Ist der deutsche Basketball im Aufwind? Offenbar: ja. Mit Alba Berlins Eurocup-Finalteilnahme und Göttingens Triumph in der EuroChallenge sorgte die BBL in Europa für zwei Ausrufezeichen, zumal innerhalb der Liga dank eines Philosophiewechsels ein "Deutschland-Boom" ausgelöst wurde. Angeführt von Robin Benzing und Tibor Pleiß haben sich zahlreiche deutsche Talente in der BBL durchgesetzt. Mit Bundestrainer Dirk Bauerman stellt SPOX die 15 Basketball-Hoffnungen vor.
Point Guard
Heiko Schaffartzik (26, New Yorker Phantoms Braunschweig)
Statistik (Hauptrunde): 10,7 Punkte, 3,7 Assists, 41,8 Proz. Wurfquote, 37,4 Proz. Dreier
Das sagt Dirk Bauermann: "Heiko war bei der EM nicht nur unser Topscorer, sondern hat auch hervorragend verteidigt und so das Interesse vieler europäischer Vereine auf sich gezogen. Diesen Schwung hat er in die Saison mitgenommen - aber dass sich das nicht über acht, neun Monate halten lässt, war klar. Er hat sich von der Leistungsdelle jedoch gut erholt und war maßgeblich am Playoff-Einzug von Braunschweig beteiligt. Er ist bereit für das Ausland."
Per Günther (22, ratiopharm Ulm)
Statistik: 6,6 Punkte, 2,5 Assists, 42,8 Proz. Wurfquote, 33,9 Proz. Dreier
Ging angeschlagen in die Saison, stand dennoch ab dem 3. Spieltag in der Starting Five - und das auf der für junge Spieler so anspruchsvollen Point-Guard-Position. Stabilisierte sich über das Jahr auf einem ordentlichen bis guten Niveau und kam rund 25 Minuten pro Spiel zum Einsatz. Ein Beweis der Wertschätzung für den erst 22-Jährigen. Stärke: Trifft gute Entscheidungen. Schwäche: Dreier (33,9 Prozent).
Das sagt Dirk Bauermann: "Nach schwerem Start hat sich Per gesteigert, daher bin ich zufrieden mit seiner Entwicklung. Aber: Sein Dreipunkte-Wurf muss zuverlässiger werden und er muss seine Schnelligkeit besser nutzen. Vor allem defensiv, um seine Größennachteile besser zu kompensieren und mehr Einfluss auf das Spiel zu nehmen."
Nicolai Simon (23, webmoebel Baskets Paderborn)
Statistik: 5,6 Punkte, 1,0 Assists, 38,6 Proz. Wurfquote, 35,7 Proz. Dreier
War früher zusammen mit Lucca Staiger der Golden Boy des deutschen Basketballs, bevor ihn eine langwierige Rückenverletzung zu einer fast zweijährigen Pause zwang. Noch lange nicht in der Form von 2006/07, als er sich mit 19 Jahren in der Rotation von Alba Berlin etablierte - aber: Immerhin spielt er wieder. 31 Einsätze und 19:35 Minuten im Schnitt sind ordentlich, auch wenn er Paderborns Saison des Schreckens nicht verhindern konnte: 29 Niederlagen in 34 Spielen, abgeschlagen Letzter, Abstieg. Dennoch sollte der hochveranlagte Simon keine Probleme haben, innerhalb der BBL einen neuen Klub zu finden.
Das sagt Dirk Bauermann: "Ein sehr interessanter Spieler. Wenn sich Nico nächste Saison weiter steigert, wird er wieder ein Thema für die Nationalmannschaft. Insofern wäre es wichtig für ihn, sich weiter in der BBL zu präsentieren."
Point Guard: David McCray (23, EnBW Ludwigsburg)
Statistik: 5,1 Punkte, 1,1 Assists, 39,6 Proz. Wurfquote, 37,5 Proz. Dreier
Das größte Kompliment: Setzte sich in Ludwigsburg durch, obwohl der Klub nicht bekannt dafür ist, deutschen Profis Einsatzzeiten zu geben. Hat sich zum wichtigen Backup hochgearbeitet und repräsentiert mit seiner körperlichen Spielweise einen anderen Basketball-Typus als die üblichen europäisch geprägten deutschen Point Guards. Nur: McCray verlässt sich zu sehr auf seine Athletik sowie seinen Dreier und agiert trotz geringer Größe (1,87 Meter) mehr wie ein Shooting Guard denn wie ein Point Guard. Schwach: die Freiwurfquote (65,0 Prozent).
Das sagt Dirk Bauermann: "Ein geborener Scorer. David hat bereits letztes Jahr in der A2-Nationalmannschaft eine sehr ordentliche Rolle gespielt. Sein Entscheidungsverhalten und die Spielübersicht sind aber wohl nicht gut genug ausgebildet, um sich als Point Guard auf höchstem Niveau durchzusetzen."
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Shooting Guard
Lucca Staiger (21, Alba Berlin)
Statistik: 3,3 Punkte, 0.4 Assists, 41,2 Proz. Wurfquote, 35,7 Proz. Dreier
Das sagt Dirk Bauermann: "Zweifelsfrei der talentierteste Shooting Guard Deutschlands. Umso mehr schmerzt es, zusehen zu müssen, dass dann ein solch guter Spieler in Berlin im Grunde keine Einsatzzeiten bekommt. Aber das war bereits vor dem Wechsel klar, er will sich langfristig bei Alba durchsetzen. Daher machen wir uns nicht verrückt."
Karsten Tadda (21, Brose Baskets Bamberg)
Statistik: 4,0 Punkte, 1,3 Assists, 38,1 Proz. Wurfquote, 30,5 Proz. Dreier
Gehört noch immer zu den unbekanntesten Talenten in Deutschland - dabei ist er mittlerweile eine unverzichtbare Größe in Bamberg, nicht nur weil er ein Kind der Region ist. Merkmale: Kettenhund-Mentalität, bissige Defense, Teamplay. Durfte daher auch in einigen Spielen starten, unter anderem gegen Ulm (4 von 4 Dreier für 16 Punkte). Weiß mit Bundestrainer Bauermann einen starken Befürworter an der Seite.
Das sagt Dirk Bauermann: "Sein Aufstieg zum Leistungsträger ist extrem erfreulich. Als die Situation in Bamberg nach schwachem Saisonstart schwierig war, hat er mit seiner Verteidigung, seiner Identifikation mit der Mannschaft und seiner Mentalität viel dafür getan, dass Ruder umzureißen. Er hat jedoch eine Menge Luft nach oben. Um international zu bestehen, muss er an seinem Dreier arbeiten."
Nikita Khartchenkov (23, Mitteldeutscher BC)
Statistik: 6,8 Punkte, 0,5 Assists, 40,7 Proz., 41,0 Proz. Dreier
Bringt vieles mit: Talent, Größe (2,01 Meter) und einen grandiosen Wurf. Was jedoch fehlt, ist die Einstellung. Enttäuschend: Hat sich in dieser Saison nicht wie gewünscht zum kompletten Basketballer weiterentwickelt sondern blieb der eindimensionale Shooter von außen. Erster Beleg: Nahm über doppelt so viele Dreier (122) wie Zweipunkt-Würfe (55). Zweiter Beleg: Sein Assists (0,5) und Steals (0,2) bewegen sich im Promillebereich.
Das sagt Dirk Bauermann: "Ich habe letztes Jahr lange mit Nikita darüber gesprochen, dass er athletisch und defensiv deutlich zulegen muss. Das ist leider nicht geschehen."
Robert Kulawick (24, BG Göttingen)
Statistik: 4,8 Punkte, 0,5 Assists, 37,3 Proz. Dreier, 34,1 Proz. Dreier
Bei weitem nicht so begabt wie etwa ein Khartchenkov, überzeugt jedoch mit Zuverlässigkeit. Hatte seinen Anteil am überraschenden EuroChallange-Triumph von Göttingen, traf vor allem im Halbfinale gegen Roanne wichtige Dreier (11 Punkte). Aber auch wenn 17:21 Minuten Einsatzzeit beim Tabellen-Dritten der BBL respektabel sind: Für die Nationalmannschaft reicht es trotz vorbildlicher Einstellung wohl nicht.
Das sagt Dirk Bauermann: "Die Zeiten, dass jeder deutsche Erstliga-Spieler automatisch eine Perspektive für die Nationalmannschaft hat, sind Gott sei Dank vorbei. Spieler wie Robert oder David McCray sind dennoch sehr wichtig für die BBL, um der Liga ein Gesicht zu geben. Roberts Saison verläuft sehr erfreulich."
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Small Forward
Robin Benzing (21, ratiopharm Ulm)
Statistik: 12,5 Punkte, 2,5 Rebounds, 1,2 Assists, 39,4 Proz. Wurfquote
Das sagt Dirk Bauermann: "Ein sehr geerdeter und fleißiger Spieler. Robin muss man nach dem Training regelrecht aus der Halle prügeln, sonst würde er immer weiter an seinem Spiel feilen. Er ist derart talentiert - ich weiß nicht, wo seine Grenzen sind. Ich bin mir sicher, dass sein Weg zu einem europäischen Spitzenverein oder in die NBA führt."
Philipp Schwethelm (21, Eisbären Bremerhaven)
Statistik: 6,6 Punkte, 1,7 Rebounds, 0,7 Assists, 45,8 Proz. Wurfquote
Ließ in dieser Saison seinem guten Ruf erstmals Taten folgen. In Köln sträflich vernachlässigt, erarbeitete er sich nach holprigem Start bei den von Ausländern dominierten Eisbären einen festen Platz in der Rotation - was an sich bereits eine Leistung ist. Sorgte vor allem in der zweiten Saisonhälfte für einige Ausrufezeichen, Alba schenkte der Small Forward/Shooting Guard beispielsweise 16 Punkte ein. Dank Vielseitigkeit und zuverlässigem Dreierwurf (41,7 Prozent) ein Geheimtipp für die WM.
Das sagt Dirk Bauermann: "Philipp wurde nach durchwachsenem Start ins kalte Wasser geworfen - und hat sich freigeschwommen. Liefert sehr zuverlässig und solide seine Statistiken ab. Basketball-Verständnis hatte er schon immer, außerdem ist er groß und hat einen guten Dreier. Philipp ist mittlerweile ein echter Konkurrent für Lucca Staiger."
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Power Forward
Tim Ohlbrecht (21, Telekom Baskets Bonn)
Statistik: 10,0 Punkte, 4,0 Rebounds, 1,2 Blocks, 49,1 Proz. Wurfquote
Das sagt Dirk Bauermann: "Es gab viele Skeptiker, Tim hat jedoch das Vertrauen von Mike Koch zurückgezahlt und bewiesen, dass seine guten Leistungen aus dem Meister-Jahr 2007 in Bamberg keine Eintagsfliege war. Aber jetzt von der NBA zu reden, ist zu früh. Er spielt bei einem der Topteams der Liga sehr gut, er dominiert jedoch noch nicht."
Johannes Lischka (23, LTi Gießen 46ers)
Statistik: 5,4 Punkte, 3,5 Rebounds, 0,2 Blocks, 47,6 Proz. Wurfquote
So etwas wie der Mystery Man der BBL. Gesegnet mit Scoring-Talent und einem Riecher für Rebounds, dennoch haben wohl 99,9 Prozent der Sport-Fans hierzulande noch nie etwas von ihm gehört. Einerseits, weil er in der hessischen Provinz spielt. Andererseits, weil er - auch gehandicapt von einem Handbruch - zu selten sein immenses Potenzial andeutete. Steht nun vor der wichtigen Entscheidung, ob er sich als Power Forward (trotz überschaubarer 2,03 Meter) oder als Small Forward (trotz schwachen Wurfs und mangelnder Antrittsgeschwindigkeit) spezialisiert.
Das sagt Dirk Bauermann: "Der Handbruch hat ihn zurückgeworfen, die Saison war insgesamt unbefriedigend. Johannes ist aber weiterhin einer der interessantesten Spieler überhaupt. Manchmal wirkt er auf dem Parkett sehr in sich gekehrt, aber so spielt er eben. Entscheidend wird eher sein, auf welche Position er sich mittelfristig konzentriert."
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Center
Tibor Pleiß (20, Brose Baskets Bamberg)
Statistik: 8,3 Punkte, 5,5 Rebounds, 1,4 Blocks, 58,9 Proz. Wurfquote
Das sagt Dirk Bauermann: "Die EM hat ihn nachhaltig verändert. Er hat gemerkt, welche Qualitäten nötig sind, um sich auf einem solch hohen Niveau durchzusetzen, und hat daraus einen riesigen Ehrgeiz entwickelt. Zweifelsfrei einer der größten Center-Talente Europas. Bei ihm stimmt der Spruch: The sky is the limit - der Himmel ist die Grenze."
Yassin Idbihi (26, New Yorker Phantoms Braunschweig)
Statistik: 10,6 Punkte, 5,3 Rebounds, 0,4 Blocks, 58,6 Proz. Wurfquote
Schaffartzik mag der Star in Braunschweig sein - doch Idbihi war für den Playoff-Einzug der Phantoms mindestens genauso wichtig. Hielt als einer der Wenigen im Kader stabil sein Leistungsniveau und ließ so sein enttäuschendes Intermezzo in Frankreich bei Limoges vergessen. Versteht die Basketball-Fundamentals, ist mannschaftsdienlich und arbeitet hart am Brett - was mit Platz drei unter den effektivsten BBL-Spieler (auf 40 Minuten hochgerechnet) belohnt wird. Beim Playoff-Start in Oldenburg der mit Abstand beste Braunschweiger (19 Punkte, 8 Rebounds). Bitter: Sollte Chris Kaman an der WM teilnehmen, muss Idbihi womöglich zuhause bleiben.
Das sagt Dirk Bauermann: "Mit Braunschweig hat er genau den richtigen Verein gefunden. Dort kommen seine Stärken sehr gut zum Tragen. Er spielt mit einer ungeheuren Intensität, ist sehr aktiv, schließt in der Defense viele Lücken und verteidigt manchmal sogar zwei Gegner. An Yassin ist jedoch auch gut erkennbar, wie hoch mittlerweile der Konkurrenzkampf in Deutschland ist. Er wird um sein WM-Ticket kämpfen müssen."
Robert Oehle (21, webmoebel Baskets Paderborn)
Statistik: 2,8 Punkte, 2,1 Rebounds, 0,3 Blocks, 40,9 Proz. Wurfquote
Von einer Center-Inflation zu sprechen, wäre voreilig. Und doch verfügt der DBB mittlerweile über eine bemerkenswerte neue Generation von talentierten Fünfern. Der 20-jährige Maik Zirbes aus Trier gehört dazu, ebenso der ebenfalls 20 Jahre alte Jonas Wohlfarth-Bottermann (Bonn). Am meisten auf sich aufmerksam machte jedoch Paderborns Oehle. Zwar konnte auch er die Niederlagen-Flut der Baskets nicht stoppen - aber immerhin nutzte er seine Bewährungschance in den letzten drei Spielen eindrucksvoll. Seine 12,7 Punkte (65,0 Prozent Wurfquote) und 6,0 Rebounds deuten an, welches Potenzial in Oehle steckt.
Das sagt Dirk Bauermann: "Die drei jungen Center sind auf Augenhöhe. In den nächsten zwei Jahren wird sich herauskristallisieren, in welche Richtung die Reise geht. Was bereits jetzt sichtbar ist: Robert ist ein Vertreter der alten Paderborner Schule. Sehr gut ausgebildet und mit Basketball-Intelligenz ausgestattet."
Die größten Point-Guard-Talente: Nicolai Simon is back
Die größten Shooting-Guard-Talente: Das ist Bambergs Edelverteidiger
Die größten Small-Forward-Talente: Benzing ist bereit für die NBA
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