20 Jahre, 50.000 Gummis, 6 Farben

Von Alexander Mey
Pirelli kehrt nach fast 20 Jahren als Reifenhersteller in die Formel 1 zurück
© Getty

Pirelli ist nach 20 Jahren Abstinenz zurück in der Formel 1. Die Reifen der Italiener sind bunt - und sie sollen die Rennen bunter machen. Wo kommt Pirelli her und wie lautet die Mission für die Saison 2011?

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Wer hätte es gedacht, aber Michael Schumacher hat in Sachen Pirelli-Reifen allen anderen Piloten im Feld etwas voraus. Er ist sie schon einmal in einem Formel-1-Rennen gefahren. In fünf, um genau zu sein.

1991 war das, im letzten Jahr, bevor Pirelli ausgestiegen ist. Pirelli stattete unter anderem Benetton-Ford aus, wo Schumacher nach seinem Debüt im Jordan für die letzten fünf Saisonrennen anheuerte.

Noch vor Schumachers Ankunft gewann Pirelli sein letztes Rennen beim Kanada-GP 1991. Benetton-Pilot Nelson Piquet sorgte für den 42. Sieg einer Karriere, die in den 50er Jahren ihre Höhepunkte hatte. Nino Farina, Alberto Ascari, Juan Manuel Fangio, sie alle wurden auf Pirelli-Reifen Weltmeister. Fangios Titel 1957 war aber auch der letzte für die Mailänder Reifenschmiede.

Neue Reifen: Es wird bunt und turbulent

Am Wochenende in Melbourne wird der nächste Sieg folgen, zum Saisonende in Sao Paulo der nächste WM-Titel - keine große Kunst als Alleinausrüster der Formel 1.

Trotzdem steht Pirelli vor einer großen Herausforderung, schließlich hatten die Italiener gerade mal ein halbes Jahr Zeit, um sechs verschiedene Reifentypen für den denkbar anspruchsvollsten Kunden der Welt aus dem Boden zu stampfen. Einmal Regen, einmal Intermediate, viermal Trocken. In bunten Farben werden die Pneus im kommenden Jahr leuchten.

Und sie werden die WM wesentlich mitentscheiden. Es gibt keinen Fahrer, der sich nicht über die schnell abbauenden Reifen beschwert, die aller Voraussicht nach für turbulente Rennen mit vielen Reifenwechseln sorgen werden.

Perfekter Boxenstopp entscheidet

Dabei ist es genau das, wofür Pirelli im Auftrag der Teams durch die Konstruktion der Reifen sorgen sollte. "Sie alle wollten es so, weil es ihnen mit den ständigen Einstopp-Rennen zu langweilig wurde", sagte Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery am Rande der Testfahrten im SPOX-Interview. Zweistopp-Rennen sollen 2011 die Regel sein, es kann aber je nach Strecke auch gerne mal zu drei Stopps kommen.

Das Diffizile an den Pneus ist nicht nur, dass sie sich viel schneller abnutzen als die Bridgestone-Reifen, sie hinterlassen aufgrund ihrer speziellen Gummimischungen auch keinen Grip auf der Strecke. Der Gummiabrieb klebt nicht mehr auf dem Asphalt und macht die Ideallinie schneller. Er verteilt sich am Rand der Piste und sorgt dafür, dass sich der Grip von Freitag bis Sonntag nicht nennenswert ändert.

Eine völlig neue Erfahrung also für alle Fahrer und Teams. "Das ist eine ganz andere Herausforderung als bisher", sagt Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. "Es wird darauf ankommen, den perfekten Zeitpunkt zum Boxenstopp zu finden. Denn nur eine oder zwei Runden zu viel auf einem Reifensatz können erheblich an Zeit kosten."

Reifen verhalten aich ganz anders als früher

Dass das vor allem den Top-Teams nicht passt, ist nachvollziehbar. Je berechenbarer ein Rennen ist, desto besser ist es für sie. Aber einsame Fahrten an der Spitze mit nur einem Boxenstopp sind nicht das, was für Action sorgt. Und die will der Fan schließlich sehen.

Zwar wird sich der Verschleiß der Reifen deutlich erhöhen, aber die Anzahl der zur Verfügung stehenden Sätze bleibt gleich. Das heißt: Die Teams müssen sich ihre elf Sätze Trockenreifen sehr viel besser einteilen als früher.

50.000 Reifen in nur einer Saison

Denn einen Nachschlag wird es nicht geben. Den erlaubt weder das Reglement noch die Logistik, denn die ist ohnehin schon extrem aufwändig.

Pirelli wird im Laufe der Saison 50.000 Reifen produzieren, die vom Werk im türkischen Izmit aus um die Welt geschickt werden. 30.000 Reifen für die Nachwuchsserien GP2 und GP3 kommen noch dazu. Bei jedem Rennen sind 15 Trucks und 50 Mitarbeiter vor Ort, um die Teams zu unterstützen.

Der Pirelli-Zirkus zieht wieder mit der Formel 1 um die Welt. Nach fast 20 Jahren wird es wieder einen GP-Sieger auf Pirelli-Reifen geben. Nur wie der heißen wird, ist dank aller Unwägbarkeiten, die die italienischen Pneus mit sich bringen, ungewisser denn je.

Alle Teams und Fahrer der Saison 2011 im Überblick

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