"Sorry" sagte Michael Schumacher, als er nach dem Kanada-GP zum ersten Mal seinen Motorsportchef Norbert Haug traf. Sorry, dass er den zwischenzeitlichen zweiten Platz gegen die dank des verstellbaren Heckflügels übermächtigen Mark Webber und Jenson Button nicht halten konnte.
Sorry, dass es am Ende wegen lächerlichen 0,3 Sekunden nicht zum ersten Podestplatz im Silberpfeil gereicht hat. 1715 Tage sind seit dem China-GP 2006 vergangen. Damals durfte Schumacher zuletzt Schampus verspritzen.
Fast hätte er das Überholmanöver von Webber in der allerletzten Runde noch einmal gekontert. Aber er war in der Messzone für den verstellbaren Heckflügel 1,1 Sekunden hinter dem Red Bull. Eine Zehntel näher, und er hätte auf den langen Geraden den Flügel flach stellen und sich womöglich Platz drei zurückholen können.
Haug: Schumacher "gehört zu den Allerbesten"
So wurde es Platz vier für Schumacher, und dafür musste er sich beim besten Willen nicht entschuldigen. Im Gegenteil. Angesichts der extremen Umstände in Kanada war dieser vierte Platz mehr wert als die drei in der vergangenen Saison.
Das fand auch Haug und verwehrte sich angesichts eines fehlerfreien und taktisch cleveren Rennens gegen das Sorry seines Fahrers: "Er hat am Podium geschnuppert, was sehr gut war und ihm gut tut. Er hat gezeigt, dass er es nach wie vor kann und zu den Allerbesten gehört."
Lauda kritisiert Schumacher
Genau daran äußern Experten und Beobachter seit Monaten ernste Zweifel. Allen voran die englischen und italienischen Kollegen, die kaum eine Chance auslassen, um einen Abgesang auf den alten Mann zu verfassen.
Aber auch Ex-Weltmeister Niki Lauda übte just vor dem Kanada-Wochenende deutliche Kritik. "Letztes Jahr habe ich noch Verständnis dafür gehabt, dass Schumacher noch Zeit braucht. Doch die Schonfrist läuft ab", sagte Lauda der "TV Movie".
Spekulation: Verlängert Schumi bis 2014?
Schumacher hat bei Mercedes noch einen Vertrag bis Ende 2012. Und angesichts der ständigen Unkenrufe, er werde diesen Vertrag niemals bis zum Ende erfüllen, müssen Gerüchte, die ihm plötzlich eine Vertragsverlängerung bis 2014 angedichtet haben, in seinen Ohren wie Hohn geklungen haben.
Schumacher hatte im Interview mit dem Fachmagazin "auto, motor und sport" darauf hingewiesen, dass er bei Ferrari fünf Jahre gebraucht habe, um Weltmeister zu werden. Auch Red Bull habe diese fünf Jahre gebraucht. "Warum sollen wir es bei Mercedes in eineinhalb Jahren schaffen? Wir sind keine Zauberer", fuhr Schumacher fort.
Aus dieser Aussage wurde prompt die Spekulation abgeleitet, dass Schumacher seinen Vertrag bis Ende 2014 verlängern müsste, um seinen Fünfjahres-Plan mit Mercedes zu vollenden.
Keine klaren Dementis
So weit, so vage. Aber im Fahrerlager wird das Szenario unter Insidern keineswegs als Unfug abgetan. Zudem waren die Dementis aus Schumachers Umfeld nicht gerade energisch.
"Egal, was Michael macht, er hat meine volle Rückendeckung", sagte seine Frau Corinna, die das Rennen in Montreal übrigens "mega" fand. PR-Managerin Sabine Kehm orakelte in der "Bild am Sonntag": "Können und Motivation stehen bei Michael außer Frage. Er möchte mit Mercedes etwas Großes aufbauen und er kann mit Sicherheit extrem viel dazu beitragen, dass das auch gelingt."
Und was sagte Schumacher selbst? Zunächst scherzte er im TV-Interview und fragte, warum wer denn nur bis 2014 verlängern solle. Später sagte er im Ernst: "Bis jetzt ist da nichts dran. Wir haben einen Dreijahresvertrag. Zu gegebenem Zeitpunkt werden wir uns über die Zukunft unterhalten."
Vom alten Eisen zum heißen Tipp
So schnell kann es gehen. Eben noch altes Eisen, jetzt schon heißer Tipp auf eine glorreiche lange Zukunft mit den Silberpfeilen.
Schumacher selbst würde es für den Moment wahrscheinlich schon reichen, häufiger so gute Rennen zu haben wie in Montreal. Auch mal unter normalen Bedingungen auf repräsentativen Strecken.
"Wir müssen sehen, dass wir uns stabilisieren. Wir sind noch nicht ganz da, wo wir sein wollen. Aber auf Strecken wie dieser, wo das Layout stimmt, können wir etwas bewegen", sagte Haug.
Schumacher muss Rosberg schlagen
Mit Schumacher und im Regelfall natürlich auch mit Nico Rosberg, der in Montreal lediglich einen sehr unglücklichen Tag erwischte und als Elfter ohne Punkte blieb.
Meistens ist er es, der für Mercedes die Kohlen aus dem Feuer holt und Schumacher einen Schritt voraus ist. Das muss der Rekordchampion als erstes ändern, wenn sich die Spekulationen um eine Vertragsverlängerung bis 2014 bewahrheiten sollen.
Meint zumindest Lauda und sagt in der "Bild": "Michael muss endlich seinen Teamkollegen Rosberg in den Griff bekommen - und dafür hat er sicher keine fünf Jahre Zeit."
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