Jenson Button ist und bleibt der Mann für die chaotischen Siege. Bei einem halb verregneten Rennen am Hungaroring war er einer der wenigen Fahrer, die bei der Strategie den Durchblick behielten. Die Belohnung: Sein zweiter Saisonsieg ausgerechnet im 200. Rennen seiner Karriere - und an der Stätte, an der er 2006 auch sein erstes Rennen gewonnen hatte.
"Das ist ein großer Moment. Aus irgendeinem Grund mag ich diese Bedingungen. Fragen Sie mich nicht, warum. Alles in allem ein unglaubliches Wochenende. Wir gehen mit einem richtigen Hoch in die Sommerpause", sagte Button.
Vettel baut WM-Führung aus
Zweiter wurde der von der Pole-Position gestartete Sebastian Vettel. Er machte bei extrem rutschiger Piste ein paar kleine Fahrfehler, behielt im Reifenpoker - es gab die Rekordzahl von 88 Boxenstopps - aber stets die Ruhe und fuhr wertvolle Punkte nach Hause.
"Alles in allem war das ein gutes Ergebnis, gerade mit Blick auf die Fahrerwertung", sagte Vettel. "Aber trotzdem nagt es an einem, wenn man hätte gewinnen können und es nicht geschafft hat."
Red-Bull-Teamchef Christian Horner sah nur das Positive: "Das war so eine Lotterie, dass alles hätte passieren können. Unter diesen Bedingungen Zweiter zu werden, ist ein sehr gutes Ergebnis. Button gewinnt immer solche Rennen. Gratulation! Wenn jemand anderer als wir aber heute hätte gewinnen sollen, dann Button."
In der Fahrer-WM baute Vettel seinen Vorsprung sogar von 77 auf 85 Punkte vor dem immer noch Zweiten Mark Webber aus. Webber verzockte sich wie Lewis Hamilton bei der Reifenwahl und wurde hinter Fernando Alonso und dem Engländer nur Fünfter.
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Hamilton verzockt den Sieg
Hamilton lag lange auf Siegkurs, bis er bei wieder einsetzendem Regen im letzten Rennviertel auf Intermediates setzte, diese Entscheidung aber wieder korrigieren musste, nachdem es kurze Zeit später wieder aufgehört hatte zu regnen. Eine Durchfahrtsstrafe wegen vermeintlich gefährlicher Fahrweise nach einem Dreher kostete ihn letztlich sogar noch den Podestplatz.
Während Hamilton danach äußerst wortkarg war, sagte sein Teamchef Martin Whitmarsh: "In dem Moment, als Lewis rein kam, regnete es gerade. Seine Slicks waren außerdem fertig. In dieser Situation kann man schon mal Intermediates nehmen. Das halbe Feld hat das getan. Dass es dann wieder aufgehört hat zu regnen, war Pech. Lewis ist aber auch nach seiner Strafe, die ich für zu hart halte, zurückgekommen und hat sich noch Platz vier erkämpft. Das war super!"
Heidfelds Auto steht in Flammen
Spektakulärstes Bild des Rennens war der in Flammen stehende Lotus-Renault von Nick Heidfeld. Der Deutsche musste nach einem Boxenstopp aus dem lichterloh brennenden Auto herausspringen, verletzte sich aber zum Glück nicht.
Nico Rosberg holte nach tollem Start im letztlich unterlegenen Mercedes als Neunter zwei WM-Punkte, Michael Schumacher schied mit Getriebeproblemen aus. Adrian Sutil (14) und Timo Glock (17.) gingen leer aus.
Schlüsselszenen des Rennens:
Vor dem Start: Regen überrascht die Teams. Nicht einmal die Profis haben mit einem nassen Rennstart gerechnet. Aber so ist es nun. Und es ist kalt, 17 Grad. Sämtliche Reifenstrategien sind Makulatur. Alle starten auf Intermediates.
Start: Vettel kommt auf der rutschigen Zielgeraden sehr gut weg und verteidigt die Spitze vor beiden McLaren. Beide Mercedes erwischen Blitzstarts und gehen an beiden Ferrari vorbei auf vier und fünf. Webber fällt auf Platz acht zurück. Für Sutil geht alles schief und er fällt bis fast ans Ende des Feldes zurück. Heidfeld ebenfalls.
Runde 5: Hamilton ist bei den extrem schwierigen Bedingungen deutlich schneller unterwegs als Vettel und macht unglaublich viel Druck. In Kurve zwei ist es dann soweit. Vettel bremst einen Tick zu spät und kommt auf die nasse Spur. Dort hat er keine Chance und muss Hamilton ziehen lassen. Der Engländer ist sofort auf und davon, sein Speed ist unfassbar.
Runde 8: Massa dreht sich an der gleichen Stelle, an der Vettel und vorher auch schon Alonso neben der Piste waren. Massa schlägt leicht in die Reifenstapel ein und beschädigt sich den Heckflügel. Aber er kann weiterfahren.
Runde 11: Webber geht als erster Fahrer das Risiko ein, bei abtrocknender Strecke auf Slicks zu wechseln. Er hat zunächst noch Probleme, aber nach zwei Runden sind die Gummis heiß und er fährt die schnellsten Zeiten.
Runde 13: Hamilton und Vettel reagieren auf Webbers und auch Buttons gute Rundenzeiten auf Slicks und kommen ebenfalls rein. Schumacher bleibt noch eine weitere Runde draußen und führt somit das Rennen an - zumindest für rund vier Kilometer.
Runde 14: Button und Webber profitieren nun davon, dass sie schon länger auf den Slicks unterwegs sind als Vettel und Alonso. Folge: Button geht in Kurve zwei an Vettel vorbei. An der gleichen Stelle schnappt sich Webber Alonso.
Runde 25: Heidfelds Auto brennt! Und zwar lichterloh! Nach seinem Boxenstopp qualmt der Lotus-Renault erst, dann steht er plötzlich hell in Flammen. Heidfeld springt zum Glück schnell aus dem Auto heraus und auch die Löschtrupps sind schnell da. Somit ist das Feuer schnell gelöscht.
Runde 28: Schumacher greift Massa an, dreht sich aber dabei. Wenig später steht er im Aus. Sein Rennen ist beendet.
Runde 41: Hamilton kommt zu seinem dritten Stopp und nimmt wie Alonso noch einmal superweiche Reifen. Heißt: Er muss noch einmal kommen. Vettel, Webber und Button nehmen die weichen Reifen und wollen damit durchfahren.
Runde 45: Vettel kann auf den weichen Reifen schneller fahren als Alonso auf den superweichen. Ende der Zielgeraden geht der Weltmeister vorbei auf Rang drei.
Runde 50: Es beginnt wieder zu regnen! Die Fahrer rutschen herum, sowohl Alonso als auch Vettel sind neben der Strecke. Hamilton dreht sich ausgangs der Schikane! Er wirft den McLaren wild zurück in die richtige Richtung - gefährlich! Alles geht gut, aber Button geht in Führung. Danach wird es turbulent: Immer wieder wechselt zwischen Button und Hamilton die Führung. Es geht hin und her. Vettel kommt wegen des Duells der beiden ran. Webber kommt rein und holt sich Intermediates.
Runde 52: Auch Hamilton holt sich nun Intermedates, obwohl er bei den rutschigen Bedingungen auf Slicks der Schnellste war.
Runde 55: Der Regen hat wieder aufgehört. Webber und Hamilton haben sich vorne verzockt und müssen zurück auf Slicks wechseln. Damit fahren nun Button und Vettel, die strategisch alles richtig gemacht haben, vorneweg um den Sieg.
Runde 57: Hamilton muss wegen seiner gefährlichen Fahrweise nach dem Dreher eine Durchfahrtsstrafe absitzen. Er kommt hinter Massa und Webber raus, kann die beiden aber später wieder überholen.
Ziel: Vettel hat in den letzten Runden aufgegeben und sich entschlossen, Platz zwei nach Hause zu fahren. Damit gewinnt Button locker den Grand Prix. Alonso wird Dritter, Hamilton noch Vierter vor Webber.
Mann des Rennens: Jenson Button: Ausgerechnet beim 200. Rennen holt sich Button den zweiten Saisonsieg. Und das ausgerechnet an der Stätte, an der er sein erstes Rennen gewonnen hatte - übrigens bei ähnlichem Wetter. Button ist der Mann, der bei chaotischen Rennen immer die richtigen Entscheidungen trifft und die Siege nach Hause fährt. Ein hoch verdienter Sieg, auch wenn Hamilton vom reinen Speed her der Schnellere war.
Flop des Rennens: Hamiltons Strategie. Lewis Hamilton und seine Crew haben strategisch gegen Rennende gleich zwei Fehler gemacht. Erst haben sie von vornherein auf eine Vierstopp-Strategie gesetzt. Das hat Hamilton schon den Sieg gekostet, denn er war im Vergleich mit Button und Vettel auf den superweichen Reifen nicht schnell genug. Dann noch das Desaster mit dem Wechsel auf die Intermediates. Gerade bei Hamilton, der bekanntermaßen bei feuchter Strecke auf Slicks nicht zu schlagen ist. Rätselhaft.
Manöver des Rennens: Dreher von d'Ambrosio in der Boxengasse. Die kurioseste Szene des Rennens: Jerome d'Ambrosio hat sich bei wieder einsetzendem Regen bei der Anfahrt zum Reifenwechsel in der Boxengasse gedreht und wäre fast in die Garage von Virgin hineingerutscht. Die Mechaniker mussten ihn mühsam wieder zurecht rangieren, bis sie endlich das tun konnten, was sie eigentlich vorhatten.
Analyse: Das totale Chaos ist Ungarn. Und wieder mal war der Regen schuld, der in dieser Saison nicht nur ganz Mitteleuropa sondern auch die Formel 1 arg beutelt. Für die Teams lief mit Sicherheit nichts so, wie sie es geplant hatten.
Im Rennen waren die Fahrer erfolgreich, die spontan die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Dass bei so einer Konstellation Button gewinnen würde, hätte man sich fast denken können.
Aber auch Vettel hat alles richtig gemacht. Abgesehen von ein paar leichten Ausritten ist er immer ruhig geblieben und hat sich auch bei der Strategie nicht verrückt machen lassen. So kam dann ein zweiter Platz zustande, der in der WM sehr wertvoll ist. Wieder mal hatte er das Glück, dass sich seine Konkurrenten die Punkte gegenseitig weggenommen haben.
Mit so einem Ergebnis kann Vettel ehr beruhigt in die Sommerpause gehen, auch wenn er weiß, dass sowohl McLaren und Ferrari in der zweiten Saisonhälfte auf Augenhöhe bleiben werden.