"Wenn dieses Rennen ein Schlüssel für den Rest der Saison ist, dann hoffe ich, dass wir mit unserer Einschätzung falsch liegen." Dieser Satz kam von Michael Schumacher und er drückt wohl die Sehnsucht aller Teams aus, die beim Spanien-GP nur höchstens 65 anstatt 66 Runden absolviert haben.
Bis auf Red Bull und McLaren waren das alle. Die beiden Top-Teams fuhren in einer ganz eigenen Liga und demütigten die Konkurrenz, indem sie ab dem Fünftplatzierten Fernando Alonso alle Fahrer überrundeten - und das ausgerechnet auf der Strecke, die als Maßstab für die tatsächliche Stärke der Autos gilt.
Ferrari verkriecht sich
Gerade der Fall Alonso war besonders frappierend, denn der Spanier führte das Rennen bis zu seinem zweiten Boxenstopp in Runde 19 sogar noch an. Ein Blitzstart von Platz vier brachte ihm die Führung ein, für die er sich 90 Minuten später nichts mehr kaufen konnte.
"Wir waren einfach nicht schnell genug. Das ist unser Hauptproblem", sagte Alonso mit einem Achselzucken und gab zu, ohnehin niemals an den Sieg geglaubt zu haben. Sein Team nahm die Klatsche im ersten Moment offensichtlich sehr viel schwerer und verkroch sich direkt nach dem Rennen. Stellungnahme? Fehlanzeige!
Erst später kommentierte Teamchef Stefano Domenicali: "Dieses Ergebnis entspricht natürlich nicht unseren Erwartungen. Auf einer solchen Strecke braucht ein Auto maximalen Abtrieb. Den haben wir nicht. Wir wollen um den WM-Titel kämpfen, aber uns ist klar, dass das nicht einfach wird. Doch wir geben nicht auf!"
Schumacher: "Kein Wunder, dass wir überrundet wurden"
Mercedes stellte sich unmittelbar nach dem Rennen, machte aber auch keinen Hehl daraus, dass sich die Plätze sechs und sieben für Schumacher und Nico Rosberg deutlich besser anhörten, als sie waren.
"Unsere Pace im Rennen war dürftig. Die Fahrerei war ein Krampf", sagte Schumacher, der mit den Reifen und der Balance des Autos haderte. "Bei unseren Rundenzeiten ist es kein Wunder, dass wir überrundet wurden."
Die harten Reifen machen den Unterschied
Aber was ist denn nun mit der Gefahr, dass sich die Dominanz von Red Bull und McLaren weiter fortsetzt? Werden im Normalfall auch in Zukunft nur Sebastian Vettel, Mark Webber, Lewis Hamilton und Jenson Button für Podestplätze in Frage kommen?
Ganz so schlimm ist die Spannungs-Lage für den neutralen Fan nicht, denn ein Großteil des gigantischen Vorsprungs der beiden Top-Teams ist mit den harten Pirelli-Reifen zu erklären. Außer Red Bull und McLaren hat es kein Team geschafft, auch nur halbwegs Speed aus den neuen, noch härteren Gummis herauszuholen.
Alonso fällt auf harten Pneus rasant zurück
Ein Beispiel: Alonso wechselte in der 30. Runde erstmals auf die harten Reifen. Zu der Zeit betrug sein Rückstand auf Vettel 15 Sekunden. In den folgenden neun Runden bis zu seinem vierten Stopp verlor Alonso pro Runde mehr als eine Sekunde auf Vettel. Danach wurde es noch schlimmer. Nach Vettels letztem Stopp in Runde 49 vergrößerte sich Alonsos Rückstand innerhalb von nur 18 Runden von 47 auf 99 Sekunden.
Natürlich hat Alonso nicht mehr alles gegeben, als er allein fuhr, aber die Tendenz auf den harten Reifen war trotzdem mehr als eindeutig. "Auf den weichen Reifen waren wir schon langsam, aber auf den harten waren wir sehr, sehr langsam", resümierte Alonso.
Sein Ferrari-Kollege Felipe Massa, der unabhängig von den Reifen ein desolates Rennen fuhr, bestätigte die große Schwäche der Scuderia: "Als wir auf die harten Reifen wechselten, hatten wir praktisch überhaupt keinen Grip mehr. Dadurch haben wir sehr viel Zeit verloren."
Galgenfrist für die geschlagenen Gegner
In diesem Punkt gibt es Trost für die Verfolger von Red Bull und McLaren. Diese harten Reifen werden für die kommenden Rennen in Monaco, Montreal und Valencia erst einmal eingemottet. Erst in Silverstone steht wieder eine harte Reifenmischung in der Pirelli-Liste.
Bis dahin haben Ferrari, Mercedes und Co. die Chance, ihre Hausaufgaben nachzuarbeiten. "McLaren war bei den Wintertests noch weit, weit weg. Den jetzigen Erfolg haben sie sich erarbeitet. Das müssen wir auch schaffen", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug und bezeichnete den aktuellen Klassenunterschied in der Top-Liga des Motorsports als "außergewöhnlich".
Vettel vom Rennverlauf überrascht
Während die geschlagenen Gegner über ihren Hausaufgaben brüten, muss sich Red Bull überlegen, warum die haushohe Überlegenheit aus dem Qualifying nicht auch im Rennen zu sehen war.
"Es kam anders, als wir vermutet hatten. Es gab keine Red-Bull-Show. Ferrari war zu Rennbeginn da und McLaren hat uns einen heißen Tanz geliefert", fasste Vettel seinen vierten Sieg im fünften Rennen zusammen.
In Monaco ist nichts normal
Er musste bis zur letzten Kurve um seinen Erfolg zittern und hatte größte Mühe, den furios auffahrenden Hamilton hinter sich zu halten.
Wieder einmal funktionierte KERS nicht die ganze Zeit über zuverlässig, was unter anderem dazu führte, dass Red Bull im Verhältnis zur Qualifying-Zeit mehr als eine Sekunde langsamer war als McLaren. Zudem kostete Alonsos Blitzstart Vettel die Chance, sich im ersten Renndrittel einen komfortablen Vorsprung herauszufahren.
Das alles half McLaren dabei, für eines der spannendsten Rennen in Barcelona zu sorgen. Die anderen waren Statisten, mehr nicht.
Zum Glück müssen sie sich damit aber nicht allzu lange quälen. Schon am Donnerstag geht es in Monaco ins erste Training. Und wenn der Stadtkurs an der Cote d'Azur eins nicht ist, dann eine Referenzstrecke.
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