"Domi" Thiem verliert Duell der Freunde

Dominic Thiem muss David Goffin in der Rod Laver Arena den Vortritt lassen
© getty

Jetzt hat's auch Österreichs Jungstar erwischt: Dominic Thiem scheitert im Achtelfinale des Grand-Slam-Turniers in Melbourne an einem stark aufspielenden David Goffin.

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Erst ein Österreicher hat bislang mehr denn ein Grand-Slam-Viertelfinale erreicht: Ex-French-Open-Sieger Thomas Muster nämlich, dem dies gesamt stolze neun Mal gelang. Die steirische Allzeit-Größe bleibt vorerst der einzige rot-weiß-rote Vertreter mit solch einem Eintrag in den persönlichen Erfolgslisten. Denn Dominic Thiem ist bei den Australian Open in Melbourne an diesem Tag an einem zweiten Viertelfinale auf höchster Turnierebene vorbeigeschrammt. Der achtgesetzte Niederösterreicher (ATP 8) verlor am Montagmorgen nach MEZ im Achtelfinale in der Rod Laver Arena gegen seinen elftgereihten Freund David Goffin (ATP 11), nach 2:43-stündigem Kampf und trotz einer 1:0-Satzführung, mit 7:5, 6:7 (4), 2:6, 2:6. Während sich der 23-Jährige mit 220.000 Australischen Dollar und 180 ATP-Zählern trösten muss, so kann sich sein Bezwinger bereits jeweils über das Doppelte freuen. Der 26-jährige Belgier könnte damit den erstmaligen Sprung unter die Top Ten in der Welt geschafft haben und besitzt zudem gute Chancen, in Down Under sogar noch weiter zu kommen - mit dem Bulgaren Grigor Dimitrov (ATP 15) oder dem Usbeken Denis Istomin (ATP 117), den Zweitrunden-Sensationsgewinner über den Serben Novak Djokovic (ATP 2), erwartet ihn am Mittwoch im Spiel um einen Platz im Halbfinale auf jeden Fall ein schlechter gereihter Gegner.

Thiem nur zwei Sätze lang auf der Höhe

Thiem war mit drei Vier-Satz-Erfolgen und guten, wenn auch nicht überragenden Leistungen, über die im Vorjahr erreichte dritte Runde hinausgekommen und erstmals ins Achtelfinale der "Major"-Hartplatzveranstaltung im Melbourne Park vorgedrungen. Ins Match mit Goffin ging er zwar mit einer 3:5-Bilanz (inklusive der Niederlage aus dem Acapulco-Qualifikationsfinale 2014, die fürs offizielle Head-to-head der ATP jedoch nicht zählt), allerdings auch mit der für ihn beruhigenden Gewissheit, das so wichtige letzte Duell im French-Open-Viertelfinale 2016 für sich entschieden zu haben - als es damals gegeneinander um den erstmaligen Einzug unter die Top Ten gegangen war. Während Thiem seitdem längst zu einem festen Bestandteil dieses Kreises geworden ist, steht Goffin nach wie vor erst an der Schwelle zu diesem. Und dennoch hatte sich der Österreicher wie auch sein Headcoach und Manager Günter Bresnik vor diesem Aufeinandertreffen ungemein vorsichtig gezeigt: "Goffin ist ein total harter Brocken. Wenn er das schafft, würde ich zumindest eine Kerze in der Kirche anzünden", war Bresnik im Vorfeld von der "Austria Presse Agentur - APA" zitiert worden. Doch zunächst gab sein Schützling in der größten Arena dieser Anlage nach einem kleinen Fehlstart den Ton über weite Strecken an und schien mit seiner variantenreichen Taktik erneut auf dem Erfolgsweg zu sein.

Gleich mit der ersten Breakchance hatte Thiem das 0:2 kassiert, in der, vor allem in den ersten zwei Sätzen, von etlichen schnellen und hochklassigen Grundlinien-Ballwechseln dominierten Partie aber postwendend zurückgeschlagen. Trotz drei Gamebällen für Goffin nahm er diesem gar nochmals den Aufschlag zum 3:2 ab, musste diesen Vorteil sofort wieder hergeben, ehe er bei 5:5 nach einem starken Return neuerlich breakte und zu null zur Satzführung ausservierte. Der zweite Abschnitt verlief ohne jegliche Möglichkeiten für die jeweiligen Rückschläger, bis sich Thiem bei 4:5 ganz plötzlich mit einem 0:40 konfrontiert sah. Der Lichtenwörther wehrte sämtliche drei Satzbälle mit nacheinander einem Vorhand-Winner, einem Service-Winner und einem Ass und auch noch einen vierten Satzball, als er Goffin zum Fehler zwang, ab. Es sollte jedoch nichts nützen, denn im wenig später entscheidenden Tiebreak holte er zwar ein 0:3 mit zwei Minibreaks und ein 1:4 zum 4:4 auf, verlor dann aber doch die nächsten drei Punkte und hiermit den Durchgang. Es war die Wende in der Partie. In weiterer Folge konnte Thiem nicht mehr an seine bis dahin gute Vorstellung anschließen. Besonders auch sein Aufschlag ließ ihn über weite Strecken im Stich und es gelang ihm nicht mehr, die Fehlerquote niedrig zu halten, während sich Goffin frisch, quirlig und in Summe nun von seiner besten Seite präsentierte.

Goffin mit halb so vielen Eigenfehlern wie Thiem

Thiem musste im dritten Satz jeweils nach Kampf über Einstand sein Service zum 2:3 und 2:5 abgeben, Goffin servierte nach Abwehr eines Breakballs aus - es blieb der letzte des rot-weiß-roten Shootingstars. Im vierten Abschnitt folgten zwei Aufschlagverluste trotz 40:30-Führung zum 1:2 und zu null zum 2:5. Speziell im dritten Durchgang hatte Thiem die Fehlerquote ganz und gar nicht im Griff, sieben Winnern standen satte 18 Eigenfehler gegenüber. Letztlich wies seine Statistik, bei 43 angebrachten Punktschlägen, nicht weniger als 58 unerzwungene Fehler aus - Goffin vermochte diese Zahl dahingegen genau bei der Hälfte, 29, zu halten, und das bei nicht mal wesentlich weniger erzielten Winnern (38). Unter dem Strich fiel die Niederlage für Thiem also hochverdient aus, herzlich gratulierte er Goffin am Netz zu dessen zweiten Grand-Slam-Viertelfinale, nach Paris im letzten Jahr. Der Unterlegene bleibt der erste österreichische Australian-Open-Achtelfinalist seit Jürgen Melzer 2011 - Stefan Koubek allerdings weiter der letzte Viertelfinalist in Melbourne, vor exakt 15 Jahren. Ein Umstand, welchen Thiem wohl in den nächsten Jahren zu ändern wissen wird. Daran zweifeln die wenigsten Experten, und auch Goffin wohl kaum: "Es ist unmöglich, den Ball härter zu schlagen als Dominic", zollte er dem Shootingstar in seiner Pressekonferenz nach seinem Sieg gehörigen Respekt.

Für Thiem war in erster Linie der zweite Satz ausschlaggebend. "Bei Fünf-Satz-Matches ist es halt ein Riesenunterschied, ob man 2:0 in Sätzen vorne ist oder ob es 1:1 steht, vor allem nach so einem langen und knappen Satz. Ich habe das Gefühl gehabt, dass das Match darauf wieder offen war und er dann in den Sätzen drei und vier davongezogen ist", nachdem er selbst zuerst noch den Ton angegeben hatte und Goffin auch mit seinen Slicebällen mehrfach vor Probleme gestellt hatte. "Er hat dann sein Level angehoben und ich war vielleicht doch ein bisserl down wegen dem Verlust des zweiten Satzes, weil ich doch bei 5:5, 30:30 (es stand in diesem Game sogar 15:30; Anmerkung) ganz gute Chancen aufs Break gehabt habe", erklärte er jeweils laut "Austria Presse Agentur - APA". Hauptproblem sei freilich das Verhältnis zwischen Winnern und unerzwungenen Fehlern gewesen: "Ich habe 13 Fehler mehr gemacht als Winner - und er neun Winner mehr als Fehler. Da kommt dann das Ergebnis zustande." Das Soll habe er durch das Erreichen des Achtelfinals zwar freilich erfüllt, aber "man zieht immer zwiespältig Bilanz. Einerseits ist es ein gutes Ergebnis, hier das erste Mal die zweite Woche erreicht zu haben und andererseits war ich von einer 2:0-Satzführung nicht weit entfernt", wusste er, "und dann weiß auch niemand, was passiert." Der vergebenen Chance wolle er aber nicht zu sehr nachtrauern.

Thiem: "David hat verdient gewonnen"

"Die ersten zwei Sätze waren, vom Spielerischen her, recht solide", befand Thiem später dann noch auf seiner offiziellen facebook-Fanseite, doch bloß diese. "Ab dem Tiebreak hat sich das allerdings geändert. David hat von da an richtig gut und nahezu fehlerfrei zu spielen begonnen - meine Fehlerrate ist im Gegensatz dazu steil nach oben gegangen. Wahrscheinlich wäre ich anders in den Dritten mit einer 2:0-Führung gegangen, aber daran kann man jetzt leider nichts mehr ändern. David hat verdient gewonnen", gab er offen zu. "Und ich wünsche ihm für seine nächste Runde alles Gute." Sein Gesamtresümee fiel dennoch recht positiv aus: "Trotz meiner Enttäuschung heute kann ich im Allgemeinen mit dem Abschneiden zufrieden sein."

Hier die Ergebnisse der Australian Open: Einzel, Doppel, Einzel-Qualifikation.

Hier der Spielplan.

Dominic Thiem im Steckbrief

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