Für Siebenhofer ist die berühmte Dolomiten-Skistation Cortina damit innerhalb von 24 Stunden wohl zum neuen Lieblingsort geworden. Der einstigen Lieblingsstrecke von Landsfrau Renate Götschl drückte Siebenhofer sogar einen neuen Stempel auf. Denn noch nie hat eine Rennfahrerin in einer Saison zwei Abfahrten auf der "Olympia delle Tofane", wo es 2021 wieder um WM-Medaillen geht, gewonnen. Die 27-Jährige hingegen holte sich einen Tag nach dem verkürzten Ersatzbewerb für St. Anton am Samstag auch den Sieg über die Originaldistanz.
Siebenhofer rätselt über Leistungsexplosion
"So einfach geht es offenbar, wenn es wirklich läuft", staunte Siebenhofer. "Ich habe mir oft schwerer getan, um 15. zu werden", rätselte die Fischer-Pilotin aus Krakaudorf trotz einer "keineswegs optimalen" Fahrt. Nach ihrem großen Sieg am Freitag hatte der Abend zwar länger gedauert, dank des Besuchs ihrer Mama und einiger Verwandter war aber alles unter Kontrolle und sie sei auch am Samstag nicht nervöser gewesen als sonst, betonte Siebenhofer. Niedrige Nummern waren am Samstag kein Nachteil, es siegte die 3 vor der 5 und der 7.
Nach ihrer Fahrt habe sie aber wie gesagt gar kein so gutes Gefühl gehabt und als Schmidhofer bei den letzten beiden Zwischenzeiten vorne gelegen war, eigentlich mit dem Sieg "schon abgeschlossen" gehabt, betonte Siebenhofer. "Das jetzt ist unfassbar", staunte sie und wollte sich für den abschließenden Super-G am Sonntag nicht zu viel vornehmen. "Ich weiß aber, dass ich auch einen guten Super-G-Schwung habe."
Damit haben die so ungemein stark in die WM-Saison gestarteten ÖSV-Speed-Damen von Abfahrtschef Roland Assinger in Italien eine neuerliche Machtdemonstration gezeigt. Von den bisher fünf Saison-Abfahrten ging nur die eine in Gröden (Stuhec) nicht an die ÖSV-Damen. In beiden Cortina-Abfahrten kamen neben Weltmeisterin Stuhec (3. und 2.) zwei aus ihrem Team auf das Podest.
Nachdem Siebenhofers Fischer-Markenkollegin Schmidhofer schon beim Saisonstart in Lake Louise beide Abfahrten gewonnen hatte, musste sie sich am Samstag in Italien nur ihrer Landsfrau hauchdünn geschlagen geben. "Das war grundsätzlich die richtige Reaktion auf gestern", sagte die Vortags-Elfte Schmidhofer. "Die vier Hundertstel wurmen nicht wirklich, wenn eine von uns vorne ist", sagte die Steirerin und erklärte, kurz vor dem Ziel nach einem kleinen Linienfehler nicht genug Tempo mitgenommen zu haben. "Also war der Sieg drin. Aber letztens sind die Hundertstel auf meiner Seite gewesen, jetzt halt auf ihrer", sagte die Super-G-Weltmeisterin, die sich in Italien mit Siebenhofer und Venier ein Dreier-Appartement teilt.
"Schmidi" kommt als Gesamtführende im Abfahrts-Weltcup mit acht Punkten Vorsprung auf Siebenhofer nach Garmisch, wo kommenden Samstag die letzte Abfahrt vor der WM steigt. Die Abfahrts-Aufstellung für die Titelkämpfe in Aare nimmt Formen an. Siebenhofer und Schmidhofer sind wohl ebenso fix wie Cornelia Hütter, die trotz langer Verletzungspause in Cortina 9. und 6. wurde. Stephanie Venier ließ als Vortages-Dritte zeitgleich mit Tamara Tippler Platz 13 folgen.
Christina Ager zeitgleich mit Lindsey Vonn
Mehr als eine Talentprobe war am Samstag Rang neun für Christina Ager, zeitgleich mit US-Star Lindsey Vonn. Für die einstige Slalom-Fahrerin aus Tirol war es der erste Top-Ten-Platz in einer Abfahrt. "Endlich habe ich es auch im Rennen umgesetzt", freute sich die 23-Jährige darüber, auf Augenhöhe mit ihrem Idol Vonn zu sein. "Es ist so cool, dass unser ganzes Team so stark fährt. Wir können nur lernen von Schmidi und Ramona."
Vonn verwies nach den Abfahrts-Plätzen 15 und 9 nach ihrem Comeback darauf, dass sie in der Vorbereitung ja nur Super-G trainiert habe. "Es fehlt die Sicherheit, außerdem tut mir das geschwollene rechte Knie sehr weh", erklärte die Amerikanerin. "Im Super-G erwarte ich mir mehr."