Odisseas Vlachodimos ist Stammtorhüter des VfB Stuttgart II und der U-20-Nationalmannschaft des DFB - momentan sogar die Nummer zwei hinter Sven Ulreich im Bundesliga-Team. Im SPOX-Interview spricht er über die Jugendarbeit in Stuttgart, das Interesse des FC Bayern München und das Karriere-Highlight U-17-WM.
SPOX: Odisseas Vlachodimos, beim VfB Stuttgart wächst momentan, gerade in der zweiten Mannschaft, eine neue junge Generation heran. Sie und viele weitere Talente bilden das Grundgerüst des VfB II. Mit Rani Khedira, Robin Yalcin und Timo Werner haben schon drei Spieler bei den Profis Fuß gefasst. Was für Potenzial steckt in diesen Jahrgängen?
Vlachodimos: Natürlich ist das langfristige Ziel, in der ersten Mannschaft zu spielen. Aber momentan ist es sehr wichtig für uns, in der 3. Liga unsere Leistung abzurufen. Alles andere kommt dann von selbst. Es ist wichtig, dass viele junge Spieler bei uns die Chance bekommen, gegen richtige Männer zu spielen, da das Körperliche der gravierende Unterschied zur A-Jugend-Bundesliga ist. Das Ziel ist, dass so viele junge Spieler wie möglich in dieser Liga gute Spiele machen. Dann werden es sicher viele nach oben schaffen.
SPOX: Wie erleben Sie als Protagonist eigentlich die hoch angesehene Stuttgarter Jugendarbeit? Ist der VfB so gut strukturiert und aufgestellt, wie man es wahrnimmt?
Vlachodimos: Der VfB leistet eine super Jugendarbeit. Immerhin spielt der Verein mit der U17 und U19 in jedem Jahr in der Bundesliga vorne mit.
SPOX: Gibt es einen Unterschied zu anderen Vereinen, den man als Spieler spürbar mitbekommt?
Vlachodimos: Ich bin quasi schon mein ganzes Leben beim VfB und habe hier vieles gelernt - eigentlich alles. Daher kann ich keine großen Vergleiche ziehen. Ich habe aber gehört, dass der VfB mit die meisten Torwarttrainer in den Jugendbereichen einsetzt. Dahingehend sind wir sehr gut besetzt.
SPOX: Besonders von Chef-Torwarttrainer Andreas Menger hört man viel Positives. Ist er wirklich so gut?
Vlachodimos: Ja! (lacht) Da gibt es nur diese einfache Antwort. Gerade sein Training mit der ersten Mannschaft, bei der ich zurzeit regelmäßig dabei bin, ist super. Menger ist nicht wie andere Torwarttrainer. Er achtet sehr viel auf Kleinigkeiten und versucht, diese zu verbessern. Für einen Spieler, speziell einen Torwart, ist das dann ein umso besseres Gefühl, wenn man das schafft. Man kann unter ihm Tag für Tag sehr viel dazu lernen.
SPOX: Wie stehen Sie persönlich zum von Andreas Menger entwickelten Torwart-Konzept beim VfB? Blockieren sich so viele junge und talentierte Torhüter nicht gegenseitig in Ihrer Entwicklung?
Vlachodimos: Im Gegenteil: Es bringt die einzelnen Spieler weiter. Man muss ständig Gas geben, da man immer besser als der andere Torwart sein möchte. Durch den Konkurrenzkampf untereinander ist man gezwungen, sich noch mehr anzustrengen und zieht sich so gegenseitig hoch.
SPOX: Machen die Einsatzzeiten von Khedira, Yalcin und Werner Hoffnung auf das eigene Debüt in der Bundesliga?
Vlachodimos: Wenn ich meine Leistung weiter abrufe, hoffe ich, dass es in Zukunft in diese Richtung geht. Jeder will Bundesliga spielen und langfristig gesehen ist es mein großes Ziel. Ich arbeite jeden Tag hart dafür, irgendwann mal in den großen Stadien spielen zu können und ich freue mich für die Jungs, die schon dort sind. Speziell für Rani und Robin, mit denen ich persönlich sehr gut befreundet bin. Darin sieht man ja auch, dass der VfB auf junge Leute baut. Das spricht für den Verein und kann nur gut sein.
SPOX: Vor ein paar Jahren war von einem Interesse des FC Arsenal und kurze Zeit später auch des FC Bayern an Ihnen zu hören. Gab es konkrete Angebote für einen Wechsel?
Vlachodimos: Dass es Interesse gab, war mir natürlich bewusst und hat mich auch gefreut und zusätzlich motiviert.
SPOX: War ein Wechsel zu dieser Zeit denn gar keine Option?
Vlachodimos: Ich bin glücklich beim VfB. Es freut einen natürlich, wenn man Angebote von so großen Mannschaften bekommt, aber ich weiß, was ich am VfB habe. Außerdem war ich damals ja auch erst 17.
SPOX: Sie haben die 3. Liga selbst als "hervorragendes Sprungbrett" für junge Spieler bezeichnet. In Stuttgart läuft ihr Vertrag noch bis 2015. Gibt es ein konkretes Ziel, wann es höher hinausgehen soll?
Vlachodimos: Darüber habe ich mir bisher noch keine Gedanken gemacht. Es gibt auch kein genaues Ablaufdatum für meine Zeit in der 3. Liga. Ich will in diesem Jahr alle Spiele für den VfB II und für die Nationalmannschaft machen, um mich dort weiterzuentwickeln. Ich glaube, dass das momentan die zwei besten Sprungbretter für mich sind. Für später erhoffe ich mir natürlich, eine oder zwei Klassen höher zu spielen.
SPOX: Sven Ulreich scheint in Stuttgart auf lange Zeit gesetzt. Ist ein Abschied oder möglicherweise ein Leihgeschäft eine Option, falls auch in Zukunft kein Vorbeikommen sein sollte?
Vlachodimos: Eigentlich will ich mich beim VfB durchsetzen. In den nächsten Jahren ist die Perspektive sicher noch nicht so gut, aber ich denke da langfristig. In der 3. Liga bekomme ich die nötige Spielpraxis. Für einen Torwart ist es ohnehin das Wichtigste, dass er Woche für Woche spielt. Wo es danach hingeht, weiß ich noch nicht.
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Odisseas Vlachodimos im Steckbrief
SPOX: Sie haben vorhin selbst die Nationalmannschaft angesprochen. Ihr Bruder Panagiotis spielt für Griechenland, Sie für Deutschland. Wie kommt es, dass sie beide für zwei verschiedene Nationen auflaufen?
Vlachodimos: Wir wollen irgendwann einmal gegeneinander spielen (lacht). Nein Spaß beiseite, für mich gab es da eigentlich keine andere Option. Ich wollte unbedingt rein in diese Auswahl und habe mir nie Gedanken darüber gemacht, für Griechenland zu spielen. Durch die Zeit beim WFV und den Länderpokal gab es schon damals nichts anderes als die deutsche Nationalmannschaft.
SPOX: Gab es denn eine Anfrage von Seiten des griechischen Verbands?
Vlachodimos: Nein, davon weiß ich nichts. Mein Bruder ist ja schon früh nach Griechenland gewechselt, stand dort im Fokus und hat sich wahrscheinlich deshalb für den Verband entschieden.
SPOX: Sie selbst haben beim DFB von der U 15 an alle Auswahlteams durchlaufen.
Vlachodimos: Das ist richtig. Mittlerweile bin ich schon seit fünf Jahren dabei und bin sehr froh, für Deutschland zu spielen. Jedes Länderspiel ist etwas Besonderes für mich. Die EM und die WM 2011 waren bisher natürlich die Highlights meiner Nationalmannschaftskarriere. Es ist einfach immer ein schönes Gefühl, für Deutschland aufzulaufen.
SPOX: In der Hinrunde der Bundesliga kam es ja fast zum Duell der Vlachodimos-Brüder. Als der VfB in Augsburg zu Gast war, standen sie beide im Kader - auf verschiedenen Seiten.
Vlachodimos: Ich habe mich tierisch gefreut, dass ich genau bei diesem Spiel dabei sein durfte. Es war wirklich etwas Besonderes. In der A-Jugend standen wir mal zusammen auf dem Platz, aber gegeneinander gespielt haben wir bisher noch nicht. Es wäre lustig gewesen zu sehen, für wen die Eltern zuhause die Daumen gedrückt hätten. (lacht) Es hat mich auf jeden Fall sehr gefreut, mich vor und nach dem Spiel mit meinem Bruder unterhalten zu können und ihn im Stadion zu sehen.
SPOX: Ein großes Highlight für Sie war mit Sicherheit auch die U-17-WM 2011 in Mexiko. Vor allem das Spiel um Platz drei vor 94.000 Zuschauern im Aztekenstadion werden Sie wohl so schnell nicht vergessen. Wie nimmt man eine solche Kulisse als so junger Spieler wahr?
Vlachodimos: Es war ein sehr geiles Erlebnis. Obwohl das jetzt schon drei Jahre her ist, denke ich noch oft daran. Das ist etwas, das nicht viele in diesem Alter erlebt haben. In so einem großen Stadion und vor so einer Kulisse zu spielen, war für jeden Einzelnen von uns etwas ganz Besonderes. Natürlich war man zu Beginn etwas nervös. Wir konnten erst nicht glauben, dass so viele Menschen da sind. Schon vor diesem Spiel hätte keiner gedacht, dass so viele Leute kommen, um sich eine U-17-WM anzusehen. Für uns war es das größte Highlight, auch wenn wir gerne das Finale gespielt hätten. Aber es war auf jeden Fall etwas anderes als die Junioren-Bundesliga. (lacht)
SPOX: War es zusätzlich etwas Besonderes, dieses Erlebnis mit drei weiteren VfB-Spielern zu teilen? Robin Yalcin, Sven Mende und Rani Khedira waren ja auch mit dabei.
Vlachodimos: Natürlich habe ich mich gefreut, dass ich die Freunde aus Stuttgart bei mir hatte. So haben uns auf jeden Fall mehr Leute aus Stuttgart die Daumen gedrückt - um ungefähr 24 Uhr deutscher Zeit. Aber bei der Nationalmannschaft war es ohnehin so, dass wir eine Art kleine Familie waren. Das ist auch noch heute so. Die Spieler haben sich untereinander sehr gut verstanden, was sicher auch der Knackpunkt war, weshalb wir im Turnier so weit gekommen sind. Es war wirklich schön und ich glaube, ich würde es nochmal machen. (lacht) Wenn man die Zeit zurück drehen könnte, würde ich gerne wieder dort spielen.
SPOX: Aber dann um den Titel, oder?
Vlachodimos: Ja. Dann im Finale gegen Mexiko.
SPOX: Olympia 2016 dürfte noch größer werden. Ist das ein realistisches Ziel?
Vlachodimos: Natürlich ist es eines meiner Ziele, ein weiteres großes Turnier zu spielen. Ich will mich grundsätzlich bei der Nationalmannschaft weiterentwickeln und hoffe, dass zu den bisherigen fünf Jahren beim DFB noch einige dazu kommen.
SPOX: Zuletzt noch eine entscheidende Frage: Aztekenstadion oder Mercedes-Benz Arena?
Vlachodimos: (lacht) Also nach Mexiko würde ich nicht wechseln.
SPOX: Was fühlt sich denn geiler an?
Vlachodimos: Die Mercedes-Benz Arena ist besser. Da können die Leute auch vorbeikommen und live dabei sein.
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