Frederik Tiffels hatte gar keine Zeit, nervös zu werden. Dass er den entscheidenden Penalty im WM-Krimi schießen sollte, hatte Bundestrainer Marco Sturm ihm verheimlicht. "Er hat nichts gesagt, er hat mich einfach angetippt, und dann ging's raus aufs Eis", berichtete der umjubelte Held beim 4:3 im Nervenspiel gegen Lettland. Der 21-Jährige, vor wenigen Wochen den meisten Nationalspielern noch unbekannt, blieb cool und schoss die deutsche Mannschaft ins Viertelfinale.
"Es ist einfach ein geiler Moment - genauso, wie man es sich im Traum vorstellt", sagte der Kölner, der seit drei Jahren in der US-College-Liga spielt und erst Anfang April sein erstes Länderspiel bestritt. Als 2010 die Auswahl des DEB sensationell ins WM-Halbfinale in Köln gestürmt war, hatte Tiffels als Schülerspieler der Haie noch staunend zugeschaut. Jetzt wurde er selbst zum Hauptdarsteller.
Dabei hatte ihm nicht jeder diese Rolle zugetraut. Co-Trainer Geoff Ward, Mannheimer Meistermacher 2015 und erfahrener NHL-Coach, hatte Sturm Tiffels als Penaltyschützen ausreden wollen. "Er hat gesagt: Lieber nicht", berichtete der Bundestrainer, "aber ich habe Tiffi vertraut." Gleich drei 21-Jährige hatte Sturm in den ultimativen Showdown um das letzte Viertelfinal-Ticket geschickt: vor Tiffels den Münchner Dominik Kahun und NHL-Jungstar Leon Draisaitl.
"Die Best Buddies"
"Ich hatte einfach das Gefühl, dass die drei Spezln, die immer zusammen sind, die Richtigen waren", sagte Sturm schmunzelnd, "die Best Buddies". Das Trio kennt sich schon lange, spielte in der Mannheimer Jugend und in den Nachwuchsnationalmannschaften zusammen und ging gemeinsam vor fünf Jahren nach Nordamerika. Dort trennten sich die Wege. Draisaitl wurde zum NHL-Star, Kahun kehrte enttäuscht nach Deutschland zurück, Tiffels kämpft an der Western Michigan University weiter um seine NHL-Chance.
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Bei der WM feierten sie unerwartet Wiedersehen - und sind laut Sturm unzertrennlich. "Die drei sind in einem Zimmer, auch wenn es nur ein Doppelzimmer ist", erzählte der Bundestrainer lachend. Draisaitl, der wie Kahun seinen Penalty verschossen hatte, freute sich mit Tiffels: "Ich kenne ihn schon, seit ich auf der Welt bin."
Der Wirtschaftsstudent, der erst dank der Schulterverletzung des Mannheimer Routiniers Christoph Ullmann noch in Sturms Kader gerutscht war, hat sich schnell einen Namen gemacht. "Ich hatte ihn noch nie gesehen", gab NHL-Torhüter Philipp Grubauer zu und lobte: "Er ist brutal schnell, super dynamisch, kämpft bis zum Gehtnichtmehr. Man merkt, dass er drüben spielt."
Im Viertelfinale am Donnerstag (20.15 Uhr live auf DAZNund im LIVETICKER)) gegen Kanada kann Tiffels auch in Übersee für sich werben. Die Pittsburgh Penguins haben ihn 2015 gedraftet, die Scouts des Stanley-Cup-Siegers beobachten ihn regelmäßig. "Er wird seinen Weg gehen", prophezeite Sturm.
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