Wenn Jaromir Jagr mit dem Puck ins Angriffsdrittel läuft, geht ein Raunen durch die Ondrej Nepela Arena. Jeder im Stadion weiß: Jetzt kann etwas Außergewöhnliches passieren.
Auch mit 39 Jahren ist der tschechische Altmeister bei der Eishockey-WM in der Slowakei noch immer die große Nummer. Nicht mehr der antrittsschnelle Torjäger vergangener Zeiten, sondern der ruhige, souveräne Spielmacher. Und der einstige NHL-Star genießt seine Auftritte auf der großen Bühne.
Nach drei Vorlagen und einer erneut herausragenden Leistung beim 5:2 des Titelverteidigers gegen die deutsche Nationalmannschaft wurde der Olympiasieger von 1998 als bester Spieler geehrt, "Jagr"-Sprechchöre donnerten durch die Arena. "Es macht noch immer Spaß", sagt der zweimalige Stanley-Cup-Sieger, "ich liebe Eishockey und will so lange wie möglich spielen."
Tschechien als WM-Topfavorit
Niemand zweifelt daran, dass er in Bratislava noch dreimal im Trikot des Weltmeisters aufs Eis geht. Im Viertelfinale am Mittwoch (16.15 Uhr) gegen die USA, dann im Halbfinale und im Endspiel. Nicht zuletzt dank Jagr ist der Titelverteidiger bislang das überragende Team bei der WM, als einziges noch ohne jeglichen Punktverlust - anscheinend unschlagbar.
Die großen aktuellen Stars aus der NHL fehlen den Tschechen. Einzelkönner vom Schlage eines Alexander Owetschkin oder Ilja Kowaltschuk, wie sie die Russen nach Bratislava geholt haben, sucht man in der Mannschaft von Trainer Alois Hadamczyk vergeblich. Die richtige Mischung macht's. "Jaromir fügt sich ins Team ein, wie jeder andere auch", berichtet NHL-Profi Patrik Elias.
Und wer weiß - vielleicht ist Jagr bald wieder ein aktueller NHL-Star. Jedenfalls liebäugelt der Außenstürmer mit einer Rückkehr nach Nordamerika - wie jedes Jahr seit seinem Weggang aus New York 2008. "Ich denke, wenn ich in der NHL spielen will, dann kann ich das auch", sagt er, "ich sage nicht, dass ich in der ersten Reihe spielen würde, aber ich könnte da spielen."
Jagr nach Montreal?
Jüngste Gerüchte bringen Jagr mit den Montreal Canadiens in Verbindung. Sein Teamkollege Tomas Plekanec hat keine Zweifel, dass der "ewige Jaromir" noch gut genug für die NHL ist. "Auf dem kleinen Eis wäre er sogar noch besser", glaubt der Stürmer der Canadiens. Jagrs Vertrag beim russischen KHL-Klub Avangard Omsk ist ausgelaufen. Ein neues, lukratives Angebot für ein weiteres Jahr liegt ihm vor.
In Omsk hat der Altmeister zuletzt nicht nur positive Erfahrungen gesammelt. Der finnische Trainer Raimo Summanen ging nach einem Playoff-Spiel auf Jagr los und wollte sich, so berichteten Teamkollegen, mit ihm prügeln. "So was ist mir noch nie passiert. Und ich hoffe, es wird mir auch nie wieder passieren", sagte Jagr, "er ist ein guter Trainer, aber kein guter Mensch."
Die Auseinandersetzung ist Vergangenheit, Omsk hat den Finnen entlassen, und Jagr konzentriert sich auf die WM. Schließlich will er seiner eindrucksvollen Sammlung mit zwei Stanley-Cup-Siegen, olympischem Gold und zwei WM-Titeln noch einen weiteren Triumph hinzufügen.
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