Er hatte sich vor dem Fünfsatz-Finale gegen den Deutschen Alexander Zverev einen klaren Verlauf zugunsten seines Ex-Schützlings erwartet: "Ich hätte gesagt, dass das Dominic als klarer Favorit und besserer Spieler wesentlich schneller machen würde. Deshalb war es im Endeffekt entscheidend, wie Dominic mit einem 0:2-Satzrückstand, den wirklich keiner erwartet hat, umgegangen ist. Und das war für mich wieder tief beeindruckend. Das sind diese außergewöhnlichen Qualitäten, die Dominic einfach hat seit er ein Jugendlicher ist."
Noch in der Nacht nach dem verwerteten Matchball hätten ihm diese Außergewöhnlichkeit andere Experten telefonisch bestätigt. "Für mich war das eine mentale Meisterleistung." Der Weltranglistendritte sei im US-Open-Feld mental und noch wichtiger körperlich und spielerisch wahrscheinlich der Beste gewesen. "Wahrscheinlich ist (Novak, Anm.) Djokovic der Einzige, der ihm da derzeit noch das Wasser reichen kann. Der hat sich da selber rausgespielt (Disqualifikation im Achtelfinale, Anm.)."
Thiem hingegen sei mit den Rahmenbedingungen in der New Yorker "Blase" und ohne Zuschauer einfach besser umgegangen als die anderen. "Die Leistung war eines Champions würdig", urteilte Bresnik. Thiem und Zverev seien die beiden Spieler, die man seit Jahren für die Nachfolge von Djokovic, (Roger) Federer und (Rafael) Nadal auf dem Radar habe. "Die beiden (Thiem und Zverev) haben - zumindest was die Spannung anbelangt - ein beeindruckendes Spiel abgeliefert."
Günter Bresnik: "Generationenkonflikt ist damit gelöst"
Thiem sei aber einfach der Beste im Gesamtpaket. Bresnik: "Das sage ich seit Jahren. Das hat er jetzt endlich bestätigt. Und ich hoffe, dass das jetzt endlich ein entsprechender Boost für die Zukunft sein wird, weil der wird sich nicht mit einem Grand-Slam-Titel zufriedengeben." Schon in knapp zwei Wochen bei den French Open in Paris wird aus den Top Vier der Weltrangliste neben Thiem nicht nur Djokovic, sondern auch Nadal antreten. Der verletzte Federer passt erneut.
Dass in Flushing Meadows in der Finalphase des Majors keiner der "Big Three" dabei gewesen ist, tut Thiems Erfolg für Bresnik aber keinen Abbruch. "Dominic hat die vier Spieler - also die großen Vier, da zähle ich den (Andy) Murray auch noch dazu - schon zu deren Bestzeiten geschlagen. Er hat heuer bei den Australian Open gegen Djokovic ein sensationelles Finale gespielt, dort aus meiner Sicht als besserer Spieler verloren. Es mag sein, dass das die bessere Leistung war rein spielerisch als gestern."
Daher gehe der Grand-Slam-Premieren-Triumph des 27-Jährigen für Bresnik vollauf in Ordnung. "Und diese Suderei mit diesen drei Superstars, die er wie gesagt alle schon geschlagen hat, auch auf verschiedenen Belägen, die geht den Jungen sicher auf die Nerven", schloss Bresnik in seinem ORF-Interview. "Und ich glaube, dass dieser Generationenkonflikt damit gelöst ist und die Ablöse jetzt in schneller Zeit über die Runden gehen wird."