"Wir sind Uli Hoeneß sehr dankbar"

Florian Regelmann
22. Oktober 201410:10
Jordi Bertomeu hat die Euroleague als Boss in den letzten Jahren weltweit vorangetriebengetty
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Euroleague-Boss Jordi Bertomeu erklärt im SPOX-Interview, wie das komplizierte Lizenzierungssystem reformiert werden soll und was seine Vision ist. Außerdem spricht Bertomeu über Uli Hoeneß, ein Final Four in Deutschland und schimpft über die FIBA.

SPOX: Herr Bertomeu, die NBA hat die Global Games veranstaltet, aber auch die Euroleague ist mittlerweile weltweit aktiv, sechs Mannschaften waren auf vier Kontinenten unterwegs in der Preseason, darunter war ein Besuch des FC Barcelona in China. Was erhoffen Sie sich davon?

Jordi Bertomeu: In erster Linie wollen wir natürlich die Euroleague und unsere Teams promoten. Nehmen wir China: Das ist ein riesengroßer Markt im Weltsport, der ständig wächst und in dem eine ganz große Begeisterung für die NBA herrscht. Wir wollen ihnen aber zeigen, dass es noch mehr gibt als die NBA. Dass unser Basketball in Europa auch wunderschön und spektakulär anzuschauen ist. Deshalb machen wir solche Trips.

SPOX: Einer Ihrer zentralen Punkte auf der Agenda ist die Reform des Lizenzierungssystems für die Saison 2015/2016. Im Moment verstehen wohl nur absolute Basketball-Experten das Prozedere, man kann fast wissenschaftliche Arbeiten über das Thema verfassen. Wie wollen Sie es in Zukunft angehen?

Bertomeu: Sie haben den wichtigsten Punkt bereits angesprochen. Wir haben das aktuelle System 2009 eingeführt und müssen jetzt ehrlicherweise feststellen, dass wir damit unser Ziel, es erfolgreich zu kommunizieren, nicht erreicht haben. Ganz einfach deshalb, weil es bei Fans, Medien und teilweise auch den Klubs für Konfusion gesorgt hat, viele Leute verstehen nicht, wie es wirklich funktioniert. Wenn Klubs lange nicht wissen, ob sie jetzt dabei sind oder nicht, ist es schwierig. Wir wollen das System vereinfachen und für jeden viel verständlicher machen. Es wird nur noch maximal drei A-Lizenzen pro Land geben und das Wichtigste: Wir ersetzen das Nationen-Ranking und vergeben eine fixe Anzahl an B-Lizenzen an verschiedene Länder, darunter auch an Deutschland. Dann weiß jeder, dass der Champion, oder der Finalist, in der kommenden Saison in der Euroleague spielen wird. Was die BBL angeht, wird es also so sein, dass der Meister weiter seinen Platz haben wird, dazu verteilen wir traditionell eine Einladung an ein weiteres Team. Das hat sich bewährt und wenn nicht unerwartet etwas passiert, wird das auch so bleiben. Eine A-Lizenz für einen deutschen Klub sehe ich momentan noch nicht, dafür muss ein Team über einen längeren Zeitraum das Geschehen dominieren. SPOX

SPOX: Die Reform soll aber nur ein Schritt sein, was ist die Vision?

Bertomeu: Die Vision ist, dass sich die Euroleague zu einer wahren Europaliga entwickelt. Eine Europaliga, die als eine Art Pyramiden-Modell funktioniert. Es soll ein Auf- und Abstieg zum Eurocup möglich sein, der sportliche Wettbewerb soll mehr und mehr im Fokus stehen. Damit hätten wir auch ein Modell, das die europäische Sportkultur widerspiegelt. Im Moment ist es aber noch eine Vision, wir müssen jetzt mit den Ligen zusammenarbeiten, um auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, womit wir wieder beim Thema Financial Fair Play sind. In allen Ländern muss es die gleiche stabile Struktur geben, wir müssen die Lizenzen nach wirtschaftlicher Prüfung vergeben, ansonsten haben wir keinen fairen Wettbewerb. Was in Deutschland gilt, muss auch in Russland gelten. Ich kann Ihnen nicht garantieren, dass es kommen wird, aber wir arbeiten daran.

SPOX: In dieser Saison hat Alba Berlin die Wildcard bekommen. War die Entscheidung ein No-Brainer?

Bertomeu: Das kann man so sagen. Sehr guter Markt, großartige Arena, sehr wettbewerbsfähige Mannschaft - Berlin erfüllt alle Kriterien, die wir uns wünschen. Wir sind froh, dass Alba wieder zurück in der Euroleague ist. Wir sind generell sehr zufrieden, wie sich die BBL entwickelt. Ligen, die wachsen, wollen wir belohnen, auch deshalb war die Entscheidung für Alba leicht. Genauso leicht wie die Entscheidung für Bayern im letzten Jahr.

SPOX: Sie sprechen die Bayern an. Gehen Sie davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Bayern um den Titel kämpft?

Bertomeu: Das ist unsere Hoffnung und das ist mit Sicherheit auch die Hoffnung der Bayern. Ob es letztlich reicht, um ins Final Four zu kommen, hängt immer auch von verschiedenen Faktoren ab wie Verletzungen, Tagesform oder andere Dinge. Aber Bayern gehört sicher zu den Klubs, die die Ambitionen haben, um die Krone mitzuspielen. Das ist auch normal für eine so große weltweite Sportmarke. Da sind die Bayern ähnlich zum FC Barcelona. Barca will immer gewinnen, ob das im Fußball, Basketball oder Handball ist. Das gleiche gilt für die Bayern.

Seite 1: Bertomeu über deutsche Teams und das Lizenzierungssystem

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SPOX: Der Mann, der dafür gesorgt hat, dass es den FC Bayern Basketball überhaupt gibt, sitzt aktuell im Gefängnis: Uli Hoeneß. Wie beurteilen Sie seine Verdienste für die Bayern Basketballer?

Bertomeu: Es steht außer Zweifel, welch großen Anteil Uli Hoeneß daran hat, dass sich Basketball in München so etabliert hat. Ohne ihn würden wir jetzt gar nicht darüber sprechen. München, die BBL, Basketball-Europa - wir sind Uli Hoeneß alle sehr dankbar für alles, was er für den Basketball-Sport getan hat, keine Frage.

SPOX: Was München allerdings fehlt, ist eine neue Arena...

Bertomeu: Wir wünschen uns natürlich, dass alle unsere Teams in brandneuen und topmodernen Arenen spielen, das ist sicherlich auch die Zukunft. In München ist fast jedes Spiel ausverkauft. Das zeigt, was für ein Potenzial und was für eine Fan-Base vorhanden ist. Ich bin mir sicher, dass München alles tun wird, um eine neue Arena zu bauen. Es gibt ja bereits Pläne für eine neue Halle im Olympiapark, die dann ein neues Zuhause für Basketball und Eishockey in München werden könnte.

SPOX: Ohne taugliche Arena ist München natürlich aktuell kein möglicher Standort für ein Final Four. Sie haben immer betont, dass die Euroleague wieder nach Deutschland zurück will mit dem Final Four. 2009 war das Final Four in Berlin, ein Jahr zuvor in Madrid, jetzt ist 2015 wieder Madrid an der Reihe... Wann ist es soweit für Deutschland?

Bertomeu: Relativ bald.

SPOX: Heißt konkret?

Bertomeu: Wir befinden uns in Gesprächen mit verschiedenen Städten, unter anderem Berlin, Köln und Hamburg. Je früher wir wieder das Final Four in Deutschland austragen können, desto besser. Wir suchen noch nach dem richtigen Zeitpunkt, aber wir werden in der näheren Zukunft das Final Four wieder in Deutschland haben, das kann ich Ihnen versprechen. Uns geht es schließlich immer darum, in unsere wichtigsten Märkte zu gehen, in denen es eine große Basketball-Tradition gibt. Deshalb gehen wir im nächsten Jahr auch wieder nach Madrid, eine Stadt, die alle Voraussetzungen erfüllt, um ein toller Ausrichter zu sein. Wir sind zuversichtlich, dass wir in Madrid erneut ein großartiges und erfolgreiches Event erleben werden.

SPOX: In unserem letzten Interview haben wir über ein potenzielles Matchup zwischen dem NBA- und dem Euroleague-Champion gesprochen. Gibt es diesbezüglich Fortschritte?

Bertomeu: Wir haben es der NBA vorgeschlagen, einen Wettbwerb einzuführen, aber es ist kompliziert. Es ist einfach nicht das Konzept der NBA, ihre Klubs in einem Wettbewerb mit Non-NBA-Teams antreten zu lassen. Ich wäre sehr überrascht, wenn sich das ändern würde. Nichtsdestotrotz führen wir gute Gespräche mit dem neuen Commissioner Adam Silver, zuletzt bei der WM in Barcelona. Wir haben uns darauf verständigt, dass beide Seiten alles versuchen wollen, dass man noch enger und besser zusammenarbeitet. Aber es ist noch zu früh, um zu sagen, was daraus vielleicht entstehen kann.

SPOX: Abschließend noch ein Thema, das Sie wahrscheinlich auf die Palme bringen wird. Die FIBA plant, ab 2017 Qualifikationsspiele während der Saison auszutragen. Ein Unding?

Bertomeu: Ich sage Ihnen folgendes: Wir haben ein Prinzip. Wenn du den bestmöglichen Wettbewerb haben willst, dann sollten auch die besten Spieler auf dem Court stehen. Wenn du dich nicht an dieses Prinzip hältst, enttäuschst du zum einen die Fans und zum anderen ist es dann kein fairer Wettbewerb mehr, wenn ein Team nicht seine besten Spieler zur Verfügung hat. Wir haben ein schriftliches Abkommen mit der FIBA, das beinhaltet, dass Spiele während der Saison nicht erlaubt sind. Das ist aber gar nicht der entscheidende Punkt. Der entscheidende Punkt ist, dass wir daran denken müssen, was das Beste für den Basketball-Sport ist. Die NBA wird nicht ihre Saison unterbrechen, weil die FIBA Qualifikationsspiele macht. Natürlich nicht. Warum wollen wir die Fans mit solchen Entscheidungen enttäuschen? Das verstehen wir nicht und deshalb kämpfen wir dagegen. Nochmal: Wir haben eine Vereinbarung, aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass die FIBA wie die FIFA sein will, aber die Realität ist eine ganz andere. Die FIFA ist der oberste Dachverband im Weltfußball, die FIBA ist das aber nicht im Weltbasketball, weil es die NBA gibt. Die FIBA meint, sie sei wie die FIFA, das ist sie aber nicht. Diese Realität kann man nicht einfach ignorieren, das ist der Punkt.

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