Atomic wird chinesisch: Die Geschichte einer Ski-Weltmarke

Von APA
Salzburger Skifirma seit 25 Jahren nicht mehr in österreichischem Besitz
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Salzburger Skifirma seit 25 Jahren nicht mehr in österreichischem Besitz, zuerst Eigentümer aus Finnland, nun China - Konkurs von 1994 sorgt bis heute für Verschwörungstheorien

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570.000 Paar Alpinski hat Atomic im Jahr 2017 verkauft, mehr als die beiden großen Konkurrenten Rossignol und Head. Zwar ist das Unternehmen mit Sitz in Altenmarkt im Pongau schon seit 25 Jahren nicht mehr in österreichischem Besitz, die Marke ist aber zumindest in Salzburg nach wie vor untrennbar mit dem Namen des Firmengründers Alois Rohrmoser verbunden.

Der Bergbauernsohn aus ärmlichen Verhältnissen, der später eine Ausbildung zum Wagner machte, gründete das Unternehmen im Jahr 1955. Im Alter von 23 Jahren kaufte er in Wagrain eine Wagnerei und begann mit wenigen Mitarbeitern mit der Herstellung von Holzskiern. Schritt für Schritt baute er die kleine Werkstatt zur industriellen Skiproduktion aus. Waren es zunächst nur wenige Dutzend Paar Ski, die das Haus verließen, stellte Atomic Anfang der 1990er-Jahre 850.000 Paar Ski im Jahr her.

Atomic: Beginn einer Ära

Die rasante Entwicklung machte mehrfach einen Ausbau der Firma notwendig. 1971 errichte Rohrmoser das Werk in Altenmarkt im Pongau, wo die Skifabrik heute noch steht. Für Bekanntheit der Marke sorgten im skiverrückten Österreich auch die Erfolge im Rennsport. Annemarie Moser-Pröll, Petra Kronberger, Hermann Maier und zuletzt Marcel Hirscher fuhren und fahren auf Atomic-Ski, heute sponsert Atomic Dutzende Athleten. Den Namen wählte Rohrmoser in Anlehnung an eine französische Skimarke. "Damals war ja die Atomzeit. Und ich suchte auch nach einem Wort, das dem damals sehr berühmten Ski, dem Dynamic, ähnlich klingt", sagte er einmal in einem Interview.

Lange vor der Konkurrenz produzierte Atomic ein Komplettangebot aus Ski, Skischuhen und Bindungen - auch dank zahlreicher Akquisitionen. So kaufte Rohrmoser nicht nur sein Vorbild Dynamic auf, sondern übernahm auch einen Bindungshersteller aus Deutschland und die steirische Skischuhfirma Koflach.

Marcel Hirscher
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Marcel Hirscher

Skifirma Atomic: Finanzielle Schieflage

Allerdings geriet das Unternehmen Anfang der 1990er-Jahre zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten. Zu spät setzte man auf den damals boomenden Snowboard-Markt, dazu kamen Probleme beim Umstieg auf die Schalenskitechnologie. Im September 1994 sperrte die Atomic-Hausbank Bawag alle Konten der damals mit offenbar rund 1,6 Milliarden Schilling (120 Mio. Euro) verschuldeten Fabrik und schickte das Unternehmen in den Konkurs. Die Bank übernahm das Ruder, Rohrmoser musste sich gegen seinen Willen zurückziehen.

Im November 1994 verkaufte die Bawag Atomic an die finnische Amer-Gruppe - möglicherweise unter ihrem Wert. Später stand der Vorwurf im Raum, dass die Bank aufgrund des Zusammenbruchs ihrer Karibik-Geschäfte plötzlich Geld zur Abdeckung der Spekulationsverluste benötigte. Rohmoser sah sich um sein Lebenswerk gebracht, auch wenn er eine Mitschuld an den wirtschaftlichen Problemen einräumte. Er kämpfte - auch mit juristischen Mitteln - erfolglos gegen den Verlust an. 1998 wurde ein Verfahren etwa gegen den damaligen Bawag-Vorstand Helmut Elsner eingestellt. Rohrmoser starb im Februar 2005 im Alter von 73 Jahren an einem Herzinfarkt.

Bis zu seinem Tod war er davon überzeugt, dass die Bawag den Konkurs inszeniert hatte und ihn um sein Vermögen brachte. Denn der persönlich haftende Skiindustrielle stand vor dem Nichts. Das gesamte Privatvermögen wurde verpfändet: Beteiligungen an Skiliften und Bergbahnen, zwei Kleinkraftwerke, ein Schloss samt Wald und Jagd, Immobilien, Sparbücher. Mit Ausnahme des eigenen Hauses blieb dem Skiindustriellen und seiner Familie nichts. "Ich bin brutal enteignet worden", berichtete er zu seinem 70. Geburtstag.

Weltmarke: Von Altenmarkt über Finnland nach China

Unter dem finnischen Amer-Konzern wurde Atomic umstrukturiert. Das Werk in Wagrain wurde geschlossen, dafür die Produktion in Altenmarkt "hochgerüstet". Ende 2003 wurde das Insolvenz-Verfahren nach neun Jahren mit einer unüblich hohen Quote von über 73 Prozent für die Gläubiger abgeschlossen - was erneut Spekulationen nährte, wonach eine finanzielle Sanierung möglich gewesen wäre. 2007 beschäftigte sich der Banken-Untersuchungsausschuss des Parlaments mit dem Konkurs. Es gab eine Sachverhaltsdarstellung an die Justiz, zu einer Anklage kam es nie.

Nach mehreren Durststrecken sieht sich Atomic heute als Weltmarktführer im Bereich Alpin-Ski und setzte 2017 rund 170 Mio. Euro um. Rund 900 Mitarbeiter in Altenmarkt und weitere 500 in einem Werk in Bulgarien fertigen heute nicht nur für Atomic, sondern etwa auch für die Schwestermarke Salomon. Das Unternehmen setzt dabei neben seinem Kerngeschäft - Ski, Skischuhe und Bindungen - verstärkt auch auf Helme, Brillen und den Boom im Bereich Tourenski und Freeride. Dabei fließen beständig Mittel in die Forschung und Entwicklung: Mit dem Einsatz von Carbon sollen die Ski leichter werden.

Seit vergangenem Freitag hält eine chinesische Investorengruppe unter Führung des Sportartikelherstellers Anta Sports rund 94,4 Prozent an der Atomic-Mutter Amer.

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