Der beste Kader seit Jahren, eine Sturmreihe zum Verlieben und frei von allen Abstiegssorgen: Die mit viel Vorschusslorbeeren angereiste Nationalmannschaft will bei der WM in Russland nach Jahren der Tristesse ein kleines Eis-Märchen schreiben.
Für das anvisierte Viertelfinale ist aber ein Sieg im Auftaktspiel am Samstag (15.15 Uhr im LIVETICKER) in der Jubileiny-Halle von St. Petersburg fast schon Pflicht.
Das Abschlusstraining am Freitag war jedoch um 25 Minuten früher beendet als geplant, weil der russische Eismeister die Auswahl des DEB quasi vom Eis fegte. "Da gab es eine kurze Verwirrung wegen des Trainingsplans", sagte Bundestrainer Marco Sturm, der am Samstag seine WM-Feuertaufe erlebt, "aber das Training war dennoch spritzig und gut. So wollen wir uns auch gegen Frankreich präsentieren."
Als Kapitän aufs Eis führen wird das Team Marcel Goc. Den Mannheimer Stürmer, der bereits bei der erfolgreichen Heim-WM 2010 das "C" auf dem Trikot trug, ernannte Sturm am Freitagabend zum Spielführer. Die Augen sind gegen Frankreich aber auf den RDR-Sturm gerichtet. Die Paradereihe mit den NHL-Jungstars Tobias Rieder, Leon Draisaitl und Patrick Reimer zeigte in der Vorbereitung teilweise traumhafte Kombinationen. Draisaitls Übersicht, Rieders Schnelligkeit und Reimers Erfahrung ergeben eine fast perfekte Mischung.
Vier NHL-Profis an Bord
Das mit vier NHL-Profis gespickte Team kann befreit aufspielen, weil ein Abstieg aufgrund von Deutschlands WM-Gastgeberrolle im kommenden Jahr nicht möglich ist. Der Klassenerhalt wäre ohnehin nicht das Ziel gewesen, Draisaitl und Co. wollen höher hinaus. "Unser Ziel muss es sein, ins Viertelfinale zu kommen", sagt Reimer. Dabei helfen muss auch Torwart Timo Pielmeier, der von Sturm am Freitag als Nummer eins benannt wurde.
Für den Einzug in die K.o.-Runde wird Deutschland nicht nur Frankreich und zum Gruppenabschluss Aufsteiger Ungarn schlagen, sondern auch in den direkten Duellen gegen die ähnlich stark einzuschätzenden Weißrussen und Slowaken punkten müssen. In den Spielen gegen Finnland, Titelverteidiger Kanada und die USA ist die DEB-Auwahl nur Außenseiter.
Zuletzt hatte die Nationalmannschaft bei Weltmeisterschaften immer wieder böse Pleiten kassiert, so wie beim 0:10 vor einem Jahr in Prag gegen Kanada oder beim 4:12 bei der WM 2012 gegen Norwegen. Inzwischen ist jedoch ein anderer Geist in die Mannschaft eingezogen, Schadensbegrenzung gegen Topteams ist nicht mehr angesagt. "Wir haben uns das Ziel gesetzt, jedes Spiel so anzugehen, dass wir es gewinnen wollen", sagt Reindl.
Sturm fordert Konstanz
Dafür muss das Sturm-Team jedoch mehr Konstanz aufs Eis bringen als noch in der Vorbereitung, als man zum Beispiel in der Generalprobe gegen die Schweiz (3:4) eine 3:0-Führung noch verspielt hat. Der 75-malige Nationalspieler Reimer weiß: "International wird das sofort bestraft." Bundestrainer Sturm forderte daher für das Frankreich-Spiel und die Duelle danach mehr Konzentration: "Wir müssen cool bleiben und unser Spiel spielen - und das über 60 Minuten."
Sollte ihnen das gelingen, könnten Draisaitl und Co. auch die Großen ärgern. NHL-Verteidiger Korbinian Holzer, der nach dem Play-off-Aus mit den Anaheim Ducks direkt zum WM-Team gestoßen ist, verkündete via Twitter bereits: "Lasst uns schauen, ob wir ein bisschen Schaden anrichten können."
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