Zum 20. Mal gastiert die UFC in Großbritannien, zum neunten Mal ist London der Schauplatz des Spektakels. In keiner anderen europäischen Stadt waren die Mixed-Martial-Arts-Athleten so häufig zu Gast. Die Zuseher werden 13 packende Kämpfe zu sehen bekommen.
Elf britische Kämpfer treten vor heimischer Kulisse an und garantieren, wie schon in den Jahren zuvor, für eine atemberaubende Stimmung in einer gefüllten O2-Arena. Wir arbeiteten anhand drei ausgewählter London-Kämpfe Gründe aus, die zeigen, weshalb diese Sportart so populär ist - Taktik, Charaktere, Emotionen.
Taktik:
Jimi "Poster Boy" Manuwa (ENG) - Corey "Overtime" Anderson (USA)
Im Hauptkampf trifft Jimi Manuwa, die Nummer 4 der Light-Heavyweight-Division auf die Nummer 7 Corey Anderson. Der Gewinner dieses Duells empfiehlt sich für einen Titelkampf oder eventuell für ein wohl hochdotiertes Duell mit Rückkehrer Jon "Bones" Jones. Zusätzlich ist dieses Matchup aus taktischer Sicht sehr interessant. Gerade diese Komponente gilt als eines der Hauptargumente der MMA-Fans in Diskussionen mit Box-Anhänger.
Im Oktagon werden im Gegensatz zum Boxring auch Beine und Ellbogen eingesetzt, dazu gesellt sich der Bodenkampf als weiterer Unterschied. Ronda Rousey, ehemalige Olympia-Bronzemedaillen-Gewinnerin im Ringen, dominierte ihre Gewichtsklasse nach Belieben und stieg zum weltweiten Superstar auf. Inzwischen wurde ein Gegenmittel zu ihren starken Ringergriffen gefunden. Das Resultat waren zwei vernichtende Niederlagen und ein im Raum stehendes Karriereende.
Zurück zum bevorstehenden Event in London: Manuwas Stärke liegt im Striking. Er setzt dabei weniger auf komplizierte Kombinationen, sondern besticht durch seine präzisen und harten Schläge. Vier seiner fünf Siege in der UFC holte er durch KO/TKO, nur einmal musste er gegen Jan Blachowicz über die volle Distanz (3x5 Minuten) gehen. Sein Gegner Anderson wird deshalb versuchen, den Kampf auf den Boden zu bringen. Falls dem so sein sollte, kommt die Takedown-Defense von Manuwa ins Spiel. Er verhindert gute 63% der gegnerischen Takedown-Versuche. Häufig setzt er im Anschluss sogar zum Gegenangriff an und attackiert den Nacken des Gegners mit Würgegriffen.
Charaktere:
Gunnar "Gunni" Nelson (ISL) vs Alan "Brahma" Jouban (USA)
Als Gunnar Nelson seine ersten vier UFC-Kämpfe gewann, galt er als kommender europäischer Star. Er konnte allerdings die um ihn entstandene Euphorie nie richtig nutzen. Spätestens nach seiner ersten Niederlage gegen Rick Story im Oktober 2014 zog der McGregor-Hype-Train im Eiltempo an ihm vorbei. Für ihn ist dieser Kampf die große Chance, wieder auf sich aufmerksam zu machen. Sein Gegner ist ausgerechnet Alan Jouban, ein Mann mit ausgesprochenem Starpotential, der sich in Szene zu setzen weiß.
Neben seiner Karriere als Sportler ist er Model und TV-Analytiker für UFC Now. Der Amerikaner gewann 2016 jeden seiner drei Kämpfe und wurde in seiner Karriere noch nie durch Submission bezwungen. Genau dort liegt aber die Stärke von Nelson. Der Isländer holte elf seiner 15 MMA-Siege durch Hebelgriffe, die seine Gegner zur Aufgabe zwangen. Doch siegen allein wird zu wenig sein, der Gewinner muss auch eine dementsprechende Show bieten. In dieser Hinsicht orientiert sich die UFC gerne am Wrestling. Kein Verband der Welt versteht es inzwischen so gut wie die UFC, Geschichten über seine Athleten zu erzählen.
Emotionen:
Brad "One Punch" Pickett vs Marlon "Chito" Vera
Bei Brad Pickett benötigt es nicht viel Phantasie, um ihn passend zu inszenieren. Der bodenständige Fanliebling lässt seine Anhänger an seinen Gefühlen teilhaben, weshalb sich viele mit ihm identifizieren können. Am Samstag steigt der Brite zum letzten Mal in das Oktagon, ein tränenreicher und emotionaler Abschied ist garantiert. Sein Kampf drohte zu platzen, als sein ursprünglicher Gegner Henry Briones wegen einer Verletzung bereits zum dritten Mal absagte. Doch Marlon Vera sprang kurzfristig ein, damit steht einem würdigen Abtritt nichts mehr im Weg.
Der britische MMA-Pionier und ehemalige Amateurboxer versuchte sich erstmals 2004 in London in einem professionellen Kampf und ging nach nur 17 Sekunden als Sieger hervor. Seine Auftritte waren immer kurzweilig, in fünf seiner ersten sechs Kämpfe in der UFC kassierte er im Anschluss die begehrte Performance-Prämie (derzeit mit 50.000 Dollar dotiert). Davor besiegte er unter anderem den amtierenden Flyweight-Weltmeister Demetrious "Mighty Mouse" Johnson, der inzwischen für viele als bester UFC-Kämpfer aller Divisionen gilt.
Dass Pickett am Samstag mit seinem Markenzeichen, einem Trilby-Hut, einläuft, ist sicher. Ob der bekennende Tottenham-Fan aufgrund des UFC-Sponsor-Deals mit Reebok auch seine Hosenträger präsentieren kann, ist mehr als fraglich. Vielleicht legt ja Präsident Dana White hinter den Kulissen ein gutes Wort ein, immerhin zählt er zu Picketts größten Fans.