"Rapid gefiel mir unter Barisic am besten"

Antonin Panenka ist noch immer passionierter Hobby-Kicker
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Im Interview mit SPOX spricht Elfmeter-Pionier und Rapid-Legende Antonin Panenka über Fußball im Kommunismus, seinen besten Nachahmer und Rapids Krise.

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Alles im Leben hat Vor- und Nachteile, sagt man. Vincent van Gogh war Mitbegründer der modernen Malerei, Geld verdienten aber andere damit. Johannes Gutenberg, Erfinder der Druckerpresse, erging es nicht anders. Auch Antonin Panenka zählt zu den Pionieren seines Fachs. Sein gelupfter Elfmetertreffer im EM-Finale 1976 für die Tschechoslowakei gegen die Bundesrepublik Deutschland machte ihn nicht nur zum Europameister, sondern unsterblich.

Reich wurde Panenka aber nie. In Zeiten des Kommunismus ließ sich auch als Regisseur von Bohemians Prag nicht viel Geld verdienen. Erst mit 32 Jahren erlaubte ihm das Regime in den Westen zu wechseln. Seine Zeit bei Rapid Wien ermöglichte ihm ein unbesorgtes Leben, aber von Rockstar keine Spur. Im Interview mit SPOX spricht der 68-Jährige über einen Schupfer mit Folgen, Regeln im Kommunismus und seine "schönste Etappe".

SPOX: Herr Panenka, wie sehr nerven Sie mittlerweile Fragen zu Ihrem legendären Elfmeter?

Antonin Panenka: (lacht) Das ist halt eine sehr offensichtliche Frage. Aber ich bin zufrieden damit. Zum Glück interessiert das die Leute noch. Darum bin ich immer bereit, darüber zu reden. Generationen danach beschäftigen sich noch immer damit. Das freut mich.

SPOX: Das Schönste an Ihrem Elfmeter ist die Unsterblichkeit, oder?

Panenka: Ja, das kann man so sagen.

SPOX: Wer hat Ihren Elfmeter am stilvollsten nachgeahmt?

Panenka: Ich habe mindestens 100 Elfmeter in diesem Stil gesehen. Einen davon in der zweiten argentinischen Liga. Der hat den Elfmeter schöner ausgeführt als ich.

SPOX: Die beiden prägenden Klubs Ihrer Karriere waren Bohemians Prag und Rapid. Wo sah man den besten Antonin Panenka?

Panenka: Schwer zu sagen. Ich spielte für Bohemians 23 Jahre. Aber leider haben wir nie einen Titel gewonnen. Keine Meisterschaft, kein Pokal - obwohl wir schönen Fußball spielten. Wir wurden ab und an Dritter in der tschechischen Liga. Dann kam ich nach Wien und wurde in viereinhalb Jahren zweimal Meister, dreimal Pokalsieger, Hallenmeister, schoss das Tor des Jahres - das war meine erfolgreichste Zeit.

SPOX: 1980 durfte man erst ins Ausland wechseln, wenn man 45 Länderspiele für die Tschechoslowakei absolviert und den 32. Geburtstag gefeiert hatte. Mussten Sie viele Körbe verteilen?

Panenka: Das war die Regel. Wer ins Ausland wollte, musste 32 Jahre alt sein und sogar mindestens 50 Länderspiele absolviert haben. Damals habe ich viele Absagen verteilt. Als ich 31 Jahre und acht Monate alt war, hatte ich ein Angebot aus Belgien. Leider bekam ich keine Freigabe. Auch Klubs aus Spanien und Schweden wollten mich.

SPOX: Warum haben Sie sich später für Rapid entschieden?

Panenka: Mit 32 Jahren geht die Karriere bald zu Ende. In Spanien hätte ich viel Geld verdienen können. Aber ein unbekannter Spieler in diesem Alter hat es in Spanien schwer. Auch bei kleinen Vereinen. Wien ist nahe an Prag, die Qualität der Liga nicht so hoch wie in Spanien. Meine Tochter konnte hier in die Schule gehen. Schließlich habe ich Rapids Angebot akzeptiert. Ich glaube, das war eine sehr gute Entscheidung.

SPOX: Durch den Kommunismus war für Spieler Ihrer Generation in der Tschechoslowakei nur wenig Geld zu holen, oder?

Panenka: Ja. Wir waren Profis, um nicht arbeiten zu müssen. Ein durchschnittlicher Arbeiter in der Tschechoslowakei verdiente 2.700 Kronen. Als Fußballer verdiente ich 4.000 Kronen. Heute ist das anders. Ein Arbeiter verdient durchschnittlich 25.000 Kronen, ein Fußballer bei Sparta Prag Millionen.

SPOX: Würden Sie heute spielen, wären Sie ein reicher Mann. Denken Sie manchmal darüber nach?

Panenka: Tschechische Spieler können heute mit 15, 20 Jahren ins Ausland gehen. Bei mir war das anders. Das schmerzt mehr. Leider, leider.

SPOX: Aber dann kam Rapid.

Panenka: Ich muss sagen: Das war die schönste Etappe meines Lebens. Spielerisch und familiär.

SPOX: Sie standen einst mit Rapid im Pokal-der-Pokalsieger-Finale. Das Spiel endete 1:3. Wie lange verfolgte Sie diese Niederlage?

Panenka: Ich hatte Knieprobleme, stand nicht in der Startelf und wurde spät eingewechselt. Dieses Spiel war mein letztes Europacup-Spiel und auch irgendwie ein Schlusspunkt meiner Karriere. Aber Everton war eine Spitzenmannschaft in Europa. Acht Spieler aus dem Kader waren englische und schottische Nationalspieler. Das war ein Fußballklub auf einer anderen Ebene.

SPOX: Was ist Ihre schönste Erinnerung an Rapid?

Panenka: Das ist die schwerste Frage. Darf ich sie umformulieren?

SPOX: Sicher.

Panenka: Was war mein größter Sieg? Ich war bei den Zuschauern beliebt. Ich kam als unbekannter Spieler nach Wien. Keiner wusste, wer Panenka ist. Aber nach drei Jahren mochten mich die Menschen gerne.

SPOX: Wer war bei Rapid Ihr bester Mitspieler?

Panenka: Die ganze Mannschaft war super. Echt. Aber natürlich: Hans Krankl, Heribert Weber, Bernd Krauss, Reinhard Kienast, Christian Keglevits und viele andere waren Stars. Jeder Name war ein großer Fußballspieler. Rapid hatte viele Spieler mit Ideen. Zwei, drei Spieler waren Kämpfer, zwei gute Kopfballspieler und mit Krankl gab es einen Goleador.

SPOX: Und welchen Spieler hätten Sie gerne der Konkurrenz abgeknöpft?

Panenka: Herbert Prohaska. Er war ein Architekt.

SPOX: Aber Sie spielten die gleiche Position. Hätte das funktioniert?

Panenka: Jajajaja. (lacht)

SPOX: Rapid hängt momentan in den Seilen. Der Klub ist dem letzten Tabellenplatz näher als der Wiener Austria. Platt gefragt: Darf das sein?

Panenka: Ich schaue ein paar Spiele pro Saison. Und die Zeit unter Barisic gefiel mir am besten. Rapid spielte damals Fußball. Sehr stark am Ball, offensiv. Barisic holte Spieler, die technische Qualitäten hatten. Das passte für sein System. Jetzt geht es bei Rapid mehr um Kampf als um spielerische Aspekte.

SPOX: Rapid hat große Ziele, will in die Top 50 Europas. Ist das für einen österreichischen Klub überhaupt möglich?

Panenka: Schwer. Dafür braucht man sehr viel Geld. Aber möglich ist alles. Ich wünsche Rapid den Erfolg. Aber das wird noch ein paar Jahre dauern.

SPOX: Können Sie sich mit dem heutigen Fußball noch identifizieren?

Panenka: Geld und Marketing überschatten heute die sportliche Seite. Fußball ist nur mehr in der zweiten Reihe. Früher war das anders.

SPOX: Früher nannte man Sie übrigens den "Mann mit den Radaraugen". Guter Spitzname!

Panenka: Meine Stärke war immer das Spiel mit dem Ball. Ich konnte den freien Raum sehen, hatte Ideen. Zum Beispiel habe ich gerne nach links geschaut, und den Ball nach rechts gespielt. Eine Finte. Meine Übersicht war gut, glaube ich.

SPOX: Leider gibt es keine Aufzeichnungen darüber, wie viele Tore Sie in Ihrer Karriere vorbereitet haben.

Panenka: (lacht) Ich weiß es auch nicht. Ehrlich. Für mich war ein finaler Pass auf einer Ebene mit einem Tor. Das hat die gleiche Qualität.

SPOX: In welchem aktiven Spieler sehen Sie sich heute wieder?

Panenka: Der Fußball ist heute ganz anders. Aggressiv, schnell, viele Duelle, kampfbetont. Für mein Empfinden gibt es nicht mehr viel Kreativität. Das war zu meiner Zeit anders. Es gibt weniger Regisseure und mehr Kämpfer.

SPOX: Ist der klassische Zehner vom Aussterben bedroht?

Panenka: Ja, ja. Viele gibt es nicht mehr. Damals gab es bei jedem Verein mindestens zwei Zehner. Viele Klubs haben keinen mehr. Da haben die Spieler zwar die Nummer zehn am Rücken, spielen aber nicht mehr so.

SPOX: Zu ihren großen Qualitäten zählte auch ihre Freistoßtechnik. Ich habe mal gelesen, Ihre Quote kratzt an den hundert Prozent. Wie hoch war sie wirklich?

Panenka: (lacht) Das sind Mythen. Aber ich habe immer Freistöße trainiert. Besonders zwischen meinem 16. und 18. Lebensjahr. Ich war groß, schlank, hatte aber nicht viel Kraft und konnte dadurch nicht besonders stramm schießen. Darum musste ich mir eine andere Technik überlegen. Also schoss ich mit Köpfchen. Mit Täuschungen und Effet. Punktgenau. Das habe ich immer und immer wieder trainiert.

SPOX: Von zehn Versuchen: Wie viele waren im Tor?

Panenka: Wenn ich zum Freistoß ging, war die Chance auf ein Tor groß. Ich habe mich konzentriert und auf niemanden links und rechts gehört. Ich habe nur das Tor, den Tormann und die Mauer gesehen. Wie im Trance. Wenn die Stimmung passte, gab es nur den Tormann und mich. Dann konnte ich hinschießen, wo ich wollte.

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