Nur noch acht Teams sind in der Turkish Airlines Euroleague vertreten - welche vier fahren zum Final Four nach Berlin? Maik Zirbes ist mit Belgrad der größte Außenseiter der Playoffs, während Fenerbahce sich bei Real Madrid für die vergangene Saison revanchieren möchte. Laboral Kutxa setzt gegen die Griechen auf ihren Griechen - und Barcelona muss irgendwie Malcolm Delaney kontrollieren.
Fenerbahce (11-3) - Real Madrid (7-7)
Die Türken sind nun wirklich nicht zu beneiden. Da spielt man ein nahezu perfektes Top 16 und dominiert seine Gruppe fast nach Belieben, schon früh war der erste Gruppenplatz der Mannschaft von Zeljko Obradovic nicht mehr zu nehmen. Und was ist der Lohn dafür? Zunächst einmal verletzt sich mit Jan Vesely einer der wichtigsten Spieler schwer und verpasst wohl auch die Playoffs.
Zudem ist auch der Playoff-Gegner ein schweres Los: Es gibt ein Rematch des letztjährigen Halbfinals mit Real Madrid - nur weil der Titelverteidiger im Top 16 merklich wankte und erst am letzten Spieltag den vierten und letzten Playoff-Platz in "Todesgruppe" F sicherstellte. Dennoch wäre Fener den Königlichen gerade ohne Vesely sicher gerne aus dem Weg gegangen.
Beim Final Four 2015 hatten die Türken gegen Real schließlich deutlicher das Nachsehen, als es der 96:87-Endstand andeutet. Damals brannte Madrid von Downtown ein wahres Feuerwerk ab und stellte mit 14 Dreiern einen Final-Four-Rekord ein, schon kurz nach der Pause war das Spiel beim Stand von 61:35 faktisch entschieden.
Aber, und das lässt sich kaum nachträglich genug betonen: Das Real von 2016 ist bei weitem nicht so stark wie das von 2015. Die Offense ist immer noch stark, aber defensiv kam Real über die Saison immer wieder in Schwierigkeiten - die 82,21 gegnerischen Punkte sind der drittschlechteste Durchschnittswert der Saison. Nicht nur unter den Playoff-Teams - unter allen Teams!
Fener dagegen hat sich in dieser Saison zu einem der besten Defensiv-Teams überhaupt gemausert, mit Ekpe Udoh wissen die Türken den besten Shotblocker der Saison in ihren Reihen (2,1 pro Spiel). Mit ihrer Vielseitigkeit und Athletik bereiten sie allen Gegnern offensiv wie defensiv große Matchup-Probleme.
Zudem ist bei dieser Serie, im Gegensatz zum Halbfinale im Vorjahr, der Heimvorteil auf Feners Seite. Bereits im Top 16 sah es mehrfach so aus, als könnte die Saison des Titelverteidigers diesmal deutlich früher enden - steigern sich die Königlichen um Sergio Llull und Gustavo Ayon nun nicht wesentlich, dürfte es im Viertelfinale tatsächlich so weit sein.
Freilich gilt natürlich trotzdem die Maxime, dass man das Herz eines Champions nicht unterschätzen wollte. Dass Real noch einen Extra-Gang einlegen kann, hat man schon bewiesen - nur passierte das in der letzten Saison eben regelmäßiger...
SPOX-Tipp: 3-2 Fenerbahce.
Laboral Kutxa Vitoria Gasteiz (9-5) - Panathinaikos (9-5)
Zwei Jahre lang nahmen die Spanier nicht an den Playoffs teil, nun haben sie sogar den Heimvorteil auf ihrer Seite - und das könnte gegen Panathinaikos richtig wichtig werden. Denn auch wenn Vitoria generell als ziemlich starkes Team angesehen werden darf, ist es zuhause noch einmal eine ganz eigene Angelegenheit: In eigener Halle wurde in diese Saison bloß eins von zwölf Spielen verloren.
Das ist aber nicht der einzige Faktor, der für Laboral spricht. Kein Team reboundet besser, was vor allem auf Ioannis Bourousis zurückzuführen ist. Der Grieche hat nach seinem Abgang von Real Madrid eine MVP-würdige Saison aufs Parkett gezaubert und zählt mit 14,8 Punkten und 9,2 Rebounds in mehreren Kategorien zu den besten Spielern der Liga.
Madrid dürfte sich ziemlich ärgern, den Center abgegeben zu haben, wenn man sich seine Dominanz unterm Korb anschaut. Davon profitiert zudem auch das schnelle Guard-Trio Darius Adams, Fabien Causeur und Mike James, dass bei gegnerischen Fehlwürfen immer wieder auf die Tube drückt und in jedem Spiel viele leichte Punkte im Fastbreak generieren kann.
In dieser Serie bekommen es die Spanier allerdings mit einem Team zu tun, dass dank Dimitris Diamantidis und Antonis Fotsis vor Erfahrung nur so strotzt - und das nach neun Siegen aus den letzten elf Spielen mit mächtig Rückenwind in die Playoffs eingezogen ist.
Zu Anfang des Top 16 lief es nur bedingt, doch einige clevere Neuverpflichtungen zogen den Karren aus dem Dreck und machten Pana wieder zu einem richtig gefährlichen Team. Gerade Elliot Williams entpuppte sich als Top-Transfer und avancierte in seinen sieben Spielen für Athen zum Topscorer (14,4 Punkte) eines sehr ausgeglichenen Teams.
Mit Miroslav Raduljica, James Gist und Ognjen Kuzmic verfügen die Griechen über mehrere gute Optionen gegen Bourousis, und auch auf den Guard-Positionen wird stark verteidigt - kaum ein Team forciert ähnlich viele Turnover. Die Teams befinden sich leistungstechnisch mehr oder weniger auf Augenhöhe, sodass der Heimvorteil letztlich tatsächlich den Ausschlag geben könnte.
SPOX-Tipp: 3-2 Vitoria.
ZSKA Moskau (10-4) - Crvena Zvezda Telekom Belgrad (7-7)
Vorweg: Die Saison für Belgrad ist längst ein riesiger Erfolg. Die Playoffs wurden zuvor nie erreicht, das Team um Maik Zirbes hat also bereits Geschichte geschrieben - und das lag auch nicht zuletzt am deutschen Center. Zirbes sorgte mit 13 Punkten und 6,3 Rebounds im Schnitt für Aufsehen und hat scheinbar auch das Interesse mehrerer europäischer Spitzenklubs auf sich gezogen, darunter Maccabi Tel Aviv.
Bei Teamkollege Quincy Miller ist es ähnlich - der Belgrad-Topscorer (14,2 Punkte) soll sich Berichten zufolge auch schon mit Maccabi einig sein, wenngleich er dies noch bestreitet. Die Gerüchte zeigen allerdings schon folgendes: Es wird nicht gerade davon ausgegangen, dass die Saison für Roter Stern noch lange weitergeht.
Vielmehr David als Belgrad in dieser Serie geht kaum, zumal dem Team gegen Ende des Top 16 auch noch merklich die Luft ausging und man trotz sehr guter Ausgangslage am Ende noch um die Playoff-Teilnahme zittern musste. Das Gefühl kennt man beim Gegner "Goliath" vermutlich schon überhaupt nicht mehr.
ZSKA war ja nicht gerade mit einer leichten Gruppe gesegnet, dennoch marschierte eines der besten Offensiv-Teams in der Euroleague-Geschichte nahezu mühelos durch, von einigen kleineren Wacklern abgesehen. Regelmäßig fackelten die Russen ihre Gegner ab, gerade zuhause, wo in der ganzen Saison bloß ein Spiel verloren wurde.
Nando De Colo im Interview: "Deswegen tickt Milos manchmal aus"
Mit Nando De Colo (19,68 Punkte) und Milos Teodosic (16,5) hat Moskau die beiden besten Scorer der Saison in seinen Reihen, der dritte Guard Cory Higgins ist mit 54,9 Prozent Dreierquote der beste Shooter Europas. Blickt man auf die Turnover-Anfälligkeit von Belgrad, könnte es gegen ZSKA sehr schnell sehr hässlich werden.
In Moskau hat man bekanntlich ohnehin andere Ansprüche, für ZSKA wäre die Saison erst mit einem Triumph im Final Four als Erfolg zu werten. Dass sie an diesem Turnier zum fünften Mal in Folge teilnehmen werden, ist indes extrem wahrscheinlich.
SPOX-Tipp: 3-0 Moskau.
Lokomotiv Kuban Krasnodar (9-5) - FC Barcelona (8-6)
Diese Serie verspricht einiges an Spannung, wenn man auf die Aufeinandertreffen in der regulären Saison blickt: Einmal gewann Barca, einmal gewann Kuban. Die zusammengezählte Differenz in beiden Spielen: 0 Punkte!
Im Großen und Ganzen haben die Russen allerdings eine souveränere Saison hingelegt als Barcelona. Coach Georgios Bartzokas, der vor drei Jahren noch mit Olympiakos die Euroleague gewann, hat in Krasnodar die beste Defense der Liga installiert, die zudem auch noch massig eigene Offense aus gegnerischen Ballverlusten generiert.
Gerade MVP-Kandidat Malcolm Delaney liebt das temporeiche Spiel und ist für Krasnodar ein großartiger Offensiv-Motor, auch Anthony Randolph und Victor Claver waren die Saison über kaum zu kontrollieren. Mit einem ziemlich simplen Rezept zogen die Russen zum ersten Mal in ihrer Geschichte in die Playoffs ein - nun will man mehr.
Die Chancen dafür stehen nicht so schlecht, allerdings hat sich Barca im Saisonverlauf sehr gesteigert, zudem mussten die Katalanen durchs Stahlbad der schwereren Gruppe. Die Erfahrung spricht ebenfalls für den FCB, schließlich nimmt das Team von Xavi Pascual nun bereits zum elften Mal in Serie an den Playoffs teil.
Den Schlüssel stellen vermutlich zwei Youngster dar: Alex Abrines und Tomas Satoransky haben in dieser Saison beide den Durchbruch geschafft. Gerade Satoransky hat das Potenzial, überragende Indivudal-Defense zu spielen - kann der Tscheche Delaney konstant in seinen Kreisen einschränken, hat Barca sehr gute Chancen, trotz des fehlenden Heimvorteils nach Berlin zu fahren.
SPOX-Tipp: 3-1 Barcelona.