Der Traum ist geplatzt und dennoch wirkt Alba Berlin durchaus glücklich. Auch gegen Titelverteidiger Maccabi Electra Tel Aviv hielt der deutsche Pokalsieger mit und hatte Chancen auf den Sieg. Am Ende passten sich die Israelis aber einfach zu gut an. Stolz ist Coach Sasa Obradovic dennoch.
"Ich möchte meinem Team gratulieren", sagte der Coach. "Wir haben eine herausragende Euroleague-Saison gespielt und den deutschen Basketball in bestmöglicher Weise repräsentiert. Hätte ich jemandem vor der Saison erzählt, dass wir am letzten Top-16-Spieltag noch um das Viertelfinale spielen, hätte er mir niemals geglaubt." Obradovic hat Recht. Mit jedem einzelnen Wort.
analyse Tapfere Albatrosse verpassen Sensation nur knapp
Am Ende genügen dem Coach drei Sätze, um Albas Leistung auf den Punkt zu bringen. Sie war über die gesamte Saison gesehen tatsächlich herausragend. Siege gegen den FC Barcelona, Maccabi Tel Aviv und bei Panathinaikos Athen. Immer voller Einsatz. Dazu dieser Wille. Alba verpasste es zwar, Geschichte zu schreiben, als erstes deutsches Team in die Playoffs der Turkish Airlines Euroleague einzuziehen, das ist schade. Sehr schade sogar. Doch es schmälert die Leistung der Berliner keinesfalls.
Zu Saisonbeginn noch sehr wacklig, stabilisierte sich Alba und schließt das Top 16 mit einer ausgeglichenen Bilanz ab. Zudem wäre es schlicht vermessen, in einem Entscheidungsspiel, in dem es für beide Teams um die Qualifikation für die Playoffs geht, von einem Sieg gegen den Titelverteidiger auszugehen. Es mag abgedroschen klingen, doch für die Berliner war eine solche Erfahrung völlig neu. Jedenfalls auf allerhöchstem europäischen Niveau.
Ein Sieg der Erfahrung
Und Maccabi? Maccabi stand im Halbfinale des vergangenen Final Four gegen Moskau ganz dicht vor einer Niederlage, lag deutlich zurück, drehte das Spiel am Ende dennoch und sicherte sich schließlich den Titel. Nun ist das Maccabi aus dem April 2015 nach diversen Abgängen sicher nicht mehr jenes aus dem Mai 2014, zur europäischen Elite zählen die Israelis dennoch. Hinzu kommt die Erfahrung.
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"Maccabi kennt sich mit solchen Erfahrungen deutlich besser aus als wir", wusste deshalb auch Obradovic. "Das konnte man am Ende sehen." Am Ende. Da fehlten Alba neben der Erfahrung ganze neun Punkte zur Sensation. Die Berliner waren dran. Zwar lagen sie im Grunde mit dem Tipoff zurück, immer wieder kamen sie jedoch heran, glichen regelmäßig aus. Nur die endgültige Wende, sie wollte einfach nicht gelingen.
Maccabi passt sich an
Wann immer Alba ausglich, konterte Maccabi. Nicht mal eine kurze Führung gestattete der Titelverteidiger den Berlinern. Überhaupt gestatteten die Israelis Alba relativ wenig. Sie passten sich dem deutschen Pokalsieger gewissermaßen an und spielten knallharte Defense. "Alba hat uns in Tel Aviv mit seiner Aggressivität geschlagen", legte Maccabi-Coach Guy Goodes nach dem Spiel seinen Plan dar, "deshalb habe ich meinen Spieler gesagt, dass wir diesmal ebenso aggressiv spielen müssen."
Und Goodes' Spieler hatten verstanden. Egal, ob am Perimeter oder rund um die Zone - Maccabi verteidigte ungemein aggressiv. Leichte Alba-Punkte? Diesmal nicht. Vor allem nicht für Jamel McLean. Ganz Maccabi hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Albas Besten irgendwie aus dem Spiel zu nehmen - mal mehr, mal weniger legal.
McLean hart bearbeitet
Die Israelis ließen McLean im Post keinen Millimeter Raum. Teilweise doppelten, mitunter tripleten sie ihn sogar. Bekam der Big Man den Ball direkt unter dem Korb, wurde er eben gefoult. An Rhythmus war so natürlich nicht zu denken, was Albas Spiel wiederum deutlich schadete. Es mangelte schlicht und ergreifend an Scoringoptionen in Korbnähe, womit man wieder bei den einfachen Punkten angelangt wäre.
Die erspielte sich Maccabi immer wieder durch sein blitzschnelles Transitionspiel. Mitunter spielten die Israelis direkt nach einem Berliner Punkt den langen Outlet-Pass auf den losgesprinteten Mitspieler, der den Ball nur noch durch die Reuse legen musste. Zudem war Devin Smith nicht zu stoppen (28 Punkte). Alba dagegen zwang man immer wieder in den Halfcourt, wo sich die Berliner mit besagten Problemen auseinanderzusetzen hatten.
Zumal die Offense erneut eher weniger dynamisch daher kam. Zu oft wurde mangels Anspielsationen am Perimeter sekundenlang auf der Stelle gedribbelt, zu selten die Zone attackiert. Einzig Alex Renfroe suchte hin und wieder den Drive, bekam dann allerdings direkt Maccabis Härte zu spüren.
Satte elf Mal wurde der Point Guard gefoult. Goodes' Spieler hatten den Plan ihres Trainers bestens verstanden und in der Konsequenz umgesetzt. "Wir haben gekämpft, beim Rebound ausgeblockt und in den letzten Minuten einen Weg gefunden, Alba mit unserer Defense zu stoppen", sagte Goodes.
"Eine gute Lektion"
Und tatsächlich gelang den Berlinern gerade am Ende offensiv nur noch wenig. Maccabi hielt Alba konstant bei sechs Punkten Rückstand und brachte das Spiel schlussendlich von der Linie über die Zeit. "Das war eine gute Lektion für meine Spieler und auch für mich als Coach", resümierte Obradovic am Ende. Akeem Vargas sprach vom "ganz großen Wurf", der Alba hätte gelingen können.
Frust oder gar Resignation waren aber auch beim Defensivspezialist nicht zu vernehmen. "Wir können trotzdem stolz sein", fuhr Vargas fort und brachte Albas Euroleauge-Saison damit ebenso gut auf den Punkt wie sein Coach. Stolz ist exakt der richtige Ausdruck für ein Team, dem vor Saisonbeginn nur die wenigsten zugetraut hatten, mit den allerbesten des Kontinents mithalten zu können. Für ein Team, das beinahe Geschichte geschrieben hätte.
Nächstes Ziel: Titelverteidigung
Das ist nun nicht mehr möglich, vergolden können die Berliner ihre Saison dennoch. Immerhin sind ist noch der deutsche Pokal und die deutsche Meisterschaft zu vergeben. "Jetzt attackieren wir die in Deutschland zu vergebenen Titel", sagt deshalb auch Obradovic.
Allerdings muss Alba damit schneller beginnen, als den Berlinern nach dem kräfteraubenden Krimi lieb sein dürfte. Bereits am Samstag treffen sie im Pokalhalbfinale auf die Brose Baskets Bamberg, immerhin Tabellenführer der BBL. Alles anderes als eine optimale Situation. Denn gegen Maccabi musste Alba nicht nur physisch an seine Grenzen gehen, auch die Psyche benötigt nach einem solch intensiven Duell eigentlich eine Pause. Gelingt dennoch die Titelverteidigung im Pokal, dürfte Sasa Obradovic erneut stolz in die Diktiergeräte der Reporter sprechen.