Von Ulrike Weinrich aus Melbourne
Am Ende eines bemerkenswerten Tages hatte Dominic Thiem gut lachen. Die am witzigsten anmutende Aussage meinte der 24-Jährige aber wirklich ernst. "Ich dusche immer warm, und das habe ich auch heute nach dem Match gemacht. Denn ich hasse Eisbäder", sagte Thiem knapp eine Stunde nach dem 6:7 (6:8), 3:6, 6:3, 6:2, 6:3 im Fünfsatz-Thriller gegen Qualifikant Denis Kudla aus den USA.
Eine gewöhnungsbedürftige Angewohnheit - diese Sache mit dem milden Schauer in Dauerschleife. Wenn man bedenkt, dass die emotionale Achterbahnfahrt in der Margaret Court Arena nicht nur 3:48 Stunden dauerte, sondern auch bei extrem Temperaturen von bis zu 39 Grad Celsius stattfand. "Die Bedingungen heute waren schon sehr hart", erklärte Thiem, der in der Partie um den Sprung ins Achtelfinale am Samstag auf Adrian Mannarino trifft. Gegen den an Position 26 gesetzten Franzosen hat der "Dominator" eine makellosen Bilanz von 6:0-Erfolgen.
"Der Jetlag holt mich öfter nochmal ein"
Auf die leichte Schulter will Thiem den kommenden Kontrahenten trotz der überdeutlichen Statistik nicht nehmen. Zumal er in seinem Zweitrunden-Match am Donnerstag selbst Probleme hatte. "Ich habe mich nicht ideal gefühlt und hatte gerade am Anfang meine Problemchen", berichtete der Weltranglistenfünfte. Eine Erklärung hatte Thiem auch parat: "Bei mir kommt es öfter mal vor, dass mich der Jetlag noch einmal einholt, auch wenn ich schon ein- bis eineinhalb Wochen irgendwo bin."
Mit viel Schlaf, intensiver Pflege von Physio Alex Stober und einer lockeren Trainingseinheit am noch heißeren Freitag (41 Grad Celsius) will sich der zweimalige French-Open-Halbfinalist für die nächste Aufgabe rüsten. Thiem erwartet, dass er am Tag nach seinem hart erkämpften Sieg Muskelkater haben wird. So viele Fünfsatzpartien hat der Lichtenwörther in seiner Karriere noch nicht bestritten. Beim Happy Slam Down Under war es sogar sein Debüt über die volle Distanz.
Achterbahnfahrt mit Thiem als Kapitän
Und der Frischling kämpfte sich nach dem empfindlichen Rückstand eindrucksvoll zurück. "Ich bin eigentlich immer positiv geblieben, weil ich auch in den ersten beiden Sätzen meine Chancen hatte", sagte Thiem. Wohlwissend, dass der Weltranglisten-190. Kudla einen ganz starken Tag erwischt hatte.
Zwei Tagen nach seinem aufsehenerregenden "Tweener" im Auftaktmatch gegen Guido Pella (Argentinien) leitete "Magic" Thiem mit dem Break zum 5:3 im dritten Satz seine Aufholjagd ein. Insgesamt glückten ihm 21 Asse. Während Kudla im Glutofen von Melbourne physisch und psychisch abbaute, packte der Favorit seine Gelegenheiten im Stil eines Weltklassespielers beim Schopf. Die Achterbahnfahrt mit Thiem als Kapitän im Cockpit fand dann ein Happy End.
Auch Coach Bresnik war erleichtert
Überglücklich ließ sich der Austria-Star, der noch nie bei einem Grand-Slam-Event so hoch gesetzt war wie diesmal (Nr. 5), nach der Begegnung von den Fans feiern, während auch Coach Günter Bresnik in der Box erleichtert aussah. Letztmals war Thiem im Sommer 2016 bei einem Major in der zweiten Runde gescheitert. Seitdem hatte er auf Major-Ebene viermal im Achtelfinale und einmal im Halbfinale gestanden.