SPOX: Herr Ehrhoff, trotz vorhandener Angebote aus der NHL haben Sie sich dazu entschieden, die beste Liga der Welt zu verlassen und nach Deutschland zu wechseln. Was gab den Ausschlag?
Christian Ehrhoff: In Boston wäre ich zum Start der Saison nur siebter Verteidiger gewesen, hätte auf der Tribüne gesessen. Ich möchte aber weiterhin Eishockey spielen, deshalb habe ich mich schließlich dazu entschieden, nach Deutschland zurückzukehren.
SPOX: Sehen Sie Ihren Wechsel als Rückschritt?
Ehrhoff: Nein. Ich denke, ich hatte 13 sehr gute Jahre in Nordamerika und wusste, dass diese Zeit irgendwann beendet ist. Ich persönlich hätte zwar schon gedacht, dass ich dort länger spielen kann, aber jetzt ist es anders gelaufen. Nun freue ich mich auf meine neue Herausforderung in Köln.
SPOX: Sie haben Ihren neuen Arbeitgeber bereits angesprochen. Der Transfer zu den Haien schlug in Deutschland hohe Wellen, denn Sie hätten auch in Ihre Heimat und damit nach Krefeld wechseln können. Letztendlich entschieden Sie sich dennoch für den Rivalen.
Ehrhoff: Der Wechsel nach Köln hatte sportliche Gründe. Ich wollte zu einem Verein, der um die Meisterschaft mitspielt. Trotzdem kann ich das Sportliche mit dem Familiären verbinden, denn die geringe Distanz der beiden Städte ermöglicht es mir, in Krefeld zu wohnen.
SPOX: In Köln sehnt man sich nach dem ersten Meistertitel seit dem Jahr 2002. Für die Fans sind Sie deshalb natürlich der neue Hoffnungsträger und sollen diese Durststrecke beenden. Was können wir erwarten?
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Ehrhoff: Ich möchte mit den Haien Meister werden, das ist klar. Dennoch ist die Konkurrenz groß. Es gibt keine Garantie, dass wir dieses Ziel erreichen. Es liegt noch ein enormes Stück Arbeit vor uns. Persönlich will ich dabei die Führungsrolle übernehmen und meinen Teil dazu beitragen, dass wir am Ende der Saison Erfolge feiern können.
SPOX: Ihre bisherigen Spiele für Köln verliefen schon mal ganz gut. In drei Partien sammelten Sie drei Punkte. Vor allem mit Ihrer Offensivstärke können Sie für Gefahr sorgen.
Ehrhoff: In den ersten Spielen lief es im Powerplay für mich noch nicht so gut, ich muss mich erst einmal finden. Da habe ich noch ein Stück Arbeit vor mir, aber das kann natürlich zu einer unserer Stärken werden. Generell bin ich natürlich trotzdem sehr zufrieden.
SPOX: Können Sie sich denn, trotz Ihres Engagements bei den Haien, irgendwann eine Rückkehr nach Krefeld vorstellen?
Ehrhoff: Ja, das kann ich mir vorstellen und möchte ich auch nicht ausschließen.
SPOX: Stimmt es eigentlich, dass Sie durch Ihre Schwester zum Sport gelangt sind?
Ehrhoff: Ja, das stimmt. Ich bin mit sechs Jahren zum Eishockey gekommen. Meine Schwester ging immer zum Eiskunstlauf, ich habe Sie dann häufig begleitet. Daraufhin habe ich im Fernsehen ein Eishockeyspiel gesehen und sofort eine Leidenschaft für diesen Sport entwickelt. So ist es dann dazu gekommen, dass ich in Krefeld mit dem Spielen begonnen habe.
SPOX: Dass es auf dem Eis häufig hart zur Sache geht, ist kein Geheimnis. Privat leben Sie mit Ihrer Frau und Ihren drei Töchtern zusammen. Müssen Sie sich als einziger Mann auch dort durchsetzen?
Ehrhoff: Nein, da ist alles super. (lacht) Ich genieße jeden Tag und meine Mädels machen mir sehr viel Freude. Ich würde niemals eine meiner Töchter gegen einen Jungen eintauschen wollen.
SPOX: In der NHL absolvierten Sie über 800 Spiele für insgesamt sechs Vereine. Von San Jose ging es über Vancouver nach Buffalo. Danach folgten weitere Aufenthalte in Pittsburgh, Los Angeles und Chicago. Was sind Ihre schönsten Erinnerungen an die Zeit in Nordamerika?
Ehrhoff: Es gibt sehr viele schöne Erinnerungen, nicht nur sportliche. Ich habe in der ganzen Zeit tolle Menschen kennengelernt. Auf den Sport bezogen, war meine Zeit bei den Vancouver Canucks die erfolgreichste und schönste, auch wenn wir 2011 das Finale um den Stanley Cup verloren haben.
SPOX: Damals unterlagen Sie den Boston Bruins im entscheidenden Spiel 7. Wie sehr schmerzt es, diesen wichtigen Titel nie gewonnen zu haben?
Ehrhoff: Der Stanley Cup ist für meine Karriere nicht entscheidend, aber sicherlich hätte ich ihn gerne gewonnen. Im Endeffekt gehört auch das Glück dazu, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Dadurch blieb es mir verwehrt, diesen Traum zu erfüllen. Wenn ich heute daran zurückdenke, ist es immer noch schwer, diese Niederlage zu vergessen.
SPOX: In der NHL haben Sie an der Seite von einigen Superstars gespielt. Sidney Crosby und die Sedin-Brüder beispielsweise. Wie haben Sie diese Spieler täglich erlebt?
Ehrhoff: Diese Jungs sind absolute Profis, die immer alles geben auf dem Eis. Zudem sind Sie außerhalb des Sports sehr bodenständig. Ich bin froh, dass ich sie kennengelernt habe. Sidney Crosby ist der beste Spieler, mit dem ich in meiner Karriere zusammengespielt habe.
SPOX: Gibt es irgendetwas Deutsches, das Sie - fernab des Sports - in Ihrer Zeit in Nordamerika vermisst haben?
Ehrhoff: Den deutschen Bäcker. (lacht) Denn den kennt man in Amerika nicht. Ein frisches Brötchen bekommt man dort nicht, das habe ich dann schon vermisst.
SPOX: Wie schwer fällt Ihnen die Umstellung von der NHL auf die DEL, ist besonders die größere Eisfläche in Deutschland ein großer Unterschied?
Ehrhoff: Das ist definitiv eine Umstellung. Es dauert eine Zeit lang, bis man sich wieder daran gewöhnt hat. Durch die größere Eisfläche ändern sich die Wege und der Spielstil ist ebenfalls anders.
SPOX: Werfen wir einen Blick nach vorn. Die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr findet in Deutschland statt. Bei der letzten WM im eigenen Land, im Jahr 2010, erreichten Sie mit der Nationalmannschaft sensationell den vierten Platz. Ist ein ähnlicher Erfolg wiederholbar?
Ehrhoff: Das ist mit Sicherheit nicht unser Ziel, denn dafür müsste schon wirklich alles stimmen. Im Jahr 2010 hat einfach alles gepasst, aber das kann man so nicht vorhersehen. Trotzdem wäre es natürlich schön, wenn man diesen Erfolg wiederholen könnte.
SPOX: Was ist denn realistisch?
Ehrhoff: Der Kampf um das Viertelfinale ist sicherlich möglich. Sollten wir das schaffen, ist es bereits ein Erfolg für uns. Die Konkurrenz ist zwar sehr groß, das Viertelfinale muss aber trotzdem unser Anspruch sein.