen hat. Ich habe keinen Scherbenhaufen hinterlassen, sondern eine fitte Mannschaft, die keinen verletzten Spieler hatte und auf einem Aufstiegsplatz stand. Ich habe stets mit Herzblut für Erfurt gearbeitet und viel investiert. Wenn ich dafür jetzt als Verbrecher dargestellt werde, dann ist das sehr traurig und tut weh.
SPOX: Am 14. September spielt Erfurt in Paderborn. Bereits jetzt gibt es auf Fanforen im Internet Drohungen gegen Sie und die Vorbereitungen der Polizei laufen schon auf Hochtouren. Wie gehen Sie damit um?
Dotschew: Die Fans hören ja auch nur das, was ihnen das Erfurter Präsidium an falschen Informationen weitergibt. Die Wahrheit kennen sie nicht. Ehrlich gesagt wird mir das Theater langsam aber sicher zu viel, auch weil meine Kinder das alles natürlich mitbekommen. Das hat mit Sport nichts mehr zu tun. Die Fans müssen sich doch auch mal fragen, warum Wilfried Finke als Präsident des SC Paderborn weiterhin mit seinem Möbelhaus im Erfurter Stadion Reklame machen darf, wenn doch alles so mies abgelaufen ist. Ich kann es nur nochmals sagen, es ist damals alles korrekt gewesen. Erfurt hat viel Geld für mich bekommen und die Mannschaft war absolut in Ordnung. Mehr kann ich nicht sagen.
SPOX: Dafür sind Sie in Paderborn sehr beliebt. Aber Sie haben doch sicher auch mal Lust bei einem Spitzenverein zu arbeiten.
Dotchew: Natürlich ist es schön, wenn man gemocht wird. Aber ich bin keine Erfolgsgarantie. Ich kann nur versprechen, für den Verein stets mein Bestes zu geben. Und ja, ich möchte langfristig im bezahlten Fußball arbeiten, am besten mit Paderborn.
SPOX: Hat denn auch die Stadt das Potenzial diese sportliche Entwicklung mitzumachen?
Dotschew: Hier hat sich nach drei Jahren Zweiter Liga sehr viel entwickelt. Vielleicht ist es derzeit sogar besser erfolgreich in der 3. Liga zu spielen, als in der zweiten andauernd zu verlieren. Die Fans waren vor dem Ligastart richtig gierig auf Erfolgserlebnisse, von denen wir ihnen zum Glück schon ein paar geben konnten. Das kann eine Dynamik entwickeln. Ich sehe mittlerweile immer mehr Menschen mit Schals oder Trikots vom SC Paderborn. Dazu kommt das neue Stadion. Die Stadt ist insgesamt total begeistert. Es ist noch viel mehr Potenzial da, wenn wir weiterhin erfolgreich arbeiten.
SPOX: Wie schalten Sie eigentlich ab vom Trainerstress?
Dotschew: Mit meinem Hund. Der liebt mich über alles, und ich liebe ihn. Ich habe jetzt in Paderborn auch wieder mehr Möglichkeiten, weil meine Familie bei mir ist. In der letzten Woche waren wir zum Beispiel im Kino. Das sind eigentlich normale Sachen, die ich aber jahrelang nicht mehr gemacht habe.
SPOX: Welchen Film haben Sie zuletzt gesehen?
Dotschew: "Leg dich nicht mit Zohan an". Der war richtig lustig. Und vielleicht steht demnächst auch noch "Batman" an.
SPOX: Also sind Sie schon eher ein Genießer-Typ?
Dotschew: Auf jeden Fall. Aber nicht so sehr in Richtung Essen, sondern eher beim Rotwein und guten Zigarren. Das ging damals in Erfurt los, weil der Vizepräsident immer Siegerzigarren verteilt hat.
SPOX: Kubanische?
Dotschew: Es müssen nicht immer kubanische sein, auch wenn das sehr gute Zigarren sind.
SPOX: Als Sie im Winter zum SC Paderborn zurückkehrten, lief im Stadion der Song "Dieser Weg..." von Xavier Naidoo. Welches Lied wollen Sie hören, wenn Paderborn in die Zweite Liga aufgestiegen ist?
Dotschew: Keine Ahnung. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Es ist für mich wichtig, dass alle glücklich sind. Welches Lied dann kommt, ist eigentlich egal. Obwohl, vielleicht sollte ich mir schon mal Gedanken machen...
Spox: Wann sehen wir Sie in der Bundesliga?
Dotschew (lacht): Bald.
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