Shiffrin meinte damit, dass sie derzeit nicht so Ski fahre wie gewünscht. Und dass ihr über viele Siege aufgebautes Selbstvertrauen momentan offenbar unauffindbar ist. "Der Eindruck täuscht nicht", vermittelte Shiffrin noch im Zielraum den Eindruck froh zu sein, sich endlich etwas von der Seele reden zu können. "Ich bin jemand, der nicht immer so fest an sich selbst glaubt. Nur selten war ich so selbstbewusst dass ich sicher war, alle zu schlagen", erklärte sie. "Ich war vor allem deshalb so lange oben, weil ich härter gearbeitet habe, als die anderen. Aber Siege können schnell vorbei sein. Auch ich muss ständig Schritte nach vorne machen."
Die gelingen derzeit offenbar aber nicht. "Anfang der Saison hat sie noch locker gewonnen. Jetzt grübelt sie", analysierte Hermann Maier. "Unter Druck macht Mikaela Fehler, die ihr normal nicht passieren", ergänzte die von Shiffrin Ende 2018 als Slalom Rekordlerin abgelöste Marlies Raich. Atomic-Rennchef Christian Höflehner glaubt: "Zagreb, der Sturz in Zauchensee und die Vorjahres-Niederlage haben Auswirkungen. Aber es kommen wieder Tage, an den Mika Vlhova was zum Nachdenken gibt."
Das Momentum liegt bei Petra Vlhova
Die 24-jährige Shiffrin dominiert den Damen-Skiweltcup der Damen trotz einiger "Wackler" seit Jahren vor allem über den Slalom, wo sie lange Zeit unschlagbar zu sein schien. Doch das Momentum liegt seit kurzem eher bei Vlhova. Der einzigen Läuferin, die Shiffrin - selten aber doch - in den vergangen drei Jahren bezwungen hat. Nicht das zuletzt wieder hoch gekochte "Spygate" sondern der von ihrem Coach Mike Day bewusst eckig gesteckte zweite Lauf war aber das, was Shiffrin zu nächtlicher Stunde am meisten am Herzen lag.
"Heute ist mir wichtig klarzustellen, dass Mikes Kurssetzung nicht gegen Petra ausgerichtet war. So etwas tun wir nicht", betonte Shiffrin. "Zweitens kannst du gegen sie ohnehin nichts setzen, so wie sie derzeit Ski fährt. Petra macht derzeit alles besser als ich, ihre Technik ist perfekt. Deshalb ist sie derzeit die Beste und kann jeden Kurs gut fahren. Das wollte ich nur klarstellen."
"Gut, das von ihr zu hören", nahm Vlhova das kurz darauf erfreut zur Kenntnis. Noch im Zielraum hatte es eine Umarmung zwischen den beiden Kontrahentinnen gegeben. "Der Kampf zwischen uns ist gut und ich verstehe, wenn Mika sauer ist. Auch sie will immer gewinnen", meinte die gleichaltrige Slowakin. "Ich habe Riesenrespekt, sie ist ein Champion." Gerne würde sie mit ihrer Rivalin auch befreundet sein. "Aber wir sind beide gerade ganz oben und Jede will gewinnen. Vielleicht können wir ja später Freunde werden."
ÖSV-Damen warten seit 49 Rennen auf Slalomsieg
Die vom Italiener Livio Magoni gecoachte sowie von Vater Igor und Bruder Boris Vlha betreute Vlhova hat sich damit endgültig als Shiffrins größte Rivalin emanzipiert. Dass ihr Flachau-Sieg relativ knapp ausgefallen war, erklärte sie mit Kurs zwei sowie einigen Fahrfehlern. "So ist zumindest mein Gefühl", erklärte die Riesentorlauf-Weltmeisterin aus der Liptau, die erstmals für die Slowakei auch Weltcup-Kristall holen will.
Österreichs Damen warten nun seit schon 49 Rennen auf einen Slalomsieg, verpassten mit der Halbzeit-Dritten Katharina Liensberger auf Rang fünf auch im letzten Rennen des Salzburg-Triples in Zauchensee und Flachau einen Podestplatz. Die Plätze 5, 6, 8, 11 sowie insgesamt sechs Mädchen in den Punkten war für ÖSV-Slalomchef Johannes Zöchling aber "mannschaftlich sehr in Ordnung". "Ziel ist aber immer ein Podium. Kathi war im zweiten zu direkt unterwegs, konnte den Schwung nicht durchziehen. Schade, das wäre eine Chance gewesen."
Von einer Wachablöse an der Slalomspitze könne man zwar noch nicht sprechen, glaubt Zöchling. "Aber man sieht schon seit längerem, dass Vlhova mächtig Gas gibt und Shiffrin nicht so souverän ist wie in der Vergangenheit, wenn sie Druck bekommt."