SPOX: Herr Beckenbauer, der FC Bayern hat nach Manuel Neuer und Rafinha jetzt auch den Transfer von Jerome Boateng perfekt gemacht und damit insgesamt 44 Millionen Euro investiert. Wie ist Ihre Einschätzung zur Einkaufsoffensive?
Franz Beckenbauer: Ich denke, jetzt sind sie komplett. Was sich der FC Bayern in diesem Jahr an Transfers geleistet hat, da muss man sagen: allen Respekt. Es ist sicherlich die beste Mannschaft seit langem, hoffentlich können sie es jetzt auch umsetzen. Die Neulinge werden am Anfang eine gewisse Zeit brauchen, um sich einzugewöhnen, aber wenn nichts Größeres passiert, können wir uns wirklich auf eine großartige Saison freuen.
SPOX: Es ist klar, dass die Abwehr nach 40 Gegentoren in der letzten Saison wieder stabiler werden soll. Mit Neuer, mit Boateng, und eben mit Rafinha, was halten Sie vom Brasilianer?
Beckenbauer: Rafinha ist ein sehr unbequemer Spieler - aber für den Gegner. Ich bin wirklich sehr froh, dass der FC Bayern wieder Risiko gegangen ist und das Geld in die Hand genommen hat, um in die Mannschaft zu investieren. Louis van Gaal in allen Ehren, aber bei Transfers hat er sich mehr geweigert, als sie zu tätigen. Er wollte es mit der Jugend ausgleichen. Es ehrt ihn, dass der dem Klub Geld sparen wollte, aber in dem Fall war es jetzt richtig, das Geld, das man zur Verfügung hat, auch zu investieren.
SPOX: Die Verpflichtung von Rafinha hat vor allem auch die Folge, dass Philipp Lahm wieder auf die linke Seite zurückwechselt...
Beckenbauer: Ich war schon immer ein Befürworter, dass er auf dieser Position bleibt. (lacht) Links ist er eben effektiver als rechts, einfach wirkungsvoller. Also wer das nicht sieht, da weiß ich auch nicht mehr weiter.
SPOX: Jetzt haben wir noch gar nicht über Manuel Neuer gesprochen. Er geht extrem gelassen damit um, dass es einen kleineren Teil von Bayern-Fans gibt, die seiner Person nach wie vor nicht positiv gegenüberstehen. Was sagen Sie zu dem Theater?
Beckenbauer: Das muss jetzt irgendwann mal ein Ende haben. Leute, die sich so verhalten, sind Zerstörer. Das sind Feinde des Klubs, das sind keine Fanklubs. Sie sollten endlich mal aufhören.
SPOX: Neuer soll hinten den Laden dicht machen und vorne wird die Frage sein, ob Mario Gomez seine beeindruckende Torquote aus der letzten Saison halten kann. Wo muss seine Entwicklung noch hingehen? Ist er in Ihren Augen ein Weltklasse-Stürmer geworden?
Beckenbauer: Ich denke schon. Wenn jemand in der Bundesliga, die ja zu den stärksten Ligen der Welt gehört, so dominant auftritt, dann muss man ihn in die Weltklasse einstufen.
SPOX: Dass die Meisterschaft das Ziel Nummer eins sein muss, ist logisch. Aber dann gibt es ja auch noch die Champions League, mit dem Finale in München...
Beckenbauer: Vielleicht war das auch noch eine zusätzliche Motivation für den Klub, um zu sagen: "Mensch, jetzt haben wir das Champions-League-Finale in München, es wäre schön, wenn wir da im Finale wären, also müssen wir investieren." Möglicherweise war das der Grundgedanke.
SPOX: Bleiben wir aber noch mal bei der Meisterschaft. Dortmund, Leverkusen, Bayern - sehen Sie irgendeinen anderen Klub, der in den Titelkampf eingreifen könnte?
Beckenbauer: Ich sehe im Moment niemanden. Die Großen der letzten Jahre, wie Bremen, Schalke oder Stuttgart, haben sich nicht entscheidend verstärkt. Hamburg setzt mehr auf die Jugend als auf große Transfers. Sie werden es schwer haben. Ich halte es für gut möglich, dass die Teams, die in der letzten Saison auf sich aufmerksam machen konnten, wie Mainz, Hannover und Nürnberg, ihre Rolle wiederholen können.
SPOX: Halten Sie es denn für denkbar, dass Dortmund Probleme bekommen könnte, das unglaublich hohe Niveau zu halten?
Beckenbauer: Das denke ich nicht. Dortmund geht in die Saison, um seinen Titel zu verteidigen und um in der Champions League zu lernen. Ich glaube, dass der BVB für den FC Bayern die härteste Nuss wird im Kampf um die Meisterschaft.
Der 1. Bundesliga-Spieltag