Liebe FIFA-Freunde,
mit dem Finale des FIFA Interactive World Cup steht das FIFA-Highlight der Saison vor der Tür. Ich habe schon mehrere größere Turniere gespielt, aber auf dieses freue ich mich wie ein kleines Kind. Früher habe ich die Livestreams geschaut und jetzt bin ich selbst dabei - das ist einfach ein Traum.
Zumal es für mich keinen besseren Zeitpunkt für meine erste Teilnahme geben könnte! In diesem Sommer habe ich mein Abitur abgeschlossen und natürlich irgendwann will ich auch studieren. Sonst stehe ich nach zehn Jahren FIFA da und kann nichts vorweisen. Aber jetzt will ich mich erstmal mindestens ein Jahr lang voll auf FIFA fokussieren. Und für die Leute, die es interessiert: Man kann mittlerweile von FIFA leben.
Einen entscheidenden Schritt zum FIFA-Profi habe ich vor rund einem Jahr gemacht, als ich bei meiner Agentur STARK eSports einen Marketingvertrag unterschrieben habe und sie mich an den VfL Wolfsburg vermittelt hat.
Seit dem Abitur spielt Wolfsburg eine immer größer werdende Rolle in meinem Alltag, letzte Woche war ich zum Beispiel beim Stadionfest und habe gegen einige Fans gespielt. Wenn sich Leute extra dafür anstellen, um gegen mich zu spielen, ist das auf der einen Seite irgendwie absurd, auf der anderen Seite schmeichelt es mir natürlich.
Durch den VfL eröffnen sich natürlich komplett neue Möglichkeiten und ich durfte zum Beispiel mit der U23 nach Amerika ins Trainingslager. Auch die Profis sind leidenschaftliche FIFA-Spieler und ich habe gehört, dass sie sich schon mal nach dem Training bei der Tankstelle FIFA-Packs holen und zocken. Gespielt habe ich bisher nur gegen Yannick Gerhardt und Paul Seguin, die beide gar nicht so schlecht waren.
Auch wenn die Rückendeckung des Vereins komfortabel ist, sind die Ergebnisse der Turniere, bei denen ich den VfL Wolfsburg repräsentiere, sehr wichtig für mich. Einerseits steigt meine Popularität, andererseits bringt es Geld. Kürzlich ging es beispielsweise bei einem Event in Berlin konsolenübergreifend um 160.000 Dollar. Der PS4-Gewinner bekam 80.000 Dollar, der Zweite immerhin noch 30.000 Dollar. Ich zog ins im Finale ein und dort stand es nach 120 Minuten remis. Im Elferschießen ging es somit um 50.000 Dollar. Doch das habe ich leider vergeigt und meinem Spitznamen Vize-Mox alle Ehre gemacht.
Aber die Preisgelder steigen stetig und beim FIWC erhält der Gewinner sogar 200.000 Dollar. Dementsprechend ist die mediale Aufmerksamkeit im Vorfeld enorm. Ich habe vermehrt Interviewanfragen erhalten und musste hier und da auch eine Dokumentation filmen. Da ich gerne vor der Kamera stehe, sehe ich das aber nicht als Belastung, sondern als Chance, eSport noch populärer zu machen.
Gleichzeitig musste ich natürlich dafür sorgen, dass ich genug trainieren kann. Seitdem ich FIFA hauptberuflich betreibe, spiele ich für gewöhnlich ein bis zwei Stunden täglich und teilweise auch mal ein paar Tage gar nicht. Grundsätzlich trainiere ich fast nur mit anderen FIFA-Profis. Würde ich mit Freunden trainieren, wäre das so, als ob Ronaldo mit einem Kumpel Flanken trainiert. Das bringt einen nicht weiter.
Im Vergleich mit anderen FIFA-Profis trainiere ich weniger, aber ich habe für mich selbst festgestellt, dass die Gefahr sehr groß ist, dass ich mich überspiele. Außerdem habe ich mittlerweile 2.000 Spiele bei FIFA17 bestritten und brauche nicht mehr so viel Training. Trotzdem habe ich mein Training vor dem FIWC intensiviert und in der letzten Woche rund 50 Matches gezockt.
Ich bin übrigens schon am Sonntag nach London geflogen, weil wir mit dem Veranstalter noch eine Dokumentation gedreht haben, in der wir mit dem Klischee aufräumen wollen, dass eSportler nur daheim sitzen, sondern auch andere Interessen und Hobbys haben.
Glücklicherweise zahlt EA unseren Flug sowie das Hotel und wir dürfen noch eine Begleitperson mitnehmen. Ich habe mich für Erhan "Dr. Erhano" Kayman entschieden, weil er mir vor Ort mit Tipps helfen kann, wenn ich mir an einem Gegner die Zähne ausbeiße. Außerdem habe ich immer mein Management von STARK eSports und Mitarbeiter des VfL Wolfsburg dabei, die mich optimal unterstützen.
Vor Ort sind wir bei solchen Events traditionell nicht komplett frei: Wir bekommen einen ziemlich detaillierten Zeitplan und müssen zum Beispiel um 8 Uhr morgens abfahrbereit sein - wer frühstücken will, muss das bereits davor machen. Dann Abfahrt, Ankunft, Maske, zwischendurch noch Interviewtermine und natürlich die FIFA-Matches selbst - es ist eng getaktet. Gerade diese mediale Aufmerksamkeit kenne ich durch den VfL Wolfsburg mittlerweile. In meinen Augen gehört so eine Organisation zu jedem professionellen Event dazu, sonst wäre es eine Amateurveranstaltung.
Trotz all der Verpflichtungen will ich die freien Abende für Sightseeing nutzen, den Big Ben will ich auf jeden Fall sehen. Aber ich werde nicht bis tief in die Nacht unterwegs sein, der Fokus liegt logischerweise auf dem Turnier. Hoffentlich habe ich mehr Glück als in Berlin.
Euer Timo