"Bleiben wir zuhause, reduzieren wir die Ansteckungsgefahr, schützen wir uns und unsere Lieben", hieß es etwa in einem Statement von Erstligist Neman Grodno, der am Freitag vor gezählten 253 Zuschauern kickte.
Das 1:1 gegen Schlusslicht Belschina Bobruisk der vierten Runde fand quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, im Schnitt waren in der Vorsaison immerhin 1.500 Zuschauer zu den Heimspielen Grodnos gekommen. Vor Beginn der Freitagspartie hatten die Grodno-Spieler vor leeren Rängen applaudiert - quasi als Ansporn für den Anhang, auch weiterhin zuhause zu bleiben. Die Grodno-Fans hatten erst vor rund zwei Wochen - ähnlich wie jene von Schachtjor Soligorsk - einen Fanboykott ausgerufen.
Nie hatte die weißrussische Liga mehr Zuseher vor den Fernsehern. Als einer der weltweit noch wenigen spielenden Ligen sicherte sie sich in der Corona-Krise sogar mehrere internationale TV-Verträge. Grodno-Coach Eduard Gradobojew hilft das aber nur wenig. "Fußball ist für Zuschauer. Natürlich ist das ein Problem", erklärte er.
Russland-Legionär: "Hat sich in 34 Jahren nichts verändert?"
Harsche Kritik am Weiterlaufen der Liga übte Nikolaj Solotow, ein Weißrusse, der für Ural Jekaterinburg im russischen Oberhaus kickt. In einem Interview mit tribuna.com verglich er die Situation mit jener beim Atomdesaster 1986 in Tschernobyl. Damals versuchte die Sowjetmacht den Ausmaß des Unfalls lange Zeit zu vertuschen. "Niemand weiß wirklich, wieviele Leute krank sind, wo sie sind und wie sie behandelt werden", wurde Solotow zitiert. "Hat sich in 34 Jahren wirklich nichts verändert?"
In der von Staatschef Alexander Lukaschenko seit 1994 autoritär geführten Ex-Sowjetrepublik wurden aktuell rund 2.226 Coronavirus-Fälle registriert. 23 infizierte Menschen sind gestorben. In den vergangenen Tagen stiegen die Zahlen im osteuropäischen Land rasant an.
Die Führung in Minsk wurde national und international stark kritisiert, weil weiterhin Fußballspiele vor großem Publikum ausgetragen und kaum Einschränkungen zur Eindämmung ergriffen wurden. Lukaschenko redete das Problem als "Psychose" klein und erklärte, weshalb er nicht auf strikte Quarantänemaßnahmen setzt. Natürlich könne er die Maßnahmen verschärfen. "Aber was werden wir essen", fragte der Präsident die jeweiligen Funktionäre am vergangenen Dienstag.