Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet Weltmeister und WM-Leader Sebastian Vettel im ersten Training in Montreal den Red Bull nach nur wenigen Runden in die berühmte Wall of Champions geschmissen hat.
"Ich bin auf die Streckenbegrenzung gekommen, von der Strecke gerutscht und gegen die Mauer geprallt. So etwas ist unnötig, aber mir geht es gut", erklärte Vettel den Crash in seiner erst achten Trainingsrunde, bei dem er unverletzt geblieben war.
Vettel-Crash bringt Red-Bull-Bosse zum Schmunzeln
Die Mauer eingangs der Zielgeraden in Montreal - traditionell mit dem Schriftzug "Bienvenue au Quebec" versehen - trägt ihren Namen seit 1999, als nacheinander die Weltmeister Damon Hill, Michael Schumacher und Jacques Villeneuve in sie hinein krachten.
"Wir hatten gestern Abend beim Essen noch Bilder von all den Fahrern gezeigt, die diese Wand schon getroffen haben. Seb wollte es wohl so schnell wie möglich hinter sich bringen", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Selbst die Red-Bull-Bosse konnten sich nach dem Unfall ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Daraus wurde später ein Lächeln, als Vettel dank der schnellen Reparatur seines Autos im zweiten Training wieder fahren konnte und in 1:15,476 Minuten die zweitschnellste Zeit des Tages erzielte.
Nur Alonso schneller als Vettel
Besser war nur Fernando Alonso im Ferrari. Für ihn standen am Ende 1:15,107 Minuten auf der Stoppuhr. Ein Fingerzeig, dass mit Ferrari in Kanada zu rechnen ist, mehr aber nicht.
Denn die zweite Session ließ keinen echten Vergleich der Besten zu, weil insgesamt drei Unfälle und zwei Abbrüche der Session einen Schlagabtausch der Favoriten auf den superweichen Reifen verhinderten.
Sutil, Kobayashi und d'Ambrosio werfen Autos in die Mauer
Nach Vettels Unfall in der Wall of Champions warf zuerst der ansonsten starke Adrian Sutil seinen Force India in die Mauer. Sein Auto konnte aber ohne Abbruch der Session geborgen werden.
Danach gab es noch zweimal eine Rote Flagge. Um ersten Mal, als Kamui Kobayashi den Sauber an der Mauer zerstörte, zum zweiten Mal, als Jerome d'Ambrosio wenige Minuten später an exakt der gleichen Stelle den Virgin wegwarf.
Der Unfall von d'Ambrosio hinderte Lewis Hamilton daran, die Bestzeit anzugreifen, denn er schlitzte sich an Trümmerteilen einen seiner superweichen Reifen auf, mit denen er gerade auf eine schnelle Runde gehen wollte.
Nur Alonso übt mit leichterem Auto
Aber auch beide Red Bull, beide Mercedes und Jenson Button im zweiten McLaren verzichteten auf die Jagd nach der Bestzeit und testeten mit vollen Tanks lieber die Haltbarkeit der superweichen Pneus im Rennen.
So blieb Alonso der einzige Mitfavorit, der zumindest halbwegs gezeigt hat, was am Samstag möglich sein wird. Aber auch er hatte augenscheinlich noch große Reserven.
Mercedes überraschend gut dabei
Dass Mercedes überraschend gut unterwegs ist, zeigte Nico Rosberg mit der Bestzeit in der ersten Session und der drittbesten insgesamt. Am Nachmittag spulten er und Michael Schumacher zudem viel versprechende Long-Runs ab.
"Das war ein erkenntnisreicher Auftakt und wir sind am Nachmittag im Renntrimm gut unterwegs gewesen", sagte Mercedes-Sportchef Norbert Haug: "Nicos Zeit vom Vormittag zeigt, dass die Zeiten die nachmittags gefahren wurden nicht außer Reichweite sind."
Perez muss Rennwochenende abbrechen
Auch wenn das Training nicht den letzten Aufschluss über das Kräfteverhältnis geben konnte, scheint Red Bull an diesem Wochenende jede Menge Konkurrenz zu haben. Ferrari und McLaren scheinen auf Augenhöhe zu sein und selbst Mercedes ist nach den Eindrücken vom Freitag einiges zuzutrauen.
Eine schlechte Nachricht gab es vom Sauber-Team. Sergio Perez brach den Trainingstag ab und wird auf die Fortsetzung des Rennwochenendes verzichten. Die Nachwirkungen seines schweren Monaco-Unfalls waren doch noch zu groß. Für ihn springt Pedro de la Rosa kurzfristig ein.