Herausgekommen ist ein offenes Gespräch, in dem Ehelechner über die Höhen und Tiefen seiner Laufbahn spricht und verrät, was sein Draft-Moment im Journalismus war.
Außerdem erklärt der 37-Jährige, wie er sich bei einer Busfahrt in Kanada blamiert hat, mit welcher Legende er abhängen durfte und wie sein Spruch "Ciao for now" entstanden ist.
Herr Ehelechner, erinnern Sie sich an den besten Save Ihrer Karriere?
Patrick Ehelechner: Absolut! Das war im Trikot der Augsburger Panther bei einem Spiel in Berlin. Zwei NHL-Superstars, Claude Giroux und Danny Briere, sind eine 2:1-Situation gelaufen. Briere täuscht den Schuss an, macht dann aber einen Flip-Pass über den Schläger von Steffen Tölzer und Briere feuert eine Direktabnahme aufs Tor. Aber da war die Rosenheimer Fanghand zur Stelle! (lacht) Diesen Save, diesen ungläubigen Gesichtsausdruck von Briere werde ich nie vergessen. Er hatte schon zum Jubeln angesetzt. Er kam auch dann noch zu mir, hat mir auf die Schoner geklopft und gesagt: "Good save, buddy!"
Sie sprechen es an, Sie stammen aus der Eishockey-Hochburg Rosenheim. Wie sind Sie als Kind ins Tor gekommen?
Ehelechner: Das ist eine ganz witzige Story. Meine Eltern waren Dauerkartenbesitzer in den 80er-Jahren in Rosenheim und haben mich zu den Spielen mitgenommen. In Rosenheim kommst du als Kind ja fast automatisch zum Eishockey, wir haben nichts anderes außer Eishockey. Ich saß immer bei ihnen auf dem Schoß, ich habe aber nie den Puck verfolgt. Ich habe während des gesamten Spiels nur Karl Friesen im Tor beobachtet. Für mich bestand Eishockey damals nur aus einer Position und das war der Goalie. Das war Karl Friesen, eine Legende bei uns in Rosenheim.
Rosenheim spielt jetzt schon seit vielen Jahren nicht mehr in der DEL. Träumen Sie von einem Comeback?
Ehelechner: Grundsätzlich muss ich sagen, dass viele Traditionsvereine leider in früheren Zeiten hängen geblieben sind und sich einfach nicht weiterentwickelt haben. Und wenn du das nicht machst, spielst du zu Recht nicht mehr in der DEL. Heutzutage geht es nicht nur um Eishockey, es geht auch um Entertainment, du brauchst eine Top-Halle, du musst dich ganz anders aufstellen. In Rosenheim hat aber ein Umdenken stattgefunden. Mit dem Ergebnis, dass wir jetzt ein modernisiertes Stadion und Strukturen haben, die sich in der DEL nicht zu verstecken bräuchten. Rosenheim ist auf dem richtigen Weg. Und dadurch, dass es jetzt wieder die Möglichkeit gibt, sportlich aufzusteigen und nicht nur, wenn ein Klub seine Lizenz verliert, gibt es auch eine Perspektive. Das ist super. Ich würde mir natürlich sehr wünschen, dass Rosenheim oder auch andere Traditionsstandorte wieder in der DEL auftauchen.
Friesen war ein frühes Idol von Ihnen, welche Goalies waren noch Vorbilder?
Ehelechner: Da gab es einige. Henrik Lundqvist war für mich immer ganz vorne dabei, natürlich auch ein Patrick Roy, den ich in meiner Kindheit bewundert habe. Aber ich muss sagen, dass ich heute auf diese Frage mit jemandem antworten würde, der gleich alt ist wie ich: Marc-Andre Fleury. An sich hast du ja niemand als Vorbild, der in deinem Alter ist, aber bei Fleury ist das für mich anders. Zum einen habe ich ihn persönlich kennenlernen dürfen in Pittsburgh und habe erlebt, was für ein feiner Mensch er ist. Und zum anderen hat "Flower" für mich den perfekten Goalie-Spielstil. Es gibt ja so viele Varianten des Torwartspiels, aber wenn ich Kindern einen Stil beibringen will, dann ist es der von Fleury. So wie er habe ich auch versucht, zu spielen, ich war nur leider nicht so gut. (lacht)
"Dieser Tag war das größte Highlight meiner Karriere"
Welche Persönlichkeiten abseits des Eishockeys haben Sie inspiriert?
Ehelechner: In erster Linie Oliver Kahn. Niemand hat die Mentalität des niemals Aufgebens so verkörpert wie er. Da konnte Bayern in der 91. Minute mit zwei Toren zurückliegen, Oli Kahn hat trotzdem noch an den Sieg geglaubt. Diese Galligkeit, immer gewinnen zu wollen, hat mich fasziniert. Und die zweite Person aus dem Sport, die ich nennen muss, ist Roger Federer. Für mich zählt nicht nur der Sportler, für mich zählt auch der Mensch und wie er sich abseits des Platzes gibt. Und da gibt es niemanden, der an Federer herankommt. Er ist ein Mustermensch. Wie jemand in der heutigen Zeit, in der alles so gläsern ist, so auf dem Boden geblieben sein kann, so frei von Skandalen, beeindruckt mich. Kahn und Federer haben mich inspiriert. Aber wenn Sie mich fragen, mit wem ich mal gerne einen Tag tauschen würde, wäre das Johnny Depp. Er ist nach wie vor mein Lieblingsschauspieler seit seiner Meisterleistung in "Fluch der Karibik". (lacht)
Sie haben in der Jugend eine ziemlich rasante Entwicklung gemacht und sind mit 17 Jahren zum jüngsten Starting-Goalie der DEL-Geschichte geworden. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?
Ehelechner: Dieser Tag war das größte Highlight meiner Karriere. Ich habe viele tolle Momente im Eishockey erlebt, ich bin zum Beispiel mit Nürnberg mal Hauptrundenmeister geworden, das war richtig geil, aber das allererste Spiel vergisst du nicht. Und ich war eben so jung. Wir haben mit Hannover 3:2 bei den Moskitos Essen gewonnen. Ich habe das damals leider gar nicht so realisiert und so sehr genießen können, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich war da wie in Trance. Wie im Tunnel. Aber wenn ich heute daran denke, muss ich sagen: Das war unfassbar. Alleine die damalige Scorpions-Truppe mit Legenden wie Len Soccio oder Wally Schreiber - einfach irre! Das ist echt ein bisschen schade, dass du in dem Moment so unter Strom stehst und nur auf Saves fokussiert bist, dass du gar nicht richtig mitbekommst, was eigentlich gerade abgeht.
Ein weiterer besonderer Moment war natürlich der Draft. Sie wurden von den San Jose Sharks in der fünften Runde gezogen.
Ehelechner: Und ich war live in Nashville vor Ort, das war sensationell. Wenn du gedraftet wirst, ist das ein Moment, den man schwer beschreiben kann. In diesem Moment verspürst du so eine Genugtuung, dass die ganzen Opfer, die du gebracht hast, sich doch gelohnt haben. Dass es eben doch richtig war, nicht jedes Wochenende Party zu machen wie deine Freunde, sondern zum Training zu marschieren. Diese Zeit bekommst du ja nie mehr zurück im Leben, aber wenn es sich dann bezahlt macht, ist es das wert. Du hast ja auf so einem Weg auch immer Kritiker, die dir nichts zutrauen.
Ein Moment, ich zitiere aus dem Scouting-Report. Er ist nicht sehr gut bei Breakaways und Shootouts, er hat die Tendenz, zu tief im Tor zu stehen.
Ehelechner: (lacht) Weltklasse. Das habe ich auch gelesen. Das mit der zu tiefen Position hat auch gestimmt, daran habe ich viel gearbeitet. Gedraftet zu werden, war eine Bestätigung für meine Arbeit. Und das ganze Draft-Wochenende war der Wahnsinn. Welche Leute du da auch kennenlernst, das hat einen solchen Spaß gemacht. Ich war mit Bobby Orr beim Abendessen.
"Das war Bobby Orr, verdammt nochmal! Der große Bobby Orr!"
Bobby Orr? Mehr Legende geht ja gar nicht!
Ehelechner: Mein damaliger Agent war mit der Agentur von Bobby Orr verbandelt, so kam es dazu, dass er sich beim Draft um mich gekümmert hat. Das war auch wieder so eine Geschichte, die ich damals nicht gepeilt habe und die ich im Nachhinein gerne viel mehr aufgesaugt hätte. Ich meine, das war Bobby Orr, verdammt nochmal! Der große Bobby Orr! Ich habe die ganze Zeit mit Bobby Orr abgehangen und nicht gecheckt, was für ein Glückspilz ich bin.
Bei den Sharks standen zur der Zeit mit Evgeni Nabokov und Miikka Kiprusoff große Namen im Tor. Für Sie ging es erstmal in die kanadische Juniorenliga nach Sudbury. Was geht in Sudbury ab?
Ehelechner: (lacht) Nicht viel außer Eishockey. In Greater Sudbury gibt es den zweithöchsten Schornstein der Erde zu bestaunen, es gibt eine Nickelmine, aber ich bezweifle, dass jemand aus Deutschland zum Sightseeing nach Sudbury kommt. Aber dafür lieben die Menschen dort Eishockey und ihre Wolves. Wir Deutschen können uns das gar nicht vorstellen, wenn wir es nicht selbst erlebt haben. Bei uns können wir froh sein, wenn beim Junioren-Finale 1000 Zuschauer da sind, dort sind es regelmäßig über 10.000. Das ist verrückt. Für mich war diese Zeit schön und vor allem extrem prägend. Ich bin mit knapp 18 Jahren über den großen Teich und war zum ersten Mal in meinem Leben so richtig weg. Das war ja zu der Zeit noch ganz anders als heute in unserer digitalisierten Welt. Ich habe bei einer Gastfamilie gewohnt und hatte nur wenig Kontakt in die Heimat. Damals lief noch viel über Modems... bing, bing, brchhh... hat das gemacht. (lacht) Da war nichts mit FaceTime.
Geschichten über Busfahrten werden gerne genommen, wie geht Ihre?
Ehelechner: Einmal habe ich mich richtig blamiert. In der Kabine stand, dass ein 18-Stunden-Trip auf dem Programm steht. Und ich dachte mir halt naiverweise, dass damit der gesamte Trip gemeint ist. Also von Sudbury zum Spielort und wieder zurück bis zur Ankunft zuhause. Weil für längere Trips würden wir ja den Flieger oder den Zug nehmen. Aber die 18 Stunden waren nur die einfache Busfahrt zum Spiel! Als es rauskam, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, war das Gelächter groß. Und ich saß bei den nächsten Busfahrten immer in Reihe eins, um mir die wundervollen kanadischen Landschaften anzuschauen.