Die Türken stehen an der Spitze der Gruppe A, während die Bayern mit einer Bilanz von zwei Siegen und drei Niederlagen um das Weiterkommen kämpfen. Die Niederlage von Real Madrid gegen Khimki Moskau macht die Ausgangslage für den deutschen Vizemeister nicht einfacher. Ein Heimsieg würde enorm weiterhelfen, doch die Aufgabe ist alles andere als leicht, wie Coach Svetislav Pesic auf der Pressekonferenz vor dem Spiel betonte.
"Fenerbahce bringt das komplette Paket mit, um das Final Four in dieser Saison zu gewinnen. Sie haben den Willen, den richtigen Trainer und die besten Spieler Europas", so der Trainer vor der richtungsweisenden Partie. In der Tat hat Fener einen Kader und Rahmenbedingungen, die in Europa ihresgleichen suchen.
In der Euroleague läuft bislang - zumindest ergebnistechnisch - alles nach Plan. Einen einzigen Ausrutscher erlaubte sich das Team von Zeljko Obradovic in Straßburg, die anderen Partien wurden mehr oder minder souverän gewonnen. Darunter auch das Hinspiel gegen die Bayern.
Anders sieht es in der heimischen Liga aus. Dort setzte es bereits drei Niederlagen, teils gegen absolute Nobodies. Der Motor des Starensambles ruckelt noch. Spielerisch ist noch viel Luft nach oben; die Neuzugänge aus der NBA sind noch nicht vollständig integriert. Von der Stammformation der Vorsaison sind nur Bogdan Bogdanovic, Jan Vesely, Melih Mahmatoglu und der verletzte Ricky Hickman übrig geblieben.
Dennoch hat die Mannschaft alle Voraussetzungen, den großen Wurf in Europas Königsklasse zu schaffen.
Fremdkörper Antic
Seinen Teil dazu beitragen soll Pero Antic, der in den vergangenen beiden Spielzeiten für die Atlanta Hawks durchschnittlich gut 17 Minuten auf dem Parkett stand. 29 Mal stand der Mazedonier sogar in der Startformation. Antic war wichtiger Bestandteil der Rotation von Mike Budenholzer.
Umso überraschender war die Rückkehr des kahlköpfigen Hünen nach Europa im Sommer. Antic will in Istanbul offenbar die Rolle eines Führungsspielers einnehmen und an alte Erfolge anknüpfen. 2012 und 2013 gewann er mit Olympiacos Piräus zweimal in Folge den Titel in der Euroleague.
Von einer Führungsrolle ist Antic momentan aber noch weit entfernt: Er wirkt eher wie ein Fremdkörper im System von Obradovic. Dass Antic gerne mit dem Rücken zum Korb bzw. aus der Distanz agiert, ist bekannt. Dass er aber nahezu sein ganzes Spiel zwischen die beiden Freiwurflinien verlagert und in wettbewerbsübergreifend neun Spielen nur 13 Mal aus der Zweierdistanz zum Abschluss kam, kann nicht des Rätsels Lösung sein.
Datome noch nicht voll in Fahrt
Ebenfalls aus der NBA kam Luigi Datome zu Fenerbahce. Der Italiener spielte im Gegensatz zu Antic bei den Boston Celtics bzw. den Detroit Pistons eine doch eher kleine Rolle und möchte nun in seiner ersten Europa-Station außerhalb Italiens um die europäische Krone kämpfen.
Coach Obradovic räumt Datome im der Offense einige Freiheiten ein, zu 100 Prozent überzeugen konnte aber auch Datome noch nicht. Zu inkonstant waren die bisherigen Auftritte. 15 - 4 - 15 - 6 - 19, so die Punkteausbeute des 27-jährigen in den ersten fünf Euroleague-Spielen der Saison.
"Datome füllt seine Rolle in seinem neuen Team von Spiel zu Spiel besser aus, er ist sehr vielseitig", lobte Pesic. Bringt "Gigi" seine Leistungen konstant auf das Parkett, dann bildet er zusammen mit Bogdanovic eines der gefährlichsten Flügelduos der Euroleague.
Zwischen Genie und Wahnsinn
Der namhafteste Neuzugang, der nicht aus der besten Liga der Welt geholt wurde, ist wohl Ali Muhammed. Der Türke, der eigentlich Amerikaner ist und Bobby Dixon heißt, macht in seiner Europa-Karriere eine wahre Cinderella-Story durch. Nach Stationen in Frankreich, Polen und Italien hat Dixon in Izmir sein Glück gefunden.
Mit Pinar Karsiyaka ärgerte der 32-jährige Wirbelwind regelmäßig die Größen des türkischen Basketballs und gewann 2014 den Pokal und 2015 die Meisterschaft. In beiden Wettbewerben wurde Dixon als wertvollster Spieler ausgezeichnet. Dixon fühlt sich in der Türkei so wohl, dass er im Juni diesen Jahres die türkische Staatsbürgerschaft annahm, bei der EM auflief und schließlich zu Fenerbahce wechselte.
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Dixon ist ein Zocker, der es liebt die wichtigen Würfe zu nehmen und zu treffen. Der FC Bayern kann ein Lied davon singen, denn im Hinspiel war es Dixon, der den Münchnern mit einigen Treffern vom Parkplatz den Auswärtssieg vermieste. Das Spiel des 1,78m kleinen Aufbauspielers ist eine Gratwanderung zwischen Genie und Wahnsinn: Überdreht Dixon, was immer wieder vorkommt, dann muss Routinier Kostas Sloukas übernehmen und dem Spiel wieder mehr Struktur geben.
X-Faktor Udoh
Ein echter Steal auf dem Transfermarkt ist Fenerbahce mit der Verpflichtung von Center Ekpe Udoh gelungen. Der 28-jährige US-Boy kann auf 270 NBA-Spiele zurückblicken und scheint der optimale Partner für Jan Vesely, der als einer der besten Frontcourt-Spieler der Euroleague gilt.
Durch die Atheltik Udohs ergeben sich für Fenerbahce vor allem defensiv viele Möglichkeiten. Steht Udoh zusammen mit Vesely auf dem Parkett, ist für die gegnerischen Guards kaum ein Durchkommen.
Der Star steht an der Seitenlinie
Trotz des Sammelsuriums an herausragenden Spielern steht der Star des Teams aber nicht unmittelbar auf dem Feld. Mit Zeljko Obradovic steht eine Legende des europäischen Basketballs bei Fener an der Seitenlinie. Weltmeister, Europameister und acht Titel in Europas Königsklasse sind nur ein kurzer Auszug aus der Erfolgsvita des gebürtigen Jugoslawen.
Natürlich braucht es Zeit, bis sich einem Starensamble wie dem von Fenerbahce Hierarchien entwickelt und Abläufe automatisiert haben. Die großen Titel werden nicht schon im November vergeben, sodass es aus Sicht von Obradovic nicht tragisch sein wird, dass noch nicht alles wie geschmiert läuft.
Der Trainer weiß, wie man Titel gewinnt. Das Grundgerüst um Bogdanovic, Vesely und Mahmatoglu wurde mit namhaften Spielern aus der NBA und Europa ergänzt. Nun werkelt Obradovic daran, das von Pesic angesprochene "komplette Paket" in den nächsten Monaten schön einzupacken und die überragenden Einzelspieler zu einem Team zusammenzufügen. Gelingt dies, hat Fenerbahce in dieser Saison gute Chancen das Final Four zu gewinnen.
Dies wird vermutlich nicht nur Svetislav Pesic so sehen. Davor will der erfahrene Trainer Fener aber wie schon im Hinspiel nochmal ärgern. Vor vier Wochen lagen die Bayern in Istanbul über weite Strecken der Partie in Front, ehe dem Team kurz vor der Ziellinie die Puste ausging. Gelingt im Audi Dome die Sensation?
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