In Italien teilten Napoli und Juventus die Punkte. Dazu gab's ein paar gemeine Handgreiflichkeiten. England spottet über Arsenals Kinderriegel. In Spanien war - gähn - Clasico. Der brachte immerhin die Erkenntnis, dass Barca entsetzlich miesen Fußball spielt. Dies und mehr von unseren Korrespondenten in Europa.
Serie A
Von Oliver Birkner
Spiel des Spieltags: Irgendwo gibt es ja immer ein paar durchgeknallte Wett-Hasardeure, die am Sonntag allerdings gut Kohle verdienten. Denn wer zum Pausentee noch auf einen Inter-Sieg in Catania setzte, dem hätte man eigentlich zu einem dringenden Arztbesuch geraten. Nicht bloß, weil die Mailänder 0:2 hinten lagen, sondern weil sie herumirrten, als stünde jeder unter einem illegalen Betäubungsmittel.
Dann kam Rodrigo Palacio, und hier muss eine kleine Parenthese erlaubt sein: Der argentinische Außenstürmer mit dem diskussionswürdigen Spaghetti-Zöpfchen gehört seit Jahren zum kleinen Kreis jener phantastischen Kicker, die kaum ihre verdiente Anerkennung erfahren. In jedem Fall kam Palacio, servierte einen Assist, traf selbst zwei Mal - fertig war der Inter-Erfolg und die Champagner-Sause besagter Wett-Wahnsinniger.
Auswärts hatte Inter zuletzt übrigens ein 0:2 vor 45 Jahren bei Torino gedreht. Salbei auf die Wunden, fuhren die Nerazzurri doch mit der Cassano-Eskapade im Gepäck nach Sizilien. Der Harlekin war ja beinahe gespenstisch lange harmonisch geblieben, doch beim Freitagstraining konnte er nicht mehr stillhalten. "Hier kommen keine drei Pässe hintereinander an", maulte Cassano und neckte Coach Andrea Stramaccioni, vor Monaten mal zum jungen Mourinho in StraMouccioni getauft, am Ende des Trainingskicks: "Oh, Herr Mourinho, hat zum Duschen geordert!"
Auf dem Weg zur Kabine steigerten sich beide in heftige Beleidigungen und wollten sich dann an die Gurgel, was Dejan Stankovic und Ivan Cordoba gerade noch verhinderten. Cassano wurde für das Duell in Catania suspendiert, steht seit Montag jedoch wieder im Kader - eher aus Personalnot, denn vor dem Duell bei Tottenham sind verfügbare Inter-Stürmer eine rare Spezies. Ab Sommer darf Cassano sein Unwesen dann wohl in einem anderen Team treiben - vielleicht in einem, wo drei Pässe hintereinander ankommen.
Mann des Spieltags: Den Preis zur Förderung des Fair-Play erhielt am Sonntagabend Referee Andrea Gervasoni während der Partie AS Rom gegen Genoa. Gäste-Coach Davide Ballardini rief seinen Spielern vom Rand lautstark zu, den Ball ins Aus zu schießen, weil ein Roma-Profi am Boden lag. Der Schiedsrichter schickte den Trainer daraufhin auf die Tribüne wegen Reklamierens außerhalb der Coaching-Zone, dem fraglos höchsten Gut des modernen Fußballs.
Es ist ja ohnehin unbegreiflich, wie der Spielbetrieb jahrzehntelang am Leben erhalten werden konnte, als Trainer in einem düsteren Szenario der Anarchie weiter als einen Meter von der Bank entfernt unkontrolliert herumspazieren durften. Und überhaupt, wo kommen wir da hin, wenn Trainer jetzt schon ihre Spieler dazu animieren möchten, den Ball ins Aus zu schießen - außerhalb der Coaching-Zone!
Und sonst? Complimenti an Roma-Capitano Francesco Totti, der Ligator Nummer 225 erzielte und nun auf Rang zwei der besten Serie-A-Schützen aller Zeiten steht (gleichauf mit Milans Gunnar Nordahl). "Erst wenn ich Piola überrunde, höre ich auf", sagte der 36-Jährige. Spitzenreiter Silvio Piola rangiert bei 274, demnach dürfte die Roma noch einige Jährchen Freude an Totti haben. Ganz neu war die Erkenntnis, dass Giorgio Chiellini nebenbei im Schwarzkopf-Haarstudio aushilft.
Während des 90-minütigen Ringkampfes mit Napolis Edinson Cavani bekam der Juve-Verteidiger dessen Ellbogen zu schmecken und revanchierte sich artig mit einem Ziehen der glänzend langen Locken bis zur Grasnarbe.
Neapel. Chiellini brennt. Perfekter Schutz - Drei Wetter Taft. "Giorgio wollte nur testen, ob Cavanis Haare natürlich oder durch Gel so brillieren", enthüllte indes Juve-Coach Antonio Conte. Er selbst wird im Trainingskick nun wohl nicht mehr gegen Chiellini spielen, denn Conte hat sich die neue Kopfpracht ja erst vor einigen Jahren für 10.000 Euro anschweißen lassen.
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Premier League
Von Raphael Honigstein
Spiel des Spieltags: Beim Nord-Londoner Derby (NLD) ging es am Sonntag naturgemäß hoch und richtig chaotisch her - vor allem, was Arsenals Viererkette betraf. Die riskant weit weg vom eigenen Tor postierte Abwehr wurde binnen zwei Minuten zwei Mal sauber ausgehebelt. Niemand hatte vor den Treffern von Gareth Bale und Aaron Lennon die Passgeber im Mittelfeld angegriffen, darüberhinaus ließ Linksverteidiger Nacho Monreal zwei Mal seine Gegenspieler laufen.
"Die Abwehr der Gäste stand auf einer krummen Kritzel-Linie, wie von Kindeshand gemalt", schrieb der "Observer". Per Mertesackers Anschlusstreffer nach der Pause half am Ende nichts. Mit sieben Punkten Vorsprung auf die Nachbarn könnte Tottenham nun zum ersten Mal seit 1995 (!) vor den Gunners in der Tabelle landen. Arsene Wenger bemängelte "vorne und hinten fehlende Effizienz" und beklagte ständig wiederkehrende Abwehrfehler. Vielleicht würde da ein bisschen Training helfen?
Die Spurs bekommen das, seit Andre Villas-Boas im Amt ist, deutlich besser hin - sogar mit Emmanuel Adebayor auf dem Platz, dem laufenden - nein: spazierenden - Sicherheitsrisiko für die eigene Elf. Torschütze Bale, den die Erzfeinde aus dem Emirates gerne als "Monkey Boy" verunglimpfen, wurde übrigens von einem Arsenal-Fan mit einer Banane beworfen. Eine ziemliche Unverschämtheit: jeder weiß doch, dass es Waliser mehr mit Schafen haben.
Mann des Spieltags: Shinji Kagawa strafte mit seinem ersten Hattrick auf der Insel die in letzter Zeit zahlreicher gewordenen Kritiker Lügen. Beim 4:0 gegen Norwich City spielte der ehemalige Dortmunder so stark, dass es Alex Ferguson fast schon unangenehm war. Kagawa war für das Rückspiel gegen Real Madrid eigentlich nicht eingeplant, drängt aber nun in die Startelf.
"Ein brillanter Tag für ihn, sein Abschluss war exzellent", freute sich der ManUnited-Coach. "Natürlich wird man meine drei Tore in Japan zur Kenntnis nehmen, aber der Fokus liegt dort schon ganz auf dem Spiel gegen Madrid", sagte Kagawa bescheiden. Im Hinspiel hatte er keine gute Partie gemacht. Kollege Ryan Giggs wird gegen die Königlichen übrigens auf jeden Fall zu einem (Kurz-)Einsatz kommen, da hat sich der Schotte festgelegt. "Diese Gelegenheit können wir dem Jungen nicht verwehren", sagte Sir Alex. Mit der "Gelegenheit" ist Giggs' 1000. Pflichtspiel als Profi gemeint, der "Junge" ist 39.
Und sonst? Nach Rafael Benitez' Wutrede von Mittwochabend - "Die Fans verschwenden ihre Zeit (mit Buhrufen und Plakaten)" - warteten alle auf den großen Zusammenbruch gegen West Bromwich Albion. Aber dank Demba Bas 1:0-Treffer darf der Spanier vorerst weiter machen. Das Thema bleibt allerdings sensibel. Das ganz in der Nähe des Stadions an der Stamford Bridge gelegene Hotel "Premier Inn" hatte vor kurzem ein Zimmer "Rafael Benitez"-Suite getauft, und die freche Unterzeile "Ideal für kurze Besuche" auf die Plakette gesetzt. Chelsea fand das nicht lustig, das Schild ist mittlerweile wieder entfernt. Ein Werbebanner von Buchmacher Paddy Power neben dem Stadion wurde auch auf Druck des Klubs entfernt: Dem seit Jahren glücklosen Ex-Stürmer Fernando Torres wurde darin die Umschulung zum Buletten-Brater nahegelegt. Englischer Humor eben: geht auf keine Kuh- bzw. Pferdehaut.
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Primera Division
Von Paula Villamarin Temperan
Spiel des Spieltags: Am Samstag spielten sie mal wieder gegeneinander. Real Madrid und der FC Barcelona, der gefühlt 743. Clasico in den letzten zwei Jahren. Es soll ja Menschen geben, also Fußball-Fans, mitunter eingefleischt, die dieses Duell allmählich nicht mehr ertragen. Der Schiedsrichter steht vor, während und nach dem Spiel im Mittelpunkt, und wenn es nicht der Schiedsrichter ist, sind es Lionel Messi und Cristiano Ronaldo und die immer wiederkehrende öde Frage, wer von beiden denn jetzt wirklich der beste Kicker des Planeten ist.
Das war dieses Mal nicht anders, aber sind wir doch mal ehrlich: Clasico! Clasico in Spanien! Real vs. Barca! C'mon - affengeil! Da wird nachmittags um 16 Uhr angepfiffen, wenn die Hälfte aller Spanier normalerweise einen Drei-Stunden-Siesta-Schlaf hält. Da wagt es der lebensmüde Mourinho, Ronaldo, Özil und ein paar andere aus der ersten Elf auf die Bank zu setzen. Da schießt Messi im 16. Ligaspiel in Folge mindestens ein Tor - neuer Rekord natürlich. Da kassiert Barca im 13. Ligaspiel hintereinander mindestens ein Gegentor - so löchrig war die Defensive der Katalanen zuletzt 1962.
Da kassiert Barca-Keeper Victor Valdes innerhalb von Sekunden zwei Gelbe Karten, weil er Schiedsrichter Perez Lasa wüst beschimpft ("Du hast es versemmelt, Du hast kein Schamgefühl") und ihm anschließend noch an die Gurgel springen will. Dass Barca wie im Copa-Clasico vier Tage zuvor erneut ziemlich mies spielte, und das in Bestbesetzung, sei hier ebenfalls erwähnt. Kommt ja auch nicht alle Tage vor.
Mann des Spieltags: Brasilien hatte seinen Pele, Argentinien seinen Armando, Österreich sein Schneckerl, Deutschland den Kaiser, den Bomber und den Loddar. Und Kolumbien irre Vögel wie Carlos Valderama und Rene Higuita. Seit geraumer Zeit wird Torjäger Radamel Falcao in Bogota und Umgebung wie ein Gott verehrt und das vollkommen zurecht.
Am Wochenende ging der Rojiblanco gegen Malaga allerdings leer aus. Kolumbien feiert trotzdem und zwar einen Mann namens Dorlan Pabon. Der offensive Mittelfeldspieler schoss beim 3:3 zwischen Real Sociedad und Real Betis zwei Tore für Sevilla, seine Treffer zwei und drei im fünften Spiel für Betis. Im Januar wurde Pabon vom FC Parma für ein halbes Jahr ausgeliehen. Die spanische Luft scheint ihm deutlich besser zu bekommen. Für Parma schoss er in zwölf Spielen nicht ein kümmerliches Tor.
"Pabon ist schnell und ein Schelm mit Qualität im Abschluss", schrieb die "Marca". Überhaupt zeigten die Europa-League-Anwärter Real Sociedad und Betis ein atemberaubendes Spiel. Sociedad-Trainer Philippe Montanier stellte den Gegner auf eine Stufe mit der (ehemals) besten Mannschaft der Welt: "Es gibt zwei Teams in der Liga, die uns die größten Probleme bereitet haben: Barca und Betis."
Und sonst? Auch in Spanien kam am Wochenende der Frühling an, die Goalgetter befanden sich aber noch im Winterschlaf. Nur 19 Mal klingelte es, in drei Spielen fiel überhaupt kein Tor. Das 0:0 zwischen Espanyol und Valladolid war so stinklangweilig, dass bereits 15 Minuten vor Spielende die Hälfte der Zuschauer das Stadion verließ. "Das war sicher kein Leckerbissen", sagte Gäste-Trainer Miroslav Djukic. Das war leicht untertrieben. "Marca" schrieb von "totaler Dürre" in beiden Strafräumen und einem beispiellosen "Gähn-Spiel".
Ein Blick voraus darf in diesen Blitzlichter auch nicht fehlen. Am Dienstag scheidet Real Madrid in der Champions League aus. Oder stürmen Arbeloa und Co. doch tatsächlich das Old Trafford? ManUnited-Urgestein-Trainer Alex Ferguson weiß jedenfalls, wie Cristiano Ronaldo zu stoppen ist. Vorsicht, jetzt wird's martialisch: "Entweder mit einer Machete, oder, das wäre dann Plan B, mit einem Maschinengewehr." Schlachtfeld OT, na bravo!
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