SPOX: Sie leben seit etwas mehr als zwei Jahren in Salzburg. Fühlen Sie sich hier mittlerweile zu Hause?
Dabbur: Ich kann wirklich sagen, dass ich mich wohl fühle. Die Stadt ist sehr schön, es geht etwas ruhiger zu, das gefällt mir. Sportlich läuft es richtig gut, ich bin hier sehr glücklich.
SPOX: Wie steht es mit Ihrem Deutsch?
Dabbur (auf Deutsch): Nicht schlecht (lacht).
SPOX: Besuchen Sie mit Ihren Teamkollegen einen Sprachkurs?
Dabbur: Nicht mehr, denn ich verstehe im Prinzip schon alles. Mit dem Sprechen klappt es noch nicht so ganz, aber ich versuche, auch das laufend zu verbessern. Ich bin jedoch noch nicht auf dem Level, wo ich gerne sein würde (lacht).
Munas Dabbur: "In Nazareth gibt es nur einen Fußballplatz"
SPOX: Wie groß ist der Unterschied zwischen Fußball in Europa und in Israel?
Dabbur: Die Bedingungen sind gänzlich verschieden. In Europa ist die Infrastruktur auf einem viel höheren Niveau. Das habe ich persönlich hautnah miterlebt.
SPOX: Erzählen Sie uns bitte davon.
Dabbur: Ich komme aus Nazareth, einer kleinen Stadt im Norden von Israel. Dort leben rund 80.000 Menschen, aber stellen Sie sich vor: Es gibt in der ganzen Stadt nur ein einziges Fußballfeld. Ganze fünf Vereine absolvieren alle ihre Trainings und Matches auf diesem Platz.
SPOX: Sie sind Teil der arabischen Minderheit in Israel. Ist es für diese Menschen schwieriger, sich im Profifußball durchzusetzen?
Dabbur: Das ist ein offenes Geheimnis, dass unser Weg an die Spitze ein harter ist. Ich entschied mich dazu, noch intensiver an mir zu arbeiten, um zu zeigen, dass ich es auch als arabischer Israeli zum Erfolg schaffen und zur Spitze meines Landes zählen kann. Ich bin sehr stolz auf meinen Weg.
SPOX: Können Sie die eine oder andere Situation beschreiben, in der Ihnen Steine in den Weg gelegt wurden?
Dabbur: Da gab es einige, vor allem zu Beginn meiner Profikarriere. Was genau, darüber möchte ich aber nicht sprechen , denn es würde nur wenig Sinn machen, darüber zu reden.
Torschützenliste der österreichischen Bundesliga: Munas Dabbur führt
Spieler | Team | Tore | Elfmeter | Führungstreffer |
M. Dabour | Salzburg | 8 | 1 | 3 |
R. Gartler | St. Pölten | 6 | 2 | 3 |
M. Schmerböck | WAC | 6 | 0 | 2 |
M. Liendl | WAC | 5 | 1 | 3 |
João Victor | LASK | 5 | 0 | 3 |
S. Prevljak | Salzburg | 5 | 0 | 2 |
Alon Turgeman von Austria Wien in engem Kontakt mit Munas Dabbur
SPOX: Einer ihrer vier Brüder, der um ein Jahr ältere Anes, ist Profi in der zweiten israelischen Liga. Wann war Ihnen klar, dass Sie am Ball mehr drauf haben als ihr Bruder?
Dabbur: Wir sind gemeinsam aufgewachsen und spielten in der Jugend im selben Team. Er war derjenige, der mir die Tore auflegte, ich machte sie dann alle rein (lacht). Einige unglückliche Momente führten dazu, dass er den einen oder anderen Entwicklungsschritt in seiner Karriere verpasste. Aber mit seinen 27 Jahren ist es auch noch nicht zu spät für den Durchbruch. Für mich ist er ein toller Spieler, und ein noch viel besserer Bruder. Ich bin sehr stolz auf ihn.
SPOX: Sehen Sie sich die Spiele des jeweils anderen an?
Dabbur: Klar! Er spielt immer freitags oder montags, daher geht es sich gut aus, seine Matches mit zu verfolgen. Er versucht auch immer wieder, mich in Salzburg bei den großen Spielen zu besuchen.
SPOX: Vor einigen Jahren musste Ihre Familie einen großen Rückschlag hinnehmen, als Ihr Vater bei einem Autounfall ums Leben kam.
Dabbur: Das war die mit Abstand schwierigste Zeit meines Lebens. Ich war damals nicht ganz 17 Jahre alt, und dachte oft daran, die Sache mit dem Fußball einfach sein zu lassen, und vielleicht auf der Uni ein paar Kurse zu besuchen. Der Schock saß tief, es waren unglaublich viele Emotionen. Ich bin aber sehr froh, dass meine Familie in dieser Zeit sehr stark zusammengehalten hat. Ohne sie wäre ich auf keinen Fall dort, wo ich jetzt bin.
SPOX: Stehen Sie mit Alon Turgeman von Austria Wien, neben Ihnen der zweite Israeli in der österreichischen Bundesliga, in Kontakt?
Dabbur: Wir kennen uns aus der U21-Nationalmannschaft. Seitdem er nach Wien gewechselt ist, hat sich unser Kontakt intensiviert. Ich habe versucht, ihn in der Eingewöhnungsphase so gut es geht zu unterstützen. Leider ist er jetzt verletzt, ich wünsche ihm deshalb baldige Genesung.
Munas Dabbur über Andreas Herzog: "Er hat uns viel Selbstvertrauen eingeimpft"
SPOX: Wie hat die Bevölkerung in Israel die Nachricht aufgenommen, dass mit Willi Ruttensteiner und Andreas Herzog nun zwei Österreicher das Sagen im Nationalteam haben - vor allem wenn man die Geschichte zwischen Österreich und Israel bedenkt?
Dabbur: So weit ich das beurteilen kann, waren es gemischte Gefühle. Wie Sie schon angesprochen haben, war die Bestellung der beiden für einige Israelis keine gewöhnliche Situation und nur schwer zu akzeptieren. Nachdem die ersten beiden Spiele verloren gingen, wurden die Stimmen der Kritiker lauter. Aber Andreas und sein Team zeigten danach, dass Sie richtig gute Arbeit liefern können. Jetzt wo wir eine Chance auf die Playoffs in der UEFA Nations League haben, ist das ganze Land glücklich mit den Verantwortlichen.
SPOX: Trauen Sie es Andreas Herzog zu, aus einer heterogenen Gruppe mit unterschiedlichen Herkünften, Religionen und Identitäten eine schlagkräftige Mannschaft zu formen?
Dabbur: Was wir in den letzten Wochen erreicht haben, ist für unser Land schon herausragend. Ich könnte mich nicht daran erinnern, wann wir das letzte Mal zwei Spiele in Folge gewonnen haben. Die Fans waren richtig euphorisch. Ich sehe absolut keinen Grund, warum das in der nächsten Zeit nicht weiterhin klappen sollte. Ich kann nur bestätigen, dass er uns mit seiner Arbeitsweise viel Selbstvertrauen eingeimpft hat und wir uns im Nationalteam sehr wohl fühlen.