"Ein lautes, extrovertiertes Arschloch: Jan Ulrich schildert seinen Drogenabsturz - samt einer Sporttasche voller Geld an der sich jeder bedienen durfte

Von Niklas Staiger
Jan Ullrich
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Der ehemalige Radsport-Profi Jan Ullrich veröffentlicht mit dem Buch "Himmel, Hölle - und zurück ins Leben" seine Geschichte vom Doping-bedingten Ende seiner Karriere, über seinen Drogen-Konsum bis hin zur Rückkehr ins normale Leben.

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"Ich war nicht bereit, mich mit meiner Vergangenheit und meinen Fehlern auseinanderzusetzen. Ich sah mich immer noch als Opfer der Umstände", erklärt Ullrich in seinem neuen Buch, aus dem die Bild-Zeitung Auszüge bereits vorzeitig veröffentlichte, über die Zeit nach seinem Doping-Skandal in den späten 2000er Jahren. Anstatt diese Themen zu verarbeiten, griff er zunächst zu Alkohol - und später auch zu Drogen.

"Ich verfiel in eine tiefe Depression. Und irgendwann griff ich nicht mehr bloß zum Alkohol, um die Leere in mir auszufüllen. Ich griff auch zu Kokain", gibt Ullrich zu. Zunächst sei das immer heimlich in seinem Keller passiert, doch eines Tages erwischte ihn Ehefrau Sara Ullrich, fand ein kleines Tütchen "mit weißem Pulver" und konfrontierte ihn.

Es folgte eine Therapie, ein Rückfall - und ein Umzug mit der Familie nach Mallorca. Doch auch auf Mittelmeerinsel kommt der Ex-Radsportler nicht vom Kokain los und so folgte die Trennung. "Sara konnte nicht mehr. Sie musste sich einen Schutzpanzer um ihr Herz bauen", sieht Ullrich die Situation im Nachhinein ein, "wenn sie jetzt nicht gehen würde, würde sie zerbrechen."

Der Absturz allein auf Mallorca

Seine heutige Ex-Frau zog mit den Kindern zurück nach Deutschland. Jan Ullrich blieb 2018 alleine auf Mallorca zurück - und sein ehemaliges Familien-Heim wurde zur "Rockstar-Hölle".

"Rund um die Uhr kamen irgendwelche Leute rein, die ich noch nie gesehen hatte. Schauspieler, Künstler, Kriminelle, Rocker, Milieu-Leute. Jeder war hier willkommen", berichtet Ullrich von der damaligen Zeit. "Die Drogen machten aus mir einen neuen Menschen. Ein lautes, extrovertiertes Arschloch", beschrieb er sich selbst.

Das gipfelte darin, dass er sein Haus gar nicht mehr verlassen wollte - und er sich mit einer großen Sporttasche bei der Bank eine Menge Geld abholte. "Ich nannte ihm eine absurd hohe Summe und knallte eine Sporttasche auf den Schalter. Als ich wieder zu Hause war, ging ich in mein Schlafzimmer und schüttete das Geld einfach auf den Fußboden." Wollte jemand Geld von ihm - etwa für Drogen oder ein Angestellter für seine Arbeit - ging Ullrich mit ihm ins Schlafzimmer und erklärte ihm, "er solle sich einfach bedienen".

Jan Ullrich (mitte) am 25. Juni 2024 beim Adidas Three Stripes Festival zusammen mit Tobias Angerer (links) und Gerd Schönfelder (rechts).
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Vom "Arschloch" zurück ins Leben

Doch Ullrich hat es aus der Drogen-Sucht heraus geschafft. Mit Hilfe seiner Freunde und auch viel Glück, wie er selbst zugibt. "Ich hasste mich teilweise selbst für die Person, die ich geworden war."

Doch ohne Selbstachtung sei es schwer, sich in seiner Umwelt zurechtzufinden. Diese hat er mittlerweile gelernt - und erklärt, wie es funktioniert: "Indem man das Idealbild, das man von sich selbst hat, in Einklang mit seinen Tagen bringt. Das klingt ganz einfach. Oftmals ist es aber unendlich schwer."

Doch heute hat er "endlich sein Glück im Leben gefunden". Er sei über alle Grenzen gegangen, um die Schönheit seines Lebens zu erkennen. "Es war ein verdammt langer und anstrengender Weg. Aber es hat sich gelohnt."