Für Facebook hat Uwe Krupp keine Zeit. "Dann müsste ich ja den ganzen Tag vor dem Computer sitzen und sofort schreiben, wen ich gerade in der Hotel-Lobby getroffen oder ob ich einen Apfel gegessen habe", sagt der Bundestrainer lachend. Die Kampagne "Uwe Krupp muss bleiben" kennt er deshalb auch gar nicht.
"Da mache ich mir keinen Kopf drüber. Mir machen die Finnen mehr Sorgen", sagt er. Schließlich soll die unglaubliche Siegesserie der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in der Slowakei zum Zwischenrundenauftakt gegen Finnland (ab 16 Uhr im LIVE-TICKER) weitergehen und sie auf dem schnellsten Weg ins Viertelfinale führen. Da bleibt wenig Zeit, sich mit seiner neuen Popularität auseinanderzusetzen.
"Das ist anscheinend die Rolle des Trainers. Wenn es gut läuft, soll er bleiben. Wenn nicht, soll er gehen", sinniert Krupp, "das ist eine etwas einfache Sicht, so läuft es aber in der Öffentlichkeit." Dass die Zahl derer, die ihn trotz seines Wechsels zu den Kölner Haien im Sommer gerne weiter an der deutschen Bande sehen möchten, stetig wächst, nimmt er mit einem Schmunzeln zur Kenntnis.
Krupps Rauswurf gefordert
Schließlich hat er auch nicht vergessen, dass vor zwei Jahren noch vehement sein Rauswurf gefordert worden war. Beim WM-Debakel in Bern schüttete ihm ein wütender Fan Bier über den Kopf, die mitgereisten deutschen Anhänger sangen: "Uwe, das ist dein letztes Spiel."
Seit der grandiosen Heim-WM 2010 hat sich der Wind gedreht. Krupp, der die deutsche Mannschaft erstmals seit 57 Jahren ins Halbfinale führte, steht nun für den unerwarteten Erfolg. Der soll, egal wie seine persönliche Zukunft aussieht, in Bratislava fortgesetzt werden.
"Im Moment werden wir viel gelobt. Es ist super, diese Anerkennung zu bekommen. Wir sind froh über jede Schlagzeile", sagt der Noch-Bundestrainer, "aber wir müssen bodenständig bleiben und uns selbst nicht zu gut finden." Gegen Finnland sieht er sein Team trotz der drei Vorrundensiege "weiter als Außenseiter".
Daran ändert auch der 4:2-Sieg in der Vorbereitung in Nordhorn nichts. Vom finnischen Team damals sind noch zwölf Spieler bei der WM, hinzu kamen unter anderem vier NHL-Profis. Respekt hat Krupp vor allem vor der physischen Stärke des Weltmeisters von 1995. "Sie haben die härteste Liga in Europa, das ist eine richtige Kämpfertruppe."
Letzter DEB-Sieg 1993
Mit ihrer Spielweise sind sie Vorbild für Krupps System. "Sie gefallen mir unheimlich gut. Diese Art von Eishockey können wir auch spielen, aber es ist schon noch ein Schritt", erklärt er. Wie groß der Abstand noch ist, zeigt die Statistik. Seit dem 3:1 in Dortmund 1993 hat die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) nicht mehr bei einer WM gegen Finnland gewonnen, vier der letzten fünf Duelle gingen verloren.
"Damals waren wir viel weiter weg von den Großen", erinnert sich Franz Reindl, der vor 18 Jahren in der Dortmunder Westfalenhalle als Co-Trainer an der Bande stand. "Es war eher eine Abwehrschlacht. Heute spielen wir modernes, schnelles Eishockey", betont der DEB-Sportdirektor.
Dank der überraschenden Erfolge gegen Rekordweltmeister Russland und WM-Gastgeber Slowakei reicht in der Zwischenrunde wohl schon ein weiterer Punkt zum Einzug ins Viertelfinale. Darauf will Krupp allerdings nicht spekulieren. "Manchmal haben in den vergangenen Jahren acht Punkte nicht gereicht, um weiterzukommen. Manchmal waren schon drei genug", sagt er, "da kalkulieren wir überhaupt nicht."
Am liebsten würden die deutschen Cracks schon vor den weiteren Spielen am Samstag (16.15 Uhr) gegen Dänemark und am Montag (20.15 Uhr) gegen Titelverteidiger Tschechien alles klar machen. "Wir sollten möglichst schnell den Punkt fürs Viertelfinale holen, zu viel Rechnerei ist falsch", sagt Reindl.
Die Zwischenrunde der WM 2011